TY - THES U1 - Dissertation / Habilitation A1 - Schindler, Carolin T1 - Interinstitutionelle Behandlungspfade in der Palliativmedizin – eine strategische Simulation N2 - Durch den demografischen Wandel mit einer älter werdenden Bevölkerung ist zukünftig mit einem Inzidenzanstieg von progredienten, lebenslimitierenden Erkrankungen zu rechnen, der zu einem wachsenden Bedarf an palliativmedizinischer Versorgung in Deutschland führt. Damit verbundene Kos-tenanstiege erhöhen den wirtschaftlichen Druck auf politische Entscheidungsträger bei der Ressourcenallokation. Eine besonders große Herausforderung stellt dabei die flächendeckende Versor¬gung in ländlichen Regionen dar. Was kostet spezialisierte Palliativversorgung in einer ländlichen Region wie Vorpom¬mern-Greifswald (VG)? Wie werden sich die Kosten entwickeln, wenn sich der Bedarf und die Versorgungsstruktur verändern? Aktuell liegen nur rudimentäre Daten über die Ausgaben für palliativmedizinische Versorgung in Deutschland vor. Fundierte Kenntnisse sind für den Ausbau eines kosteneffizienten Netzwerks allerdings unerlässlich. Das Ziel dieser Arbeit ist daher die Darstellung der Kosten für spezialisierte Palliativversorgung im Raum Vorpommern-Greifswald (VG) sowie die Prognose über die Kostenentwicklung bei Variation der beteiligten Einrich¬tungen (Normalstation, Palliativstation, Hospiz sowie SAPV zu Hause bzw. im (Kurzzeit-) Pflegeheim). Durch eine retrospektive Studie vom 01.04.2013 bis 31.03.2014 wurden die Behandlungskosten von 464 Patienten mittels Sekun¬därdatenanalyse ausgewertet. Ferner wurden die Verweildauern in den Institutionen sowie deren Übergänge bestimmt. Mithilfe dieser Parameter erfolgten Simulationen mit dem Markov-Modell, die Prognosen über durchschnittliche Jahres-, Behandlungs- und Tageskosten für verschiedene Szenarien lieferten. In den Simulationen mit variabler Mortalität übte die Restlebenszeit (RZ) neben den Tagessätzen zusätzlich Einfluss auf die Ergebnisse aus: Die Versorgung im Hospiz und auf der Palliativstation gingen mit einer kurzen RZ und folg¬lich geringeren Kosten einher. SAPV zu Hause und Therapien auf der Normalstation ließen die simulierten Jahreskosten durch eine lange RZ oder hohe Tageskosten ansteigen, im Pflegeheim war der Trend nicht eindeutig. Änderungen der Kapazitäten im KZP hatten nur einen mar¬ginalen Einfluss auf die Ausgaben. Die durchschnittlichen Jahreskosten für spezialisierte palliativmedizinische Versor-gung lagen im Raum VG in der Basis-Simulation (BS) bei 7.814.430,47€. Bei alleiniger Versorgung auf der Normalstation stiegen sie bei variabler Mortalität im Vergleich dazu um das 18-Fache an. Existierte daneben zusätzlich eine Palliativstation, wurde der Kostenanstieg auf 24% gedrosselt und betrug 9.688.127,25€. Eine Reduktion der Plätze in der Akut-Klinik führte zu Einsparungen zwischen 52% und 57%. Die kombinierte Versorgung im Hospiz und auf der Palliativstation ging mit minimalen simulierten Jahreskosten von 2.590.943,67€ einher. Komplett ohne SAPV ließen sich die Ausgaben um durchschnittlich 22% senken und weiter um ca. 29%, wenn SAPV nur in der Häuslichkeit entfiel. Die Ergebnisse änderten sich bei konstanter Mortalität. In allen Simulationen mit einheitlicher RZ zeigte sich SAPV – unabhängig davon, wo sie erfolgte – den anderen Institutionen ökonomisch überlegen. Eine ausschließliche SAPV ging mit den geringsten mortalitätsadjustierten Jahreskosten von 3.1711.387,99€ einher. Umgekehrt stiegen diese ohne SAPV bis zu 116% auf 16.863.368,85€ an. Die übrigen Szenarien zeigten ähnliche Trends im Vergleich zur variablen Mortalität. Bei alleiniger Versorgung auf der Normalstation stiegen die mortalitätsadjustierten Jahreskosten ebenfalls maximal an. Sie erhöhten sich im Vergleich zur BS allerdings we¬niger