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Nach einer endothelialen Schädigung verliert die Intima sowohl ihre schützende Funktion gegenüber den biomechanischen Kräften des Blutflusses, als auch ihre regulierende Wirkung auf die angrenzenden Gefäßstrukturen. Aus einem gestörten Heilungsprozess resultieren pathologische Veränderungen mit teils schwerwiegenden Folgen für den Patienten, wie die In-Stent-Restenose nach einer perkutanen transluminalen Koronarangioplastie (PTCA) mit Stent-Implantation. Es sind vor allem die flussexponierten glatten Gefäßmuskelzellen, die durch ihre Fähigkeit des Phänotypwechsels nach Denudierung an der Pathogenese maßgeblich beteiligt sind. Dieser Phänotypwechsel wird unter anderem durch reaktive Sauerstoffspezies (ROS) vermittelt. Ziel der vorliegenden Arbeit ist die Untersuchung der muskulären scherstressabhängigen ROS-Produktion und deren Beeinflussung durch den G-Protein gekoppelten APJ-Rezeptor mitsamt seinem Liganden, dem Apelin.
Mit Hilfe zweier Perfusionssysteme konnten koronare arterielle glatte Muskelzellen (HCASMC) genau definierten Flussbedingungen, einem mit niedrigen physiologischen und einem mit erhöhten pathologischen Scherstress, ausgesetzt werden. In der anschließenden molekularbiologischen Aufarbeitung zeigt sich ein rascher Anstieg der muskulären ROS-Konzentration unter einem für die Muskelzellen pathologischem Scherstress. Die vermehrte ROS-Produktion ist auf die NADPH Oxidasen (NOX) zurückzuführen, insbesondere die Isoform NOX4. Darüber hinaus führt pathologisch erhöhter Scherstress zu einer temporär verstärkten muskulären Expression des APJ-Rezeptors. Im Vergleich zu Apelin-13 (ROS-Anstieg) führt die Rezeptorstimulation mittels Apelin-17 zu einer Hemmung der ROS-Produktion. Somit weist diese Arbeit erstmals einen unterschiedlichen Effekt der einzelnen Apelin-Isoformen auf glatte Muskelzellen nach, ähnlich der verschiedenen Reaktionen von Endothelzellen hinsichtlich der Produktion von Stickoxiden.
Das Apelin-/APJ-System besitzt demnach einen regulatorischen Effekt auf den oxidativen Zustand der HCASMC und folglich einen potentiell günstigen Einfluss auf die vaskuläre Heilung nach einer endothelialen Verletzung. Inwiefern Apelin-17 als vasoprotektiver Faktor in der Akutphase nach PTCA eingesetzt werden kann und welchen Einfluss das Apelin/APJ-System auf die Restenoserate besitzt, muss in weiteren Versuchen überprüft werden.
Das Endothel ist eine multifunktionale Struktur, die sich an die lokalen Strömungseigenschaften anpassen muss. Dieser komplexe Prozess führt zu verschiedenen Veränderungen der Gestalt und Funktion von Endothelzellen. Neben zahlreichen anderen Strukturen konnte auch von G-Protein-gekoppelte Rezeptoren (GPCR) gezeigt werden, dass sie in diesen Prozess involviert sind. Es konnte bereits nachgewiesen werden, dass der G-Protein-gekoppelte Apelin-Rezeptor (APJ) in seiner Expression von endothelialem Scherstress reguliert wird und es wurde postuliert, dass der APJ im Konzept der endothelialen Mechanotransduktion eine Rolle spielt. Dieses Konzept beschreibt die Übersetzung von endothelialem Scherstress in intrazelluläre biochemische Signale. Die vorliegende Arbeit versucht, die bisherigen Erkenntnisse durch die weitere Beleuchtung der APJ-Funktionen in humanen umbilikalen venösen Endothelzelle (HUVEC) zu ergänzen. Es konnte gezeigt werden, dass der APJ in konfluenten Endothelzell-Monolayern in vitro auf der junktionalen Membran lokalisiert ist und mit dem wichtigen endothelialen Mechanotransducer Platelet endothelial cell adhesion molecule-1 (PECAM-1) ko-assoziiert zu sein scheint. Weiterhin zeigen APJ-defiziente im Vergleich zu Wildtyp-APJ HUVEC geringere Elastizitätsmodule auf, was Hinweise auf veränderte biomechanische Eigenschaften gibt. Die short-interfering RNA (siRNA)-vermittelte „Stummschaltung“ des APJ beeinflusst weiterhin die Zytoskelettstruktur, Anheftung und Reorganisation von Zelladhäsionskomplexen. Zusammenfassend verdeutlicht die vorliegende Arbeit, dass die APJ-Expression sowohl die biomechanischen als auch die morphologischen Eigenschaften von Endothelzellen in Anpassung an die lokalen Flussbedingungen zu beeinflussen scheint.
