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Die Sepsis stellt ein hoch komplexes, klinisch heterogenes Krankheitsbild dar, das die Medizin und Wissenschaft auf der ganzen Welt vor große Herausforderungen stellt. Obwohl nahezu jeder erfahrene Intensivmediziner Unterschiede zwischen einem Patienten mit abdomineller Sepsis und einem Patienten mit Urosepsis benennen könnte, haben nur sehr wenige Forschungsgruppen diese Unterschiede
weiter untersucht und beschrieben. Jede Sepsis beginnt in einem anatomischen Fokus der Infektion, der sich fast überall im menschlichen Körper befinden kann. Existieren Unterschiede zwischen Patienten mit unterschiedlichem Sepsisfokus? Ist Sepsis vielleicht nicht gleich Sepsis? Um diese Fragen zu beantworten, hat unsere Arbeitsgruppe über einen Zeitraum von acht Jahren die Daten von 816 Sepsispatienten ausgewertet, deren Fokus ausschließlich im Abdomen, Respirationstrakt, Urogenitaltrakt oder den Knochen und Weichteilen lag. Die Patienten wurden über den gesamten Studienzeitraum konsekutiv eingeschlossen und prospektiv auf das Vorliegen einer Sepsis gescreent. Wir verglichen klinische, mikrobiologische und laborchemische Daten zum Sepsiszeitpunkt zwischen den Fokusgruppen und konnten signifikante Unterschiede in allen drei Bereichen beobachten. Beispielsweise war die Inzidenz für das Auftreten eines septischen Schocks bei Patienten mit abdominellem und urogenitalem Fokus signifikant höher als bei den anderen Gruppen. In Bezug auf die mikrobiologischen Unterschiede waren die Urosepsis und die Knochen- und Weichteilsepsis mit deutlich höheren Blutkulturpositivitäten assoziiert. Außerdem unterschied sich das Erregerspektrum zwischen den Gruppen. Des Weiteren konnten wir Unterschiede in den Laborergebnissen der Patienten zum Sepsiszeitpunkt feststellen. Fast die Hälfte der Patienten mit Urosepsis zeigte pathologisch erhöhte PCT-Werte im Vergleich zu nur 15 % der respiratorischen Gruppe. Weiterhin hatten dreimal so viele Patienten mit Fokus im Bereich Knochen/Weichteile eine Hypoalbuminämie wie Patienten der urogenitalen und pulmonalen Gruppe. Darüber hinaus waren die verschiedenen Sepsisfokusse mit Unterschieden in den SOFA-Scores, SIRS-Kriterien und dem Auftreten von Organdysfunktionen zum Sepsisbeginn assoziiert. Die vorliegende Dissertation liefert eindeutige Hinweise auf klinische, laborchemische und mikrobiologische Unterschiede zwischen Sepsispatienten mit verschiedenen Sepsisfokussen zum Beginn der Sepsis. In großen randomisierten Studien sollte den deutlichen Unterschieden zwischen den verschiedenen Sepsisfokussen möglicherweise mehr Aufmerksamkeit geschenkt werden, damit therapeutische Ansätze, welche nur einer Subgruppe helfen, mit ausreichender Fallzahl herausgearbeitet werden können.
Hintergrund: Wie der akute Myokardinfarkt, das Polytrauma oder der Schlaganfall zählt auch die Sepsis zu den zeitkritischen Notfällen in der Medizin [3]. Ein zügiger Therapiebeginn mit Antibiotika ist notwendig, da eine Verzögerung einen negativen Einfluss auf das Überleben hat [13,14]. Durch die vielfältige klinische Symptomatik einer Sepsis ist die Diagnosestellung selbst für erfahrenes Personal erschwert [4]. Das Gehirn ist häufig von einer Organdysfunktion bei einer Sepsis betroffen [10,20]. Das Spektrum der klinischen Ausprägung ist facettenreich: Einschränkungen der Kognition, Desorientiertheit, Somnolenz, Koma, aber auch motorische Symptome und Krampfanfälle können auftreten [29,30,49].
