@phdthesis{Hecht2016, author = {Juliane Hecht}, title = {Unfallmechanismen und Verletzungsmuster bei Unf{\"a}llen durch Tischkreiss{\"a}gen}, journal = {Trauma mechanism and injury patterns in accidents by circular saws}, url = {https://nbn-resolving.org/urn:nbn:de:gbv:9-002569-9}, year = {2016}, abstract = {Mehr als ein Drittel aller Arbeitsunf{\"a}lle f{\"u}hren zu Handverletzungen, wovon wiederum ein Drittel auf sog. komplexe Verletzungen mit multistruktureller Zerst{\"o}rung von Weichteilgewebe, Knochen, Gef{\"a}{\"s}en, Nerven und Sehnen entfallen. Im gewerblichen wie auch im privaten Bereich z{\"a}hlen Kreiss{\"a}gen zu den Arbeitsger{\"a}ten, die am h{\"a}ufigsten zu schweren Handverletzungen f{\"u}hren. W{\"a}hrend Unf{\"a}lle durch Kreiss{\"a}gen im gewerblichen Bereich durch Berufsgenossenschaften und Unfallkassen umfassend dokumentiert und untersucht werden, so gibt die Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung (DGUV) f{\"u}r das Berichtsjahr 2010 insgesamt 4.822 meldepflichtige Unf{\"a}lle durch Kreiss{\"a}gen an, liegen keine Daten {\"u}ber H{\"a}ufigkeit, Ursachen und Herg{\"a}nge von Kreiss{\"a}geunf{\"a}llen im privaten Bereich vor, deren Anzahl nach klinischer Erfahrung die der gewerblichen Unf{\"a}lle deutlich {\"u}bersteigen d{\"u}rfte. Ziel dieser Arbeit war es, die im nicht-gewerblichen Bereich bisher fehlende Datengrundlage zu diesem h{\"a}ufigen Unfallereignis zu schaffen, die neben dem Unfallhergang auch den klinischen Verlauf, das funktionelle Ausheilungsergebnis sowie Angaben zu ggf. erfolgten Kompensationsleistungen gesetzlicher oder privater Unfallversicherungen beinhaltet. Basierend auf dieser Datengrundlage sollten wiederkehrende Unfallumst{\"a}nde identifiziert werden, die Ansatzpunkte m{\"o}glicher Pr{\"a}ventionsma{\"s}nahmen sein k{\"o}nnten. In die Nachuntersuchung konnten 114 Patienten (107 m{\"a}nnliche Patienten, Durchschnittsalter zum Unfallzeitpunkt 49 Jahre) eingeschlossen werden, die im Erhebungszeitraum nach einer Handverletzung durch Tischkreiss{\"a}gen in der Universit{\"a}tsmedizin Greifswald station{\"a}r behandelt wurden. Die mittlere Zeitspanne zwischen Unfall und Nachuntersuchung lag bei 52 Monaten (7 - 136 Monate). Erfasst wurden umfangreiche retrospektive Angaben, u.a. zum pers{\"o}nlichen Hintergrund des Verletzten, zu den Unfallumst{\"a}nden, Art und Dauer der Behandlung sowie Dauer der Arbeitsunf{\"a}higkeit. Die Klassifikation der Verletzungsschwere erfolgte in drei Kategorien. Im Rahmen der klinischen Nachuntersuchung wurden statische Kraftpr{\"u}fungen der Hand- und Fingerkraft durchgef{\"u}hrt. Der vom Verletzten subjektiv empfundene Gesundheitszustand der oberen Extremit{\"a}ten wurde mit dem DASH-Fragebogen erhoben. Die subjektive Patientenzufriedenheit wurde mit einer numerischen Analogskala erfasst. Drei Viertel der untersuchten Unf{\"a}lle ereigneten sich im privaten, ein Viertel im gewerblichen Bereich. Der station{\"a}ren Behandlungsdauer von durchschnittlich einer Woche stand eine Arbeitsunf{\"a}higkeitsdauer von etwa 15 Wochen gegen{\"u}ber. Dominante und nicht-dominante Hand waren zu etwa gleichen Anteilen betroffen. {\"U}berwiegend lagen Einfingerverletzungen vor (50 F{\"a}lle), die meist den radialen Pfeiler der Hand (Daumen 48 \%, Zeigefinger 28 \%) betrafen. Zweifingerverletzungen fanden sich in 25, Dreifingerverletzungen in 18, Vierfingerverletzungen in elf und F{\"u}nffingerverletzungen in sieben F{\"a}llen. Bei 15 untersuchten Patienten lag eine vollst{\"a}ndige traumatische Amputation eines oder mehrerer Finger vor. Der Vergleich der Kraftentwicklung bei Handkraft, Pinzetten-, Schl{\"u}ssel- und Dreipunktgriff f{\"u}r das gesamte Probandenkollektiv zeigte eine signifikante Kraftminderung der verletzten gegen{\"u}ber der unverletzten Hand. Hinsichtlich der verschiedenen Verletzungsschweregrade bestanden signifikante Unterschiede lediglich bei den Grad-II- und -III-Verletzungen. In der Regel hatten die betroffenen Verletzten langj{\"a}hrige Erfahrung im Umgang mit Tischkreiss{\"a}gen. Die Mehrzahl der Unf{\"a}lle ereignete sich bei f{\"u}r den S{\"a}gevorgang typischen Handpositionen. Dabei war der sog. „Kickback-Mechanismus“, bei dem es durch ein pl{\"o}tzliches Blockieren des S{\"a}gevorganges, z.B. durch einen Nagel im Schnittholz, zu einem Zur{\"u}ckschlagen des Schnittmaterials kommt, der h{\"a}ufigste Unfallmechanismus. In 13 \% der untersuchten Unf{\"a}lle wurde angegeben, dass vorhandene mechanische Sicherheitsausr{\"u}stungen an der S{\"a}ge entfernt wurden. In einem hohen Anteil der untersuchten Probanden wurde keine bzw. falsche Sicherheitskleidung benutzt. So wurden in etwa einem Drittel der F{\"a}lle Arbeitshandschuhe getragen, wodurch sich das Verletzungsrisiko und die Verletzungsschwere an rotierenden Arbeitsger{\"a}ten deutlich erh{\"o}hen. Erstmals konnte in dieser Untersuchung herausgearbeitet werden, dass ein hohes Verletzungspotential von selbst- bzw. durch eine dritte Person konstruierten Tischkreiss{\"a}gen ausgeht. Von forensisch-traumatologischer Bedeutung sind Handverletzungen durch Tischkreiss{\"a}gen vor allem durch die M{\"o}glichkeit einer intentionellen Selbstsch{\"a}digung zur Erlangung von Versicherungsleistungen. In keinem der untersuchten F{\"a}lle wurden Kompensationsleistungen unter diesem Aspekt verweigert.}, language = {de} }