Juristische Ausbildung 2017(7): 805–818 Schwerpunktbereich Stefan Küster* Das deutsche Kartellrecht – Einführung und Wiederholung Eine Aufarbeitung geordnet nach Anspruchsgrundlagen DOI 10.1515/jura-2017-0152 sche Kartellrecht, liefert aber dennoch vielfach Querverweise auf das Europäische.2 I. Einleitung 2. Das Finden des richtigen Einstiegs Anders als ein herkömmliches Lehrbuch geht der Aufsatz einen klausurorientierten Weg und soll eine Lücke zwischen Lehr- und Fallbuch füllen, womit den Schwerpunkt des Beitrages das Erläutern der wichtigsten Definitionen und Streitigkeiten einnimmt, deren Wissen nötig ist, um in einer Klausur angemessen den vorgegebenen Sachverhalt unter die Tatbestandsmerkmale subsumieren zu können. Dies geht auf Kosten einer dogmatisch vertieften Abhandlung über das Kartellrecht. Bei Bedarf und Interesse empfiehlt sich daher eine selbstständige Nacharbeit. Um dies zu erleichtern, regen die Fußnoten vielfach mit (lesenswerten) Vertiefungshinweisen zum Selbststudium an. Motivation des Erstellers war es, dass die Studenten, wenn sie den Beitrag lesen, eine herkömmliche Kartellrechtsklausur ansprechend lösen können. 1. Die Arbeit mit dem Kartellrecht Geht es um die richtige Literatur, ist darauf hinzuweisen, dass wegen der Determinierung des deutschen Kartellrechts durch das europäische in vielen Werken letzteres die Hauptbearbeitung einnimmt. Die Anwendung des europäischen Kartellrechts setzt nach der Zwischenstaatlichkeitsklausel voraus, dass die fragliche Wettbewerbsbeschränkung geeignet ist, den Handel zwischen den Mitgliedsstaaten zu beeinträchtigen.1 Der Beitrag beschränkt sich bis auf essentielle Ausnahmen auf das deut- 1 Art. 101 I AEUV; zur Vertiefung: Immenga/Mestmäcker/Zimmer EU-Wettbewerbsrecht 5. Auflage 2012, Art. 101 Rn. 194. *Kontaktperson: Stefan Küster, Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Bürgerliches Recht, Wirtschaftsrecht und Medienrecht, Universität Greifswald (Prof. Dr. Axel Beater). Den Studenten ist nach eigenen Lehrerfahrungen schon vielfach geholfen, wenn sie sich vergegenwärtigen, dass es im deutschen Kartellrecht mit seinem GWB eigentlich nur drei Problemfelder gibt, auf die es praktisch »immer hinausläuft«: 1. Kartellverbot nach §§ 1 ff. GWB 2. Marktbeherrschung und sonstiges wettbewerbsbeschränkendes Verhalten §§ 18–21 GWB 3. Zusammenschlusskontrolle, §§ 35 ff. GWB. (Lesen Sie die Paragraphen!)     Geht es um den für das Bestehen einer jeden Klausur wichtigen Einstieg, sind nun mehrere Konstellationen denkbar: Zum einen gibt es Sachverhalte, die nach dem üblichen Schema ablaufen. Jemand verlangt von einem anderen ein Tun, Dulden oder Unterlassen. Er beruft sich also auf eine Anspruchsgrundlage. Auch hier ist zu unterteilen. Zum einen kann sie direkt in einem Vertrag zwischen den Beteiligten liegen. Beispiel: A und B vereinbaren in § 1 ihres Vertrages eine Preisabsprache. A macht nun den Anspruch auf Einhaltung dieser aus § 1 des Vertrages geltend. Gibt es einen solchen Vertrag mangels Einigung nicht oder geht es um Dritte, hält das GWB in §§ 33 I, 3 Ansprüche bereit. Beispiel: C, Konkurrent von A und B, erfährt von der Absprache und begehrt Unterlassen nach § 33 I S. 1 2. Alt. GWB. In beiden Fällen ist aber dasselbe zu prüfen, denn ebenso wie der Vertrag nach § 134 BGB, § 1 GWB bei einem Verstoß gegen 2 Der Aufsatz wurde im Frühjahr 2016 fertiggestellt. Die 9. GWB-Novelle war dort im Detail noch nicht abzusehen, vgl. BT Drucksache 18/10207. Siehe jetzt vor allem § 33c II (Vermutung für pass-on), § 33d (gesamtschuldnerische Haftung), § 33g (vorprozessualer Herausgabeanspruch) und § 81 III b (Rechtsnachfolgerhaftung). Schwerpunktbereich – Stefan Küster: Das deutsche Kartellrecht – Einführung und Wiederholung 806 das Kartellrecht nichtig3 wäre (=Verbotsprinzip4), ist Drehund Angelpunkt einer Prüfung des § 33 GWB der Verstoß gegen das Kartellrecht. Zum anderen kann der Einstieg in eine Klausur direkt durch die Frage nach einer kartellrechtlichen Zulässigkeit/Wirksamkeit erfolgen. Auch hier ist letztlich nicht mehr als ein Verstoß gegen das GWB zu prüfen. Eine andere Möglichkeit des Einstiegs ist die Frage nach den behördlichen Befugnissen. Es ergeben sich also folgende Einstiegsmöglichkeiten: Beseitigung/ Schadens- Nichtig- gesetzli- Behördli- Bußgeld Unterlassung ersatz keit che Ver- che Befugnisse bote § 33 I, II GWB § 33 I, III GWB §§ 1, § 134 BGB 19–21 i. V. m. GWB gesetzliches Verbot     §§ 32 ff., § 81 30, III GWB S. 1,2, 36 GWB   Im Anschluss an das Durchdenken eines Falles sollte allerdings nicht der Blick auf mögliche Normen anderer Gesetze (insbesondere Normen aus dem UWG) und deren Verhältnis zum GWB verloren gehen (siehe diesbezüglich unter IV.). Nach Adam Smith sind dabei vier wesentliche Grundvoraussetzungen von Nöten7: 1. Privatautonomie 2. Rechtliche Rahmenbedingungen, die die Handlungsfreiheit sichern 3. Sicherung des freien Marktzugang 4. Geld als Tausch und Zahlungsmittel. Eine Realität, in der vollkommener Wettbewerb (unendlich viele Anbieter und Nachfrager) herrscht, ist dabei mittlerweile nicht mehr wünschenswert, führt dies lediglich zu einer Schlafmützenkonkurrenz, in der jeglicher Anreiz auf Fortschritt und Entwicklung durch Pionierunternehmen gebremst ist. Grundannahme des Marktmechanismus ist nämlich, dass der nutzenmaximierende und egoistisch handelnde Einzelne zugleich die bestmögliche Versorgung der Verbraucher und damit das allgemeine Wohl fördert; ein an sich paradoxes Vorgehen, welches das eigenwohlorientierte Verhalten mit dem Gemeinwohl kombiniert. II. Ansprüche aus GWB Das GWB hält die wesentlichen Ansprüche praktischerweise in einer einzelnen Norm fest, § 33 GWB.8 3. Wettbewerb 1. Beseitigung, § 33 I, II S. 1 Alt. 1 GWB Um das Kartellrecht in seiner Tiefe zu erfassen, ist es notwendig, sich zumindest in Grundzügen mit seinem Schutzobjekt, dem Wettbewerb, auseinanderzusetzen.5 Dabei reichen folgende Gedanken, die in einer Klausur als Argumentationsstütze dienen können. Der Wettbewerb verfolgt im Grunde folgende Funktionen:6 1. Steuerangebot von Warenangebot und Preis 2. Verteilungs- und Fortschrittsfunktion 3. Gesellschaftspolitische Funktion. Prüfungsreihenfolge ist: – Kartellrechtsverstoß (§§ 1, 19 ff. GWB) – rechtswidriger Zustand – Zumutbarkeit, diesen zu beseitigen – Aktiv- und Passivlegitimation 3 Geht es um die Unwirksamkeit nach § 134 BGB, ist in einer Klausur immer auch an eine Teilnichtigkeit zu denken! 4 Regierungsentwurf, BT-Drucks.II/1158, 25. 5 Ist bei der Auslegung einer Norm etwas zweifelhaft, lässt sich gut mit der Freiheit des Wettbewerbs argumentieren, z. B.: »Unter Berücksichtigung der auf die Freiheit des Wettbewerbs gerichteten Zielrichtung des GWB ist § x GWB so zu verstehen, dass...«. Zum Streit, ob das GWB neben Institutionsschutz auch Individualschutz bezweckt, Immenga/Mestmäcker/Zimmer Wettbewerbsrecht Band.2, 5. Auflage 2014, § 1 Rn. 11 ff. 6 Zur Vertiefung: Tolksdorf Dynamischer Wettbewerb, Einführung in die Grundlagen der Deutschen und Internationalen Wettbewerbspolitik, 1994, 17 ff.         a) Kartellrechtsverstoß Geht es um den Verstoß gegen eine Vorschrift des GWB, ist zuallererst gedanklich an zwei Bereiche zu denken. 1. Eine wettbewerbsbeschränkende Vereinbarung, §§ 1 ff. GWB. (§ 29 GWB ist eine weitere, nach § 131 I GWB allerdings nur bis zum 31. 12. 2017 anwendbare Verbotsnorm.9)   7 Smith, An Inquiry into the Nature and Causes of the Wealth of Nations, 1776. 