Trotz der kontinuierlichen Weiterentwicklung der präventiven, diagnostischen und therapeutischen Maßnahmen stellt die koronare Herzkrankheit (KHK) und deren Folgen auch zukünftig eine große Herausforderung in der Medizin dar. Es besteht ein kritischer Bedarf für einen nicht-invasiven Biomarker, um Patienten mit dem größten Risiko für ein akutes pathologisches Ereignis bereits vor der klinischen Manifestation zu identifizieren. Ein solcher Biomarker wird auch für die schnelle Diagnosestellung bei symptomatisch auffälligen Patienten benötigt, bei denen die bisher etablierten Marker (Troponin, CK - Kreatinkinase) noch nicht nachweisbar sind. Als potenzieller Kandidat für einen solchen Biomarker könnten zirkulierende Endothelzellen (cEC) in Frage kommen. Obwohl die Rolle der cEC im akuten Myokardinfarkt (MI) noch nicht vollständig geklärt ist, legen die bisherigen Untersuchungen nahe, dass cEC eine differentialdiagnostische Möglichkeit für die Myokardinfarktpatienten in der so genannten ''Twighlight Zone'' - die Zeit zwischen ischämischem Ereignis und Nachweis von Troponin im Blut - sein können. Ziel dieser Untersuchung war daher, eine Einsicht in die komplexe methodische Quantifizierung der cEC und deren potentielle diagnostischen und prognostischen Rolle bei Patienten mit MI zu liefern.
In der vorliegenden Arbeit wurden 31 Patienten mit Myokardinfarkt eingeschlossen, 14 mit ST-Hebungsinfarkt (ST-elevation myocardial infarction/STEMI) und 17 mit nicht ST-Hebungsinfarkt (non ST-elevation myocardial infarction/NSTEMI). Als Kontrolle wurden 12 gesunden Probanden (Blutspender) ohne das Vorliegen einer KHK in der Anamnese gewonnen. Mittels Durchflusszytometrie wurden cEC der Patienten und der Kontrollgruppe bestimmt.
Die Ergebnisse zeigen einen Anstieg der cEC bei Infarktpatienten im Vergleich zur Kontrollgruppe. Dieser Unterschied war zwischen STEMI- und NSTEMI-Gruppe sowie STEMI- und Kontrollgruppe von statistischer Signifikanz. Des Weiteren wurde in Übereinstimmung mit anderen Untersuchungen keine
Korrelation zwischen cEC-Anzahl und den kardialen Enzymen (Troponin und CK) nachgewiesen. Bezüglich der prognostischen Bedeutung der cEC konnte in dieser Arbeit eine signifikante Korrelation der cEC mit dem GRACE-Score (in hospital risk of death and 6-month probability of death) bei den Patienten adjustiert für Alter, BMI und CRP nachgewiesen werden. Diese Studie gibt erste Hinweise darauf, dass cEC als additive Biomarker bei der Diagnose des Myokardinfarktes eingesetzt werden könnten, wobei weitere klinische Studien klären sollten, inwieweit cEC für diagnostische als auch prognostische Zwecke dienen könnten.
Die Migration von Endothelzellen unter hämodynamischen Flussbedingungen ist ein komplex regulierter Vorgang. In dieser Arbeit konnten die Aktivierung des Apelin-Rezeptors und die Zugabe von Statinen als Einflussfaktoren auf die Migration der Endothelzellen unter verschiedener Schubspannung identifiziert werden. Dabei wurden folgende Kernaussagen herausgearbeitet:
1. Der Apelin-Rezeptor reguliert die Endothelzellen-Migration in Abhängigkeit von der Schubspannung und dem Gefäßbett. In HUVEC wirkt der APLNR migrationsfördernd unter physiologischen Schubspannungen und migrationshemmend unter höheren Schubspannungen. Keinen Einfluss zeigt der APLNR auf die Migration von HCAEC.
2. Physiologische Statinkonzentrationen reduzieren die EC-Migration in HCAEC. Dies steht im Gegensatz zu der beschriebenen migrationsfördernden Wirkung von statinbehandelten HUVEC. In supraphysiologischen Konzentrationen zeigten sich Unterschiede zwischen dem lipophilen Atorvastatin und dem hydrophilen Pravastatin.
3. Die Wirkung der Statine auf die EC-Migration scheint teilweise über den APLNR zu erfolgen. Dies könnte möglicherweise abhängig von ihrer Lipophilie geschehen.
Hinsichtlich der klinischen Relevanz scheint insbesondere der Einfluss des APLNR auf die endotheliale Migration, sowie sein Zusammenspiel mit Atorvastatin von Bedeutung zu sein. In diesem experimentellen Setting konnte bei Betrachtung von arteriellen EC kein Vorteil eines der Statine bezüglich ihrer Migration herausgearbeitet werden. Inwieweit sich diese jedoch klinisch unterscheiden, müsste in in vivo Studien untersucht werden.
In Zusammenschau mit den Studien der aktuellen Literatur zeigte die hier vorliegende Arbeit besonders, wie stark zum Beispiel die Auswahl des Zellmodells die Ergebnisse beeinflusst. So lassen sich Arbeiten mit dem für Arteriosklerose oft gewählten HUVEC-Zellmodell kaum mit Experimenten an HCAEC vergleichen, obgleich es sich bei beiden um vaskuläre Endothelzellen handelt. Außerdem zeigte sich, dass die Wirkung der Statine oder der APLNR-Blockierung unter physiologischen Schubspannungen teilweise gegenteilig zu ihrer Wirkung unter höheren Schubspannungen ist.
In der individualisierten Medizin wird angestrebt für jeden einzelnen Patienten entsprechend seiner Erkrankungen, die optimalste Therapie zu finden. Wo Atorvastatin für den einen Patienten von Vorteil ist, sorgt bei einer anderen Patientin Pravastatin für mehr Sicherheit. Dass diese Wirkstoffgruppe nicht so homogen ist, zeigen die hier erhobenen Ergebnisse. Um den modernen Therapieansatz zu verfolgen, sollten auch die wissenschaftlichen Fragestellungen bezüglich der Wirkstoffgruppe der Statine konkreter abgestimmt beantworten.