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Welche Rolle Emotionen in unserem Leben spielen, kann nicht überschätzt werden. Um Emotionen als Teil unserer Persönlichkeit zu beschreiben, muss auch in Betracht gezogen werden, wie wir unsere Emotionen regulieren. Mit dem Ziel Emotionen zu beeinflussen, bedienen wir uns verschiedener Emotionsregulationsstrategien. Die Emotionsregulationsstrategie Reappraisal beinhaltet die (Re-)Konstruktion einer potenziell emotionsauslösenden Situation, die deren emotionale Auswirkungen verändert. Basierend auf Mischels Konzept der „construction competencies“ wurde der Reappraisal Inventiveness Test entwickelt (RIT, Weber, Loureiro de Assunção, Martin, Westmeyer, & Geisler, 2014). Der Test misst die Fähigkeit, möglichst viele verschiedene kognitive Umbewertungen für ärgerauslösende Situationen zu generieren. Bisherige Ergebnisse zur Validierung des RIT zeigen Zusammenhänge mit Offenheit für Erfahrung (NEO-FFI, Borkenau & Ostendorf, 2008) sowie Maßen für Einfallsreichtum (BIS, Jäger, Süß, & Beauducel, 1997). Ergebnisse zur diskriminanten Validität konnten in Hinblick auf Fragebogen zur habituellen Emotionsregulation (CERQ; Garnefski, Kraaij, & Spinhoven, 2001; ERQ, Abler & Kessler, 2009) mehrfach repliziert werden. Ziel der vorliegenden Arbeit ist, die psychometrische Überprüfung des RIT voranzutreiben sowie das Verfahren weiterzuentwickeln. Zu diesem Zweck wurden vier korrelative Studien durchgeführt. Aus den Befunden der Studien 1a und 1b kann auf geringe Zusammenhänge von Reappraisal Inventiveness mit ausgewählten exekutiven Funktionen, z.B. verbale Flüssigkeit, geschlossen werden. In Studie 2 wurde der RITÄrger für die Emotion Angst weiterentwickelt um zu prüfen, ob Reappraisal Inventiveness eine emotionsspezifische oder –unspezifische Fähigkeit ist. Ein eindimensionales Modell bewährte sich gegenüber einem zweidimensionalen Modell – demnach kann Reappraisal Inventiveness als eine emotionsübergreifende Fähigkeit mit emotionsspezifischen Ausprägungen verstanden werden. Im Rahmen der dritten Studie wurde der RITÄrger um ein Maß für die Motivation, Reappraisal Inventiveness zu nutzen, erweitert. Somit konnte der angenommene aber bisher fehlende Zusammenhang von Reappraisal Inventiveness und Neurotizismus als Indikator für emotionale Stabilität gezeigt werden. Zukünftige Studien sollten sich vor allem auf die praktische Anwendungsmöglichkeiten des RIT konzentrieren.
Ungeachtet der Alltagsrelevanz ist die empirische Evidenz zur Regulation selbstbewer-tender Emotionen im Forschungsfeld unterrepräsentiert. In Dual-Process-Ansätzen wurden Zusammenhänge zwischen Emotionen, kognitiver Emotionsregulation und Entscheidungs-verhalten in moralischen Konflikten modelliert. Jüngere Befunde legen nahe, dass habituelles und experimentell induziertes Reappraisal – mediiert über die emotionale Erregung – positiv mit konsequentialistischen Urteilen und Entscheidungen assoziiert sind.
Ziel der Arbeit ist es, den Einfluss kognitiver Emotionsregulation auf das Entscheidungs-verhalten in moralischen Alltagsdilemmata zu untersuchen. Welche kognitiven Strategien kommen bei der Schuld- und Schamregulation zum Einsatz? Welche Wirkung entfalten sie auf verschiedene Outcomes (emotionales Erleben, Entscheidungsverhalten)? Inwiefern unterscheiden sich Formen und Taktiken des Reappraisal in ihrer Wirkung?
In einem ersten Schritt wurden schuld- und schamauslösende Dilemmata entwickelt und anhand definierter Kriterien selektiert. Eine Studienreihe betrachtete den Einfluss habitueller, kognitiver Emotionsregulation und experimentell manipuliertem Reappraisal auf das Entscheidungsverhalten in diesen Dilemmata. Tendenziell begünstigten funktionale Strategien aus der Reappraisal-Familie konsequentialistische Entscheidungen. Der Media-tionseffekt über die emotionale Erregung konnte nicht repliziert werden. Eine zweite Studien-reihe mit explorativer Methodik beabsichtigte, die Phänomenologie von Reappraisal-Taktiken bei einem moralischen Entscheidungskonflikt abzubilden. Mittels eines Kategoriensystems konnten problemorientierte und externalisierende Reappraisal-Taktiken identifiziert werden.
Limitationen der Untersuchungen und Anknüpfungspunkte für zukünftige Forschung werden ebenso diskutiert wie Implikationen der Ergebnisse für die klinische und forensische Praxis.