@phdthesis{Rebitschek2014, author = {Felix G. Rebitschek}, title = {Mental repr{\"a}sentierte Kausalzusammenh{\"a}nge und die Ged{\"a}chtnisdynamik beim diagnostischen Schlie{\"s}en}, journal = {Mental Causal Representations and Memory Dynamics in Diagnostic Reasoning}, url = {https://nbn-resolving.org/urn:nbn:de:gbv:9-002064-6}, year = {2014}, abstract = {Durch diagnostisches Schlie{\"s}en deckt der Mensch auf, welche Ursachen seine Beobachtungen erkl{\"a}ren. Hierf{\"u}r nutzt ein Arzt beispielsweise sein Wissen {\"u}ber die kausalen Zusammenh{\"a}nge zwischen m{\"o}glichen Erkrankungsursachen und den beobachteten Effekten in Form von Symptomen. Aus kognitionspsychologischer Sicht stellt sich die Frage, wie Kausalit{\"a}t {\"u}berhaupt mental repr{\"a}sentiert wird. Hinweise auf kausale Repr{\"a}sentationen beim kausalen Schlussfolgern wurden bereits vorgelegt. Die hier vorgelegte Arbeit kn{\"u}pft daran an, indem sie anhand des Ph{\"a}nomens des Diversit{\"a}tseffekts aufzeigt, dass eine mental repr{\"a}sentierte Kausalstruktur f{\"u}r diagnostische Schlussfolgerungen konsultiert wird. Der kausale Diversit{\"a}tseffekt besagt, dass eine eher diverse, strukturelle Verteilung von beobachteten Effekten die eingesch{\"a}tzte Wahrscheinlichkeit der von ihnen unterst{\"u}tzten Diagnose erh{\"o}ht. Versuchspersonen dreier Experimente, welche die Wahrscheinlichkeit des Vorliegens einer Ursache einsch{\"a}tzen sollten, wurden hierf{\"u}r Symptomkonstellationen mit manipulierter struktureller Diversit{\"a}t pr{\"a}sentiert. Die Exp. zeigen, dass eine gr{\"o}{\"s}ere Diversit{\"a}t der Symptome in der zugrundeliegenden Kausalstruktur die eingesch{\"a}tzte Wahrscheinlichkeit des Vorliegens einer Ursache vergr{\"o}{\"s}ert. Dieser Diversit{\"a}tseffekt legt eine Repr{\"a}sentation der Kausalstruktur nahe. Dies begr{\"u}ndet sich vor allem darin, dass der Effekt durch Manipulationen der Kausalstruktur sowie der Basisrate der Ursache im Szenario variiert wurde. Im Einklang mit den qualitativen, normativen Vorhersagen kausaler Bayes-Netze verringerte sich zum einen das Ausma{\"s} des Diversit{\"a}tseffektes bei verk{\"u}rzten Verursachungswegen in der Kausalstruktur, die einen st{\"a}rker determinierten Zusammenhang zur Hauptursache bedeuteten. Zum anderen vergr{\"o}{\"s}erte sich der Effekt f{\"u}r dieselben Verursachungswege, wenn die Absenkung der Basisrate der erfragten Ursache m{\"o}gliche Alternativursachen wahrscheinlicher machte. Der erste Teil der Arbeit liefert hiermit nicht nur Belege f{\"u}r die Repr{\"a}sentation von kausalen Verursachungswegen, welche die Diversit{\"a}t abbilden. Er gibt auch Hinweise auf eine Integration dieser Repr{\"a}sentation mit der beobachteten Evidenz in einer Weise, wie es Theorien zum kausalen Schlussfolgern mit mentalen Kausalmodellen nahelegen. Beobachtungen werden jedoch meist in einer zeitlichen Abfolge angestellt. Die zuerst beobachteten Symptome aktivieren erste hypothetische Diagnosekandidaten im Langzeitged{\"a}chtnis. Im Kontext weiterer Beobachtungen werden diese Initialhypothesen modifiziert und zudem weitere Hypothesen aktiviert, bevor letztlich eine von all diesen Hypothesen als Diagnose gew{\"a}hlt wird. Hierbei beeinflusst die Reihenfolge der Beobachtungen das menschliche Diagnoseverhalten: Fr{\"u}h bzw. sp{\"a}t beobachtete Symptome k{\"o}nnen bei der Diagnose {\"u}berm{\"a}{\"s}ig ber{\"u}cksichtigt werden. Die im Fall multipler Hypothesen wenig erforschte Problematik und bestehende Erkl{\"a}rungsans{\"a}tze von Reihenfolgeeffekten sollen hiernach im Kontext konkurrierender Hypothesen {\"u}berpr{\"u}ft werden. Insgesamt sieben Exp. konfrontierten Probanden mit ambigen Sequenzen aus vier Symptomen, die bei einer vorgegebenen Auswahl von bis zu acht Hypothesenkandidaten zwei Hypothesen gleichstark unterst{\"u}tzten, davon eine fr{\"u}h und eine sp{\"a}t. Die {\"u}berwiegende Wahl der fr{\"u}h unterst{\"u}tzten Hypothese als Diagnose entspricht hierbei einem Primacy-Effekt, der sp{\"a}t unterst{\"u}tzten entsprechend einem Recency-Effekt. Variiert wurden die Symptomreihenfolge, die Antwortprozedur (ein Urteil vs. kontinuierliche Einsch{\"a}tzungen), die Konsistenz der pr{\"a}sentierten Symptomatik mit der Initialhypothese, die Anzahl der Hypothesenkandidaten sowie die Lernprozedur f{\"u}r das diagnostische Wissen. Ein stabiler Primacy-Effekt wurde in sechs von sieben Exp. aufgezeigt. Nur durch eine Lernprozedur, in der mittels Patientenprofilen Erfahrung gesammelt wurde, und durch eine Antwortprozedur mit wiederholt abzugebenden Zwischenurteilen wurde der Primacy-Effekt verringert. Diese Prozedur beg{\"u}nstigte {\"u}berdies einen Wechsel zu Alternativhypothesen, die sp{\"a}t unterst{\"u}tzt wurden (Recency-Effekt). Zus{\"a}tzlich wurde die Eignung einer Probe-Reaktionszeitaufgabe als Prozessma{\"s} zur Verfolgung der Verarbeitung konkurrierender Hypothesen best{\"a}tigt. Die so gemessenen Hypothesenaktivierungen deuteten darauf hin, dass sich im Verlauf einer schrittweise ablaufenden Symptombeobachtung bereits fr{\"u}hzeitig die bevorzugte Diagnose der Initialhypothese abzeichnet. Im Kontext bestehender Erkl{\"a}rungsans{\"a}tze wird deutlich, dass die verzerrte Verarbeitung von ambigen Symptomen, zugunsten koh{\"a}renter Repr{\"a}sentationen mit den Initialhypothesen, in den Primacy-Effekten der Diagnosen m{\"u}ndet. Dies wird begleitet von ged{\"a}chtnisabh{\"a}ngigen Bewertungsprozessen von Hypothesen, welche bei erh{\"o}hten kognitiven Anforderungen Recency-Effekte beg{\"u}nstigen. Der 2. Teil der Arbeit zeigt somit, dass das sequentielle diagnostische Schlie{\"s}en mit multiplen Hypothesen einer vielf{\"a}ltigen Ged{\"a}chtnisdynamik unterliegt.}, language = {de} }