TY - THES U1 - Dissertation / Habilitation A1 - Baumeister, Sebastian T1 - Alkoholkonsum und Inanspruchnahme medizinischer Leistungen in Deutschland N2 - Hintergrund: Alkoholassoziierte Morbidität und Mortalität ist ein bedeutender Kostenfaktor im Gesundheitswesen. Daher sind genaue Kenntnisse über den Zusammenhang zwischen Alkoholkonsum und der Inanspruchnahme medizinischer Leistungen von Relevanz für alle Entscheidungsträger im Gesundheitswesen. Studien aus Japan, Kanada, Spanien und den USA zeigen, dass Personen mit riskantem Alkoholkonsum und Personen, die derzeit abstinent leben, seltener medizinische Hilfe in Anspruch nehmen als leichte Alkoholkonsumenten. Ziel dieser Arbeit ist es, diesen beschriebenen U-förmigen oder umgekehrt linearen Zusammenhang in der bundesdeutschen Allgemeinbevölkerung zu bestätigen. Außerdem werden zwei Erklärungsansätze geprüft, welche dem Befund einer höheren Inanspruchnahme medizinischer Leistungen bei abstinent lebenden Personen zugrunde liegen könnten. Methode: Die Daten wurden im Rahmen der Study of Health in Pomerania (SHIP) und des Bundesgesundheitssurvey 1998 (BGS) erhoben und basieren auf Zufallsstichproben der erwachsenen Allgemeinbevölkerung. Die Studienregion der SHIP umfasst die Region Nordost-Vorpommern und erreichte mit N = 4.310 eine Ausschöpfungsquote von 69%. Der BGS umfasste das gesamte Bundesgebiet; N = 7.124 nahmen an der Untersuchung teil (Ausschöpfung 60%). In beiden Querschnittsstudien wurden mittels Fragebögen, computergestützten Interviews und medizinischen Untersuchungen Daten erhoben, welche mit Hilfe multivariabler statistischer Verfahren ausgewertet wurden. Ergebnisse: In der erwachsenen Allgemeinbevölkerung bestand eine höhere Nachfrage medizinischer Leistungen bei abstinent lebenden Personen als bei Konsumenten mit moderatem Alkoholkonsum. Darüber hinaus fand sich ein umgekehrter Zusammenhang zwischen Alkoholkonsum und der Inanspruchnahme medizinischer Leistungen. Zwei Hypothesen für die höhere Inanspruchnahme abstinent lebender Personen wurden untersucht. (1) Ehemalige Risikokonsumenten, die derzeit keinen Alkohol trinken, nahmen mehr ambulante Leistungen wahr als andere Abstinente. (2) Abstinent lebende Personen und Alkoholkonsumenten unterschieden sich hinsichtlich sozialer, lebensstil- und gesundheitsbezogener Risikofaktoren, welche mit einem schlechteren Gesundheitszustand und höherer Inanspruchnahme in Verbindung stehen. Die Berücksichtigung dieser Merkmale als konfundierende Variablen im statistischen Modell verdeutlichte, dass insbesondere alkoholassoziierte Erkrankungen, welche bei Abstinenten häufiger auftraten, für den Befund einer höheren Inanspruchnahme abstinenter Personen verantwortlich sind. Diskussion: Angesichts der vorliegenden Ergebnisse muss davon ausgegangen werden, dass die in internationalen Studien gefundene höhere Inanspruchnahme medizinischer Leistungen auf unberücksichtigte konfundierende Variablen sowie auf eine Fehlklassifikation der ehemaligen Risikokonsumenten zurückzuführen ist. Dieser Befund ist auch für die wissenschaftliche Evidenz zum protektiven Effekte des moderaten Alkoholkonsum von Relevanz, weil in den meisten Studien Konfundierung und Fehlklassifikation bei der Datenanalyse nicht ausreichen Berücksichtigung gefunden haben. N2 - Background: Because alcohol-related morbidity and mortality are major causes of excess expenditure in health care, knowledge about the relation of alcohol consumption and health care use is of high priority for policy makers in health care. Studies from Japan, Canada, Spain, and the United States of America have shown that at-risk drinkers and current abstainers have higher health services utilization that moderate drinkers. First, this thesis aims to test the hypothesis of a U-type or inverse linear relation in the general German population. Second, it seeks to test two assumptions as to why abstainers have a higher health services utilization than moderate drinkers. Methods: General population random samples from the Study of Health in Pomerania (SHIP) and the German National Health Interview and Examination Survey 1998 (GNHIES) were used. The study region of SHIP covers North-East-Pomerania, and 4,310 subjects participated in the study, which corresponds to a participation rate of 69%. The GNHIES covers the adult population of Germany, 7,124 subjects participated in the study (participation rate = 60%). Both surveys had a cross-sectional design and data were collected using questionnaires, computer-assisted interviews and medical examinations. Statistical analyses included multivariable techniques. Results: Abstainers showed higher health services use compared to moderate drinkers in the adult general population. Moreover, there exists an inverse linear relation between alcohol consumption and health services utilization. Two hypothesis were tested as to why abstainers have higher health services use: (1) Former risk drinkers who currently abstain from drinking show higher use of outpatient services than other abstainers; (2) abstainers and drinkers differ with respect to social characteristics, lifestyle factors, and health behaviours. These variables are related to health status, and, thus, the need for medical services. Inclusion of these health status confounders in the regression models suggests that alcohol-related conditions might have produced the evidence of abstainers showing higher health services use, because current abstainers have a worse health status than moderate drinkers. Discussion: The findings of this thesis suggest that results of earlier international studies showing higher health services use among abstainers might result from not adequately adjusting for confounders and considering misclassification error of former at-risk drinkers as abstainers. The findings might also be of relevance in judging the evidence of the protective effects of alcohol consumption, because most of the studies did not take confounding and misclassification sufficiently into account. KW - Inanspruchnahme KW - Ärztliche Versorgung KW - Ambulante Behandlung KW - Stationäre Behandlung KW - Alkoholkonsum KW - health services utilization KW - alcohol consumption KW - abstinence KW - confounding KW - misclassification Y2 - 2006 U6 - https://nbn-resolving.org/urn:nbn:de:gbv:9-000327-7 UN - https://nbn-resolving.org/urn:nbn:de:gbv:9-000327-7 ER -