stark um 315% auf 32.427.040,75€. Dieser Zuwachs wurde durch eine zusätzliche Palliativstation ebenfalls auf 198% bzw. 23.314.102,25€ gedrosselt. Unter Reduktion der statio¬nären Kapazitäten waren Einsparungen zwischen 46% und 54% zu beobachten. Die Ausgaben lagen dann zwischen 3.573.443,09€ und 4.250.803,62€. Komplett ohne Akut-Krankenhaus sanken die mortalitätsadjustierten Jahreskosten weiter um 55% auf durchschnittlich 3.506.578,56€. Hospitalisierung, vor allem ohne Palliativstation, führte somit auch bei konstanter RZ zu Kostenanstiegen. Die Betreuung im Hospiz ging mit Einsparungen einher. SAPV senkte die Aus¬gaben in der Simulation am meisten. Zusammenfassend war die ambulante palliativmedizinische Versorgung in der Simu¬lation mit konstanter RZ im Hinblick auf einen möglichst kosteneffizienten Ressourceneinsatz den anderen Institutionen überlegen. Die Studie deckte allerdings auch auf, dass Verlegungen in stationäre Institutionen trotz SAPV notwendig waren. Die Gründe dafür sind zukünftig zu ermitteln – insbesondere in Hin¬blick auf die Frage, ob sie durch bedarfsgerechte Optimierung der Versorgung vermeidbar sind. Kann SAPV zu Hause nicht gewährleistet werden, sind aus ökonomi¬scher und medizinischer Sicht alternative Strukturen wie SAPV im Pflegeheim oder eine Betreuung im Hospiz einer Akut-Klinik gegenüber zu bevorzugen. Stationäre Aufenthalte sollten, sofern sie unvermeidbar sind, nach Möglichkeit auf der Palliativstation erfolgen, mit möglichst zügiger Entlassung nach Hause, um dem Wunsch der meisten Patienten zu entsprechen, in der gewohnten häuslichen Umgebung in Würde und Selbstbestimmung zu sterben. N2 - Background: The aging society will lead to an increasing incidence of fatal diseases. Thus, the growing demand and cost of palliative care will put economic pressure on politics. In particular, it will be challenging to ensure comprehensive medical care in rural areas. However, decisions are frequently not based on evidence as economic data is scarce. This thesis aims to forecast future cost for specialized palliative care in Vorpommern Greifswald. Method: We analyzed the existing treatment statistics and costs of 464 palliative patients in the General Ward (GW), Palliative Care Unit (PCU), Hospice (HOS) and Specialized Ambulant Palliative Care (SAPV)). These numbers have been extracted from the Data Pool of University Medicine Greifswald from 01.04.2013 to 31.03.2014 and have been analyzed from the funders’ perspective. A Markov-Model was used to predict the total cost. Results: The daily average costs per patient for specialized palliative care amount to €252. By simulating a distribution of all patients to GW and PCU in equal parts the costs increase by 198%. Reducing the percentage of patients in PCU to 50% and GW to 10% leads to a cost reduction of 52%. Administering ambulant care exclusively via SAPV leads to the lowest cost rate of €106. Without SAPV the model predicts a cost increase of 107%. This number can be reduced to 72% if SAPV in nursing homes is included. Conclusion: Hospitalization without PCU leads to a significant increase in costs. The biggest costs reduction is reached by SAPV in domestic care. Comprehensive domestic care without hospitalization would be cost optimal but not realistic due to different reasons. Consequently, effort has to be invested to create and develop conditions which allow more domestic care to reduce hospitalization, duration of hospital stays and costs for the funders. KW - SAPV KW - Palliativmedizin KW - Kosten KW - SAPV KW - Kosten Lebensende KW - Palliativkosten KW - Palliativversorgung KW - ländlich KW - Palliativ Y2 - 2023 U6 - https://nbn-resolving.org/urn:nbn:de:gbv:9-opus-83514 UN - https://nbn-resolving.org/urn:nbn:de:gbv:9-opus-83514 ER -