@phdthesis{Busse2008, author = {Mandy Busse}, title = {Die Rolle der CD4+ T-Lymphozyten bei Sepsis - Untersuchungen in einem Peritonitismodell der Maus}, journal = {The role of CD4+ T lymphocytes in sepsis - investigations in a murine peritonitis model}, url = {https://nbn-resolving.org/urn:nbn:de:gbv:9-000454-1}, year = {2008}, abstract = {Generalisierte bakterielle Infektionen, auch Sepsis genannt, sind trotz intensivmedizinischer Behandlung mit einer sehr hohen Letalit{\"a}t verbunden. Um kausale Therapiestrategien zu entwickeln, ist ein besseres Verst{\"a}ndnis der zugrunde liegenden Pathomechanismen, insbesondere der Reaktionen des Immunsystems, notwendig. Da die Sepsis ein hoch komplexer Vorgang ist, an dem der gesamte Organismus beteiligt ist, sind grundlegende Untersuchungen im Tiermodell daf{\"u}r unverzichtbar. Nach aktuellen Modellvorstellungen verl{\"a}uft die Immunreaktion bei einer Sepsis typischerweise in zwei Phasen: Auf eine {\"u}berschie{\"s}enden Entz{\"u}ndungsantwort folgt eine Phase der generalisierten Immunparalyse. Die Rolle des angeborenen Immunsystems bei diesen Reaktionen ist gut dokumentiert, jene des adaptiven Immunsystems in der Pathogenese der Sepsis ist dagegen wenig untersucht. Ihr wurde zwar eine wichtige Rolle in der sp{\"a}ten Phase zugesprochen, denn die Lymphozytenapoptose tr{\"a}gt zur Entstehung einer Immunparalyse bei. Da adaptive Immunreaktionen jedoch einige Zeit in Anspruch nehmen, wurde eine wichtige Rolle in der fr{\"u}hen Phase des hoch akuten Krankheitsbildes Sepsis f{\"u}r unwahrscheinlich gehalten und deshalb bisher kaum betrachtet. Wir hatten jedoch aus Vorversuchen Hinweise auf eine sehr schnelle T-Zellbeteiligung bei der Sepsis. Deshalb lag der Schwerpunkt dieser Arbeit auf der Aufkl{\"a}rung der Rolle von CD4+ T-Lymphozyten bei Sepsis. Diese wurde in einem etablierten Sepsismodell der Maus untersucht, der Colon ascendens Stent-Peritonitis (CASP). Das Modell wurde entwickelt, um die klinische Situation von Patienten, bei denen es aufgrund der Insuffizienz einer chirurgischen Naht im Magen-Darm-Trakt zur Entwicklung einer diffusen Peritonitis kommt, m{\"o}glichst genau abzubilden. {\"U}berraschend beobachteten wir bei CASP innerhalb weniger Stunden eine starke Induktion der Expression von CTLA-4 (cytotoxic T lymphocyte associated antigen-4) auf den CD4+ T-Lymphozyten. Die Expression dieses Molek{\"u}ls wird nach der Aktivierung von T-Zellen induziert. Dies l{\"a}sst auf eine Beteiligung der CD4+ T-Zellen in einem fr{\"u}hen Stadium der Erkrankung schlie{\"s}en. Eine Depletion der CD4+ T-Zellen im Vorfeld der CASP-Operation mit dem monoklonalen Antik{\"o}rper GK1.5 f{\"u}hrte zu einer effektiveren Beseitigung der Bakterien aus dem Peritoneum, zu einer geringeren systemischen Verbreitung der Erreger und zu einem deutlich verbesserten {\"U}berleben der Tiere. Damit verbunden war eine verst{\"a}rkte Einwanderung von Zellen des angeborenen Immunsystems in das Peritoneum. Dies impliziert, dass bei einer systemischen Dissemination kommensaler Bakterien die CD4+ T-Zellen die lokale Reaktion des angeborenen Immunsystems inhibieren, in diesem Tiermodell mit lebensbedrohlichen Konsequenzen. Die Blockade der T-Zellrezeptorvermittelten Signalgebung durch Tacrolimus (FK506) hatte dagegen keinen Einfluss auf das {\"U}berleben der Peritonitis. Dies zeigt, dass die Effekte der CD4+ T-Zellen zumindest teilweise unabh{\"a}ngig von der T-Zellrezeptorvermittelten Antigenerkennung sein m{\"u}ssen. Eine Blockade von des inhibititorischen T-Zelloberfl{\"a}chenmolek{\"u}ls CTLA-4 bewirkte eine starke Induktion von ICOS (inducible co-stimulator) sowie eine deutliche Inhibition der Sekretion von IL-10. Die verst{\"a}rkte T-Zellaktivierung und Hyperinflammation ging einher mit einem {\"U}berlebensnachteil. Zur Untersuchung der Langzeitkonsequenzen, die eine Sepsis nach sich zieht, wurden die Tiere bis zu drei Monate nach der Operation untersucht. Die Peritonitis war mit massivem Zelltod in Thymus, Milz und mesenterialen Lymphknoten assoziiert, jedoch mit unterschiedlicher Kinetik. Die systemische Infektion f{\"u}hrte innerhalb kurzer Zeit zu einem fast vollst{\"a}ndigen Verlust des Thymus, doch 