8 § 33 I S. 1 1.Alt GWB = Beseitigungsanspruch; § 33 I S. 1 2. Alt. = Unterlassungsanspruch; § 33 III S. 1 GWB= Schadensersatzanspruch. 9 Zur praktischen Relevanz, die vor allen vor Gerichten eher als gering zu beurteilen ist: Immenga/Mestmäcker/Körber § 29 Rn. 24–28 Schwerpunktbereich – Stefan Küster: Das deutsche Kartellrecht – Einführung und Wiederholung 2. Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung, §§ 19 ff. GWB.   aa) Verstoß gegen §§ 1 ff. GWB § 1 GWB (lesen) verlangt: – Vereinbarung oder aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen zwischen Unternehmen oder Beschluss einer Unternehmensvereinigung – bezweckte oder bewirkte Beschränkung – Spürbarkeit – keine tatbestandliche Restriktion – kein Ausschluss nach §§ 3, 28, 30, 31, 2 GWB   aaa) Unternehmen Egal von welcher Richtung sich ein Fall dem § 1 GWB nähert, bedarf es immer des Vorliegens eines Unternehmens. Ein Unternehmen ist jede selbstständige und nachhaltige Tätigkeit im geschäftlichen Verkehr, die auf den Austausch von Waren oder gewerblichen Leistungen gerichtet ist (funktionaler Unternehmensbegriff)10. Unabhängig hiervon sind die Rechtsform und die Art der Finanzierung.11 Öffentlich-rechtliche Sender unterliegen dem GWB soweit sie nach § 130 I S. 1 GWB als Unternehmen anzusehen sind. Geht es um die Tätigkeit als solche, so ist zu fragen, ob sie als Nachfrager von Programmmaterial in gleicher Weise wie die privaten Rundfunkveranstalter am allgemeinen geschäftlichen Verkehr teilnehmen.12 Handelt der Staat als solcher bzw. als öffentlich-rechtliche Körperschaft, ist bei der Frage nach dem Vorliegen einer unternehmerischen Tätigkeit auf den Charakter der späteren Verwendung abzustellen. Ein nicht wirtschaftlicher Charakter der späteren Verwendung des erworbenen Erzeugnisses bestimmt dabei den Charakter der Einkaufstätigkeit als nicht unternehmerische Tätigkeit.13 Gesellschafter gelten als Unternehmer, wenn sie alle Voraussetzungen in ihrer eigenen Person erfüllen. Hin- 10 Früher wurde ein institutioneller Begriff verwendet, bei dem es auf eine Zusammenfassung von Rechten, Sachen, Patenten, knowhow und dem good-will ankommt, mit denen der Unternehmer einen wirtschaftlichen Erfolg erzielen will; Übersicht hierzu: Meinen Konzernrecht im kommunalen Bereich, Schriften zur öffentlichen Verwaltung und öffentlichen Wirtschaft, 2005, 58 f. 11 EuGH NJW 1991, 2891, 2891. 12 BGH GRUR 1990, 702, 704 (Sportübertragungen); Beater Medienrecht, 2. Auflage 2016, Rn. 855. 13 Kaufen z. B. Ordnungsbehörden Uniformen, dann fehlt dem Tragen ein wirtschaftlicher Charakter, weshalb der Einkauf als solcher keine unternehmerische Tätigkeit darstellt.     807 zuweisen ist auf § 36 III GWB (Flick-Klausel/Unternehmensfiktion), der die Unternehmenseigenschaft von Personen und Vereinigungen mit einer Mehrheitsbeteiligung an einem Unternehmen fingiert.14 Die Anwendbarkeit der Norm erstreckt sich trotz ihres Standortes für das gesamte GWB.15 Grundsätzlich fallen auch freie Berufe unter den Unternehmensbegriff.16 Hinsichtlich standesrechtlicher Berufsregelungen z. B. durch Kammern ist zu unterscheiden, ob sie hoheitliche Befugnisse ausüben (dann kein GWB) oder aber als Organ zur Regelung des Berufs tätig sind (dann GWB).17 Damit zeigt sich, dass das GWB keine Anwendung findet, wenn das Handeln durch eine gesetzliche Ermächtigung gedeckt ist. Bei konzentrierten und kooperativen Gemeinschaftsunternehmen ist die Beurteilung, ob ein Unternehmen vorliegt oder nicht, schwieriger. Gemeinsam ist beiden, dass jeweils mindestens zwei Unternehmen (Mutterunternehmen) ein anderes zu ihrem Zweck zusammen kontrollieren.18 Das konzentrierte Unternehmen soll dann nicht § 1 GWB unterliegen, wenn es unabhängig von der Muttergesellschaft ist, nicht im Wettbewerb mit dieser steht und alle Funktionen eines Vollunternehmens erfüllt, es also eine selbstständige Planungseinheit darstellt und es damit gerade nicht zur einer Verhaltenskoordinierung der Gesellschafter kommt.19 Ein kooperatives Gemeinschaftsunternehmen liegt vor, wenn es für die einzelnen Gesellschafter nur Hilfsfunktionen wahrnimmt und fällt dann unter § 1 GWB, wenn es zu einer Koordinierung des Wettbewerbs untereinander führt.20 Eng verbunden ist hierbei das Verhältnis von § 1 GWB zu §§ 35 ff. GWB. (siehe unter III. 1. b) aa)).     bbb) Vereinbarung In den Fällen eines Vertrages nach §§ 145 ff. BGB liegt unproblematisch eine Vereinbarung vor. In Abweichung vom BGB braucht es aber keinen rechtlichen Bindungswillen (im Hinblick auf § 134 sowieso rudimentär). Es   14 Zur Vertiefung, Immenga/Mestmäcker/Thomas § 33 Rn. 946 ff. 15 BegrRegE 6. GWB-Novelle, 58. 16 Immenga/Mestmäcker/Zimmer § 1 Rn. 65; anders Ring Wettbewerbsrecht der freien Berufe, 146 ff. 17 Boos Die Freien Berufe und das kartellrechtliche Empfehlungsverbot, 2003, 59. 18 Immenga/Mestmäcker/Zimmer § 1 Rn. 280. 19 Loewenheim/Meessen/Riesenkampff/Lindemann Kartellrecht, 2. Auflage 2009, Anhang zu § 1 GWB Rn. 6; zur Planungseinheit als Abgrenzungskriterium: BGH GRUR 1986, 556, 559 (Mischwerke). 20 Loewenheim/Meessen/Riesenkampff/Lindemann Anhang zu § 1 GWB Rn. 12.     Schwerpunktbereich – Stefan Küster: Das deutsche Kartellrecht – Einführung und Wiederholung 808 reicht bereits ein »Selbstverpflichtungsgefühl« der Beteiligten, selbst wenn dieses nur moralischer Natur ist.21 1) Marktinformationsvertrag Ein problematischer Fall ist der Marktinformationsvertrag.22 Für die Zulässigkeit eines solchen spricht die Förderung der Markttransparenz und des Wettbewerbs durch die Möglichkeit einer schnellen Reaktion durch Konkurrenten. Dies kann sich aber auch ins Gegenteil verkehren, zum Beispiel sind heimliche Rabatte und damit der gesamte Geheimwettbewerb sinnlos, weil sofort sämtliche Konkurrenten Kenntnis erlangen. Letztlich bedarf es einer Beurteilung im Einzelfall. Unbedenklich sollten nachträgliche Anfertigung von Preis- und Informationsstatistiken sein, schließlich besteht hier keine Gefahr für den Wettbewerb. Vereinbarungen, die sich allein gegen unlauteres oder sonst verbotenes Verhalten wenden, fallen nicht unter § 1 GWB. Dafür spricht zum einen der Schutzgedanke des GWB als auch der Rechtsgedanke aus § 24 I, II GWB (lesen). Der hiesige Prüfungsstandort ist wegen der unstreitig vorhandenen Vereinbarung anzuzweifeln. Nach hier vertretener Sichtweise wäre eine Einordnung im Punkt der tatbestandlichen Restriktion sinnvoller. 2) Selektive Vertriebssysteme Problematisch sind ebenfalls selektive Vertriebssysteme. Dies sind Absatzorganisationen, bei denen sich der Hersteller in einem bestimmten Gebiet auf einzelne ausgewählte Abnehmer beschränkt und in denen sich die ausgewählten privilegierten Händler verpflichten müssen, die betreffenden Waren oder Dienstleistungen nicht an Händler zu verkaufen, die nicht zum Vertrieb zugelassen sind.23 (Zum Beispiel erlaubt Rolex nur bestimmten Fachboutiquen, die Uhren zu verkaufen). Solche selektiven Vertriebsbindungen sind zulässig, sofern sie nach Art des Produkts erforderlich erscheinen, um dessen Qualität zu sichern und einen richtigen Gebrauch der Sache zu gewährleisten, und wenn die Auswahl der Wiederverkäufer diskriminierungsfrei erfolgt.24 21 Zum »gentlemen agreement«: Immenga/Mestmäcker/Zimmer § 1 Rn. 83 f. 22 BGH BGHZ 63, 389 (Aluminium-Halbzeug). 23 Siehe auch Art. 1 I lit.k) Technologietransfer-VO 2004/VO (EG) Nr. 772/2004]. 24 Anmerkung: Selektive Vertriebssysteme betreffen eine Überschneidung mit dem UWG, § 4 Nr. 10 UWG. Zur Vertiefung: Ohly/Sosnitza/Ohly UWG, 6. Auflage 2014, § 4 10/67.   