@phdthesis{Normann2021, author = {Nicole Normann}, title = {Erreger-spezifische Antik{\"o}rpersignaturen bei Patienten mit bakterieller Sepsis}, journal = {Pathogen-specific antibody signatures in patients with bacterial sepsis}, url = {https://nbn-resolving.org/urn:nbn:de:gbv:9-opus-43872}, pages = {175}, year = {2021}, abstract = {Sepsis ist die dritth{\"a}ufigste Todesursache in Deutschland und verursacht j{\"a}hrliche Krankenhauskosten von mehr als 8 Mrd. €. {\"U}ber die Pathophysiologie ist noch immer vieles unbekannt. Bei der Bek{\"a}mpfung von extrazellul{\"a}ren Infektionserregern spielt vor allem das humorale Immunsystem eine wichtige Rolle, da die von B-Zellen/ Plasmazellen gebildeten Antik{\"o}rper wichtige antiinfektive Agenzien darstellen. Dennoch ist die Rolle der B-Zellen bei einer Sepsis nicht gut verstanden. Ergebnisse aus Mausmodellen, aber auch aus klinischen Studien mit Sepsispatienten zeigen einerseits die vermehrte Apoptose von B-Zellen, anderseits wurde auch eine polyklonale B-Zellaktivierung beschrieben, die mit einem unspezifischen Anstieg der Antik{\"o}rperkonzentrationen im Blut einhergeht. In dieser Arbeit sollte untersucht werden, ob w{\"a}hrend einer systemischen bakteriellen Infektion, wie der Sepsis, auch eine Erreger-spezifische Antik{\"o}rperantwort ausgebildet wird. Mit Hilfe von zwei serologischen Assays wurde die Antik{\"o}rperantwort von Sepsispatienten gegen extrazellul{\"a}re Proteine von 16 typischen Sepsiserregern bestimmt. Anhand von Plasmaproben aus zwei prospektiven Studien konnte die Antik{\"o}rperkinetik von einem Zeitpunkt vor der klinischen Diagnose bis maximal 16 Tage nach Diagnose ermittelt werden. Mittels eines Simple Western Assays - einem semi-quantitativen Immunoblot-Assay - wurde zun{\"a}chst die Erreger-spezifische Antik{\"o}rperantwort von Patienten mit einer vorliegenden mikrobiologischen Erregerdiagnose untersucht. 54 \% der Patienten zeigten eine spezifische humorale Immunantwort gegen den mikrobiologisch diagnostizierten Erreger, wohingegen die Antik{\"o}rperspiegel f{\"u}r das Kontrollantigen TT unver{\"a}ndert blieben. Zur Untersuchung der zweiten Patientenkohorte wurde ein Bead-basierter Suspensions-Array auf Grundlage der xMAP-Technologie (Luminex®) entwickelt. Der Infection Array erm{\"o}glichte die gleichzeitige Quantifizierung der spezifischen Antik{\"o}rperantwort gegen 16 verschiedene Erreger. Bei 64 der 76 untersuchten Patienten wurden Anstiege der IgG-Antik{\"o}rper gegen einen oder mehrere dieser Erreger beobachtet. In 62,5 \% der F{\"a}lle stimmten diese Anstiege mit der mikrobiologischen Diagnose {\"u}berein. Bei 20/64 Patienten wurden signifikante Anstiege der IgG-Spiegel spezifisch f{\"u}r einen oder zwei Erreger nachgewiesen, in 44/64 F{\"a}llen wurden Anstiege gegen mehr als zwei Erreger beobachtet. Bei Letzteren richtete sich die Antik{\"o}rperantwort haupts{\"a}chlich gegen Enterokokken und Enterobacteriaceae, was prim{\"a}r auf zwei Ursachen zur{\"u}ckgef{\"u}hrt werden kann: (i) Ein Gro{\"s}teil dieser Patienten hatte einen