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Die vorliegende Dissertation untersuchte die Determinanten subjektiven Freiheitserlebens in Entscheidungen und legte den Schwerpunkt auf die Frage, ob es Divergenzen zwischen dem Freiheitserleben und einer theoretisch begründbaren Entscheidungsfreiheit gibt. Um die Entscheidungsfreiheit theoretisch zu fundieren wurde das Handlungsmodell funktionaler Freiheit konstruiert. Die Grundlage hierfür bildete eine Vielzahl philosophischer und psychologischer Arbeiten zu den Begriffen Willensfreiheit, Entscheidungsfreiheit und Handlung. Funktionale Freiheit stellt ein kompatibilistisch und naturalistisch ausgerichtetes Konzept innerer Freiheit dar, welches eine sinnvolle und nützliche psychologische Fähigkeit beschreibt. Funktionale Freiheit gründet sich auf drei kompensatorische Dimensionen und ist maximal ausgeprägt wenn ein Entscheider über sehr hohe Rationalität (kognitive und selbstregulatorische Kompetenzen) verfügt, die Entscheidungssituation stark unterdeterminiert (neu/unbekannt, komplex, ohne dominante Alternativen) ist und der Prozess der Entscheidungsfindung bewusst und überlegt (reflektiert, argumentativ, unter Einsatz mentaler Simulationen und Einsicht) verläuft. Es lässt sich dafür argumentieren, dass funktionale Freiheit langfristig zu vorteilhaften Entscheidungen führt, da hohe Flexibilität, situative Anpassungsfähigkeit, und eine besondere Berücksichtigung von Selbst-Bedürfnissen und Umweltgegebenheiten vorhanden sind. Das Modell sagt außerdem Unterschiede zwischen funktional freien und funktional unfreien, beispielsweise unbewusst getroffenen, Entscheidungen vorher. Abgrenzungsmerkmale wären hohe Ausprägungen von Bedenkzeit, tiefe Elaboration der Entscheidung, Unvorhersagbarkeit der Wahl, kognitive Anstrengung, sowie Unsicherheitserleben. Die zentrale Prämisse für die empirische Arbeit war, dass funktionale und erlebte Freiheit in einer Entscheidung proportional und kongruent zueinander sind. In sechs Experimenten wurden Modellhypothesen sowie Gegenhypothesen abgeleitet und getestet, wobei die Gegenhypothesen eine Divergenz von erlebter und funktionaler Freiheit annahmen. Die Manipulationen bezogen sich primär auf die situationale Dimension funktionaler Freiheit. Das auf die Entscheidung bezogene subjektive Freiheitserleben bildete die abhängige Variable. Die experimentellen Ergebnisse bestätigten überwiegend die Gegenhypothesen. Weder war erhöhtes Freiheitserleben mit vergrößerter Optionszahl und Entscheidungskomplexität assoziiert, noch mit erhöhter Unterdetermination in Form von Entscheidungskonflikt oder zusätzlichen Abbruchoptionen. Stattdessen ergab sich hohes Freiheitserleben durchgängig in Entscheidungssituationen die einfach waren, über eine dominante Option verfügten, positive Konsequenzen besaßen oder in Aussicht stellten, sowie mit verringerter Schwierigkeit und Unsicherheit und erhöhtem positiven Affekt assoziiert waren. Folglich ließ sich eine bedeutsame Divergenz zwischen dem theoretisch entwickelten Konstrukt funktionaler Freiheit und dem Freiheitserleben erkennen. Um trotz der Abweichung vom Modell das subjektive Freiheitserleben erklären zu können, wurde auf Basis der Resultate eine Erklärung mit Bezug zum Erwartungskonzept entwickelt. Demnach ist das Freiheitserleben in einer Handlungsepisode umso größer ausgeprägt, je höher die subjektive Erfolgswahrscheinlichkeit einer positiven Zielerreichung ist. Folglich wird erlebte Freiheit durch alle Faktoren einer Entscheidung beeinflusst, die die Handlungs-Ergebnis-Erwartung und die Kompetenzerwartung verringern oder erhöhen. Handlungsbezogenes Freiheitserleben kann daher als eine Form von Zuversicht aufgefasst werden. Die Resultate der Experimente sind mit dieser Erklärung gut zu vereinbaren. Die theoretischen und empirischen Erkenntnisse dieser Arbeit erlauben mehrere bedeutsame Schlussfolgerungen. Erstens, kann das Freiheitserleben bei strenger Betrachtung nicht mehr als Argument für eine Existenz des freien Willens herangezogen werden. Zweitens, bietet das Konzept der funktionalen Freiheit eine naturalistische Alternative zur klassischen Willensfreiheit. Es ist gut vereinbar mit den kompatibilistischen Ansätzen vieler Autoren, im Rahmen psychologisch-deterministischer Mechanismen konzeptualisiert und prüfbar. Doch kann das Freiheitserleben auch für funktionale Freiheit nicht als manifester Indikator gelten. Drittens, scheint deshalb bezüglich des handlungsbezogenen Freiheitsbegriffs ein grundsätzliches Missverständnis zwischen theoretischen Konzeptionen akademischer Autoren und der alltagspsychologischen sozialen Repräsentation von Freiheit vorzuliegen. Dies trägt zur ohnehin großen Konfusion um die Bedeutung von „Freiheit“ bei. Ein am Erleben orientierter Freiheitsbegriff bezieht sich vorrangig auf positive Zielerreichung. Das Streben nach solcherart Freiheit ist mit vielen kurzfristig positiven Konsequenzen verbunden. Es lässt jedoch die langfristigen Vorteile der funktionalen Freiheit vermissen, wie erhebliche Flexibilität und Anpassungsfähigkeit, sowie eine höhere Befähigung zu ethischem Handeln. Zukünftige Studien sollten prüfen, ob die Divergenz auch außerhalb von Laborsituationen zu finden ist und ob ein funktionales Freiheitserleben erlernt werden kann.