ccc) Abgestimmte Verhaltensweisen Ein abgestimmtes Verhalten ist eine Form der Koordinierung zwischen Unternehmen, die zwar nicht zum Abschluss eines Vertrages im eigentlichen Sinne gediehen ist, jedoch bewusst eine praktische Zusammenarbeit an Stelle des mit Risiken verbundenen Wettbewerb treten lässt und zu nicht mehr wettbewerbsgerechten Marktbedingungen führt.25 Ein autonomes unternehmerisches Verhalten ist gerade hier nicht mehr möglich, die oben dargestellte Wettbewerbsvoraussetzung der Autonomie der Marktbeteiligten ist ausgehebelt. Die wichtigste Fallgruppe liegt in der vorherigen gegenseitigen Information der Unternehmen über ihr zukünftiges Verhalten am Markt. Der Abgrenzung zur Vereinbarung dient folgende Kontrollüberlegung: Unterliegen die Beteiligten einer Art tatsächlichen Bindung, die eine gewisse Beeinträchtigung ihrer Entscheidungsfreiheit bewirkt, dann liegt in der Regel eine Vereinbarung vor. Ist dies nicht gegeben, kommt ein abgestimmtes Verhalten in Betracht. Besonders problematisch an Konstellationen, bei denen abgestimmte Verhaltensweisen im Raum stehen, ist – für den Studenten jedoch eher weniger – die Frage der Beweislast. Es bedarf wohl die Feststellung von Umständen beziehungsweise Indizien, die den Schluss auf das Vorliegen eines solchen Handelns zulassen.26 Damit nicht zu verwechseln und kartellrechtlich unproblematisch ist das gleichförmige Verhalten als bewusste oder unbewusste Nachahmung, die dem Wettbewerb immanent ist und nicht unter § 1 GWB fällt, auch wenn die Schwelle des § 21 III Nr. 3 GWB27 zu beachten ist. ddd) Beschluss einer Unternehmensvereinigung Muss zunächst überhaupt eine Unternehmensvereinigung gehandelt haben, ist zweites Erfordernis, dass diese Handlung einen Beschluss darstellt. 1) Unternehmensvereinigung Dies sind solche Vereinigungen von Unternehmen, die die Aufgabe haben, die wirtschaftlichen oder beruflichen Interessen ihrer Mitglieder zu fördern und zwar insgesamt und 25 EuGH NJW 1976, 470, 471 (Zuckermarkt-Entscheidung); umfangreich aber lesenswert: Grabitz/Hilf/Nettesheim/Stockenhuber Das Recht der Europäischen Union, 55. Ergänzungslieferung 2015, Art. 101 AEUV, Rn. 106 ff. 26 Zur Vertiefung: Immenga/Mestmäcker/Zimmer § 1 Rn. 101 ff. 27 Ob ein eigener Anwendungsbereich des § 21 III Nr. 3 GWB neben abgestimmtem Verhalten nach § 1 GWB besteht, ist anzuzweifeln. Ähnlich: Immenga/Mestmäcker/Markert § 21 Rn. 90.     Schwerpunktbereich – Stefan Küster: Das deutsche Kartellrecht – Einführung und Wiederholung nicht nur in einzelnen Beziehungen.28 In Abgrenzung zu § 3 GWB muss die Mitgliedschaft jedoch freiwillig und die Unternehmensvereinigung selbst nicht wirtschaftlich sein. Der Hauptanwendungsfall betrifft Berufs- und Wirtschaftsverbände.29 Allerdings handelt auch der Deutsche Fußballbund als eine Vereinigung von Unternehmen i. S. d. § 1 GWB, wenn er Fußballspiele vermarktet.30     2) Beschluss Als Beschlüsse gelten Rechtsakte, durch die die Unternehmensvereinigung ihren Willen bildet, wobei es auf Verfahren und die rechtliche Qualifizierung des Beschlusses nicht ankommt.31 Im Gegensatz zur Vereinbarung bindet der Beschluss die Beteiligten auch gegen ihren Willen beziehungsweise ohne ihre Mitwirkung.32 Problematisch sind hierbei Empfehlungen. Eine Empfehlung ist eine rechtlich unverbindliche Erklärung, durch die ein Empfehlender etwas als gut oder vorteilhaft anrät, mit dem Bestreben, den Empfänger zu beeinflussen.33 Umstritten ist zum einen, ob diese unter Beschluss im Sinne des § 1 GWB fallen und zum zweiten, ob sie trotzdem zulässig sein können. Hier ist mehr oder weniger – wieder mit dem Schutzzweck des GWB argumentierend – alles vertretbar. Vor der 7. Novelle postulierte § 22 a. F. GWB ein ausdrückliches Verbot von Empfehlungen, die eine Umgehung der im GWB ausgesprochenen Verbote bezweckten oder bewirkten. Dieser wurde gestrichen, woraus sich allerdings nicht automatisch eine generelle Zulässigkeit entnehmen lässt. Im Hinblick auf den Schutzzweck des § 1 GWB empfiehlt sich folgende Lösung: Empfehlungen sollen dann einen Beschluss darstellen, wenn sie verbindlich sind oder sonstige dem Verbot des § 1 GWB unterliegende Maßnahmen beinhalten. Nicht unter dem Beschluss im Sinne des § 1 GWB fallend und auch sonst zulässig sind Empfehlungen dann, wenn sie inhaltlich keine andere Maßnahme im Sinne des § 1 GWB sind und deren Nichtbefolgung ausdrücklich (!) sanktionsfrei bleibt, sie also tatsächlich nur empfehlen.   eee) Bezweckte oder bewirkte Beschränkung Weiterhin muss eine bezweckte oder bewirkte Beschränkung vorliegen. 28 29 30 31 32 33 Im Einzelnen: Immenga/Mestmäcker/Zimmer § 1 Rn. 73 ff. Immenga/Mestmäcker/Zimmer § 1 Rn. 77. BGH MMR 1998, 304, 305 f (Europapokalheimspiele). Loewenheim/Meessen/Riesenkampff/J.B. Nordemann § 1 Rn. 50. Immenga/Mestmäcker/Zimmer § 1 Rn. 88. BGH GRUR 1960, 353, 353 f (Kohlenpreise).   809 1) Beschränkung Eine Beschränkung kann in den drei in § 1 GWB normierten Formen eintreten. Eine Verhinderung, Einschränkung oder Verfälschung liegt dabei immer vor, wenn das Vorgehen wettbewerbliche Handlungsfreiheiten von Unternehmen beschränkt.34 Verhindern ist dabei der totale Ausschluss von Wettbewerb, Einschränkung jede sonstige Beschränkung und Verfälschung die künstliche Veränderung von Wettbewerbsbedingungen.35 Orientierungspunkte geben die in Art. 1 I AEUV genannten Regelbeispiele. Der Bearbeiter hat sich also zu fragen: Was kann der Beteiligte jetzt weniger als zuvor? Beispiel: A und B schließen eine Alleinbezugspflicht ab. A darf sein Material nur noch bei B beziehen und B darf nur an A liefern. A kann jetzt nicht mehr bei anderen Herstellern Material beziehen, B kann nicht mehr an andere Abnehmer liefern. Die Handlungsfreiheit von A und B wurde damit beschränkt. 2) Bezwecken oder Bewirken Ein Bewirken liegt vor, wenn der Wettbewerb gleichwohl tatsächlich verhindert, eingeschränkt oder verfälscht worden ist.36 Bei der Frage nach einem Bezwecken ist nach ganz herrschender Meinung auf die objektiv wettbewerbsbeschränkende Tendenz (= Eignung zur Wettbewerbsbeschränkung) abzustellen.37 Dies mutet sonderbar an, ließe sich doch aus dem Wort bezwecken eine subjektive Zielrichtung ableiten. Dagegen spricht, dass es auf die Gesinnung gar nicht mehr ankommt, wenn schon objektiv eine Eignung vorliegt. Ebenfalls ist die Gesinnung ohne Belang, wenn die Maßnahme bereits objektiv völlig ungeeignet ist. Dann fehlt es nämlich an der Spürbarkeit (siehe unten), so dass, gleich wie man es dreht oder wendet, die Gesinnung keinen eigenen Anwendungsbereich hat. Deshalb ist ein subjektiver Einschlag verzichtbar. Das Wort als solches ist so auszulegen, als dass es § 1 GWB den Charakter eines schon bei der objektiven Eignung erfüllten Gefährdungstatbestands verleiht. 34 Immenga/Mestmäcker/Zimmer § 1 Rn. 126. 35 Ein solch diffiziles Vorgehen ist nur selten nötig und in den meisten Fällen auch nicht zu empfehlen, sind die Rechtsfolgen doch dieselben; zu den Begriffen: Grabitz/Hilf/Nettesheim/Stockenhuber Art. 101 AEUV Rn. 121 ff.; zum Verhältnis der Varianten: Immenga/ Mestmäcker/Zimmer § 1 Rn. 124 ff. 36 Loewenheim/Meessen/Riesenkampff/J.B. Nordemann § 1 Rn. 127. 37 Kommission 13. 12. 1989 WuW/E EV 1484, 1486; Loewenheim/ Meessen/Riesenkampff/J.B. Nordemann § 1 Rn. 125.     