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Bei der chronisch obstruktiven Lungenerkrankung handelt es sich um eine pulmonale Erkrankung mit persistierender respiratorischer Symptomatik. Für die Erkrankung pathognomonisch ist eine Atemflussminderung aufgrund einer progressiven Atemwegsobstruktion. Trotz individueller Krankheitsverläufe und verschiedenen klinischen Phänotypen resultiert häufig eine chronisch respiratorische Insuffizienz mit obstruktiver Ventilationsstörung, welche sich limitierend auf die Überlebenszeit auswirkt und die Wahrscheinlichkeit für wiederholte Hospitalisierungen erhöht. Die nichtinvasive Beatmung stellt seit Jahren eine etablierte und anerkannte Therapieoption der akuten respiratorischen Insuffizienz bei COPD-Patienten da. Weniger eindeutig verhält sich jedoch die Studienlage bezüglich der Etablierung einer langfristigen außerklinischen NIV-Therapie bei COPD-Patienten mit chronisch respiratorischer Insuffizienz. Kurz- und Langzeiteffekte dieser Therapieoption bei chronisch respiratorischer Insuffizienz wurden in den letzten 20 Jahren nur in wenigen Publikationen untersucht und es konnte kein Vorteil hinsichtlich des Überlebens von Patienten mit Überleitung auf eine LTH-NIV-Therapie gezeigt werden. Ziel dieser retrospektiven Studie war es, die Auswirkungen der NIV-Therapie auf das Langzeitüberleben und die Rehospitalisierung zu untersuchen und mögliche Einflussfaktoren bzw. Prädiktoren auf diese zu identifizieren. Zur Beantwortung der Fragestellung wurden 151 Patienten in die Studie eingeschlossen, welche sich in dem Zeitraum vom 01.01.2012 bis 30.06.2019 aufgrund einer akuten nicht-invasiven Beatmungsnotwenigkeit bei AECOPD in den Abteilungen für innere Medizin der UMG in Behandlung befanden. Vom Gesamtkollektiv wurden 83 Patienten im Anschluss an den Indexkrankenhausaufenthalt direkt auf eine LTH-NIV-Therapie eingestellt. Die Non-NIV-Gruppe bildeten 68 Patienten, welche ohne Überleitung auf eine LTH-NIV-Therapie nach dem Indexaufenthalt aus dem Krankenhaus entlassen wurden. Über ein Follow-up von zwei Jahren wurden Blutgasanalysen, Beatmungsparameter, Rehospitalisierungen und die Mortalität betrachtet. Es wurden eine Überlebenszeitanalyse nach der Kaplan-Meier-Methode sowie eine Cox-Regression zur Analyse mehrerer Einflussgrößen auf das Überleben im Gruppenvergleich durchgeführt.
In der vorliegenden retrospektiven Datenauswertung von COPD-Patienten mit akuter nicht-invasiver Beatmungsnotwendigkeit im Rahmen einer AECOPD, konnte gezeigt werden, dass die Einstellung auf eine LTH-NIV-Therapie das Überleben in einem zweijährigen Beobachtungszeitraum signifikant (p=0,027) verbessert. Das 24-Monats-Risiko einer Rehospitalisierung lag in der LTH-NIV-Gruppe bei 41% gegenüber 55,9% in der Non-NIV-Gruppe. Dieses Ergebnis verfehlte nur knapp die statistische Signifikanz (p=0,053). In der statistischen Testung ergab sich ein verringertes Mortalitätsrisiko bei den Patienten, die im direkten Anschluss an eine AECOPD auf eine LTH-NIV-Therapie übergeleitet wurden [HR: 0,37 (0,17; 0,79)].
Die Chronisch Obstruktive Lungenerkrankung ist ein weit verbreitetes, komplexes und multifaktoriell bedingtes Krankheitsbild, welches klinisch variable Verla ̈ufe aufweisen kann, die sich in ihrer langfristigen Prognose voneinander unterscheiden. Die Prognose wird wesentlich vom Alter des Patienten, seinen Begleiterkrankungen, der Dyspnoe sowie von kardiopulmonalen Leistungseinschraenkungen beeinflusst. Surrogatparameter dieser Leistungseinschraenkung sind beispielsweise die 6-Minuten-Gehstrecke oder die Spitzensauerstoffaufnahme (VO2peak). Eine fundierte Aussage zur langfristigen Prognose der Erkrankung laesst sich somit nicht allein auf Basis der Einsekundenkapazitaet (FEV1) taetigen. Auch eine Vorhersage ueber die koerperliche Belastungtoleranz ist darueber nicht moeglich, obwohl gerade dies ein fuer den Patienten wichtiger Outcome Parameter ist. Dabei ist die grundsaetzliche Beurteilung der Prognose bei vielen Krankheitsbilder von Relevanz, da so ein zeitgerechtes Ergreifen spezifischer Maßnahmen zur Verbesserung der Lebensqualitaet der Patienten, eine Reduzierung von Krankenhausaufenthalten und eine Steigerung der Ueberlebensrate ermoeglicht wird. Neben den etablierten mehrdimensionalen Prognoseindizes (ADO, BODE, DOSE) hat sich die Spiroergometrie als zuverlaessige Untersuchungsmethode zur Identifizierung abnormaler Atemmuster sowie belastungslimitierender Funktionsstoerungen mit folglich eingeschraenkter Prognose bewaehrt.
In diesem Zusammenhang haben sich in der Vergangenheit besonders die Spitzensauerstoffaufnahme (VO2peak) und Ventilationseffizienzparamter (VE ́/VCO2 Slope und VE ́/VCO2 Nadir) als gute Diskriminatoren einer reduzierten Prognose erwiesen. Dies wird von uns in der vorliegenden Studie anhand einer 312 Patienten umfassenden, retrospektiven Nachbeobachtung ueber einen mittleren Zeitraum von 67 ± 44 Monaten bestaetigt. Wir rekrutierten hierfuer ausschließlich Patienten, die sich einer spiroergometrischen Unteruschung unterzogen hatten. Die Probandengruppe war im Schnitt 65 ± 9 Jahre alt und hauptsaechlich maennlich (74 %). Das Ueberleben nach 5 Jahren betrug 75 % und das nach 10 Jahren betrug 57 %. Die Spitzensauersotffaufnahme sagte bei unseren Patienten das Ueberleben signifikant voraus (Hazard Ratio: 0,886 [95 % Konfidenzintervall: 0,830; 0,946]). Der optimale Schwellenwert der Spitzensauerstoffaufnahme fuer die Unterscheidung des 5-Jahres- Ueberlebens lag bei VO2peak = 14,6 ml/kg/min bzw. VO2peak pred. = 55 %. In Zusammenschau der bisherigen Studien und der vorliegenden Daten unserer Verlaufsbeobachtung laesst sich somit festhalten, dass die Spiroergometrie hinsichtlich ihrer Stellung in den diagnostischen Leitlinien neu zu bewerten ist. Sie ist in der Lage, die fuer die COPD typischen unterschiedlichen Phaenotypen genauer zu charakterisieren, als es die Bodyplethysmografie vermag und eignet sich darueber hinaus zur Bewertung der langfristigen Prognose. Zukuenftige Studien sollten als prospektive Kohortenstudie angelegt sein, um die prognostische Bedeutung der Spiroergometrie zu verifizieren.