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Bitte verwenden Sie diesen Link, wenn Sie dieses Dokument zitieren oder verlinken wollen: https://nbn-resolving.org/urn:nbn:de:gbv:9-001326-6

Interaktionen von Thrombozytenproteinen mit Bakterien als Brücke zwischen unspezifischer und spezifischer Immunabwehr

  • Plättchenfaktor 4 (PF4, CXCL4) ist ein 7.8 kDa stark positiv geladenes Protein, das zur Familie der CXC-Chemokine gehört. PF4 wird als Tetramer in den alpha-Granula von Thrombozyten gespeichert und bei deren Aktivierung freigesetzt. Seine biologische Funktion ist weitgehend unbekannt. Allerdings spielt PF4 eine wichtige Rolle bei der Heparin-induzierten Thrombozytopenie (HIT), einer der häufigsten immunologisch bedingten Arzneimittelkomplikationen, die Blutzellen betreffen. PF4 und Heparin bilden Komplexe, die Neoepitope generieren und die Produktion von anti-PF4/Heparin-Antikörpern induzieren. Resultierende Immunkomplexe aktivieren Thrombozyten Fc-Rezeptor-vermittelt und führen zu einer paradoxen Thrombinbildung. Die Folgen können Thrombozytopenie und lebensbedrohliche Thrombosen sein. Die pathogenen Antikörper sind nicht spezifisch für Heparin und erkennen auch PF4 gebunden an andere Polyanionen. Die Immunantwort der HIT zeigt einige Besonderheiten. Bereits bei erstmaliger Heparinexposition treten anti-PF4/Heparin-Antikörper der Klasse IgG bereits nach 4-6 Tagen auf. Dies kann keine primäre Immunantwort sein, da bei dieser IgG-Antikörper erst deutlich später gebildet werden. Damit muss eine Vorimmunisierung mit natürlich auftretenden PF4/Polyanion-Komplexen stattgefunden haben. Eine mögliche Quelle wären negativ geladene Strukturen, die auf bakteriellen Zelloberflächen vorkommen. Ziel dieser Arbeit war es, die Bindung von PF4 an Zelloberflächen zu charakterisieren und insbesondere die Frage zu klären, ob PF4 auf der Bakterienoberfläche Komplexe bildet. Zunächst erfolgte die Etablierung einer durchflusszytometrischen Analysemethode zur Messung der PF4-Bindung an Thrombozyten in Abhängigkeit von antikoagulatorischen Polyanionen. Die PF4-Bindung war nicht von der antikoagulatorischen Wirksamkeit der Polyanionen abhängig, sondern von der negativen Ladungsdichte. Geringe Konzentrationen von Heparin haben die PF4-Bindung an Thrombozyten verstärkt, wohingegen hohe Konzentrationen die PF4-Bindung inhibierten. Auch mit PF4 exprimierenden HEK-Zellen konnte eine ladungsabhängige Bindung von PF4 nachgewiesen werden. Als nächstes wurde die Bindung von PF4 an Bakterien untersucht. PF4 hat auch hier, konzentrations- und ladungsabhängig, an Gram-positive und Gram-negative Bakterien gebunden. Mittels der Adsorptions-Elutions-Technik konnte dann gezeigt werden, dass es durch die Bindung von PF4 an Bakterien zur Ausbildung PF4/Heparin-ähnlicher Epitope kommt, welche von anti-PF4/Heparin-Antikörpern aus Patientenserum erkannt werden. Mit einem Phagozytoseassay wurde dann nachgewiesen, dass die durch PF4 vermittelte Bindung der anti-PF4/Heparin-Antikörper an Bakterien die Phagozytose durch polymorph nukleäre Zellen (PMN) fördert. Dass dieser Abwehrmechanismus tatsächlich in vivo bedeutsam ist, konnte in dem Maus-Sepsis-Modell Colon Ascendens Stent Peritonitis (CASP) gezeigt werden. Die 6-8 Wochen jungen Mäuse entwickelten ab 3 Tagen nach der CASP-Operation anti-PF4/Heparin-Antikörper der Klasse IgM und ab 14 Tagen der Klasse IgG. Dieser Antikörperverlauf passt zur Immunreaktion nach erstmaligem Antigenkontakt und beweist, dass Bakterienkontakt im Rahmen der Sepsis eine primäre Immunisierung gegen PF4/Heparin induzieren kann. Jedoch ist die Sepsis, eine lebensbedrohliche Erkrankung, viel zu selten um das Auftreten von anti-PF4/Heparin-Antikörpern in der Normalbevölkerung (18.8% anti-PF4/Heparin IgM, 6.1% anti-PF4/Heparin IgG) und bei 50% der Patienten nach kardiochirurgischem Eingriff erklären zu können. Eine häufiger auftretende, chronische, bakterielle Infektion ist die Parodontitis. Im Rahmen der SHIP-Studie (Study of Health in Pomerania) konnte dann gezeigt werden, dass der Parodontitis-Status mit dem Auftreten von anti-PF4/Heparin-Antikörpern korreliert. Unterstützend konnte gezeigt werden, dass PF4 auch von parodontalpathogenen Bakterien gebunden wird und darüber die Bindung von anti-PF4/Heparin-Antikörpern ermöglicht wird. Zusammenfassend zeigt diese Arbeit eine bislang unbekannte Funktion von PF4 in der anti-bakteriellen Wirtsabwehr. Gleichzeitig wurde die Frage geklärt, warum Patienten, die das erste Mal Heparin erhalten bereits an Tag 4-6 IgG-Antikörper gegen PF4/Heparin bilden. Somit konnte ein wichtiger Beitrag zur pathophysiologischen Erklärung einer der derzeit häufigsten immunvermittelten, unerwünschten Arzneimittelwirkungen geleistet werden. Hinsichtlich der biologischen Bedeutung von PF4 ist von besonderer Wichtigkeit, dass PF4 ladungsabhängig an viele verschiedene Bakterienspezies bindet. Damit sind Antikörper gegen PF4/Polyanion-Komplexe nicht spezifisch für eine Bakterienspezies, sondern können eine Form der Wirtsabwehr darstellen, bei der eine IgG-Spezifität eine Vielzahl von PF4-markierten Bakterien bindet. Es wäre denkbar, dass es sich hierbei um ein grundlegendes, evolutionär altes Abwehrprinzip handelt, dass möglicherweise auch bei anderen immunvermittelten Erkrankungen Relevanz hat.
