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In 0,5 % bis 1,5 % aller chirurgischen Eingriffe kommt es zu einer tödlichen kardialen Komplikation. Bei dem steigendem Bedarf an operativen Therapien und den immer älter werden Patienten ist es nötig, eine erhöhte Aufmerksamkeit auf die Nebenerkrankungen der Patienten zu legen, um das perioperative Risiko zu minimieren und Patienten nicht unnötig zu gefährden. Im Rahmen dieser Überlegung sind standardisierte Risikoevaluationen ein probates Mittel, welche bereits auf unterschiedlichen Wegen seit Jahren eingesetzt werden. Doch trotz steigender Aufmerksamkeit in den letzten Jahrzenten in Bezug auf die Risikoevaluation sind kardiale Komplikationen mit 42 % aller Komplikationen noch immer häufig und mit einer hohen Morbidität und Letalität verbunden. Diese Arbeit ist die erste ihrer Art auf dem Gebiet der Viszeralchirurgie. Ziel war es, den Einfluss der seit 2009 eingesetzten Risikocheckliste „Prä“ auf die perioperative kardiale Morbidität und Letalität zu evaluieren. In der Klinik für Allgemein- und Viszeralchirurgie des Helios Klinikum Erfurt wurden insgesamt 9.590 Operationsdaten im Zeitraum vom 01.01.2008 bis zum 31.12.2013 retrospektiv betrachtet. Es zeigte sich, dass in diesem Kollektiv die kardialen Komplikationsraten deutlich unter den in der Literatur angegebenen Werten lagen. Mit einem ca. 8-fach geringeren Risiko zur Vergleichsliteratur kam es zu 15 (0,24 %) kardialen Komplikation und 6-fach geringerem Risiko zu insgesamt drei (0,05 %) letalen kardialen Komplikationen bei Elektiveingriffen. Darüber hinaus konnte gezeigt werden, dass in über 41 % der durch die Checkliste „Prä“ indizierten präoperativen kardiologischen Konsile eine Therapieanpassung stattfand. Die Number needed to treat liegt dabei bei 2,4. Die Ergebnisse dieser Arbeit zeigen weiterhin, dass das Konzept der Checkliste „Prä“ mit geringem Aufwand und äußerst effizient durchführbar ist. Patienten werden durch die Checkliste gut eingeschätzt und gegebenenfalls einer weiteren kardialen Diagnostik zugeführt. Weiterhin scheint eine Ausweitung der Indikation auch auf Notfallpatienten sinnvoll. Zur Bestätigung dieser vielversprechenden Ergebnisse sind weitere prospektive, multizentrische Studien sinnvoll.
Ex vivo- und in vivo-Untersuchungen der Anwendung von nicht-thermischem Plasma zur Blutkoagulation
(2021)
Die steigende Inzidenz und Prävalenz von Vorhofflimmern mit dem gleichzeitig erhöhten Risiko thrombembolischer Ereignisse macht eine Antikoagulation in einer immer größer werdenden Population nötig [1-3]. Das intraoperative Blutungsmanagement stellt bei Patienten, welche eine Antikoagulation erhalten, eine Schwierigkeit dar [4, 5]. Insbesondere für die direkten oralen Antikoagulantien sind Antidote häufig nicht verfügbar oder kostenintensiv [6, 7]. Die aktuell verwendete elektrische Kauterisation geht mit dem Risiko der Bildung von Nekrosen einher, welche unter Umständen zu Nachblutungen, Strikturen oder Perforationen führen können [8, 9]. Dies untermauert den Bedarf an neuen sicheren Techniken zur intraoperativen Hämostase. Eine mögliche Alternative scheint nicht-thermisches Plasma darzustellen [10]. Dies ist ein energiereiches Gas, welches eine Reihe reaktiver Komponenten enthält und eine gewebeschonende Anwendung am Menschen ermöglicht [11].