810 Schwerpunktbereich – Stefan Küster: Das deutsche Kartellrecht – Einführung und Wiederholung fff) Spürbarkeit Das Kriterium der Spürbarkeit ist ein ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal des § 1 GWB. Es ist erfüllt, wenn die wettbewerbsbeschränkende Maßnahme auch praktisch ins Gewicht fällt und die Marktverhältnisse mehr als nur theoretisch und nicht nur in unbedeutenden Umfang beeinflussen könnte.38 Vereinfacht: Spürbarkeit liegt vor, wenn sich die Auswahlmöglichkeiten der Gegenseite mindern. Anmerkung: Besteht eine Eignung, ist zu prüfen, ob die intendierte Wettbewerbsbeschränkung im Falle ihrer Verwirklichung zugleich auch spürbar wäre. Zum obigen Beispiel A und B: Andere Abnehmer können nun nicht mehr von B beziehen und andere Hersteller können nun nicht mehr an A liefern. Die Auswahlmöglichkeiten der jeweiligen Gegenseite haben sich also gemindert, Spürbarkeit liegt vor. ggg) Tatbestandliche Restriktionen Die Immanenztheorie oder »Rule of Reason« schränkt § 1 GWB ein, wenn es dem Kartellverbot vorgehende Wertungen anderer Gesetze gibt, beziehungsweise, weil wettbewerbsbeschränkende Maßnahmen auch positive Effekte für den Wettbewerb haben können. Denkbar sind hier viele Konstellationen, zwei allerdings am bedeutsamsten.39 Obwohl für sich genommen unter § 1 GWB fallend, sollen erstens Wettbewerbsverbote mit Hinblick auf § 112 HGB zulässig sein, so lange sie räumlich, gegenständlich, und zeitlich nicht weitergehen, als sie erforderlich sind. Zweitens fällt ein Vergleich nicht unter § 1 GWB, wenn er sich inhaltlich mit der tatsächlichen Rechtslage deckt.40 hhh) Kein Eingreifen von Ausnahmen Nicht alle Maßnahmen, die unter § 1 GWB fallen, sind auch verboten. 1) § 2 Abs. 2 GWB Insbesondere § 2 II GWB erlaubt die Anwendung von Freistellungsverordnungen der Kommission oder des Rates. Die wichtigste41 und regelmäßig auch für eine Klausur bedeutende Verordnung ist die Vertikal-Gruppenfreistel- lungsverordnung, bei der nach § 2 II GWB in Verbindung mit Art. 2 I Vertikal-GVO § 1 GWB nicht für vertikale Vereinbarungen gilt. Was eine solche ist, definiert Art. 1 Vertikal-GVO in I lit. a). Eine komplette Darstellung würde den Rahmen sprengen, daher sei auf weiterführende Literatur verwiesen42, sowie auf den Hinweis, dass die Verordnung durchaus selbsterklärend ist. Eine eingehende Lektüre dieser sollte zumindest eine ausreichende Grundlage schaffen, um Klausuren auf diesem Gebiet bewältigen zu können. 2) § 3 GWB § 3 GWB privilegiert Mittelstandskartelle.43 Die Frage, was kleine beziehungsweise mittelständische Unternehmen sind, wird unterschiedlich beurteilt. Da das europäische Kartellrecht keine vergleichbare Norm kennt, erfolgt die Beurteilung innerhalb des Art. 101 I AEUV. Die Kommission sieht solche Sachverhalte schon nicht geeignet, den Handel zwischen den Mitgliedsstaaten zu beeinträchtigen.44 Unter kleinen und mittleren Unternehmen versteht sie alle Unternehmen mit weniger als 250 Beschäftigten und einen Umsatz unter 50 Millionen beziehungsweise einer Bilanzsumme unter 43 Millionen Euro.45 Die Grenzen sind jedoch zu willkürlich und finden auch keine Rechtfertigung. Die Beurteilung hat sich vielmehr an den relativen Größenverhältnissen der Beteiligten auf den betreffenden Markt zu orientieren. Daher lehnt auch die Literatur für das deutsche Kartellrecht eine solche Konstruktion ab.46 Hinsichtlich des Tatbestandsmerkmal der Rationalisierung ist die Verbesserung des Aufwand-Ertragsverhältnisses, bezogen auf einzelne Produktionseinheiten gemeint.47 3) §§ 28, 30, 31 GWB §§ 28, 30 GWB betreffen weitere Freistellungen vom Kartellverbot des § 1 GWB. Während §§ 28 und 31 GWB für den Studierenden eher geringere Relevanz aufweisen, betrifft § 30 GWB die Schnittmenge des Kartellrechts mit dem in 42 Eine Übersicht bietet zum Beispiel: Murach GWR 2010, 210 ff. 43 Anmerkung: Der Wortlaut »zwischen miteinander im Wettbewerb stehenden Unternehmen« weist darauf hin, dass hier nur Horizontalvereinbarungen umfasst sind. 44 ABl. 2001, C 368/13, I Nr. 3. 45 ABl. 2003, L 124/36, Art. 2 des Anhangs. 46 Statt vieler und mit weiteren Nachweise: Immenga/Mestmäcker/ Fuchs § 3 Rn. 45–52. 47 OLG Frankfurt WuW/E OLG 4495, 4498 (Doppelgenossen).   38 Immenga/Mestmäcker/Zimmer § 1 Rn. 140. 39 Zur Vertiefung: Loewenheim/Meessen/Riesenkampff/J.B. Nordemann § 1 Rn. 147. 40 Zur Vertiefung: Immenga/Mestmäcker/Zimmer § 1 Rn. 161 ff. 41 Weitere Verordnungen: GVO (EU) Nr. 1218/2010 für Spezialisierungsvereinbarungen, GVO (EU) Nr. 1217/2010 für Forschungs- und Entwicklungsvereinbarungen.   Schwerpunktbereich – Stefan Küster: Das deutsche Kartellrecht – Einführung und Wiederholung vielen Universitäten ebenfalls als Schwerpunkt zu belegenden Medienrecht und Wettbewerbsrecht.48 4) Kein Eingreifen von § 2 I GWB Eine weitere Freistellung beinhaltet § 2 I GWB. Es bedarf einer angemessenen Beteiligung der Verbraucher am Gewinn sowie das Vorliegen von Nr. 1 oder Nr. 2. Typischerweise unter § 2 I GWB fallende Fälle waren Forschungsund Entwicklungsvereinbarungen sowie Rationalisierungen und Spezialisierungen. Allerdings gibt es auch hierfür bereits Gruppenfreistellungsverordnungen, so dass bereits der Anwendungsbereich von § 2 II GWB eröffnet ist.49 bb) Verstoß gegen § 19 I GWB § 19 I GWB ist eine Generalverbotsnorm, die in II eine Konkretisierung findet. III ist dahingehend wichtig, als dass sie den Anwendungsbereich von § 19 Abs. 1, 2 Nr. 1,5 GWB erheblich erweitert. So umfasst das Verbot des § 19 I GWB auch die sonst privilegierten Presseverleger im Sinne des § 30 I S. 1 GWB. aaa) Marktbeherrschende Stellung Wann eine marktbeherrschende Stellung vorliegt, regelt § 18 I GWB. § 18 II GWB nennt dabei Marktstrukturparameter (Gegenteil=Marktverhaltensansätze). Die Absätze Absätze IV –VII GWB regeln einige Ergänzungstatbestände, die in Klausuren häufig eine Rolle spielen, in ihrem Inhalt jedoch selbsterklärend sind. 1) Relevanter Markt Auf welches Gebiet sich die herrschende Stellung beziehen muss, bestimmt sich nach dem relevanten Markt, vgl. § 18 I GWB a. E. Zunächst ist der relevante Markt in sachlicher und räumlicher Hinsicht fraglich. Einfach gesprochen ist zu untersuchen, welchen Wettbewerbskräften ein Unternehmen unterliegt. Zum selben sachlich relevanten Markt gehören solche Produkte, die der Nachfrager/Verbraucher nach Eigenschaft, Verwendungszweck und Preislage zur Deckung eines bestimmten Bedarfs als austauschbar ansieht (Stichwort: Bedarfsmarktkonzept).50 Allerdings kön  811 nen auch nicht marktgleiche Waren zum selben sachlich relevanten Markt gehören, wenn ein Ausweichen der Marktgegenseite darauf wahrscheinlich ist (=Substitutionswettbewerb).51 Bei der Bestimmung des räumlich relevanten Markts geht es letztlich darum, das Gebiet und die Produkte beziehungsweise Dienstleistungen zu bestimmen, bei deren Absatz das betroffene Unternehmen dem wirksamen Wettbewerb aktueller Konkurrenten ausgesetzt ist.52 An dieser Stelle heißt es dann mithilfe des Sachverhalts zu subsumieren. 