Fragestellung: Wie ist das Management von Patient*innen mit einer Sepsis, die über die neurologische Notaufnahme und damit einer vermutlich vordergründig neurologischen Symptomatik aufgenommen wurden?
Patient*innen und Methoden: Aus allen Patient*innen, die vom 01.01.2009 bis 31.12.2017 in der neurologischen Notaufnahme/Stroke Unit der Universitätsmedizin Greifswald vorstellig wurden, wurde retrospektiv schrittweise eine Studienpopulation selektiert und untersucht. Verwendet wurden hierfür ICD-10 Codes, sowie Kriterien für eine vermutete Infektion, der qSOFA- und SOFA-Score. Schließlich entstand ein Studienkollektiv, das innerhalb der ersten 48 Stunden bei retrospektiver Betrachtung Kriterien einer Sepsis erfüllte. Bei diesen Patient*innen wurde unter anderem die zur Aufnahme führende Symptomatik erhoben, die Abnahme von Blutkulturen, Messung des Laktatspiegels, sowie der Beginn einer antiinfektiven Therapie als Maßnahmen des Surviving Sepsis Campaign Bundles erfasst [2].
Ergebnisse: Die Studie zeigt, dass eine Bewusstseinsstörung die am häufigsten zur Aufnahme führende Symptomatik darstellt. Darauf folgt eine allgemeine Verschlechterung des Allgemeinzustandes. Die Dauer bis zur Abnahme von Blutkulturen, Beginn einer antiinfektiven Therapie und Messung des Laktatspiegels ist deutlich länger als in der zum Untersuchungszeitpunkt gültigen Handlungsempfehlung der Surviving Sepsis Campaign vorgegeben [2,17].
Diskussion und Fazit: Warum die Dauer bis zur Durchführung der zum Untersuchungszeitpunkt leitliniengerechten Maßnahmen in dieser Studie deutlich länger ist als vorgegeben, lässt sich nur vermuten. Mögliche Ursachen können in der fehlenden Identifizierung, an unzureichender Therapiekenntnis oder Problemen bei der Kommunikation in der Behandlung liegen [95]. Gerade wenn eine neurologische Symptomatik im Vordergrund steht, besteht die Gefahr, eine Sepsis in der prä- oder frühen innerklinischen Versorgung zu übersehen [5]. Insgesamt sind Schulungen zum Thema Sepsis und speziell der verschiedenen neurologischen Ausprägungen für das gesamte Behandlungsteam neurologischer Notaufnahmen und Stroke Units notwendig. Ebenso sollte sowohl im Rettungsdienst als auch in neurologischen Notaufnahmesituationen sofort bei Symptomen wie einer neu aufgetretenen oder sich verschlechternden Bewusstseinsstörung aber auch Krampfanfällen, die Differentialdiagnose „Sepsis“ in Betracht gezogen und die betroffenen Patient*innen systematisch auf das Vorliegen einer Sepsis gescreent werden.
Die Praxis der Transfusion von Blutprodukten bei septischen Patienten – eine Observationsstudie
(2023)
Die Sepsis ist noch immer ein weit verbreitetes und gefürchtetes Krankheitsbild und kann prinzipiell jeden Menschen betreffen. Die Ausprägung und der Verlauf der Erkrankung können je nach Individuum, Vorerkrankungen und Erregern sehr unterschiedlich sein und bedürfen daher eines komplexen Zusammenspiels unterschiedlicher Therapiesäulen. Eine der Therapiemaßnahmen ist die Verabreichung von Blutprodukten. Diesbezüglich hat die Surviving Sepsis Campaign (SSC) Empfehlungen herausgegeben, deren Umsetzung in der klinischen Praxis bisher noch nicht ausreichend untersucht wurde.
