@phdthesis{Bessel2006, author = {Frank Bessel}, title = {Study of Health in Pomerania - Pr{\"a}valenz von Mundschleimhautver{\"a}nderungen einer st{\"a}dtisch-l{\"a}ndlichen Bev{\"o}lkerung}, journal = {SHIP O - Prevalence of oral mucosal lesions in an urban-rural population}, url = {https://nbn-resolving.org/urn:nbn:de:gbv:9-200515-0}, year = {2006}, abstract = {Das Interesse an stomatologischen und oralpathologischen Fragestellungen ist in den letzten Jahren deutlich angestiegen. Die Diagnostik, Therapie und Pr{\"a}vention von Mundschleimhautver{\"a}nderungen wird auf aktuellen Kongressen (18. Berliner Zahn{\"a}rztetag 2004; 11. Europ{\"a}isches Sommersymposium 2004, Usedom- Heringsdorf; 13. Zahn{\"a}rztetag 2004, Rostock- Warnem{\"u}nde) immer wieder thematisiert. Nicht zuletzt beruht dies auf den Beobachtungen von zunehmenden Mundschleimhautver{\"a}nderungen bei AIDS und immunpathologischen Erkrankungen sowie im Verlauf einer immunsupressiven und zytostatischen Therapie, weshalb inzwischen f{\"u}r eigentlich alle medizinischen Fachrichtungen eine profunde Kenntnis {\"u}ber krankhafte Ver{\"a}nderungen der Mundschleimhaut erwartet wird. Bei der Untersuchung der Mundh{\"o}hle und ihrer Umgebung lassen sich nicht selten Befunde erheben, die die allgemeine Diagnosefindung erleichtern oder eine Verdachtsdiagnose erh{\"a}rten k{\"o}nnen. Bei Mundschleimhautver{\"a}nderungen muss es sich nicht zwangsl{\"a}ufig um Krankheiten handeln, die ausschlie{\"s}lich in der Mundh{\"o}hle manifestiert sind. Es kann sich ebenso um vielf{\"a}ltige aufschlussreiche Begleitsymptome von Allgemeinerkrankungen, inneren Erkrankungen und Hautkrankheiten handeln (Bork et al 1993). In der bev{\"o}lkerungsorientierten Gesundheitsstudie „SHIP 0 - Study of Health in Pomerania” wurden in dem Zeitraum vom September 1997 bis Dezember 2001 insgesamt 4233 Probanden im Alter von 20 bis 81 Jahren (zahn-) medizinisch umfassend untersucht und zu ihrem Gesundheitsverhalten, subjektivem Befinden sowie zu soziodemografischen Parametern interviewt. Inhalt der Untersuchungen war auch die Begutachtung der Mundschleimhaut und Diagnostik von Mundschleimhautver{\"a}nderungen. Die Pr{\"a}valenz von Mundschleimhautver{\"a}nderungen liegt bei den 2117 M{\"a}nnern und 2116 Frauen bei 11,83\%. Insgesamt konnten bei 498 Probanden 1103 Einzelbefunde diagnostiziert werden. Die H{\"a}ufigkeit von Mundschleimhautver{\"a}nderungen ist altersabh{\"a}ngig und nimmt mit zunehmendem Alter kontinuierlich zu. Exophytische Neubildungen (2,99\%) sind neben den weiteren Ver{\"a}nderungen (2,88\%) und Leukoplakia simplex (2,85\%) die in dieser Studie am meisten diagnostizierten Ver{\"a}nderungen. Pr{\"a}kanzer{\"o}se Ver{\"a}nderungen haben eine Pr{\"a}valenz von 0,57\%. Wangenschleimhaut und Alveolarfortsatz in Ober- und Unterkiefer sind die bevorzugten Lokalisationen von Mundschleimhautver{\"a}nderungen. Die topografische Verteilung der untersuchten Gruppen von Mundschleimhautver{\"a}nderungen stimmen in der Regel mit