@phdthesis{Marx2014, author = {Ivo Marx}, title = {Das Konzept der Verz{\"o}gerungsaversion bei Personen mit einer Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivit{\"a}tsst{\"o}rung (ADHS) – Entwicklungsaspekte, Bedingungsfaktoren und differentialdiagnostische Befunde}, journal = {Delay Aversion in Subjects with Attention-Deficit/Hyperactivity Disorder (ADHD) – Developmental Aspects, Influencing Factors, and Differential Diagnostic Findings}, url = {https://nbn-resolving.org/urn:nbn:de:gbv:9-002088-3}, year = {2014}, abstract = {Einhergehend mit dem Zuwachs an bildgebenden Befunden, die auf Dysfunktionen in komplexen kortikalen Netzwerken bei Personen mit ADHS hinweisen, gewannen auch st{\"o}rungsspezifische Modelle der ADHS zunehmend an Komplexit{\"a}t. W{\"a}hrend fr{\"u}he Modelle spezifische Kerndefizite, insbesondere ein kognitives und motorisches Inhibitionsdefizit, als urs{\"a}chlich annahmen (Barkley, 1997; Quay, 1997), sehen aktuelle Theorien die ADHS nicht singul{\"a}r determiniert, sondern durch mehrere Faktoren bedingt. Neben exekutiven Dysfunktionen betonen sie auch die Bedeutsamkeit von motivationalen Prozessen am Zustandekommen des klinischen Ph{\"a}notyps (Nigg \& Casey, 2005; Sagvolden, Johansen, Aaase, \& Russell, 2005; Sergeant, 2000; Sonuga-Barke, 2002). Eines dieser Modelle, die Verz{\"o}gerungsaversions-Hypothese, die im Laufe der Jahre zu einem umfassenden theoretischen Erkl{\"a}rungsmodell der ADHS weiterentwickelt wurde (Dual Pathway Model; Sonuga-Barke, 2002; 2005), geht davon aus, dass Kinder mit ADHS gegen{\"u}ber nicht von ADHS betroffenen Kindern {\"u}ber einen st{\"a}rker ausgepr{\"a}gten motivationalen Stil verf{\"u}gen, Verz{\"o}gerungen in Handlungsabl{\"a}ufen bewusst zu vermeiden und m{\"o}glichst unmittelbare Handlungskonsequenzen zu bevorzugen, um aversive Zust{\"a}nde des Wartens zu vermeiden. Ein erh{\"o}htes Ausma{\"s} an Verz{\"o}gerungsaversion wurde seit der Formulierung dieser Hypothese bei Kindern mit ADHS in einer Vielzahl von Studien nachgewiesen. An die Verz{\"o}gerungsaversions-Hypothese ankn{\"u}pfend besch{\"a}ftigt sich die vorliegende Arbeit sich mit den Fragestellungen, ob Verz{\"o}gerungsaversion lediglich ein Ph{\"a}nomen des Kindes- und Jugendalters darstellt, oder ob es sich auch bei Erwachsenen mit ADHS manifestiert (Marx et al., 2010), wie spezifisch Verz{\"o}gerungsaversion f{\"u}r das St{\"o}rungsbild der ADHS gegen{\"u}ber anderen psychischen St{\"o}rungsbildern ist (Vloet et al., 2010; Wilhelm et al., 2011) und inwiefern externe Anreize im Sinne moderierender Faktoren geeignet sind, das auf der Verhaltensebene gezeigte Ausma{\"s} an Verz{\"o}gerungsaversion positiv zu beeinflussen, d. h. es zu mildern oder m{\"o}glicherweise sogar zu nivellieren (Marx et al., 2011; 2013). Die Ergebnisse dieser Arbeit belegen, dass Verz{\"o}gerungsaversion ein zeitlich {\"u}berdauerndes motivationales Defizit darstellt, welches nicht allein bei Kindern, sondern altersinvariant auch bei Erwachsenen mit ADHS auftritt (Marx et al., 2010; 2013). Dieses Defizit kann jedoch durch motivationale Anreize positiv beeinflusst werden. So k{\"o}nnen antizipierte finanzielle Belohnungen und subjektiv hoch bedeutsame, nicht finanzielle positive und negative Verhaltenskonsequenzen das gegen{\"u}ber Kontrollpersonen erh{\"o}hte Ausma{\"s} an Verz{\"o}gerungsaversion mindern und sogar ausgleichen (Marx et al., 2011; 2013). Hinsichtlich der Spezifit{\"a}t von Verz{\"o}gerungsaversion f{\"u}r das St{\"o}rungsbild der ADHS konnte eine Abgrenzung gegen{\"u}ber der Zwangsst{\"o}rung gezeigt werden (Vloet et al., 2010), eine {\"a}tiopathologische Differenzierung von Essst{\"o}rungen gelang hingegen nicht (Wilhelm et al., 2011). Die Befunde der vorliegenden Arbeit weisen wichtige Implikationen f{\"u}r die theoretische Modellbildung auf, indem sie den Geltungsbereich des Dual Pathway-Modells der ADHS (Sonuga-Barke, 2002) auf das Erwachsenenalter ausweiten und eine Verbindung zwischen dem exekutiven und dem motivationalen Pfad des Modells schaffen, die durch Moderatoreffekte generiert wird: In Abh{\"a}ngigkeit von der subjektiven Valenz antizipierter Verst{\"a}rker scheint eine verst{\"a}rkte exekutive Kontrolle motivationaler Funktionen stattzufinden, die Personen mit ADHS dazu bewegt, trotz verz{\"o}gerungsreicher Kontexte m{\"o}glichst optimale Leistungsergebnisse zu erzielen. Ferner l{\"a}sst sich aus der vorliegenden Arbeit ein therapeutischer Nutzen ableiten: W{\"a}hrend die Verz{\"o}gerungsaversions-Hypothese davon ausgeht, dass das auf der Verhaltensebene mit Verz{\"o}gerungsaversion assoziierte dysfunktionale Verhalten von Kindern mit ADHS in verz{\"o}gerungsreichen Kontexten durch die h{\"a}ufige und unmittelbare Belohnung funktionalen Verhaltens positiv beeinflusst werden kann (Sagvolden et al., 2005), lassen die aktuellen Ergebnisse (Marx et al., 2011) vermuten, dass eine unmittelbare Verst{\"a}rkung erw{\"u}nschten Verhaltens nicht zwangsl{\"a}ufig immer notwendig ist, sondern dass auch l{\"a}ngere Zeitintervalle {\"u}berbr{\"u}ckt werden k{\"o}nnen, wenn die antizipierte Belohnung eine hohe subjektive Relevanz aufweist.}, language = {de} }