2) Beherrschung Eine Beherrschung liegt in den Fällen des § 18 I Nr. 1 -3 GWB vor, wobei Nr. 1 ein Monopol meint. Nr. 2 und Nr. 3 greifen dann, wenn der Wettbewerb seine zentrale Steuerungsfunktion nicht mehr zu erfüllen vermag,53 weil sich das betroffene Unternehmen in beiden Fällen unabhängig von seinen Konkurrenten verhalten kann. Gemäß § 18 III Nr. 1 GWB ist wichtiger Parameter der Marktanteil. Dies ist aber nur ein Indiz. Selbst 70-80 % Marktanteil lassen nicht ad hoc auf eine marktbeherrschende Stellung schließen.54 Abzustellen ist immer darauf, ob sich das Unternehmen letztlich in nennenswerten Umfang unabhängig vom Verhalten anderer Marktteilnehmer verhalten kann.55 Eine Vermutungsregel hierfür stellt § 18 IV GWB auf.   bbb) Missbräuchliche Ausnutzung Missbräuchliche Ausnutzung meint zwei Dinge: Zum einen den Missbrauch, zum anderen die Ausnutzung. Bei der Prüfung des Missbrauchs ist zuerst auf § 19 II GWB einzugehen. Erst wenn keine Regelbeispiele der Nr. 1–556 einschlägig sind, ist § 19 I GWB heranzuziehen; »insbesondere« verlangt aber eine vergleichbare Gemengelage. Eine Behinderung nach § 19 II Nr. 1 GWB ist jede Beeinträchtigung der Wettbewerbsmöglichkeiten anderer Unternehmen. Die Unbilligkeit ergibt sich durch eine Abwägung der Interessen der Beteiligten, ähnlich wie bei § 4 Nr. 10 UWG. Hinsichtlich Nr. 2, 3 GWB ist nach einem hypothetischen 51 Loewenheim/Meessen/Riesenkampff/J.B. Nordemann § 1 Rn. 86. 52 Loewenheim/Meessen/Riesenkampff/Götting § 19 Rn. 27 f. 53 BGH WUW 1982, 123, 125 (Braun Almo), zur Unterscheidung von Nr. 2 und Nr. 3, Loewenheim/Meessen /Riesenkampff/Kahlenberg/ Peter § 36 Rn. 11, 12. 54 Vertiefend zum Marktanteil: Loewenheim/ Meessen/Riesemkampff/Kahlenberg/Peter § 36 Rn. 26. 55 BGH WUW 1982, 123, 125 (Braun Almo). 56 Es empfiehlt sich, die Nummern zuerst selbst zu lesen.   48 Zur Vertiefung: Beater Rn. 864 ff. 49 Siehe Fn. 41. 50 BGH NJW-RR 1988, 227, 228 (Niederrheinische Anzeigenblätter); Loewenheim/Meessen/Riesenkampff/J.B. Nordemann § 1 Rn. 86; der sachlich relevante Markt hinsichtlich Presseprodukte, Beater Rn. 912 f.     812 Schwerpunktbereich – Stefan Küster: Das deutsche Kartellrecht – Einführung und Wiederholung Wettbewerb zu fragen. Das Vergleichsmarktkonzept57 beruht auf der Annahme, dass bei Vorhandensein zweier ähnlicher Märkte mit unterschiedlich ausgeprägtem Wettbewerb, die Preise auf den Markt mit mehr Wettbewerb Anhaltspunkte für den hypothetischen Wettbewerbspreis auf den Nachbarmarkt liefern.58 Bezüglich Nr. 4 GWB ist umstritten, ob unter Infrastruktureinrichtungen nur solche mit natürlichem Monopolcharakter59 zu verstehen sind oder aber innerbetriebliche Ressourcen, die der Inhaber allein nutzen will60. Für ersteres spricht eine historische Auslegung.61 Systematisch ließe sich so aber Nr. 4 GWB nur schwer von Nr. 1 GWB abgrenzen. Auch lässt sich ein natürliches Monopol nur schwer beweisen.62 Nr. 4 GWB – anfangs Gegenstand einiger Entscheidungen – hat zwischenzeitlich deutlich an Relevanz verloren.63 Hinsichtlich Nr. 5 GWB meint Auffordern wie auch bei § 21 I GWB jeden Versuch der Einflussnahme auf die freie Willensbetätigung und veranlassen das erfolgreiche Einwirken. 64 Unter Vorteil ist jede objektive Besserstellung im Verhältnis mit anderen Nachfragern zu verstehen.65 Das Wort Ausnutzung beschreibt dabei einen notwendigen Zusammenhang mit der Marktbeherrschung. Die Gefährlichkeit des Handelns eines Unternehmens muss daraus erwachsen, dass ein marktbeherrschendes Einzelunternehmen oder eine marktbeherrschenden Oligopolgruppe praktiziert und auch bezweckt66. cc) Verbotenes Verhalten von Unternehmen mit relativer oder überlegender Marktmacht Gemäß § 20 I S. 1 GWB gilt § 19 I, II Nr. 1 GWB auch für Unternehmen mit relativer oder überlegender Marktmacht im Vertikalverhältnis. Es bedarf also gerade keiner marktbeherrschenden Stellung, sondern es reicht bereits ein qualitatives Minus. Wann eine solche relative Marktmacht 57 Zu bedenken ist, dass es nur selten zwei Märkte gibt, die so direkt übereinstimmen, so dass man sich immer mit Zu- und Abschlägen behelfen müsste. 58 Loewenheim/Meessen/Riesenkampff/Götting § 19 Rn. 74 ff. 59 v. Wallenberg KR 1999, 152, 154. 60 Immenga/Mestmäcker/Fuchs/Möschel § 19 Rn. 319. 61 Bundesrat Stellungnahme BT-Drucks. 13/9720, 73. 62 Vgl. Immenga/Mestmäcker/Fuchs/Möschel § 19 Rn. 319. 63 Siehe hierzu Immenga/Mestmäcker/Fuchs/Möschel § 19 Rn. 309. 64 iImmenga/Mestmäcker/Fuchs/Möschel § 19 Rn. 373 f. 65 Müko-GWB/Westermann Band 2, 2. Auflage 2015, § 20 Rdnr. 126; auf das Verhältnis gegenüber Nachfragern verzichtend, Lettl Kartellrecht, 3. Auflage 2013, § 9 Rn. 138. 66 Immenga/Mestmäcker/Fuchs/Möschel § 19 Rn. 375; anders: Langen/Bunte/Nothdurft  Kartellrecht, 12. Auflage 2014, § 20 Rn, 214.   erreicht ist, definiert § 20 I S. 1 GWB (lesen). Letztlich geht es um eine Abhängigkeit, die sortimentsbedingt, unternehmensbedingt, mangelbedingt oder nachfragebedingt sein kann.67 S. 2 beinhaltet eine Abhängigkeitsvermutung. II erstreckt das Verbot der Aufforderung zur Vorteilsgewährung (§ 19 II Nr. 5 GWB) auf relativ marktmächtige Unternehmen. III verbietet jede mittel- oder unmittelbare Behinderung kleiner oder mittlerer Mitbewerber durch Ausnutzung der eigenen Marktmacht. IV verteilt die Beweislast hierfür auf das handelnde Unternehmen. V ist als eine besondere Diskriminierungsregelung des § 19 II Nr. 1 zu sehen.68 dd) Boykottverbot, § 21 Abs. 1 GWB Ebenfalls ein wettbewerbsbeschränkendes Verhalten ist der Boykott, § 21 I GWB. Genauso wie § 19 und § 20 GWB geht es hier um eine Wettbewerbsbeschränkung durch Konfrontation und Angriff. Eine Überschneidung kann es ebenfalls mit dem UWG geben. So kommt bei Boykotten gegen Mitbewerber §§ 3 I, 4 Nr. 4 UWG und bei Boykotten gegen sonstige Marktteilnehmer § 3 I UGW in Betracht. Ein weiterer Unterschied ist, dass sich bei § 21 GWB der Aufruf an Unternehmen richtet, während für das UWG auch ein Aufruf an Private ausreicht. Für § 21 GWB bedarf es (1) drei Beteiligte: Den Aufrufer, den Boykottierenden und den Boykottierten. Weiterhin müssen (2) alle drei Unternehmen oder eine Vereinigung von Unternehmen sein. Eine (3) Aufforderung ist jeder Versuch auf die freie Willensentscheidung des Adressaten Einfluss zu nehmen und zwar dahingehend, mit Dritten Lieferbeziehungen einzugehen oder aufrecht zu erhalten.69 Unter (4) Beeinträchtigung ist objektiv jede Zufügung eines Nachteils zu verstehen.70 Die Frage nach der (5) Unbilligkeit beantwortet der BGH im Einzelfall aufgrund einer Interessenabwägung unter Berücksichtigung der auf die Freiheit des Wettbewerbs gerichteten Zielrichtung des GWB.71 Unbilligkeit ist regelmäßig gegeben, entfällt aber zum Beispiel mit Blick auf Art. 5 I 1.Var. GG bei Meinungsäußerungen, auch wenn die Abgrenzung mitunter schwierig ist: Ist der Boykott Mittel des geistigen Meinungskampfes in einer die Öffentlichkeit wesentlich berührenden Frage, also in keiner privaten Auseinandersetzung, sondern steht die Sorge um politische,   67 68 69 70 71 Zur Vertiefung: Langen/Bunte/Nothdurft § 20 Rn. 37–63. Immenga/Mestmäcker/Markert § 20 Rn. 127. Siehe Fn. 63. Immenga/Mestmäcker/Markert § 21 Rn. 36. BGH NJW 2000, 809, 811 (Beteiligungsverbot für Schilderpräger); Schwerpunktbereich – Stefan Küster: Das deutsche Kartellrecht – Einführung und Wiederholung wirtschaftliche oder kulturelle Belange der Allgemeinheit im Vordergrund, fehlt es an einer Unbilligkeit.72 Weitere Ausnahmen sind die Abwehr eines rechtswidrigen Angriffs, die Wahrnehmung berechtigter Interessen und die Anwendung zulässiger Vertragsbindungen und gewerblicher Schutzrechte.73 Absicht verlangt, dass die unbillige Beeinträchtigung bestimmter Unternehmen angestrebt/bezweckt wird, wobei dolus eventualis nicht ausreicht.74 ee) Verbot sonstigen wettbewerbsbeschränkenden Verhaltens, § 21 II–IV GWB § 21 II-IV GWB zählt weitere wettbewerbsbeschränkende Maßnahmen auf, die ebenfalls verboten sind. Die einzelnen Tatbestände wurden bereits an anderer Stelle erläutert. Darüber hinaus beziehen sich die Absätze II und III auf andere Normen des deutschen beziehungsweise europäischen Kartellrechts. Zwang im Sinne des III versteht sich als intensive Beeinflussung, die die Willensbetätigung des Betroffenen zwar nicht schlechthin ausschließt, aber so stark ist, dass ihm allenfalls formell Alternativen bleiben, die ihm unzumutbar sind.75 Hinzuweisen ist, dass IV anders als II, wo bereits ein Androhen ausreicht, die Zufügung eines Nachteils verlangt. 