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Keywords
- Fusionsprotein (1)
- Newcastle Disease (1)
- PPMV-1 (1)
- Rekombinantes Protein (1)
- Reverses Genetisches System (1)
- Virulenz (1)
- W-Protein (1)
Untersuchung von Virulenzdeterminanten des Newcastle Disease Virus mit Hilfe von Virusrekombinanten
(2020)
Die Newcastle Krankheit (Newcastle Disease, ND) wird durch das aviĂ€re Paramyxovirus-1 (APMV-1) verursacht und zĂ€hlt zu den bedeutendsten Viruserkrankungen des GeflĂŒgels, wobei die AusprĂ€gung der Krankheitssymptome sehr stark variiert. Das APMV-1 der Taube (pigeontype paramyxovirus, PPMV-1) infiziert gröĂtenteils Brief-, Rasse-, Stadt- und Wildtauben, jedoch ist auch WirtschaftsgeflĂŒgel fĂŒr diesen Erreger empfĂ€nglich. Die Krankheit ist weltweit verbreitet und besonders die schweren Verlaufsformen, ausgelöst durch den mesogenen und den velogenen PathogenitĂ€tstyp, fĂŒhren bis heute zu hohen wirtschaftlichen Verlusten. Durch die Entwicklung des reversen genetischen Systems fĂŒr das NDV ist es möglich, verschiedene Bereiche des viralen Genoms unterschiedlich pathogener NDV-Isolate auszutauschen und rekombinante Viren zu generieren, um mögliche Virulenzdeterminanten zu identifizieren. Lange Zeit galt die AminosĂ€uresequenz an der proteolytischen Spaltstelle des Fusionsproteins als die Virulenzdeterminante des NDV. Studien der letzten Jahre belegen aber zunehmend, dass es weitere Sequenzabschnitte im Genom gibt, die Einfluss auf die PathogenitĂ€t haben. Besonders bei den Taubenisolaten zeigte sich, dass diese trotz einer polybasischen AminosĂ€uresequenz an der proteolytischen Spaltstelle des F-Proteins, die typisch fĂŒr meso- und velogene APMV-1 ist, mit einem ermittelten intrazerebralen PathogenitĂ€tsindex (ICPI) < 0,7 als lentogen (niedrig virulent) einzuordnen sind.
Die Bestimmung der Gesamtsequenz des vorliegenden PPMV-1 Isolates R75/98 und die Herstellung des entsprechenden rekombinanten Virus rR75/98 waren Ziel dieser Arbeit. Nach der in vitro-Charakterisierung, die keine signifikanten Unterschiede zwischen dem Wildtyp und der Rekombinante zeigte, verdeutlichte die ICPI-Bestimmung, dass sich R75/98 und rR75/98 in ihrer PathogenitĂ€t unterschieden. WĂ€hrend R75/98 mit einem ICPI von 1,1 als mesogen eingestuft wurde, entsprach das rekombinante Virus rR75/98 mit einem ICPI von 0,28 dem lentogenen Pathotyp. Durch einmalige Passage der Rekombinante im Tier entstand das Reisolat RrR75/98, welches sich in seinen in vitro-Eigenschaften nicht von den beiden anderen Isolaten unterschied, aber in seiner PathogenitĂ€t (ICPI 0,93) wieder dem mesogenen Ausgansvirus R75/98 entsprach. Unter Nutzung des Next Generation Sequencing war es möglich, die Grundlagen fĂŒr diese PathogenitĂ€tsunterschiede aufzuzeigen. WĂ€hrend es zwischen R75/98 und rR75/98 insgesamt acht AminosĂ€uresubstitutionen gab (drei im F-Protein, zwei im HN-Protein und drei im L-Protein), die zu einer Verminderung der PathogenitĂ€t fĂŒhrten, wurden nur zwei AminosĂ€uremodifikationen (jeweils eine im F- und L-Protein) nachgewiesen, um die PathogenitĂ€tssteigerung vom lentogenen rR75/98 hin zum mesogenen RrR75/98 hervorzurufen. Beide AminosĂ€ureaustausche haben einen Effekt auf die vorhergesagte Proteinstruktur und beeinflussen vermutlich die Proteinfaltung, was wiederum eine nicht unwesentliche Auswirkung auf die biologische AktivitĂ€t des Virus haben kann. Besonders die Modifikation im F-Protein an AminosĂ€ureposition 472 verdeutlicht, dass neben der AminosĂ€uresequenz an der proteolytischen Spaltstelle andere Bereiche dieses Proteins Einfluss auf die NDV-Virulenz haben.
Zur Untersuchung des Einflusses einzelner Abschnitte des F-Proteins auf die PathogenitĂ€t wurden im ursprĂŒnglich lentogenen NDV Clone 30 einzelne Sequenzbereiche durch die des mesogenen PPMV-1 R75/98 substituiert, die entsprechenden rekombinanten Viren generiert und charakterisiert. Es zeigte sich, dass sowohl die Expression als auch die Inkorporation der chimĂ€ren Fusionsproteine mittels Western-Blot nachgewiesen werden konnte. Die Rekombinanten unterschieden sich weder in GröĂe noch in Form (Elektronenmikroskopie) und die chimĂ€ren Fusionsproteine konnten an der Plasmamembran der Wirtszellen detektiert werden. Alle Rekombinanten waren in der Lage, Synzytien auszubilden und in verschiedenen Zelllinien (Wachtelmuskelzelle, HĂŒhnerembryofibroblasten) bzw. in embryonierten HĂŒhnereiern zu replizieren. Bei der Bestimmung des ICPIs zeigten sich jedoch Unterschiede. Zwei der sechs Rekombinanten wurden als lentogen eingestuft, die anderen vier wurden dem mesogenen PathogenitĂ€tstyp zugeordnet. Es konnte gezeigt werden, dass neben der Interaktion der homologen F1- und F2-Untereinheit, die zytoplasmatische DomĂ€ne des Fusionsproteins einen bedeutenden Einfluss auf die PathogenitĂ€t von NDV hat. Auch fĂŒr andere Vertreter der Paramyxoviren ist bekannt, dass die zytoplasmatische DomĂ€ne der beiden OberflĂ€chenproteine F und HN mit dem M-Protein interagiert und diese Interaktion wichtig fĂŒr den Zusammenbau der Viruspartikel, den Knospungsvorgang und die Freisetzung der Viren ist.
Neben dem Fusionsprotein existieren zusĂ€tzlich Virulenzdeterminanten in den weiteren NDV-Proteinen. WĂ€hrend es bereits Untersuchungen zum Einfluss auf die PathogenitĂ€t fĂŒr die Proteine NP, P, V, M, F, HN und L gibt, war es noch nicht möglich, eine Aussage zum W-Protein zu treffen, da der Nachweis dieses Proteins bis dato nicht erfolgte. ZunĂ€chst wurde fĂŒr unterschiedlich pathogene NDV der Bereich der P-Gen-Editierungsstelle amplifiziert, gefolgt von einer Tiefensequenzierung, um zusĂ€tzlich zur P- und V-mRNA auch die W-mRNA nachzuweisen und deren mengenmĂ€Ăigen Anteil zu bestimmen. Im Rahmen dieser Arbeit wurden auĂerdem Plasmide hergestellt, die fĂŒr weiterfĂŒhrende Arbeiten genutzt werden konnten, in denen erstmals der Nachweis des W-Proteins fĂŒr NDV gelang.