@phdthesis{Schoenherr2016, author = {Dana Sch{\"o}nherr}, title = {Entwicklung und In vitro-Charakterisierung eines Mikrodialysesystems zur intestinalen Anwendung am Menschen}, journal = {Development and in vitro characterization of a microdialysis system for intestinal use in humans}, url = {https://nbn-resolving.org/urn:nbn:de:gbv:9-002502-3}, year = {2016}, abstract = {Die Applikation von Arzneistoffen erfolgt sehr h{\"a}ufig {\"u}ber die orale Gabe. Die Kenntnis der Arzneistoffkonzentration im humanen Darm ist somit essentiell f{\"u}r das Verst{\"a}ndnis der oralen Arzneimitteltherapie. Die intestinale Absorption wird von verschiedenen Faktoren bestimmt. Dazu geh{\"o}ren die anatomischen und physiologischen Gegebenheiten des Gastrointestinaltraktes sowie die Eigenschaften des Arzneistoffes und der Arzneiform. Das komplexe Zusammenspiel dieser Faktoren kann die intestinale Konzentration des Arzneistoffes und folglich dessen Absorption und daraus abgeleitet Wirkung und Nebenwirkung beeinflussen. Zur Bestimmung der intraluminalen Arzneistoffkonzentration und zur Charakterisierung des zugeh{\"o}rigen Absorptionsprozesses werden bisher Systeme und Methoden verwendet, welche die Physiologie des Darmes beeinflussen k{\"o}nnen oder die im Rahmen einer chirurgischen Intervention angewendet werden. Das Ziel der vorliegenden Arbeit war die Entwicklung und Charakterisierung eines Mikrodialysesystems zur Bestimmung intraluminaler Arzneistoffkonzentrationen im humanen D{\"u}nndarm. Dabei sollte das System die positiven Eigenschaften der bisher verwendeten Methoden und Systeme kombinieren. Die verwendeten Materialien wurden so ausgew{\"a}hlt, dass ein flexibles aber dennoch robustes System aus biokompatiblen Bestandteilen erhalten wurde. Das entwickelte System kann zudem mit bildgebenden Verfahren, wie der MRT, kombiniert werden. Das neu entwickelte Mikrodialysesystem besteht letztendlich aus einer Mikrodialyseeinheit sowie einem Zufluss- und Ablaufschlauch. Die finale Mikrodialyseeinheit ist aus 30 semipermeablen Kapillaren mit einer Austauschl{\"a}nge von 10 cm zusammengesetzt, {\"u}ber die der Stoffaustausch zwischen dem Perfusat als Akzeptor-Kompartiment und dem Medium als Donor-Kompartiment erfolgt. Das System kann hierbei kontinuierlich oder diskontinuierlich perfundiert werden. F{\"u}r den diskontinuierlichen Perfusatfluss war es hierbei n{\"o}tig, einen zus{\"a}tzlichen Schlauch in das System zu integrieren, der ein Abtrennen der gewonnenen Proben im Ablaufschlauch mittels Luftblasen erm{\"o}glicht. Die vorgesehene Anwendung des Mikrodialysesystems in klinischen Studien am Menschen wurde bei dessen Entwicklung stets ber{\"u}cksichtigt. Die Einbettung der Mikrodialyseeinheit in ein Schlauchsystem erm{\"o}glicht die orale Applikation und vereinfacht damit die Anwendung des Mikrodialysesystems im Menschen. Mit der Kombination von zwei Mikrodialysesystemen in einem Set kann weiterhin die gleichzeitige Erfassung von intraluminalen Arzneistoffkonzentrationen in unterschiedlichen Abschnitten des humanen Darmes erfolgen. Nach der erfolgreichen Entwicklung des Mikrodialysesystems erfolgte zun{\"a}chst die Charakterisierung der Funktionalit{\"a}t des Systems anhand der relativen Wiederfindung des Arzneistoffes in den Dialysatproben. Die Untersuchungen wurden mit den Arzneistoffen Paracetamol, Amoxicillin-Trihydrat und Valsartan, die aufgrund ihres spezifischen Absorptionsverhaltens im Gastrointestinaltrakt ausgew{\"a}hlt wurden, und verschiedenen biorelevanten Donor-Medien sowie Perfusaten durchgef{\"u}hrt. Das Mikrodialysesystem wurde dabei kontinuierlich oder diskontinuierlich vom Perfusat durchstr{\"o}mt. Bei Verwendung des kontinuierlichen Perfusatflusses wurden jedoch vergleichsweise geringere Werte f{\"u}r die relative Wiederfindung bestimmt. Die Verwendung des diskontinuierlichen Perfusatflusses resultierte dagegen in einer Equilibrierzeit von 1 bis 60 min, welches einen verl{\"a}ngerten Stoffaustausch zwischen dem Donor-Kompartiment und dem Perfusat erm{\"o}glichte und somit zu deutlich h{\"o}heren relativen Wiederfindungen f{\"u}hrte. Au{\"s}erdem wurden die Proben im Ablaufschlauch unverz{\"u}glich durch die Zufuhr von Luft, die {\"u}ber den zus{\"a}tzlich enthaltenen Schlauch zugef{\"u}hrt wurde, separiert. Ein Anstieg