813 mutbar sein.77 Dies ist nicht der Fall, wenn die Beseitigung mit Aufwendungen verbunden ist, die in keiner vertretbaren Relation zu dem Nachteil des Beeinträchtigten stehen.78 d) Aktiv- und Passivlegitimation Gemäß § 33 I S. 1, S. 2 GWB ist der Betroffene aktivlegitimiert. Betroffener ist jedes Unternehmen79 oder Verbraucher, der als Wettbewerber oder sonstiger Marktteilnehmer durch den Verstoß beeinträchtigt ist, § 33 I S. 3 GWB. Als weitere Aktivlegitimierte nennt § 33 II GWB in Nr. 1 Wirtschaftsverbände und in Nr. 2 in eher sperriger Ausdrucksweise Verbraucherverbände. Verpflichtet und damit passivlegitimiert ist derjenige, der den Verstoß gegen das GWB getätigt hat. Unternehmen, die die Rechtsform einer Handelsgesellschaft oder einer juristischen Person haben, müssen sie sich das Verhalten ihrer Organe zurechnen lassen, § 31 BGB.80 2. Unterlassungsanspruch Der Unterlassungsanspruch ergibt sich aus § 33 I S. 1 Alt. 2, S. 2 GWB. b) Rechtswidrigkeit a) Kartellrechtsverstoß Der Verstoß gegen das Kartellrecht müsste zu einem rechtswidrigen Zustand führen. Verstöße gegen das Kartellrecht begründen einen rechtswidrigen Zustand. Fälle in denen diese Rechtswidrigkeit entfällt, sind kaum denkbar. Selbst kaufmännische Notlagen, wie Liquiditäts- oder Absatzprobleme rechtfertigen zum Beispiel das Eingehen einer Gebietsabsprache nicht. Bezüglich des Verstoßes gegen das Kartellrecht sei auf II.1. a) verwiesen. b) Rechtswidrigkeit Bezüglich der Rechtswidrigkeit sei auf II.1.b) verwiesen. c) Zumutbarkeit c) Erstbegehungsgefahr/Wiederholungsgefahr Die Beseitigung eines rechtswidrigen Zustandes müsste – unabhängig von seiner Rechtsgrundlage76 – weiterhin zu- 72 BVerfG BVerfGE 62, 230, 244 (Kundenboykott); Immenga/Mestmäcker/Markert § 21 Rn. 42; Lesenswert auch für die Vorbereitung für Klausuren im öffentlichen Recht: BVerfG BVerfGE 25, 256 ff. (Blinkfüer). 73 Zur Vertiefung: Immenga/Mestmäcker/Markert § 21 Rn. 39. 74 Immenga/Mestmäcker/Markert § 21 Rn. 34. 75 BGH GRUR 1981, 208, 210 (Rote Liste). 76 BGH NJW 2000, 512; 514.   Hinsichtlich des vorbeugenden Unterlassungsanspruch nach § 33 I S. 2 GWB bedarf es einer Erstbegehungsgefahr, 77 BGH NJW 2008, 3122 ff. 78 BGH NJW 2000, 512, 514; BGH NJW 2008, 3122, 3123. 79 Seit dem Courage-Urteil des EuGH muss man wohl selbst Kartellmitgliedern gegenüber anderer Kartellmitglieder eine Aktivlegitimation zugestehen, siehe Leitsatz Nr. 1 von EuGH GRUR 2002, 367,368 ff. (Courage). 80 Zur Vertiefung: Immenga/Mestmäcker/Emmerich § 33 Rn. 30–35.     814 Schwerpunktbereich – Stefan Küster: Das deutsche Kartellrecht – Einführung und Wiederholung d. h. die ernst zu nehmende und nicht bloß konstruierte Gefahr eines baldigen erstmaligen Kartellrechtsverstoßes.81 Wiederholungsgefahr setzt das ernsthafte Befürchten desselben Kartellrechtsverstoßes voraus, wobei das Vorliegen einer solchen Gefahr bereits wegen des Vorverstoßes vermutet wird.82   d) Aktiv- und Passivlegitimation Siehe unter II.1.d). beherrschenden Stellung verneint.83 Hinsichtlich einer Verzinsung ist auf § 33 III S. 4, 5 GWB zu achten. Ein weiteres Problem, das insbesondere die Kausalität des Kartellverstoßes mit dem Schaden betrifft, ist das »umbrella pricing«. Es beschreibt das marktwirtschaftliche Phänomen, bei dem Unternehmen durch den Schirm eines Kartells, bei dem sie kein Mitglied sind, selbst einen Angebotspreis durchsetzen können, der höher ist, als er es ohne dieses Kartell gewesen wäre. Der EuGH spricht diesbezüglich dem Geschädigten gegenüber den Kartellanten einen Anspruch auf Ersatz der Schäden zu, die durch am Kartell orientierte Preise von Nichtkartellteilnehmern entstanden sind.84 3. Schadensersatz Der Anspruch auf Schadensersatz ergibt sich aus § 33 III GWB. a) Rechtswidriger Verstoß gegen das Kartellrecht e) Aktiv- und Passivlegitimation Ersatzberechtigt ist der Betroffene, ersatzpflichtig der Träger des Unternehmens, der den Verstoß begangen hat.85 Bei Absprachen haften die Kartellanten als Gesamtschuldner, § 840 BGB. Siehe unter II.1.a), b). 4. Verjährung b) Verschulden Anders als beim Beseitigungs- und Unterlassungsanspruch bedarf es für den Schadensersatz einen vorsätzlichen oder fahrlässigen Verstoß nach § 33 I GWB, § 33 III GWB. Die Verjährung richtet sich nach den allgemeinen Vorschriften (§§ 195, 199 BGB). Für die Hemmung der Verjährung (§§ 203 ff. BGB) enthält § 33 V GWB eine Sonderregelung hinsichtlich des Schadensersatzanspruches.   II. Anspruch aus Vertrag c) Schaden Hinsichtlich des Schadens und seiner Berechnung gelten die allgemeinen Grundsätze, §§ 249 ff. BGB. Für die Schadenshöhe ist ebenfalls das Vergleichsmarktkonzept und im Zweifel § 287 ZPO in Verbindung mit § 33 III S. 3 GWB heranzuziehen. Oft reichen die von den Kartellverstößen betroffenen Unternehmen die Preisabnehmer an die nächsten Abnehmer und letztendlich Verbraucher weiter. Problematisch ist daher, ob die Kartellanten in solchen Fällen dem Betroffenen den pass-on Einwand entgegenhalten können. Das OLG Karlsruhe hat dies, mit Blick auf § 33 Abs. 3 S. 2 GG und der Abschreckungswirkung auch richtigerweise, für den Fall des Missbrauchs einer markt  Geht es um die Prüfung einer Anspruchsgrundlage, kann sich diese aus einem Vertrag zwischen mehreren Beteiligten ergeben. Dieser Vertrag könnte aber nichtig nach § 134 BGB sein. Dies ist der Fall, wenn ein Verstoß gegen eine Norm des GWB vorliegt und diese eine Verbotsnorm ist. Dabei sind unstreitig §§ 1, 19 ff. GWB Verbotsnormen, so dass es auch hier letztlich auf eine Prüfung dieser hinausläuft (siehe unter II.1. ff.). Hinsichtlich der Verträge ist zwischen Ausführungsund Folgeverträge zu unterscheiden.86 Ausführungsverträ  83 OLG Karlsruhe Az. 6 U 118/05, juris Rn. 40 f.; anders OLG Düsseldorf Az. VI-2 U (Kart) 34/09, juris Rn. 38. 84 EuGH GRUR 2014, 1018, 1020 (Kone). 85 Zur Vertiefung: Loewenheim/Meessen/Riesenkampff/Rehbinder § 33 Rn. 34 f. 86 Ob diese starre Unterteilung wirklich sinnvoll ist, wird zunehmend diskutiert; vgl: FS Möschel/K. Schmidt, Kartellnichtigkeit von     81 BGH NJW 1992, 2292, 2294 (Nicola). 82 BGH NJW 1992, 2292, 2294 (Nicola). Schwerpunktbereich – Stefan Küster: Das deutsche Kartellrecht – Einführung und Wiederholung ge sind solche, die das verbotene Kartell durchführen oder verstärken sollen.87 Wegen des engen funktionalen Zusammenhangs mit der kartellrechtswidrigen Vereinbarung, erstreckt sich § 134 BGB auch auf solche Verträge. Folgeverträge sind Vereinbarungen, die die Kartellmitglieder mit unbeteiligten Dritten schließen und deren Wirksamkeit problematisch ist.88 Für eine Nichtigkeit spricht die Schutzbedürftigkeit Dritter. Für die Wirksamkeit streiten Erwägungen der Durchschlagskraft des Kartellrechts, wobei nach hier vertretener Ansicht der Schutz Dritter höher wiegt, zumal Effizienzlücken im GWB nicht erkennbar sind. Wer sich nämlich nicht von §§ 32 ff. GWB und §§ 81 ff. GWB abschrecken lässt, der stört sich auch nicht an der Unwirksamkeit von Folgeverträgen.   