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Bluthochdruck gilt als einer der Hauptrisikofaktoren für die Progression einer chronischen Nierenerkrankung. Dem Erreichen einer suffizienten Blutdruckeinstellung zur Vermeidung des Voranschreitens einer chronischen Nierenerkrankung wird im klinischen Alltag eine hohe therapeutische Relevanz zugemessen, wobei Längsschnittdaten zur Auswirkung des Bluthochdruckes auf die Nierenfunktion bei Nierengesunden nur in geringer Zahl vorliegen. Ziel der vorliegenden Untersuchung war es, diesen Einfluss des Bluthochdruckes in einer nierengesunden Allgemeinbevölkerung über einen Zeitraum von 15 Jahren zu analysieren.
Zur Bearbeitung der Fragestellung wurden Daten nierengesunder Teilnehmer der SHIP-Studie ausgewertet. Ausgehend von der Basiserhebung SHIP-0 (n=4042) bezogen wir die Ergebnisse aller 5-Jahres-Follow-up-Untersuchungen bis SHIP-3 mit ein. Unter Anwendung eines gemischten Modells wurde der Verlauf der Nierenfunktion zum einen alters- und geschlechtsadjustiert dargestellt sowie für die Expositionen „Phänotyp Hypertonie“ (definiert als erhöhter systolischer oder erhöhter diastolischer Blutdruck oder wenn mittels Selbstangabe im Interview die Frage nach Verschreibung eines Medikamentes gegen Bluthochdruck in den vergangenen 12 Monaten mit „Ja“ beantwortet wurde) und „systolischer Blutdruck“ (als kontinuierliche Variable) die Entwicklung der eGFR wie auch der ACR über die Zeit prädiziert.
Die Modellprädiktion zeigte für die ersten vier Jahre der Studie für Hypertoniker (Jahr 0: 102.8ml/min; KI 102.3-103.3ml/min) höhere eGFR-Werte als für Nicht-Hypertoniker (Jahr 0: 101.2ml/min; KI 100.8-101.7ml/min), im zeitlichen Verlauf dann allerdings einen stärkeren Abfall der Nierenfunktion (-1,15 ml/min/Jahr bei Hypertonikern und -0,94 ml/min/Jahr bei Nicht-Hypertonikern) mit signifikant niedrigeren eGFR-Werten ab dem 14. Jahr der Beobachtungsdauer.
Für die kontinuierliche Variable „systolischer Blutdruck“ sagte das Modell vergleichbare Ergebnisse voraus, d.h. für hohe systolische Blutdruckwerte auch eine höhere eGFR zu Untersuchungsbeginn mit entsprechend höherer jährlicher Verschlechterungsrate. Beziffert bedeutete das in diesem Modell beispielsweise bei einem systolischen Blutdruck von 110mmHg eine Verschlechterung der eGFR von -0,97 ml/min pro Jahr und bei einem systolischen Blutdruck von 150mmHg einen Abfall von -1,09 ml/min pro Jahr oder bei einem systolischen Blutdruck von 190mmHg wiederum ein Abfallrate von -1,21 ml/min pro Jahr.
Für die Zielgröße ACR ließ sich eine Differenz in der Albuminurie zwischen Hypertonikern und Nicht-Hypertonikern bzw. in Abhängigkeit vom systolischen Blutdruck in der nierengesunden Allgemeinbevölkerung darstellen. Da die ACR nicht normalverteilt war, wurde diese Variable für Auswertungen, die eine Normalverteilung annehmen, logarithmiert. So hatten Hypertoniker im Modell im Schnitt um 0,20 mg/g höhere logarithmierte ACR Werte als Nicht-Hypertoniker. Zu SHIP-0 bzw. 15 Jahre später lag die ACR somit im Durchschnitt bei 10,2 (exp(2.32)) bzw. 16.8 mg/g (exp(2,82)) bei Hypertonikern und bei 8,3 mg/g (exp(2,12)) bzw. bei 13,7 mg/g (exp(2,62)) bei Nicht-Hypertonikern.
