TY - THES U1 - Dissertation / Habilitation A1 - Noack, Gerald T1 - Die Entstehung und Herausgabe von touristischen Karten der DDR. Eine historisch-kritische Analyse N2 - Mit der vorliegenden Dissertation wird erstmals ein zeitlich umfassender Überblick über die touristische Verlagskartographie in der DDR gegeben. Als „Leitverlag“ steht der Landkartenverlag bzw. Tourist Verlag im Mittelpunkt der Arbeit, dessen Geschichte zugleich den Untersuchungszeitraum 1945–1994 vorgibt. Darüber hinaus werden weitere Verlage, kartographische Betriebe und Institutionen betrachtet, die im Osten Deutschlands mit der Herstellung und Herausgabe von touristischen Karten befasst waren. Das halbe Jahrhundert ostdeutscher Verlagsgeschichte lässt sich in fünf inhaltlich abgrenzbare Entwicklungsphasen einteilen. Phase 1 (1945–1952) war gekennzeichnet durch eine von der Besatzungsmacht UdSSR überwachte und im Aufbau befindliche Verlagslandschaft. In jenen Jahren gelang es nur dem von Kurt Schaffmann gegründeten Landkartenverlag, eine volle Sortimentsbreite touristischer Karten (Stadtpläne, Wanderkarten, Verkehrskarten) aufzubauen, jedoch vorerst noch regional eingeschränkt. In Phase 2 (1953–1965) wurde durch die Verstaatlichung von Verlagen und der sich anschließenden Konzentration der Herausgabe die Grundlage für ein staatlich kontrolliertes Verlagswesen geschaffen. Dabei war zugleich die Sortimentsvielzahl zugunsten einer klar formulierten Programmstruktur aufgegeben worden. Für Phase 3 (1966–1976) war die Herstellung und Herausgabe eines komplett neuen Verlagsprogramms prägend. Vorausgegangen waren Beratungen in Moskau und Ost-Berlin, die zu verschärften Sicherheitsmaßnahmen im Kartenwesen führten. Fortan wurden alle für die Öffentlichkeit bestimmten Karten nur noch mit verzerrten Maßstäben produziert. Phase 4 (1977–1989) beinhaltet die Tätigkeit des VEB Tourist Verlag Berlin/Leipzig, der neben Karten nun auch für touristische Literatur verantwortlich zeichnete. Bis auf Koeditionen mit Verlagen benachbarter sozialistischer Staaten stagnierte die Kartenherausgabe, denn zunehmend wurden Kapazitäten durch den Devisen bringenden Kartographieexport in die BRD gebunden. In der Phase 5 (1990–1994) gelang es dem Tourist Verlag nicht, eine gefestigte Stellung in der gesamtdeutschen Marktwirtschaft zu erringen. Durch den Verkauf seitens der Treuhandanstalt an J. Fink – Kümmerly + Frey ließ sich das Schicksal nur um wenige Jahre hinauszögern; am Ende stand die Liquidation des traditionsreichen Unternehmens. Damit wird zugleich der Schlusspunkt der Betrachtungen fixiert. Im Laufe ihrer Geschichte war die ostdeutsche Verlagskartographie verschiedensten Restriktionen unterworfen. Zensur in Form sogenannter Genehmigungsverfahren, Bevormundung durch staatliche Anleitung und Kontrolle sowie die Sicherheitsdoktrin der sowje-tischen Führungsriege gaben den Rahmen vor, in dem Karten für die Öffentlichkeit entstehen konnten. Seit Mitte der 1960er Jahre führte die ausschließliche Verwendung von verzerrten Kartengrundlagen zu Erzeugnissen, in denen das Ermitteln von exakten Streckenlängen unmöglich wurde. Zusammen mit diversen Tarnmaßnahmen für Grenzgebiete, Militärobjekte und Industrieanlagen sowie weiteren Manipulationen des Karteninhalts, entstand ein von Fachleuten und Nutzern oft kritisiertes Verlagsprogramm. Während in den ersten Jahren nach Ende des Zweiten Weltkriegs noch zahlreiche Stadtpläne in den Handel gelangten, wurde ab Mitte der 1960er Jahre nur noch eine eingeschränkte Anzahl von Orten mit adäquatem Kartenmaterial bedacht. Zudem sind die Erzeugnisse fortan mit sogenannten „gleitenden Maßstäben“ erstellt worden. Die Pläne genügten für die grobe Orientierung, touristischer Inhalt war sorgsam eingearbeitet. Als Ausgangsmaterial für Wander- und Touristenkarten in verschiedenen Maßstäben diente ab 1966 die von der staatlichen Kartographie eigens zur Verfügung gestellte, verzerrte Übersichtskarte im Maßstab 1 : 200 000. Fuß- und Radwanderer bekamen die daraus resultierenden Auswirkungen am meisten zu spüren. Da auch das Kartenbild recht grob war, genoss diese Kartengruppe einen allgemein schlechten Ruf. Bei den Verkehrskarten haben sich die Verzerrungen umso weniger bemerkbar gemacht, je länger die zu fahrenden Strecken waren. Wegen ihres Detailreichtums wurden die Karten sogar im Ausland geschätzt – Mairs Geographischer Verlag aus Stuttgart hatte die „Reise- und Verkehrskarte“ in seine international bekannte Reihe der „Generalkarten“ integriert. Somit ist insbesondere den touristischen Karten, die zwischen 1965 und 1989 produziert worden sind, eine unzureichende Note zu attestieren. Die differenzierte Betrachtung des Gesamtzeitraumes zeigt aber auch, dass Pauschalurteile über die touristische Kartographie in der DDR nicht angemessen sind. N2 - This doctoral