815 verstößt.89 Hinsichtlich eines Einschreitens hat die Behörde ein Ermessen (»kann«). Eine missbräuchliche Preisbindung stellt daher auch keinen Gesetzesverstoß gegen das GWB im Rahmen des § 33 GWB dar.90 Bei einem fehlsamen Gebrauch ihres Ermessens, ist die Verfügung der Behörde unzulässig oder unbegründet (§ 71 V S. 1 GWB) und somit eine Beschwerde gegen diese nach § 63 I S. 1 GWB zu empfehlen. b) 36 I GWB – Zusammenschlusskontrolle, §§ 35 ff. GWB     III. Behördliche Befugnisse Gemäß § 39 I GWB bedarf es vor dem Vollzug des Zusammenschlusses einer Anzeige beim Bundeskartellamt. Das Vollzugsverbot in § 41 I S. 1 GWB untermauert die restriktive Handhabung unternehmerischer Zusammenschlüsse im deutschen Kartellrecht. §§ 35 ff. GWB sind keine Verbotsnormen im Sinne des § 134 BGB und somit auch kein Bestandteil einer Prüfung des § 33 GWB. Es handelt sich bei der Zusammenschlusskontrolle viel mehr um eine Prognose, die beurteilt, ob eine Fusion die Freiheit des Wettbewerbs in Zukunft beeinträchtigt oder nicht. Diese Prognose stellt das Bundeskartellamt. Untersagt es den Zusammenschluss, so verbleibt den beteiligten Unternehmen nur noch der mit wenig Hoffnungen verbundene Antrag auf eine – durch die geplante Fusion zwischen Edeka und Tengelmann jetzt wieder in den Fokus geratene – Ministererlaubnis nach § 42 I S. 1 GWB91 oder das Einlegen einer Beschwerde nach den §§ 63 ff. GWB. Wegen der auch in § 35 III GWB normierten Verdrängungswirkung der Fusionskontrollverordnung (FKVO) ist immer zuerst zu prüfen, ob ein Zusammenschluss (Art. 3 FKVO) mit gemeinschaftsweiter Bedeutung (Art. 1 FKVO) vorliegt.   Eine weitere Einstiegsgrundlage in eine kartellrechtliche Klausur kann die Frage nach behördlichen Befugnissen sein. Im GWB finden die Kartellbehörden im ersten Teil, sechster Abschnitt (§§ 32 ff. GWB) sowie im zweiten Teil, erster Abschnitt (§§ 48 ff. GWB) ihre normative Festsetzung (lesen!).     1. Befugnisse des Bundeskartellamts Für das Lösen von Klausuren ist die Kenntnis der Befugnisse (§§ 32–34a GWB) und Verfügungen des Bundeskartellamtes (§§ 51–53 GWB) von Bedeutung. Die Verfügungen sind neben den §§ 32 ff. GWB (relevant sind vor allem §§ 32 I, II sowie 32 a I GWB) im GWB verstreut zu finden. Wichtig im Zusammenhang mit dem Verbot der Preisbindung ist § 30 III GWB sowie die Untersagung von Zusammenschlüssen nach § 36 I GWB.       a) § 30 III GWB Eine missbräuchliche Preisbindung nach § 30 III S. 1 Nr. 1 GWB liegt vor, wenn sie gegen kartellrechtliche Normen oder allgemein gegen den Sinn und Zweck des § 30 GWB Folgeverträgen: alles neu seit »Courage« und seit der Siebenten GWBNovelle?, 2011, 559, 563 ff. 87 Mit Beispielen: Immenga/Mestmäcker/Emmerich § 33 Rn. 116 f. 88 Zur Vertiefung: Loewenheim/Meessen/Riesenkampff/Jaeger Art. 81 II EG Rn. 24.     89 Loewenheim/Meessen/Riesemkampff/J.B. Nordemann § 30 Rn. 52. 90 Beater Rn. 868. 91 Zur geringen praktischen Relevanz: Loewenheim/Meessen/Riesenkampff/Riesenkampff/Lehr § 42 Rn. 1; bezüglich verfassungsrechtlicher Zweifel: Immenga/Mestmäcker/Thomas § 42 Rn. 2. Schwerpunktbereich – Stefan Küster: Das deutsche Kartellrecht – Einführung und Wiederholung 816 aa) Verhältnis zum Kartellverbot Das Verhältnis der §§ 35 ff. GWB mit § 1 GWB ist bei Gemeinschaftsunternehmen nicht ganz eindeutig.92 Während die Trennungslehre zwischen kooperativen (nur Kartellverbot) und konzentrativen Gemeinschaftsunternehmen (Zusammenschlusskontrolle) trennt93, geht die überwiegende Ansicht von einer parallelen Anwendung beider Bereiche aus, sofern ihre Voraussetzungen erfüllt sind (Zweischrankentheorie).94 Zwar trennt der BGH bei Gemeinschaftsunternehmen ebenfalls, er steht einem generellen Konzentrationsprivileg aber ablehnend gegenüber und stellt auf den Einzelfall ab beziehungsweise prüft die Ausgestaltung des Gesamtvertragswerks und das Vorliegen zusätzlicher Umstände und Parameter, die für das Vorliegen der einzelnen Tatbestände maßgeblich sind.95 In einer Klausur empfiehlt es sich der Schrankentheorie, beziehungsweise bei Gemeinschaftsunternehmen dem BGH zu folgen und die Voraussetzungen des § 1 GWB neben denen der §§ 35 ff. GWB zu prüfen. Nur so kann man mit Wissen in beiden Bereichen punkten. Allerdings dürfen die »milderen Maßstäbe« der §§ 35 ff. GWB nicht durch eine Anwendung des § 1 GWB leerlaufen, so dass eine Anwendung von § 1 GWB ausgeschlossen ist, wenn die §§ 35 ff. GWB ihrem Zweck nach eine abschließende Regelung darstellen.         bb) Eröffnung des Anwendungsbereichs Zunächst muss der Geltungsbereich der Zusammenschlusskontrolle eröffnet sein. Diesen regelt § 35 GWB, der im Wesentlichen auf die jeweiligen Umsatzerlöse der beteiligten Unternehmen abstellt. Hinsichtlich der Berechnung ist dabei auf § 38 GWB hinzuweisen, von dem wiederum Absatz 3 eine wichtige Regelung für Presseerzeugnisse enthält. liegt, definieren § 37 I, II GWB. Absatz I regelt den Fall, bei dem die beteiligten Unternehmen vorher in keiner Weise miteinander zusammengeschlossen waren, Absatz II den umgekehrten Fall. 1) Zusammenschluss nach § 37 I Nr. 1-4 GWB Der erworbene Vermögensteil nach § 37 I Nr. 1 GWB ist wesentlich, wenn er im Verhältnis zum Gesamtvermögen des Veräußerers quantitativ ausreichend hoch oder wenn er unabhängig davon qualitativ von Bedeutung ist; letzteres ist der Fall, wenn er tragende Grundlage der Stellung des Veräußerers ist.96 Bei einer vorher nicht vorhandenen maßgeblichen Einflussmöglichkeit, soll auch eine Minderheit ausreichen.97 Für das Medienrecht gilt, dass schon der Erwerb eines Zeitschriftentitels als Erwerb eines wesentlichen Teils eines Unternehmens gilt.98 Unter Vermögen fallen weiterhin alle verkehrsfähigen materiellen und immateriellen Güter.99 Kontrolle im Sinne von § 37 I Nr. 2 GWB meint einen steuernden unternehmerischen Einfluss.100 In § 37 I Nr. 3 GWB geht es um den Erwerb von Anteilen (Stimmrechte Kapitalanleihen), die die in Nr. 3 lit.a), lit.b) genannten Schwellen überschreiten. Wichtig und auf den ersten Blick schwierig ist § 37 I Nr. 3 S. 3 GWB (=Fiktion der Teilfusion der Mütter). Beispiel: Auf dem Herstellermarkt ist Unternehmen X tätig. Auf den Händlermarkt A, B und C. Diese erwerben nun jeweils 25 % Anteile von X. § 37 I Nr. 3 S. 3 GWB fingiert den Zusammenschluss von A, B und C hinsichtlich des Herstellermarkts. Dieser Zusammenschluss unterliegt anschließend dann der Kontrolle des § 36 I GWB, wenn die Unternehmen tatsächlich eine wettbewerbliche Einheit bilden.101 Der Erwerb setzt den Vollrechtserwerb voraus.102 § 37 I Nr. 4 GWB ist seiner Natur nach ein Auffangtatbestand (»jede sonstige«). Er umfasst typische 24,9 % Fälle     cc) Zusammenschluss Ist der Geltungsbereich eröffnet, bedarf es weiter ein Vorliegen eines Zusammenschlusses. Wann ein solcher vor- 92 Zu den Rechtsfolgen der Unterscheidung, die lediglich in unterschiedlichen Fristen der § 1 GWB und §§ 35 GWB besteht: Immenga/ Mestmäcker/Zimmer § 1 Rn. 300–302. 93 Seit Inkrafttreten der FKVO sind bestimmte Gruppen von Gemeinschaftsunternehmen allein dem Fusionskontrollverfahren unterstellt (vgl. Art. 21 I FKVO). Eine Aufweichung dieses Grundsatzes führt allerdings Art. 2 IV FKVO selbst herbei. Zur Vertiefung: Immenga/Mestmäcker/Zimmer, EU-Wettbewerbsrecht, Art. 101 AEUV Rn. 307–310. 94 BGH BGHZ, 81, 56, 66 (Transportbeton Sauerland); Loewenheim/ Meessen/Riesenkampff/Lindemann Anhang zu § 1 GWB Rn. 12; Immenga/Mestmäcker/Zimmer § 1 Rn. 290. 95 BGH GRUR 1986, 556, 559 (Mischwerke). 96 BGH GRUR 1976, 327, 328 (Zementmahlanlage I). 