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Der (Pro)Renin Rezeptor ((P)RR, auch ATP6ap2) wurde 2002 als membranständiges Protein entdeckt. Seitdem treten neben dem Renin-Angiotensinogen-Angiotensin System (RAAS) immer mehr Signalwege zu Tage, die von der Funktion des (P)RR abhängen. Hierzu zählen neben dem kanonischen Wnt – pathway und dem nicht kanonischen Wnt-PCP (planar cell polarity) auch ein Einfluss auf vesikuläre ATPasen und Transkriptonsfaktoren (PLZF Erk1/2). Wegen frühzeitig letaler Verläufe unter vollständiger (P)RR Elimination in vivo bleibt mit einer moderaten Verminderung der Expression (Downregulation) ein Weg, um die Relevanz und Beteiligung des Rezeptors weiter zu untersuchen. In der tumorösen renalen Zelllinie As4.1 wurde hierzu durch die AG Peters eine selektive (P)RR Downregulation etabliert. Die hierunter erfolgte unselektive Analyse des gesamten Transkriptoms zeigte 28 relevante Änderungen der Transkriptkonzentrationen, dessen zugehörige Genprodukte sich funktionell in zwei Gruppen teilen lassen. Einerseits waren mehrere Zilien assoziierte Transkripte nach (P)RR Downregulation erhöht, andererseits waren Zellzyklus assoziierte Transkripte vorrangig vermindert. Hieraus ergaben sich als Zielstellungen für die Arbeit:
1.) eine erneute gezielte und statisisch belastbare Überprüfung der zuvor veränderten Transkriptkozentrationen unter (P)RR Downregulation, 2.) eine funktionelle Untersuchung des Zusammenhangs von (P)RR zur ziliären Expression und dem Zellzyklus, 3.) die Analyse möglicher vermittelnder Signalwege.
Durch molekularbiologische und funktionelle Untersuchungen, Flureszenszmikroskopie und FACS Analysen, wurden im Rahmen dieser Arbeit (ad 1) die Transkriptveränderungen bestätigt, (ad 2) eine relevant verminderte Proliferationsrate und ein Zellzyklusarrest, bei gleichzeitig erhöhter Expression des primären Ziliums unter (P)RR Downregulation nachgewiesen, sowie (ad 3) Transkriptmengen Steigerungen des kanonischen und Wnt-PCP gemessen.
Ohne Analyse der zugehörigen Proteinmengen lässt sich aus den Ergebnissen nur vorsichtig schlussfolgern, dass der (P)RR (ad 1) möglicherweise im Aufbau des primären Zilium und/oder in der Entstehung von Ziliopathien beteiligt ist, (ad 2) eine (P)RR Downregulierung den Zellzyklus protrahiert und die Expression des primären Ziliums verstärkt und (ad 3) die Wnt-Signalwege dies vermitteln könnten. Neben dem ausstehenden Nachweis auf Proteinebene wäre ein gezielter Vergleich von primärem Zilium (fast ubiquitär, Zellzyklus abhängige Expression) gegenüber den spezialisierten Zilien der symptomatischen Ziliopathien (Retinitis pigmentosa, Polyzystische Nierenerkrankung) interessant, wobei in der Einordnung der Ergebnisse die Sonderrolle der hier gewählten Zellkultur (As4.1, renale Tumorlinie) berücksichtigt werden muss.
Für eine intakte Filtration des Blutes sind hochspezialisierte Epithelzellen in den Glomeruli der Nieren, die Podozyten, essentiell. Der Verlust oder die Schädigung dieser postmitotischen Epithelzellen bzw. morphologische Veränderungen der komplex geformten Fortsätze dieser Zellen sind die häufigsten Ursachen für den Verlust der Filtrationsfähigkeit der Nieren. Diese besondere 3D-Morphologie der Podozyten hängt entscheidend vom Aktinzytoskelett und von Aktin-bindenden Proteinen ab. Aus der Literatur weiß man, dass das Aktin-bindende Protein Palladin einen entscheidenden Einfluss auf die Nukleation bzw. Polymerisation von Aktinfilamenten ausübt und dass Palladin sowohl die Morphologie als auch die Dynamik von Zellen bestimmt. In der vorliegenden Arbeit wurde die Rolle von Palladin hinsichtlich der Podozytenmorphologie und -funktion in vitro und in vivo erstmals untersucht.
Mittels in vitro Experimenten an kultivierten Podozyten der Maus konnte gezeigt werden, dass ein Knockdown von Palladin zu einer deutlichen Abnahme der Aktinfilamente und kleineren Fokalkontakte führt. Interessanterweise hatte dies aber keinen Einfluss auf die Adhäsionfähigkeit der Podozyten, sogar unter mechanischer Bean¬spruchung. Ferner konnte gezeigt werden, dass Palladin einen entscheidenden Einfluss auf die Expression anderer essentieller Aktin-assoziierter Proteine, wie Synaptopodin und α-Aktinin-4, aufweist.
Dass Palladin eine wichtige Rolle bei der Bildung und Stabilität von Aktinfilamenten spielt, konnte durch die Inkubation von kultivierten Palladin Knockdown-Podozyten mit verschiedenen Inhibitoren der Aktin-Polymerisation gezeigt werden. Die quantitative Auswertung mit Hilfe der Software F_Seg zeigte, dass Palladin Knockdown-Podozyten nach der Inkubation deutlich weniger Aktinfilamente und mehr Aktin-Cluster im Vergleich zu den Kontrollen aufweisen. Der Einsatz eines Migrations-Assays zeigte zudem, dass kultivierte Palladin Knockdown-Podozyten schneller migrieren und vermehrt dynamische Strukturen wie Lamellipodien und sogenannte Ring-Like-Structures (RiLiS) ausbilden.
Um den Einfluss von Palladin auf Podozyten in vivo zu untersuchen, wurden Mäuse generiert, bei denen Palladin spezifisch in den Podozyten ausgeknockt ist. Analysen der Glomeruli-Morphologie dieser Tiere mit Hilfe der Immunfluoreszenz-, Superresolution- und Elektronenmikroskopie (Raster- und Transmissionsmikros-kopie) zeigten eindeutig, dass die glomerulären Kapillaren stark erweitert waren und sich ein stark vergrößerter sub-podozytärer Raum ausgebildet hatte. Ferner waren die für die Filtration des Blutes maßgeblichen Fortsätze der Podozyten stark verbreitert und die Expression des essentiellen Schlitzmembranproteins Nephrin nach dem Knockout von Palladin signifikant reduziert.
Durch den Einsatz eines nephrotoxischen Serums wurde eine Glomerulonephritis induziert, die bei Podozyten-spezifischen Palladin-Knockout Mäusen zu einer stärkeren Schädigung der Glomeruli im Vergleich zu den Kontrolltieren führte. Dies deutet auf eine essentielle Rolle von Palladin für die Morphologie und Funktion der Filtrationsbarriere hin.
Des Weiteren konnte anhand von Nierenbiopsien nachgewiesen werden, dass die Palladin-Expression bei Patienten, die an einer fokal segmentalen Glomerulosklerose bzw. an der diabetischen Nephropathie erkrankt waren, im Vergleich zu den Kontrollnieren deutlich verringert ist.
Zusammenfassend zeigen die Ergebnisse der vorliegenden Arbeit, dass Palladin sowohl in vitro als auch in vivo einen entscheidenden Einfluss auf das Aktin-zytoskelett der Podozyten und somit auf die Funktion dieser hochspezialisierten Epithelzelle hat.