Primäres Ziel der hier diskutierten Observationsstudie war daher die retrospektive Analyse der klinischen Praxis des Transfusionsmanagements bei Patienten mit schwerer Sepsis oder septischem Schock, die an der Universitätsmedizin Greifswald in den Jahren 2010-2013 auf einer Intensivstation behandelt wurden. Dabei stand die Untersuchung der Verabreichung von Erythrozytenkonzentraten im Vordergrund, jedoch wurden auch die Gaben von Fresh Frozen Plasma und Thrombozytenkonzentraten analysiert. Von den Patienten wurden neben allgemeinen Daten auch jede Transfusion von Blutprodukten während des aktuellen Krankenhausaufenthaltes vor Sepsisbeginn und bis 28 Tage nach Sepsisbeginn einschließlich der jeweiligen Transfusionstrigger erfasst und ausgewertet.
Von den 614 eingeschlossenen Patienten erhielten 79,8 % ein Blutprodukt. Der mittlere Hb-Wert (Hämoglobinwert), der als Transfusionstrigger zu der Verabreichung eines Erythrozytenkonzentrats führte, war 5,1 mmol/l. Die Daten bzgl. der Sterblichkeit der Patienten zeigten sich widersprüchlich, sodass anhand dieser Arbeit keine Aussage zu Ursache und Wirkung der Transfusion von Blutprodukten bei septischen Patienten möglich ist. Es konnte lediglich festgestellt werden, dass in dem Zeitraum 2010-2013 an der Universitätsmedizin Greifswald in der Praxis ein höherer Transfusionstrigger genutzt wurde als in der Leitlinie der SSC empfohlen (4,4 mmol/l). Dabei fanden allerdings weitere Einflussfaktoren, die zu einer Transfusion führen können, wie z. B. der klinische Zustand des Patienten, Einsatz von Vasopressoren oder auch geplante operative Eingriffe keine Berücksichtigung.
Um die aktuelle Empfehlung der SSC von 2021 für ein restriktives Transfusionsmanagement zu stützen, sind weitere multizentrische und randomisierte Studien notwendig, die u. a. auch weitere Einflussfaktoren für eine Transfusion außer dem Hb-Wert untersuchen.
In der vorliegenden Arbeit wurde ein Routine-TDM auf einer Intensivstation über 3 Jahre bei Patient:innen mit Sepsis während einer kontinuierlichen Meropenemtherapie durchgeführt und auf die Umsetzung und den praktischen Nutzen hin untersucht. Da Meropenem ein Antibiotikum mit zeitabhängiger Wirkung ist, war das Ziel Konzentrationen unterhalb der 4-fachen MHK und ein dadurch bedingtes mögliches Therapieversagen zu vermeiden.
Die Patient:innen erhielten zu Beginn eine Tagesdosierung von 6 g/d mit einem initialen Bolus von 0,5 g Meropenem. Die Dosierung wurde entsprechend der erhobenen Meropenemkonzentrationen durch das Routine-TDM nach Einschätzung des ärztlichen Personals angepasst. Es wurden keine Vorgaben bzgl. eines oberen Grenzwertes oder Umsetzung der Dosisanpassungen gemacht. Das TDM ergab gerade zu Beginn erhöhte Meropenemkonzentrationen, sodass Dosissteigerungen fast ausschließlich erst nach vorheriger Dosisreduktion durchgeführt werden mussten. Konzentrationen, bei denen eine Steigerung oder eine Reduktion der Dosis beschlossen wurde, wiesen eine hohe Variabilität auf. Das Anpassungsverhalten des ärztlichen Personals kann als sehr konservativ beschrieben werden. Die Dosissteigerungen wurden bereits sehr früh und Dosisreduktionen eher spät durchgeführt.
Bei knapp 46 % der Patient:innen wurde die Dosis gar nicht angepasst und bei 46 % der Patient:innen wurde insgesamt eine Dosisreduktion durchgeführt. Dies war zu 96 % eine Halbierung der Tagesdosis auf 3 g/d. Die gemessenen Wirkkonzentrationen unterschieden sich bei Patient:innen die 6 g/d und bei Patient:innen die 3 g/d Meropenem erhielten letztendlich nicht signifikant voneinander. Dies zeigt, dass die Dosisanpassungen genutzt wurden um andere Einflussfaktoren auf die Konzentration auszugleichen.