dissertation provides the first general overview of tourist-oriented cartography publishing in the GDR. The thesis centres on the “Landkartenverlag” or “Tourist Verlag” as the “lead publishing houses”, investigating their history from 1945 until 1994. Additionally, light is shed on other publishers, cartographic companies and institutions that were involved in the production and publication of tourist maps in Eastern Germany. Half a century of East German publishing history can be divided into five phases of development, defined according to content. Phase 1 (1945–1952) was characterized by a publishing landscape under the supervision of the occupying power, the USSR. In those years only the publishing house “Landkartenverlag” established by Kurt Schaffmann in Berlin managed to build up a full range of tourist maps (city maps, hiking maps, road maps), but which was regionally limited at the time. In Phase 2 (1953–1965), the nationalization of publishing houses and the subsequent concentration of publication created the basis for state-controlled publishing. At the same time, the variety of publications was given up in favour of a clearly formulated programme. Phase 3 (1966–1976) was defined by the production and publication of a completely new publishing catalogue. This was preceded by consultations in Moscow and East Berlin, which led to tightened security measures in cartography. From this point forward, all maps intended for the public were produced only with distorted scales. Phase 4 (1977–1989) includes the activities of the publishing house “Tourist Verlag” in Berlin and Leipzig, which, in addition to maps, also became responsible for travel literature. Except for collaborative editions with publishers of the neighbouring socialist states Poland and Czechoslovakia, map publication stagnated. This was due to the fact that their capacities were increasingly focused on lucrative cartography exports to the FRG. In Phase 5 (1990–1994), the “Tourist Verlag” was not able to achieve a stable position in the then-unified German market economy. With the state trust company’s sale to the West German publishing house “J. Fink –Kümmerly + Frey”, its fate could only be delayed for a few years. Finally, the company, with its rich tradition in the GDR, was liquidated. The end point of the present study aligns with the conclusion of its history. Throughout its history, East German publishing cartography has been subject to various restrictions. Censorship in the form of so-called approval procedures, patronage by state guidance and control, and the security doctrine of the Soviet leadership set the conditions in which maps could be made available to the public. Since the mid-1960s, the exclusive use of distorted maps has led to products in which it is not possible to measure exact track lengths. Together with various camouflage methods for state border areas, military objects and industrial facilities, as well as further manipulation of the content, the publishing programme became the target of frequent criticism from experts and users. While in the first years after the end of the Second World War many city maps were still introduced into the market, from the mid-1960s forward adequate map material was provided only for a limited number of cities. In addition, the products were from then on produced with so-called “sliding scales”. The maps were sufficient for approximate orientation, but tourist content was carefully incorporated. Hiking and biking maps in different scales (from 1: 30,000 to 1: 120,000) were based on a distorted general map of state cartography from 1966, which was provided on a scale of 1: 200,000. Pedestrians and cyclists were most likely to feel the resulting negative effects. Because the map image was also quite rough, this group of maps had a generally poor reputation. In the case of road maps, the distortions became less noticeable the longer the distances to be travelled. Because of their wealth of detail, the maps were even appreciated abroad – the publishing house “Mairs Geographischer Verlag” from Stuttgart had integrated the “Reise- und Verkehrskarte” (travel and traffic map with a scale of 1: 200,000) into its internationally renowned series of the “Generalkarte”. Thus, the tourist maps in particular, produced between 1965 and 1989, attest to an insufficient grade. However, a differentiated view of the entire period also shows that generalized assessments of tourist cartography in the GDR are not appropriate. KW - Geschichte KW - Verlag KW - Kartografie KW - Deutschland KW - Verlagsgeschichte KW - Kartographiegeschichte KW - Touristische Karten der DDR Y2 - 2018 U6 - https://nbn-resolving.org/urn:nbn:de:gbv:9-opus-23268 UN - https://nbn-resolving.org/urn:nbn:de:gbv:9-opus-23268 SP - 129 S1 - 129 ER -