den in der Literatur aufgef{\"u}hrten Pr{\"a}dilektionsstellen {\"u}berein. Leukoplakia simplex findet sich haupts{\"a}chlich an der Wangenschleimhaut und auf den Alveolark{\"a}mmen, exophytische Neubildungen ebenfalls an der Wangenschleimhaut und zus{\"a}tzlich im Bereich des harten Gaumens und herpetiforme, apht{\"o}se Ver{\"a}nderungen erwartungsgem{\"a}{\"s} an Lippenrot und Lippenschleimhaut. Bevorzugte Lokalisation f{\"u}r pr{\"a}kanzer{\"o}se Ver{\"a}nderungen ist die Wangenschleimhaut, gefolgt von der Umschlagfalte im Unterkiefer. Die regionale Basisstudie SHIP 0 konnte den negativen Einfluss der Risikofaktoren „Rauchen“ und „Alkohol“ an einer unselektierten Probandenpopulation nachweisen und die synergistische Wirkung beider Noxen zeigen. Au{\"s}erdem wurde festgestellt, dass Probanden, die entweder an Diabetes mellitus erkrankt sind oder aus niedrigeren sozialen Schichten stammen, eine h{\"o}here Pr{\"a}valenz von Mundschleimhautver{\"a}nderungen aufweisen als die anderen Kontrollgruppen. Bei Rauchern scheint die Quantit{\"a}t des Tabakkonsums eine entscheidende Rolle zu spielen. Schwache Raucher haben allgemein eine erh{\"o}hte Pr{\"a}valenz von Mundschleimhautver{\"a}nderungen im Vergleich zu Nichtrauchern. Hinsichtlich der Verteilung von Mundschleimhautver{\"a}nderungen f{\"a}llt auf, dass bei Rauchern im allgemeinen h{\"a}ufiger Leukoplakien gefunden wurden. Die Pr{\"a}valenz f{\"u}r pr{\"a}kanzer{\"o}se Ver{\"a}nderungen steigt mit zunehmendem Tabakkonsum an. Die Pr{\"a}valenz und Verteilung von Mundschleimhautver{\"a}nderungen im Vergleich von Rauchern und Nichtrauchern weist auf die Wirkungen des Rauchens auf die orale Mundschleimhaut hin. W{\"a}hrend der Konsum von Alkohol als alleiniger Risikofaktor in dieser Studie keinen entscheidenden Einfluss auf die Pr{\"a}valenz von Mundschleimhautver{\"a}nderungen hat, unterstreicht die hohe Pr{\"a}valenz bei starken Rauchern und bei hohem Alkoholkonsum die in der Literatur erw{\"a}hnte synergistische Wirkung von Tabak und Alkohol. In der aktuellen Studie zeigen Probanden, die an einer Form von Diabetes mellitus erkrankt sind, mit 20,19\% eine fast doppelt so hohe Pr{\"a}valenz von Mundschleimhautver{\"a}nderungen wie gesunde Probanden. Besonders Leukoplakia simplex, exophytische Neubildungen und weiteren Ver{\"a}nderungen sind in dieser speziellen Probandengruppe auff{\"a}llig h{\"a}ufig diagnostiziert worden. Nicht eindeutig gekl{\"a}rt ist bislang, ob ein Zusammenhang besteht zwischen der bei Diabetes mellitus auftretenden Xerostomie sowie der erh{\"o}hten Anf{\"a}lligkeit f{\"u}r Kandidosen und der Pr{\"a}valenz von Mundschleimhautver{\"a}nderungen. Die Zunahme der Anzahl von Mundschleimhautver{\"a}nderungen mit sinkendem sozialen Status kann als Hinweis daf{\"u}r gewertet werden, dass die in einen sozialen Schichtindex einflie{\"s}enden Faktoren „Schulbildung“, „berufliche Stellung“ und „Nettohaushaltsein-kommen“ Einfluss auf das Gesundheitsverhalten der Probanden und damit indirekt auf