intraabdominellen Infektionsfokus. Polymikrobielle Infektionen durch endogene Darmbakterien, typischerweise verursacht durch eine Darmruptur oder die Insuffizienz einer chirurgischen Darmnaht, sind hierbei ein plausibler Befund, der der mikrobiologischen Diagnostik offenbar h{\"a}ufig entgeht. (ii) Au{\"s}erdem k{\"o}nnen Sepsis-bedingte Organst{\"o}rungen zu einer gesteigerten Darmpermeabilit{\"a}t f{\"u}hren, die wiederum die Translokation intestinaler Bakterien erleichtert. Die Ergebnisse dieser Arbeit lassen den Schluss zu, dass die beobachteten Antik{\"o}rperreaktionen auf eine Antigen-spezifische Memoryantwort zur{\"u}ckzuf{\"u}hren sind. In etwa 2/3 der F{\"a}lle wird eine Sepsis endogen durch Bakterien des eigenen Mikrobioms verursacht. Entsprechend war es nicht {\"u}berraschend, dass gegen alle untersuchten Erreger bereits vor der Infektion und auch bei gesunden Kontrollpersonen basale antibakterielle IgG-Spiegel gemessen wurden. Zudem waren die IgG-Anstiege oft bereits zwischen Tag 0 und Tag 8 zu beobachten. Bei einer Prim{\"a}rantwort mit dem Erreger w{\"u}rde die Aktivierung der Zellen und der Klassenwechsel der Antik{\"o}rper deutlich mehr Zeit erfordern. Die Untersuchung der Erreger-spezifischen Antik{\"o}rperantwort hat gezeigt, dass ein serologischer Assay R{\"u}ckschl{\"u}sse auf den Infektionserreger zul{\"a}sst. Au{\"s}erdem zeigen die Daten, dass auch Kommensale wie Darmbakterien das Immunsystem pr{\"a}gen, was wiederum Einfluss auf die humorale Immunantwort w{\"a}hrend einer Infektion haben kann. Dieser Aspekt wird bei Mausmodellen oft vernachl{\"a}ssigt, kann aber entscheidend f{\"u}r die Translation der Ergebnisse aus Tierversuchen auf den Menschen sein. Aber auch diagnostisch bietet der Infection Array Einsatzm{\"o}glichkeiten. Im Gegensatz zur konventionellen Erregerdiagnostik ist die Serologie robust gegen{\"u}ber einer bereits begonnenen Antibiotikagabe, und sie k{\"o}nnte dabei helfen, zwischen einer Kontamination und dem Infektionserreger zu unterscheiden, z. B. im Fall von KNS wie S. epidermidis. Ebenso w{\"a}re der Einsatz bei Biofilm-assoziierten Infektionen wie z. B. Protheseninfektionen oder Endokarditis denkbar. Hier besteht die Infektion oft bereits lange asymptomatisch, bevor sie klinisch diagnostiziert wird. Bei Diagnose bestehen meist bereits erh{\"o}hte Antik{\"o}rperspiegel, die sich von denen gesunder Individuen unterscheiden. Ein serologischer Test k{\"o}nnte hier invasive Eingriffe, um an Material f{\"u}r die mikrobiologische Diagnose heranzukommen, reduzieren und die Sensitivit{\"a}t der Erregerdiagnostik erh{\"o}hen. Durch den Einsatz rekombinanter Proteine kann die Spezifit{\"a}t des Assays in der Zukunft erh{\"o}ht werden. Zu diesem Zweck wurden in dieser Arbeit bereits erste immunogene Proteine identifiziert. Durch die Verwendung rekombinanter Proteine w{\"a}re zudem zuk{\"u}nftig die Erweiterung des Erregerpanels um typische, aber wom{\"o}glich schwerkultivierbare Erreger m{\"o}glich. Damit k{\"o}nnte die Sepsisforschung Neuland betreten.}, language = {de} }