14 Tage nach der Operation war das Organ wieder unauff{\"a}llig. In der Milz hingegen setzte die Apoptose sp{\"a}ter ein und war nicht so ausgepr{\"a}gt, hielt aber l{\"a}nger an. Eine sich anschlie{\"s}ende Hyperplasie der Milz war drei Monate nach Induktion der Peritonitis am st{\"a}rksten und ein Zeichen f{\"u}r eine noch nicht abgeschlossene Immunreaktion. Neben der Aktivierung von T-Zellen in der fr{\"u}hen Phase der Erkrankung wurde auch etwa eine Woche nach der Operation eine Reaktion von T-Zellen anhand der {\"A}nderung von Oberfl{\"a}chenmolek{\"u}len und der Sekretion von Zytokinen beobachtet. Diese Aktivierung erfolgte aufgrund der Kinetik vermutlich auf dem „klassischen“ Weg. Das Muster der Zytokinaussch{\"u}ttung l{\"a}sst vermuten, dass nach CASP eine Th1-Antwort {\"u}berwiegt. Ein weiteres wichtiges Ergebnis dieser Dissertation ist, dass nach diffuser Peritonitis ein Immunged{\"a}chtnis aufgebaut wird. Es entwickelten sich funktionsf{\"a}hige Keimzentren, und im Serum lie{\"s}en sich ungew{\"o}hnlich hohe Konzentrationen von Antik{\"o}rpern der Klassen IgM und IgG messen. Die Bildung von T-Ged{\"a}chtniszellen ging damit einher. Erste Immunisierungsversuche mit TNP-KLH zu verschiedenen Zeitpunkten vor oder nach CASP deuten darauf hin, dass die Peritonitis weder die Entwicklung einer prim{\"a}ren Immunantwort verhinderte noch ein bereits etabliertes Immunged{\"a}chtnis st{\"o}rte. Im multifaktoriellen Prozess einer Sepsis spielen folglich auch die T-Lymphozyten eine wichtige Rolle. Dies sollte bei der Entwicklung neuer Therapiestrategien ber{\"u}cksichtigt werden. Dabei ist jedoch zu beachten, dass die Population der CD4+ T-Lymphozyten sehr heterogen ist und verschiedene Funktionen bei der Abwehr bakterieller Infektionen aus{\"u}bt. Deshalb ist die Elimination der Gesamtheit der CD4+ T-Zellen h{\"o}chstwahrscheinlich keine Behandlungsoption bei der Sepsis, obwohl sie in dieser Arbeit beim Tiermodell einen deutlichen {\"U}berlebensvorteil bewirkte. Es ist jetzt notwendig, die Funktionen der verschiedenen T-Zellsubpopulationen bei generalisierten bakteriellen Infektionen im Detail zu untersuchen. Die Herausforderung liegt in der Identifikation von wichtigen Kontrollpunkten der T-Zellen, die therapeutischen Eingriffen zug{\"a}nglich sind. Bei diesen Interventionen muss die Gefahr einer starken Dysbalance des Immunsystems vermieden werden. Es ist ebenso wichtig zu beachten, dass die Reaktion des Immunsystems nicht nach der akuten Phase einer Sepsis endet, sondern Monate - m{\"o}glicherweise sogar Jahre - danach andauert, wie in dieser Arbeit gezeigt wird. Dies k{\"o}nnte erkl{\"a}ren, warum sich bei Patienten, die diese Erkrankung {\"u}berlebt haben, bis zu f{\"u}nf Jahren sp{\"a}ter eine signifikant erh{\"o}hte Mortalit{\"a}t epidemiologisch nachweisen l{\"a}sst. Eine besseres Verst{\"a}ndnis der immunologischen Langzeitkonsequenzen einer Sepsis ist die Voraussetzung f{\"u}r die Entwicklung therapeutischer Strategien zur Senkung der Mortalit{\"a}t bei {\"U}berlebenden dieser schweren Erkrankung. In einer prospektiven klinischen Pilotstudie sollte {\"u}berpr{\"u}ft werden, ob die aus den tierexperimentellen Versuchen gewonnenen Befunde auch f{\"u}r den Menschen Relevanz haben k{\"o}nnten. Hierzu wurde die Expression von CTLA-4 als Parameter einer Beteiligung von T-Zellen bei Patienten untersucht, die sich einem gro{\"s}en abdominalchirurgischen Eingriff unterzogen, welcher mit einem hohen Risiko f{\"u}r die Entwicklung einer Sepsis verbunden war. Bei allen Patienten zeigten sich eine teilweise dramatische Abnahme der CD3+ T- Zellen, bei dem {\"u}berwiegenden Teil der Patienten war ein Anstieg der Expression von CTLA-4 zu beobachten. Mit der Induktion des Molek{\"u}ls einhergehend waren {\"A}nderungen der klinischen Parameter, der Zusammensetzung der T-Zellpopulationen und deren Aktivierungszustand, so dass die Bestimmung der Expression von CTLA-4 f{\"u}r die Beurteilung des Immunstatus der Patienten n{\"u}tzlich sein k{\"o}nnte. Da die Messung jedoch sehr aufw{\"a}ndig, zeitintensiv und schwer standardisierbar ist, erscheint sie aktuell ungeeignet f{\"u}r die Routinediagnostik.}, language = {de} }