@phdthesis{Herzer2017, author = {Frank Herzer}, title = {Ab wann wird Pr{\"u}fungsangst zur Krankheit? - Analyse klinischer Indikatoren}, journal = {What makes test anxiety pathological? - Analysis of clinical indicators}, url = {https://nbn-resolving.org/urn:nbn:de:gbv:9-002710-6}, year = {2017}, abstract = {Pr{\"u}fungsangst stellt eine schwerwiegende und h{\"a}ufig auftretende psychische St{\"o}rung dar. In der klinischen Praxis war die Abgrenzung klinisch relevanter Pr{\"u}fungsangst von subklinischer Pr{\"u}fungsaufregung lange Zeit schwierig und die psychische St{\"o}rung wurde uneinheitlich als soziale oder als spezifische Phobie kodiert, weil es an eindeutigen Diagnosekriterien mangelte. In den vergangenen Jahrzehnten intensiver Beforschung des Themenkomplexes Pr{\"u}fungsangst, insbesondere durch die P{\"a}dagogische Psychologie, wurden vielf{\"a}ltige Variablen mit Pr{\"u}fungsangst in Verbindung gebracht und als direkte oder indirekte Pr{\"a}diktoren diskutiert. Bislang fehlte es jedoch an der Integration dieser unterschiedlichen Erkl{\"a}rungsans{\"a}tze in ein geeignetes Rahmenmodell. Zun{\"a}chst wurde untersucht, ob sich das „Test Anxiety Inventory“ (TAI) eignet, klinisch unauff{\"a}llige von klinisch relevanter Pr{\"u}fungsangst abzugrenzen. Dazu wurden eine Stichprobe 47 pr{\"u}fungs{\"a}ngstlicher Patienten einer Psychotherapieambulanz und eine Gruppe von 41 Studenten mit gesunden Ausma{\"s}en an Pr{\"u}fungsangst verglichen. Dabei wurde auch untersucht, mittels welcher Diagnose die Pr{\"u}fungsangst der Patienten von den behandelnden Therapeuten kodiert wurde und ob sich objektivierbare Unterschiede zwischen unterschiedlich klassifizierten Patienten finden lassen. Im zweiten Schritt wurden in Anlehnung an das Pr{\"u}fungsangstmodell von Zeidner und Matthews (2007) die wichtigsten Pr{\"u}fungsangstpr{\"a}diktoren hinsichtlich ihrer pr{\"a}diktiven Validit{\"a}t f{\"u}r die Unterscheidung pathologischer und gesunder Pr{\"u}fungsangstintensit{\"a}ten analysiert. Im dritten und letzten Arbeitsschritt wurde eine Stichprobe von 22 Pr{\"u}fungsangstpatienten im L{\"a}ngsschnittverlauf einer kognitiv-verhaltenstherapeutischen Behandlung unter realistischen Therapiebedingungen betrachtet. Ziel war es dabei zu {\"u}berpr{\"u}fen, ob die bisherigen Erkenntnisse auch f{\"u}r die Vorhersage des Therapieerfolgs bedeutsam sind. Ein Cut-Off-Wert von 80 Punkten im TAI scheint sich zur Unterscheidung klinischer und nicht-klinischer Ausma{\"s}e an Pr{\"u}fungsangst zu eignen. Das Krankheitsbild der untersuchten Pr{\"u}fungsangstpatienten zeigt sich sehr einheitlich und ist unabh{\"a}ngig von der vergebenen St{\"o}rungsdiagnose des Therapeuten. Das Vorliegen einer komorbiden depressiven Erkrankung beeinflusst nicht die Schwere der Pr{\"u}fungsangst. Selbst bei Beachtung des Einflusses der grunds{\"a}tzlichen psychischen Belastung ist eine Unterscheidung pathologischer und nicht-pathologischer Pr{\"u}fungsangst anhand der Konstrukte Lernzielorientierung, F{\"a}higkeitsselbstkonzept, Selbstbeschuldigung, Elaboration im Lernen und Perfektionismus m{\"o}glich. Diese Variablen mit der h{\"o}chsten diskriminierenden Validit{\"a}t entspringen allen drei Erkl{\"a}rungsebenen des Pr{\"u}fungsangstmodells von Zeidner und Matthews, welches sich offensichtlich zur Untersuchung der Bedeutung der unterschiedlichen Pr{\"u}fungsangstpr{\"a}diktoren eignet. Im Rahmen der psychotherapeutischen Behandlung der Pr{\"u}fungsangst kam es zwar insgesamt zur Reduktion pr{\"u}fungs{\"a}ngstlicher, depressiver und sozial{\"a}ngstlicher Symptome sowie der grunds{\"a}tzlichen psychischen Belastung, jedoch haben die Patienten sehr unterschiedlich auf die Behandlung angesprochen. Nahezu 50 Prozent der behandelten Betroffenen weisen auch nach dem Therapieende noch immer klinisch relevante Werte an Pr{\"u}fungsangst und nur unerhebliche Verbesserungen der anderen interessierenden Variablen auf. Die Bedeutung der Variablen Elaboration, Lernzielorientierung, F{\"a}higkeitsselbstkonzept und Selbstbeschuldigung best{\"a}tigt sich auch in der L{\"a}ngsschnittanalyse. Der empfohlene Cut-Off-Wert im TAI sollte in repr{\"a}sentativen Stichproben repliziert und das Instrument konventionell zur Diagnostik von Pr{\"u}fungsangst verwendet werden um die Identifikation pathologischer Pr{\"u}fungsangst zu erleichtern und dem Screening sowie der Differentialdiagnostik der St{\"o}rung zu dienen. Schwere und Generalisierungsgrad sozial{\"a}ngstlicher Symptome sollten in der Pr{\"u}fungsangstdiagnostik st{\"a}rker beachtet werden. Die M{\"o}glichkeit, Pr{\"u}fungsangst wie im DSM-5 als Sozialphobie mit dem Spezifikator „Nur in Leistungssituationen“ zu diagnostizieren, sollte zuk{\"u}nftig auch im ICD Anwendung finden um die Kodierung der Pr{\"u}fungsangst zu vereinheitlichen. Parallel vorliegende psychische Erkrankungen sollten fr{\"u}hzeitig im Verlauf der Diagnostik in ihrer Bedeutung als Ursache oder Folge von Pr{\"u}fungsangst identifiziert werden um entsprechende Ableitungen f{\"u}r den Behandlungsplan vornehmen zu k{\"o}nnen. Die klinische Forschung sollte sich st{\"a}rker auf das Pr{\"u}fungsangstmodell von Zeidner und Matthews und bei Replikation unserer Ergebnisse auf die zentralen Pr{\"u}fungsangstpr{\"a}diktoren Lernzielorientierung, F{\"a}higkeitsselbstkonzept, Selbstbeschuldigung, Elaboration und Perfektionismus konzentrieren. Entsprechende Behandlungsans{\"a}tze sollten gezielt auf ihren Therapieeffekt hin untersucht werden. Zudem sollte genau analysiert werden, welche weiteren Faktoren es gibt, die {\"u}ber das Therapieansprechen entscheiden.}, language = {de} }