In einer multivarianten Regressionsanalyse zeigten die Nierenfunktion, die Körpergröße und das Körpergewicht einen signifikanten Einfluss auf die Antibiotikumkonzentration. Dennoch zeigte die Regressionsanalyse sich in den Extrembereichen ungenau, weshalb ein TDM sehr sinnvoll ist. Gerade bei einer veränderten Nierenfunktion oder bei Patient:innen mit RRT zeigte sich ein TDM als sehr hilfreich. Patient:innen mit ARC zeigten sich in der vorliegenden Arbeit signifikant häufiger unterdosiert und Patient:innen mit RRT wiesen eine höhere Variabilität der gemessenen Konzentrationen auf. Tools zur Anpassung der Dosierung anhand der Nierenfunktion wurden in Studien bisher überwiegend als unzureichend beschrieben. Bei Patient:innen mit RRT werden verschiedenste Dosierungsoptionen aktuell diskutiert. Insgesamt wurde bei knapp 5,8 % der Patient:innen eine Unterdosierung detektiert. Daraufhin wurde vom ärztlichen Personal inkonsequent reagiert. Einen Einfluss auf das klinische Outcome konnte durch das TDM oder durch die Unterdosierungen nicht ausgemacht werden. Lediglich die Schwere der Sepsisart zeigte einen signifikanten Einfluss auf die Mortalität.
Neurologische Auffälligkeiten, wie Krampfanfälle konnten nur selten detektiert werden. Patient:innen, bei denen diese auffielen, zeigten zwar signifikant höhere Meropenemkonzentrationen, allerdings ließen sich die Symptome nicht mit Sicherheit auf die Antibiotikatherapie zurückführen, da diese Patient:innen zusätzlich eine neurologische Grunderkrankung hatten. In gezielten Studien zu neurotoxischen Nebenwirkungen bei Betalaktamen wird der Zusammenhang mit supratherapeutischen Konzentrationen aber immer öfter beschrieben.
Zusammenfassend zeigt sich, dass das TDM einen maßgeblichen Einfluss auf die Therapieentscheidungen hatte. Unterdosierungen sind unter der gewählten Dosierungsform nur selten aufgetreten und Dosissteigerungen waren kaum nötig. Gerade bei Patient:innen mit RRT oder erhöhter Nierenfunktion zeigte sich das TDM als nützlich. Die Grenzen für Anpassungen variierten sehr stark und wurden eher konservativ gewählt. Ein genau definierter Zielbereich der angestrebten Meropenemkonzentration und festgelegte Optionen zur Dosisanpassung könnten den Nutzen des TDMs weiter erhöhen. Weitere prospektive Studien sind nötig, um eine Obergrenze zu definieren und Toxizität zu vermeiden.
Empfehlungen für die Praxis:
• Fortsetzung des TDMs bei kritisch kranken Patient:innen
• Etablierung einer SOP zur Dosisanpassung sowie Reduzierung der Startdosierung auf 3 g Meropenem/d mit Initialbolus von 0,5 g
• Hinweise bei Patientengruppen mit Gefahr für Unter- oder Überdosierungen.