In der vorliegenden Arbeit wurde demonstriert, dass nicht-thermisches Plasma des gut charakterisierten kINPen MEDs [11] ex vivo eine Blutkoagulation im murinen Blut induzieren kann. Hierbei spielt vor allem die direkte Aktivierung der Thrombozyten eine Rolle. Nachweise der plasmatischen Gerinnung konnten ex vivo nicht gezeigt werden. Während einer murinen Leberteilresektion wurde in der vorliegenden Arbeit in nativen und Rivaroxaban-antikoagulierten Tieren eine suffiziente Blutungskontrolle durch nicht-thermisches Plasma erzielt, welche mit der elektrischen Kauterisation vergleichbar war. Weiterhin war das nicht-thermische Plasma der elektrischen Kauterisation dahingehend überlegen, als dass es zu keiner akuten Schädigung des umliegenden Gewebes und keiner zeitversetzten Nachblutung geführt hat. Die histologischen Analysen der mit nicht-thermischem Plasma behandelten Wunden zeigten die Ausbildung eines Blutkoagulums, welches am ehesten der natürlichen Koagulation entsprach. Nach Inhibition der Thrombozyten-Funktion durch Clopidogrel war das nicht-thermische Plasma in vivo nicht in der Lage, eine suffiziente Hämostase zu induzieren. Daher konnten die Thrombozyten auch in vivo als wichtige Regulatoren der durch nicht-thermisches Plasma vermittelten Hämostase herausgearbeitet werden.
Auf der Basis einer ausführlichen Literaturrecherche wurde weiterhin die Hypothese aufgestellt, dass vor allem Reduktions-Oxidations-Reaktionen an der durch nicht-thermisches Plasma induzierten Blutkoagulation beteiligt sind. In folgenden Arbeiten sollte darauf hingearbeitet werden, den Mechanismus weiter zu verstehen und effizienter zu gestalten, um dieser Methode einen Einsatz in der Zukunft der Medizin zu ermöglichen.
Zahlreiche Studien konnten in den vergangenen Jahren die defizitäre chirurgische Versorgung in low- and middle-income countries belegen und den offenen Versorgungsbedarf weltweit und länderspezifisch quantifizieren. Dennoch fehlen theoretische Erklärungsmodelle für die Diskrepanz zwischen der chirurgischen Versorgungslage und ihrer gesundheitspolitischer Priorisierung. Gleichzeitig erfordern Epidemien immer häufiger weltweite gesundheitspolitische Zusammenarbeit und verstärken den Sicherheitsfokus globaler Gesundheit. Vor dem Hintergrund limitierter Ressourcen ergibt sich damit zwangsläufig eine Priorisierung sicherheitsrelevanter Gesundheitsthemen vor anderen.
Die hier vorliegende Arbeit diskutiert das politikwissenschaftliche Modell der Versicherheitlichung als theoretischen Erklärungsansatz für die untergeordnete Rolle der globalen Chirurgie. Die zentrale Fragestellung der Analyse lautet: Dient die Versicherheitlichung gemäß der Copenhagen School als Erklärungsmodell für die chirurgische Unterversorgung und ihre marginale politische Bedeutung auf der internationalen Gesundheitsagenda?
Methodisch erfolgte eine Fallstudie der Ebola-Epidemie in Sierra Leone im Jahr 2014 zur Analyse der sprachlichen und politisch-kontextuellen Strukturen.
Der epidemische Ausbruch von Ebola und der damit zwangsläufig verbundene Einsatz krankheitsspezifischer vertikaler Gesundheitsmaßnahmen schwächte die chirurgische Versorgung und deren zukünftige Entwicklung. Als wesentlicher Mechanismus sind dabei Sicherheitsbedenken wirksam geworden, die das Angebot, die Inanspruchnahme, aber auch die langfristige Weiterbildung chirurgischer Gesundheitsdienstleistungen beeinträchtigten.
Die hohe Kontagiosität von Infektionskrankheiten verbunden mit dem potenziellen Auftreten von Prävalenzgipfeln kennzeichnet das große Versicherheitlichungspotential im Vergleich zu chirurgischen Erkrankungen. Darüber hinaus stellen public health emergencies of international concern die einzige im Bereich der Gesundheit existierende Sicherheitsinstitution dar und verschaffen Infektionskrankheiten damit eine privilegierte und institutionalisierte Sicherheitsposition. Vor diesem Hintergrund fungiert das Konzept der Versicherheitlichung als theoretisches Erklärungsmodell sowohl für die marginale politische Position der globalen Chirurgie als auch für die tatsächliche chirurgische Unterversorgung.