Ein Einfluss auf die Dynamik der Albuminurieveränderung über die Zeit konnte jedoch weder für den „Phänotyp Hypertonie“ noch für die kontinuierliche Variable „systolischer Blutdruck“ nachgewiesen werden.
Zusammenfassend konnte ein negativer Effekt von Bluthochdruck auf die eGFR-Entwicklung in der nierengesunden Allgemeinbevölkerung aufgezeigt werden. Dabei besteht auch eine Assoziation der Höhe des systolischen Blutdruckes auf die jährliche Verschlechterungsrate der eGFR. Dass zum Startzeitpunkt Hypertoniker nach Modellprädiktion eine signifikant bessere eGFR aufweisen, kann möglicherweise durch Hyperfiltrationseigenschaften der Niere erklärt werden („Brenner-Hypothese“). Die beschriebene erhöhte Proteinausscheidung bei Hypertonikern bzw. hohem systolischem Blutdruck unterstreicht deren diagnostische Bedeutung für die klinische Praxis der Früherkennung und Kontrolle von Nierenschädigungen.
Hintergrund: Viele Patient*innen mit chronischer Nierenkrankheit (CKD) sind alt und haben
eine hohe Anzahl an Komorbiditäten und Medikamentenverordnungen. Aufgrund des Alters,
der eingeschränkten Nierenfunktion und der Polypharmazie kommt es bei diesen
Patient*innengruppen gehäuft zu unerwünschten Medikamentennebenwirkungen. Diese
Studie untersucht Prävalenz, Wirkstoffe und Prädiktoren von potenziell inadäquaten
Medikationen (PIM) bei Patient*innen mit CKD (PIM-K) und älteren Patient*innen (PIM-E).
Materialien und Methoden: Es wurden Medikationspläne von Patient*innen mit CKD der
GANI_MED-Querschnittsstudie auf PIM-K und PIM-E untersucht. PIM-K wurden auf Basis der
Verordnungsvorschriften der Fachinformationen definiert. PIM-E wurden auf Basis von
geriatrischen Verschreibungsempfehlungen definiert. Einbezogen wurden die BEERS
Criteria®, der PRISCUS-Liste und die FORTA-Liste. Es wurden Prävalenz, Wirkstoffe und
Prädiktoren von PIM-K und PIM-E bestimmt.
Ergebnisse: Es wurden 375 Patient*innen in die Studie aufgenommen (Alter: 67,9 ± 13,5
Jahre; geschätzte glomeruläre Filtrationsrate (eGFR): 23,3 ± 18,6 mL/min/1,73m²; Anzahl der
Verordnungen 11,1 ± 4,7). Bei 44,5% aller Patient*innen mit CKD lag mindestens eine PIM-K
vor. Bei 43,2% bis 79,0% aller älteren Patient*innen lag mindestens eine PIM-E vor. Als
Prädiktoren für PIM wurden eine hohe Anzahl an Verordnungen und eine eingeschränkte
eGFR bestimmt. Das Risiko für PIM-K war bei Patient*innen mit 10 oder mehr Verordnungen
um den Faktor 3,8 im Vergleich zu Patient*innen ohne Polypharmazie erhöht. Bei
Patient*innen mit einer eGFR <30 ml/min/1,73 m² war das Risiko für PIM-K um den Faktor
8,7 im Vergleich zu Patient*innen mit einer eGFR >60ml/min/1,73m² erhöht. Ältere
Patient*innen mit 10 oder mehr Verordnungen hatten 3,0 ± 1,7 PIM-E.
Schlussfolgerung: Polypharmazie, PIM-K und PIM-E kommen bei Patient*innen mit CKD und
älteren Patient*innen gehäuft vor und können zu unerwünschten Ereignissen führen. Bei der
Medikamentenverordnung ist eine individuelle Risiko-Nutzen-Abwägung für jeden
Patient*innen mit Rücksicht auf den bisherigen Medikamentenplan, das Alter und die
Nierenfunktion wichtig. Eine Reduktion der Anzahl der Medikamentenverordnungen und
gezieltes Verschreiben könnte die Ergebnisse von CKD-Patient*innen und älteren
Patient*innen verbessern.