der Equilibrierzeit von 1 auf 5 oder 60 min resultierte hierbei allerdings nicht in einer deutlichen Erh{\"o}hung der relativen Wiederfindung. F{\"u}r Amoxicillin und Valsartan wurden {\"a}hnliche Werte f{\"u}r die relative Wiederfindung bestimmt, w{\"a}hrend f{\"u}r Paracetamol h{\"o}here Werte ermittelt wurden, die mit dem geringeren Molekulargewicht und der damit verbundenen erh{\"o}hten Diffusionsgeschwindigkeit erkl{\"a}rt werden k{\"o}nnen. Nachdem ein deutlicher Einfluss der Temperatur auf die relative Wiederfindung nachgewiesen wurde, erfolgte die Durchf{\"u}hrung der In vitro-Untersuchungen ausschlie{\"s}lich bei K{\"o}rpertemperatur. Die Sensitivit{\"a}t des Mikrodialysesystems wurde untersucht, um dessen Eignung f{\"u}r In vivo-Untersuchungen zu bestimmen. Dabei sollte gepr{\"u}ft werden, ob und wie schnell {\"A}nderungen der Arzneistoffkonzentration im Donor-Kompartiment in den Dialysatproben nachweisbar sind. Bei Anwendung des kontinuierlichen Perfusatflusses erfolgte die Detektion der Erh{\"o}hung und Verringerung der Stoffkonzentration im Donor-Kompartiment verz{\"o}gert. Im Gegensatz dazu konnte bei Nutzung des diskontinuierlichen Perfusatflusses mit einer Equilibrierzeit von 1 min eine Konzentrations{\"a}nderung im Donor-Kompartiment sofort in der nachfolgend gewonnenen Dialysatprobe nachgewiesen werden. Dies wurde f{\"u}r alle verwendeten Arzneistoffe best{\"a}tigt, sodass alle nachfolgenden Untersuchungen mit dem diskontinuierlichen Perfusatfluss und einer Equilibrierzeit von 1 min durchgef{\"u}hrt wurden. In den folgenden Untersuchungen wurde nachgewiesen, dass das Mikrodialysesystem mehrmalig f{\"u}r In vitro-Untersuchungen genutzt werden konnte. Anhand von acht untersuchten Mikrodialysesystemen f{\"u}r Paracetamol und jeweils vier Mikrodialysesystemen f{\"u}r Amoxicillin und Valsartan konnte die reproduzierbare Herstellung der Mikrodialyse¬systeme nachgewiesen werden. Die Verwendung unterschiedlicher Donor-Medien und Perfusate f{\"u}hrte zu {\"a}hnlichen Ergebnissen. Die anatomischen Gegebenheiten des D{\"u}nndarms wurden durch Untersuchungen in einem R{\"o}hrenmodell simuliert. Erh{\"o}hungen oder Verringerungen der Konzentration im Donor-Kompartiment wurden auch bei dieser Versuchsanordnung ohne zeitliche Verz{\"o}gerung in der darauffolgenden Dialysatprobe nachgewiesen. In Zusammenarbeit mit dem Medizinproduktehersteller RoweMed erfolgte anschlie{\"s}end die Adaption des Mikrodialysesystems an die humane Anwendung. Dabei wurden modifizierte Bestandteile, wie zum Beispiel Schl{\"a}uche mit verringerten Durchmessern verbaut, um die Anwendung f{\"u}r den Probanden m{\"o}glichst angenehm zu gestalten. Die M{\"o}glichkeit, die Lokalisation der Mikrodialyseeinheit im Gastrointestinaltrakt {\"u}ber die pH-metrische Analyse der Dialysatproben zu bestimmen, wurde anschlie{\"s}end untersucht. Bis zu einem pH-Wert von pH 3 kann {\"u}ber den erniedrigten pH-Wert in den Dialysatproben der R{\"u}ckschluss auf die Lage im Magen gezogen werden. Dies entspricht dem {\"u}blicherweise ermittelten pH-Wert im Magen von pH 2,7 bei n{\"u}chternen jungen, gesunden Probanden. Abschlie{\"s}end wurde die Eignung der Braun Infusomat® und Perfusor® Space Pumpen, die zur humanen Anwendung zugelassen sind, f{\"u}r die Nutzung in Kombination mit dem Mikrodialysesystem {\"u}berpr{\"u}ft, um in einer Studie am Menschen CE-zertifizierte Ger{\"a}te einsetzten zu k{\"o}nnen. Die beschr{\"a}nkte Programmierbarkeit beider Pumpen bei der Anwendung des diskontinuierlichen Perfusatflusses erforderte eine erneute Modifikation des Versuchsablaufes. Durch die Reduktion der Pump- und Equilibrierzeiten konnte ein Versuchsablauf ermittelt werden, der {\"a}hnliche Ergebnisse wie mit den bisher verwendeten Pumpen lieferte. Im Rahmen dieser Arbeit wurde ein Mikrodialysesystem zur Bestimmung intestinaler Arzneistoffkonzentrationen entwickelt und in vitro charakterisiert. Die mit dem Mikrodialysesystem gewonnenen Daten k{\"o}nnten genutzt werden, um zuk{\"u}nftig das komplexe Zusammenspiel verschiedener Faktoren w{\"a}hrend der Arzneistoffabsorption besser zu verstehen. Mit diesem Wissen k{\"o}nnten Nebenwirkungen und Wechselwirkungen oral applizierter Arzneistoffe verringert und deren Bioverf{\"u}gbarkeit erh{\"o}ht werden.}, language = {de} }