Die Sepsis und der septische Schock sind lebensbedrohliche Erkrankungen, an denen weltweit Millionen Menschen erkranken und infolgedessen sterben. Die Blutkulturdiagnostik hilft die im Blut zirkulierenden Erreger und deren Sensitivität gegenüber Antiifektiva zu bestimmen und ermöglicht so die Umstellung auf eine gezielte Therapie. Mehrere internationale Studien konnten zeigen, dass durch eine Deeskalation der antiinfektiven Therapie das Outcome der Sepsis-Patienten verbessert werden kann. Außerdem kann eine Umstellung der kalkulierten Therapie nicht nur zu einer Abnahme der Sterblichkeit und der Ersparnis von Ressourcen, sondern auch zu einer Reduzierung von Resistenzbildung führen. Zur Identifizierung und zur Outcome-Einschätzung von kritisch-kranken Patienten können eine große Anzahl an Scores, Laborparametern, Vitalzeichen, Vorerkrankungen und weiteren Kriterien betrachtet werden. Das Ziel der vorliegenden Arbeit ist Scores und klinische Parameter zu ermitteln, die eine Aussage über die Positivitätswahrscheinlichkeit der Blutkulturdiagnostik treffen können. In der retrospektiven Studie wurden Daten von 635 Blutprobensets von 481 Patienten, die vom 11/2016 bis zum 03/2018 in der Universitätsmedizin Greifswald auf der Intensivstation behandelt wurden, analysiert. Dabei wurden Daten 24 Stunden vor und 4 Stunden nach der dokumentierten Blutkulturabnahme erfasst und ausgewertet. Es erfolgte eine Unterteilung der positiven Blutkulturen in zwei Gruppen: Alle Blutkultursets und GNSA Blutkultursets (gram-negative Keime und Staphylococcus aureus). Die im Rahmen der Arbeit erhobenen Daten zeigen die Schwierigkeit ressourcensparende Diagnostikinstrumente für den klinischen Alltag zu finden. Mit alleiniger Verwendung der Scores lassen sich nur unzureichende Aussagen über das Resultat der Blutkulturdiagnostik treffen (Area unter the curve <0.7). Ebenfalls verdeutlicht die Untersuchung den Aufwand von personellen und diagnostischen Ressourcen, die bei der Bestimmung von Scores benötigt werden. In der klinischen Praxis kann dies zu einer erheblichen Verzögerung führen. Im Vergleich dazu weisen einzelne Laborparameter wie stabkernige Granulozyten sowie die Zusammenführung signifikanter Prädiktoren eine stärkere Diskriminierungsfähigkeit auf. Die Sepsis und der septische Schock sind komplexe Krankheitsbilder, sodass die Positivitätswahrscheinlichkeit einer Blutkultur nicht mit endgültiger Sicherheit anhand nur eines einzelnen Scores oder eines Laborparameters vorherzusagen ist.
Sepsis ist eine der häufigsten Todesursachen und doch in der Bevölkerung und auch zum Teil von ärztlichen Kollegen unterschätzt. Bis heute bilden Blutkulturen den Goldstandard in der Diagnostik einer Sepsis. Das gerade eine schnelle Therapie für das Outcome der Erkrankten entscheidend ist, konnte bereits durch viele Studien und Publikationen gezeigt werden. Bei einer Analyse der Abläufe der Blutkulturdiagnostik im Universitätsklinikum Greifswald stießen wir auf eine deutliche Zeitverzögerung durch den Transport von beimpften, nicht bebrüteten Blutkulturen von schwer Erkrankten in das ausgelagerte mikrobiologische Labor. Als Folge verzögert sich die gesamte Kette der Blutkulturdiagnostik und damit einhergehend auch die Therapieanpassung. In unserem Setting fand sich lediglich für 12,29 % der Blutkulturen keine Zeitverzögerung durch verzögerte Transporte beimpfter Blutkulturen zum mikrobiologischen Labor oder durch ein Positivitätssignal der bebrüteten Blutkultur außerhalb der Laboröffnungszeiten für Blutkulturen der Labor-Gruppe. Um diesem Defizit entgegenzuwirken untersuchten wir den Effekt einer Blutkulturbebrütung vor Ort. Wir fanden im Vergleich zur Bebrütung im ausgelagerten Labor eine signifikante Reduktion der Zeit bis zum mikrobiologischen Ergebnis der Erregerdiagnostik mit Resistogramm (TTR). Durch die Installation eines Bebrütungssystems auf der Intensivstation konnte zudem die Zeit bis zum Wissen um Blutkulturpositivität deutlich reduziert werden. Die hier gezeigten Daten zeigen durch eine unmittelbare vor Ort Bebrütung einen Lösungsansatz für die Optimierung der Präanalytik der Blutkulturdiagnostik bei schwer kranken Patienten. Insbesondere für Kliniken mit externer Mikrobiologie können unsere Schlussfolgerungen von Interesse sein.