  • Platelet factor 4 (PF4, CXCL4) is a 7.8 kDa strongly positively charged protein belonging to the CXC chemokine family. PF4 is stored as a tetramer in platelet alpha-granules and released during platelet activation. The biological function is poorly understood. However, PF4 plays an important role in heparin-induced thrombocytopenia (HIT), one of the most frequent immune-mediated adverse drug reaction involving human blood cells. PF4 and heparin can form complexes which express neoepitopes inducing the production of anti-PF4/heparin antibodies by B-cells. Resulting immune complexes activate platelets Fc-receptor-mediated leading to enhanced thrombin generation. In a subset of patients, this causes thrombocytopenia and triggers paradoxical thrombosis. The pathogenic antibodies are not heparin-specific as they also recognize PF4 bound to certain other polyanions. Even in patients who receive heparin for the first time, there is a rapid induction of anti-PF4/heparin antibodies as early as 4-6 days. This is unusual for a primary immune response, in which predominant formation of IgM followed by later and weaker response of IgG would be expected. One explanation could be preimmunization with naturally occurring PF4/polyanion complexes. For example bacterial cell surfaces consist of polyanions. The aim of this thesis was to investigate PF4 binding to cell surfaces and to test whether PF4 forms PF4/heparin-like complexes on bacterial cell surfaces in particular. First, a flow cytometric method for measuring PF4 binding to platelets in dependency of anticoagulant polyanions was established. PF4 binding was not dependent on the anticoagulant activity of the polyanions but on their negative charge density. Low concentrations of heparin enhanced PF4 binding to platelets whereas high concentrations inhibited PF4 binding. When using PF4 expressing HEK cells a similar charge-dependent PF4 binding was observed. Also PF4 bound dose-dependently and charge-dependently to Gram-positive and Gram-negative bacteria leading to expression of PF4/heparin-like epitopes recognized by anti-PF4/heparin antibodies from HIT patient sera which could be verified by an adsorption elution technique. Using a phagocytosis assay it was further demonstrated that anti-PF4/heparin antibodies enhance phagocytosis of PF4-coated bacteria by polymorphonuclear neutrophils (PMN). The in vivo relevance of this defense mechanism was shown in the sepsis mouse model colon ascendens stent peritonitis (CASP). Mice of 6-8 weeks of age developed anti-PF4/heparin IgM from on day 3 and IgG from on day 14 after sepsis induction. However, sepsis is a life-threatening and relatively rare disease and cannot explain the occurrence of anti-PF4/heparin antibodies in the normal population (18.8% anti-PF4/heparin IgM, 6.1% anti-PF4/heparin IgG) and that 50% of patients after cardiac surgery develop anti-PF4/heparin antibodies. One of the most prevalent chronic bacterial infections is periodontitis. Indeed, the occurrence of natural anti-PF4/heparin antibodies was associated with periodontal disease as shown with the help of the SHIP study (Study of health in Pomerania). Consistently, PF4 also bound to periodontal pathogenic bacteria enabling recognition by anti-PF4/heparin antibodies. In summary, this thesis provides evidence for a so far unknown function of PF4 in antibacterial host defense and explains why patients generate anti-PF4/heparin antibodies of IgG class already 4-6 days after first heparin treatment. This adds an important issue to understand the pathophysiology of the most frequent immune-mediated adverse drug reaction. Concerning the biological function of PF4 it is noteworthy that PF4 binds dose-dependently to a variety of different bacterial species. This means that antibodies to PF4/polyanion complexes are not specific for one bacterial species, but can enable a broad host defense in which one IgG specificity recognizes a plurality of PF4-labeled bacteria. It could even be that this is a form of a basic ancient defense mechanism which might be also relevant for other immune-mediated diseases.

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Metadaten
Author: Krystin Krauel
URN:urn:nbn:de:gbv:9-001326-6
Title Additional (English):Interaction of platelet proteins and bacteria as a bridge between unspecific and specific immune response
Advisor:Prof. Dr. Werner Weitschies
Document Type:Doctoral Thesis
Language:German
Date of Publication (online):2012/10/30
Granting Institution:Ernst-Moritz-Arndt-Universität, Mathematisch-Naturwissenschaftliche Fakultät (bis 31.05.2018)
Date of final exam:2012/08/01
Release Date:2012/10/30
Tag:Antikörper; Heparin-induzierte Thrombozytopenie; Plättchenfaktor 4; Polyanionen
GND Keyword:Heparin, Bakterien, Immunreaktion
Faculties:Universitätsmedizin / Institut für Immunologie u. Transfusionsmedizin - Abteilung Transfusionsmedizin
DDC class:500 Naturwissenschaften und Mathematik / 540 Chemie