97 BKartA WUW 2004, 314 (Novartis/Roche) 98 BKartA B6–26/04, 14 (National Geographic). 99 OLG Düsseldorf WuW/E DE-R 1805, 1806 (MSV) 100 BegrRegE 6. GWB-Novelle BT-Drucks. 13/9720, 43; zum Kontrollbegriff: Immenga/Mestmäcker/Thomas § 37 Rn. 85–106. 101 Achtung: In Rede stehen neben dem fingierten Zusammenschluss auch noch drei weitere, nämlich A-X, B–X und C-X, § 37 I Nr. 3 b) GWB. Im Beispiel würde es sich um ein Konglomerat handeln, d. h. ein Zusammenschluss, bei dem die beteiligten Unternehmen aus verschiedenen Märkten stammen. Dazu anschaulich, gerade in Überschneidung mit dem Medienrecht: BVerwG NVwZ-RR 2014, 473 ff. (Pro7Sat1Springer). 102 Loewenheim/Meessen/Riesenkampff/Riesenkampff/Lehr § 37 Rn. 20.     Schwerpunktbereich – Stefan Küster: Das deutsche Kartellrecht – Einführung und Wiederholung der Minderheitsbeteiligung (da nicht unter § 37 I Nr. 3 GWB fallend), die mit sogenannten Plusfaktoren kombiniert wurden. Ein wettbewerblich erheblicher Einfluss liegt schon dann vor »wenn nach Art der Vertragsgestaltung und der wirtschaftlichen Verhältnisse zu erwarten ist, dass der Mehrheitsgesellschafter auf die Vorstellungen des anderen Gesellschafters [= Erwerber] Rücksicht nimmt oder diesem freien Raum lässt, auch wenn das nur soweit geschieht, wie es seinen eigenen Interessen nicht zuwiderläuft«103. 2) Zusammenschluss nach § 37 II GWB Nach § 37 II GWB soll auch dann ein Zusammenschluss vorliegen, wenn trotz bestehender Beteiligung eine wesentliche Verstärkung der bestehenden Unternehmensverbindung entsteht. Neben diesem Zusammenschluss bedarf es bereits zuvor eines Zusammenschlusses nach § 37 I Nr. 1-4 GWB. Eine Verstärkung ist gegeben, wenn der Zusammenschluss weiter strukturell verfestigt wird oder wenn der Erwerber zusätzliche Rechte erwirbt104 (zum Beispiel bei der Aufstockung einer Minderheitsbeteiligung zu einer Mehrheitsbeteiligung). dd) (Un-) Zulässigkeit des Zusammenschlusses Ist ein Zusammenschluss zu bejahen, stellt sich die Frage nach der materiellen Zulässigkeit, die sich nach § 36 I S. 1 GWB richtet. § 36 I S. 2 GWB nennt anschließend Ausnahmen. S. 1 verlangte bis zur 8. GWB Novelle die Prüfung dreier Merkmale. 1. Prognose (»Erwartung«), 2. marktbeherrschende Stellung und 3. Verstärkung. Hinsichtlich der marktbeherrschenden Stellung galt § 18 GWB. Eine Verstärkung war jede Veränderung, die die machtneutralisierende Wirkung des Wettbewerbs in höherem Maße einschränkte als vor dem Zusammenschluss.105 Diese Verstärkung musste auch kausal auf den Zusammenschluss beruhen. Dies schied zum Beispiel bei Sanierungsübernahmen aus, wo die Marktanteile wegen einer Insolvenz sowieso dem Erwerber zugewachsen wären.106 Heute ist die Erwartung einer marktbeherrschenden Stellung in Angleichung an Art. 2 II FKVO nur ein Regelbeispiel (»insbesondere«), dem der sogenannte SIEC-Test107 (substantial lessening of competition) vorangestellt wurde. Es genügt 103 BGH NJW-RR 2001, 762, 764 (Minderheitsbeteiligung im Zeitschriftenhandel); BGH NJW-RR 2005, 474, 475 (trans-o-flex). 104 Immenga/Mestmäcker/Thomas § 37 Rn. 365. 105 Kling/Thomas, Kartellrecht, 2007, 741. 106 Zur Sanierungsfusion: Kling/Thomas, 743. 107 Zur Vertiefung: Körber WuW 2014, 250 ff.   817 nun bereits jede Behinderung wirksamen Wettbewerbs, wobei die positive Prognose hinsichtlich der Stärkung einer marktbeherrschenden Stellung ausreicht. Bei vertikalen Zusammenschlüssen ist zu bedenken, dass es hier nicht zum Schrumpfen des Wettbewerbermarktes kommt. Trotzdem können nun nutzbar gemachte marktübergreifende Synergieeffekte eine marktbeherrschende Stellung begründen oder verstärken.108 Bei den Ausnahmen in § 36 I S. 2 GWB ist Nr. 1 die Wichtigste. Unter Wettbewerbsbedingungen ist nur der wirtschaftliche Wettbewerb gemeint.109 Nr. 2 und Nr. 3 GWB sollten gelesen und verstanden werden. § 36 II GWB regelt weiterhin, wann miteinander verbundene Unternehmen als ein dem Kartellrecht unterfallendes einheitliches Unternehmen anzusehen sind. Auf die Flick-Klausel (§ 36 III GWB) wurde oben eingegangen. ee) Kein Ermessen Das Bundeskartellamt ist hinsichtlich einer Untersagung rechtlich gebunden. Hinsichtlich der Prognosebeurteilung steht dem Bundeskartellamt jedoch ein Beurteilungsspielraum zu.110 2. Ministererlaubnis Untersagt das Bundeskartellamt einen Zusammenschluss kann der zuständige Bundesminister für Wirtschaft und Technologie die Erlaubnis für einen Zusammenschluss unter den in § 42 I S. 1 GWB genannten Voraussetzungen erteilen. Gesamtwirtschaftliche Umstände können nur wirtschaftliche Umstände erfassen, eine darüber hinausgehende Definition ist nicht möglich.111 Das Interesse der Allgemeinheit als zweiter Grund für die Erlaubnis darf die Nachteile nicht nur aufwiegen, sondern muss sie gemäß dem Wortlaut des § 42 I S. 1 GWB überragen. 3. Feststellungswirkung Kartellrechtliche Entscheidungen der Kartellbehörde (§ 48 I GWB), der Europäischen Kommission, der Wettbewerbs- 108 Siehe Beater Rn. 904; Kling/Thomas, 746. 109 Immenga/Mestmäcker/Thomas § 36 Rn. 712. 110 BeckOK/Rinne Informations- und Medienrecht, § 36 Rn. 1 111 Mit dem Verweis auf § 1 StabG (marktwirtschaftliche Ordnung, Stabilität des Preisniveau, hoher Beschäftigungsstand, außenwirtschaftliches Gleichgewicht bei stetigem und angemessenen Wirtschaftswachstum), Immenga/Mestmäcker/Thomas § 42 Rn. 86. 818 Schwerpunktbereich – Stefan Küster: Das deutsche Kartellrecht – Einführung und Wiederholung behörde oder eines als solche handelnden Gerichts in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union können Bindungswirkung für anschließende Schadensersatzklagen entfalten, § 33 IV S. 1, 2 GWB. Dabei beschränkt sich die Tatbestandswirkung allein auf das Vorliegen eines Kartellrechtsverstoßes, also auf Tatsachen und deren rechtliche Beurteilung.112 4. Sonderproblem: Anspruch Dritter auf Einschreiten der Behörde Liegt ein Verstoß gegen das Kartellrecht vor, ist fraglich, ob ein Dritter Anspruch auf ein Einschreiten der Behörde hat. Nach der Schutznormtheorie ist dies wohl zu verneinen, zielen doch zum Beispiel § 32 I GWB und § 36 I GWB vielmehr auf den Schutz allgemeiner Interessen an einem ordnungsgemäßen Wettbewerb. Dafür spricht auch die Formulierung des § 30 III GWB (»auf Antrag«), die so nicht in den §§ 32, 36 GWB zu finden ist. Ausnahmen wären jedoch denkbar in Fällen, wo der Dritte einen drohenden Schaden nicht mehr mit den Mitteln des § 33 GWB abweh- 112 Alexander, Schadensersatz und Abschöpfung im Lauterkeitsund Kartellrecht, 2010, 427. ren kann, oder aber wenn in Fällen des § 32 GWB eine Ermessensreduzierung auf Null vorliegt. IV. Verhältnis des GWB zum UWG Insbesondere mit dem UWG überschneiden sich oft Sachverhalte, die eigentlich auch dem GWB unterfallen.113 In Regelungsfällen des GWB kooperieren und in solchen des UWG konfrontieren Unternehmen. Auch kennt das UWG keine Behördenzuständigkeiten, sondern lediglich zivilrechtliche Abwehr- und Schadensersatzansprüche. Aber es gibt auch Schnittmengen, insbesondere bei Boykotten und selektiven Vertriebssystemen (siehe oben). Naheliegend wäre es auch, einen Verstoß gegen das GWB dem Rechtsbruchtatbestand des § 3 a UWG zu unterwerfen. Ein Rückgriff auf § 3 a UWG scheidet mit Blick auf die eigenständigen Sanktionierungsmöglichkeiten der §§ 81 ff. GWB jedoch aus.       113 Beide Gesetze als Kernbestand des deutschen Wettbewerbsrechts bezeichnend: Gloy/Loschelder/Erdmann/Holtorf Wettbewerbsrecht, 4. Auflage 2010, § 16 Rn. 1.