Die Sepsis ist nach wie vor eine Erkrankung mit hoher Sterblichkeit. Der Schlüssel zur erfolgreichen Sepsistherapie ist eine schnelle Diagnostik. Die Blutkulturabnahme ist ein etabliertes Goldstandardverfahren in der Sepsisdiagnostik, jedoch sind die Positivitätsraten gering und die Diagnostik ist zeitaufwändig. Es gibt vereinzelt Studien, die darauf hindeuten, dass eine Prädiktion von Blutkulturergebnissen bei Notaufnahmepatienten möglich ist. Ziel dieser Dissertation ist es, zu untersuchen, ob Blutkulturergebnisse auch bei Intensivpatienten durch das PCT prädizierbar sind. Im Rahmen der prospektiven klinischen Beobachtungsstudie (BEMIDIA) wurden im Zeitraum von November 2016 bis Dezember 2017 zeitgleich Blutkulturen und EDTA- Röhrchen zur PCT-Bestimmung bei 488 Intensivpatienten mit dem Verdacht auf eine Infektion abgenommen und ausgewertet. Zwar zeigen sich zwischen positiven und negativen Blutkulturen signifikant unterschiedliche PCT-Werte (p = 0,004), jedoch ist eine Prädiktion von Blutkulturergebnissen durch das Procalcitonin bei einer AUC von 0,588 (p < 0,007) mit Cut-off von 2,72 μg/l mit einer Sensitivität von 41,00 % und einer Spezifität von 74,5 % nicht möglich. Die PCT-Werte von gramnegativen Bakterien und grampositiven Bakterien unterschieden sich ebenfalls signifikant (p < 0,000). Mit einer AUC von 0,768 (p < 0,001) mit einem optimalen Cut-off bei 2,04 μg/l mit einer Sensitivität von 75,9 % und einer Spezifität von 71,0 % scheint eine Prädiktion von Blutkulturergebnissen bei gramnegativen Bakterien hingegen möglich zu sein. Auch für die Fokusse ‚Abdomen‘ und ‚Urosepsis‘ scheint eine Prädiktion durch PCT möglich zu sein. Für die Sepsis mit dem Fokus ‚Abdomen‘ ergab sich eine AUC von 0,744 mit einem optimalen Cut-off von 0,71 μg/l mit einer Sensitivität von 77,7 % und einer Spezifität von 61,6 %. Für die Urosepsis ergab sich eine AUC von 0,732 mit einem optimalen Cut-off von 1,38 μg/l mit einer Sensitivität von 76,2 % und einer Spezifität von 63,0 %. Die Procalcitonin-Werte von Patienten mit schwerer Sepsis und im septischen Schock unterschieden sich signifikant (p > 0,000) von den Werten der Patienten ohne Erfüllung der Sepsiskriterien. Eine Sepsis, eine schwere Sepsis oder ein septischer Schock sind durch das PCT mit einer AUC von 0,800 (p < 0,000) und mit einem optimalen Cut-off von 0,38 μg/l mit einer Sensitivität von 82,3 % und einer Spezifität von 66,3 % prädizierbar. Die niedrigsten PCT-Werte wurden durch Kontaminationserreger wie Propionibakterien und Koagulase-negative Staphylokokken erreicht. Diese Werte lagen unterhalb des Medians negativer Blutkulturen. Jedoch ließ sich in unserer Studie keine Prädiktion durch das PCT feststellen, um eine mögliche Kontamination von richtig positiven Blutkulturen zu unterscheiden. Für Kontaminationserreger ergab sich eine AUC von 0,629 (p = 0,285) mit einem optimalen Cut-off von 0,17 μg/l mit einer Sensitivität von 72,7 % und einer Spezifität von 66,7 %.
Im Vergleich zu Notaufnahmepatienten zeigen unsere Ergebnisse, dass bei Intensivpatienten eine Prädiktion von Blutkulturen durch das PCT, bis auf einzelne Subgruppen wie ‚Fokus‘ und ‚Bakterienart‘, nicht möglich ist. Eine Prädiktion einer Sepsis hingegen scheint möglich zu sein. Insbesondere die Prädizierbarkeit einer Kontamination scheint von großem Interesse zu sein. Um eine endgültige Aussage zu treffen, sind jedoch größere, multizentrische, kontrollierte, randomisierte klinische Studien notwendig.