die Pr{\"a}valenz von Mundschleimhautver{\"a}nderungen haben. Die Ergebnisse machen deutlich, wie wichtig die Fr{\"u}herkennung von Mundschleimhaut-ver{\"a}nderungen im Rahmen der routinem{\"a}{\"s}igen Kontrolluntersuchungen in der zahn{\"a}rztlichen Praxis ist. Angesichts der demografischen Entwicklung, der Zunahme des Anteils {\"a}lterer und alter Menschen in den modernen Industriegesellschaften von 23,1\% (in 2000) kontinuierlich auf rund 33,9\% (in 2040) (Sommer 1994), ist bez{\"u}glich der Pr{\"a}valenz von Mundschleimhautver{\"a}nderungen ein Ansteigen dieser Erkrankungsform zu erwarten. Mundschleimhauterkrankungen sind als Zielerkrankungen bei der therapiebegleitenden Pr{\"a}vention bei Erwachsenen im Ruhezustand (65 Jahre und {\"a}lter) aufzunehmen. Eine Zunahme des Zigarettenverbrauchs in Deutschland in den vergangenen sieben Jahren um 9\% bzw. bei Zigarren und Zigarillos in dem gleichen Zeitraum um 121\% (Reichart 2002) sowie der hohe Konsum von Tabak besonders bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen unterstreichen, wie wichtig die Aufkl{\"a}rung des Zahnarztes als Teil der Prophylaxet{\"a}tigkeit im Hinblick auf das Risikopotential f{\"u}r die Entstehung oraler Schleimhautver{\"a}nderungen ist. Die in der aktuellen Studie zunehmende Pr{\"a}valenz von Mundschleimhautver{\"a}nderungen bei Probanden aus niedrigeren sozialen Schichten der Gesellschaft weisen auf die Zusammenh{\"a}nge zwischen dem Problemkomplex von Befund und Verhalten hin. Probanden mit h{\"o}herem Schulstatus zeigen signifikant h{\"a}ufiger ein kontrollorientiertes Verhalten, w{\"a}hrend Probanden ohne Ausbildungsabschluss deutlich beschwerdeorientiert sind (Heinrich und T{\"o}rne 1997). Dieses Ergebnis weist auf die Notwendigkeit hin, dass auch nichtmedizinische, soziodemografische Gesichtspunkte als Risikofaktoren nicht untersch{\"a}tzt und bei der Routineuntersuchung von Patienten nicht au{\"s}er Acht gelassen werden d{\"u}rfen. Damit der niedergelassene Zahnarzt diesen neuen Aufgaben gewachsen ist, sollte die Aus- und Fortbildung der Zahn{\"a}rzte hinsichtlich der Fr{\"u}herkennung von Mundschleimhautver{\"a}nderungen im Sinne eines Screenings verst{\"a}rkt werden. Neue, sanfte Diagnoseverfahren wie die Brush- Biopsie, die aktuell in der Fachliteratur diskutiert wird (Becker 2004; Sciubba 1999), vereinfachen die Diagnostik f{\"u}r Tumoren der Mundschleimhaut. Sicherlich lassen sich die Ergebnisse der SHIP 0 nicht uneingeschr{\"a}nkt generalisieren. Sie spiegeln in erster Hinsicht die aktuelle Situation der Bev{\"o}lkerung der Landkreise Nord- und Ostvorpommern mit den Hansest{\"a}dten Stralsund und Greifswald wieder. F{\"u}r die in diesen Kreisen niedergelassenen Zahn{\"a}rzte kann diese Studie durchaus als Orientierung bei der Vorbeugung und Erkennung von Mundschleimhautver{\"a}nderungen gesehen werden. Die Resultate bilden aber auch die Basis f{\"u}r weitere Forschungen z.B. in Form von Fall- Kontroll- Studien oder Follow- Up- Studien.}, language = {de} }