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Die Bedingungen im Magen sowie der Prozess der Magenentleerung haben großen Einfluss auf das Anflutungsverhalten schnell freisetzender Arzneiformen. Die intra- und interindividuellen Schwankungen, für die hinsichtlich der Wirkstofffreisetzung bedeutenden Parameter, können daher maßgeblich zur Variabilität von Plasmakonzentrations-Zeit-Profilen beitragen. Über geeignete Formulierungen lassen sich solche Schwankungen minimieren. Voraussetzung dafür sind In vitro Modelle, die frühzeitig eine physiologisch relevante Charakterisierung von Formulierungskandidaten ermöglichen. Das Ziel dieser Arbeit war es daher, ein In vitro Freisetzungsmodell zu entwickeln, das für die Wirkstoffanflutung wesentliche physiologische Parameter des humanen Magens auf realistische Weise abbilden kann.
Im Rahmen erster Untersuchungen mit dem bereits etablierten Dynamic Open Flow Through Test Apparatus wurde geklärt, welchen Einfluss die Magenentleerungskinetik des Wassers auf das Anflutungsverhalten zweier N Acetylcystein Formulierungen (Granulat und Tablette) hat. In zuvor durchgeführten klinischen Studien war gezeigt worden, dass es aus pharmakokinetischer Sicht keine Unterschiede zwischen den Formulierungen gibt und beim Granulat selbst die Einnahme ohne Wasser keinen nennenswerten Einfluss auf die Pharmakokinetik hat. Die In vitro-Untersuchungen zeigten, dass diese Effekte vor allem auf die, unter den dynamischen Bedingungen der Magenentleerung, begrenzte Lösungsgeschwindigkeit des ansonsten gut wasserlöslichen Wirkstoffes zurückzuführen waren. Infolge der langsamen Freisetzung hatte die Entleerung des gleichzeitig eingenommenen Wassers nur geringen Einfluss auf die Geschwindigkeit und das Ausmaß der Arzneistoffentleerung in das Duodenum. Vielmehr ist wahrscheinlich, dass der Migrating Motor Complex über die Entleerung ungelöster Partikel das Anflutungsverhalten dominiert.
Im weiteren Verlauf der Arbeit wurde mit dem GastroDuo ein neues Modell entwickelt, in das Daten aus verschiedenen Humanstudien zur Charakterisierung der gastrointestinalen Parameter implementiert werden konnten. Über die Entwicklung verschiedener Testprogramme konnte die Simulation kritischer Parameter, sowohl des nüchternen als auch des postprandialen Magens, realisiert werden. Dadurch konnten in zwei Fallstudien, die bei postprandialer Applikation auftretenden pharmakokinetischen Besonderheiten verschiedener Fertigarzneimittel auf mechanistische Weise geklärt werden. So erklärten sich die resultierenden individuellen Plasmaspiegelverläufe der Fertigarzneimittel Viagra® und Adenuric® durch deren unterschiedliche Freisetzungs- und Entleerungscharakteristik. In den In vitro-Versuchen erwiesen sich diese Arzneiformen in ihrem Zerfalls- und Freisetzungsverhalten als unterschiedlich sensitiv gegenüber hydrodynamischen beziehungsweise mechanischen Einflüssen. So zeigten sich in den uns zur Verfügung gestellten pharmakokinetischen Daten für Viagra® vor allem Verläufe einer langsamen und kontinuierlichen Anflutung. Für Adenuric® wurde hingegen ein schnelles Anfluten beobachtet, was sich durch die schnelle Entleerung der fein dispergierten Arzneistoffpartikel über die Magenstraße in vitro erklären ließ.
Ähnliche Beobachtungen konnten für eine neu entwickelte Aspirin®-Formulierung gemacht werden. Diese zeigte aufgrund der angewandten Formulierungsstrategie ein, gegenüber der alten Formulierung, stark beschleunigtes Anfluten unter postprandialen Bedingungen. Wie die In vitro-Daten nahelegten, geschah dies aufgrund der zuverlässigen Entleerung über die Magenstraße. Bei der ursprünglichen Formulierung wurden hingegen deutlich niedrigere maximale Plasmakonzentrationen und ein wesentlich späteres Auftreten dieser maximalen Werte beobachtet. Diese Effekte ließen sich durch die langsame und unvollständige Entleerung aus den Magenzellen des GastroDuo bestätigen und erklären. In diesem Projekt konnte dementsprechend die Bedeutung der angewandten Formulierungsparameter und deren Wechselwirkung mit den physiologischen Begebenheiten aufgezeigt werden.
Abschließend wurde durch eine kombinierte In vitro /In vivo Studie die Eignung des GastroDuo für die prospektive Untersuchungen von Arzneiformen evaluiert. Dazu wurden vier verschiedene Darreichungsformen mit dem Modellarzneistoff Coffein mittels GastroDuo, sowie in einer Humanstudie untersucht. Durch den Nachweis von Coffein im Speichel der Probanden war eine Beurteilung des Zerfallsverhaltens in vivo möglich. Die Resultate der In vivo Studie wiesen gewisse Abweichungen von den erzielten In vitro Ergebnissen auf. Dabei wurde deutlich, dass eine Gewichtung der genutzten Testprogramme zwingend erforderlich ist, da die untersuchten Parameter in vivo mit verschiedenen Häufigkeiten und Auswirkungen auftreten.
Die durchgeführten Untersuchungen zeigen, dass das GastroDuo als vielversprechendes Instrument für die Beurteilungen von schnell freisetzenden Darreichungsformen angesehen werden kann. Der modulare Aufbau ermöglicht die Testung definierter physiologischer Parameter unter kontrollierbaren Bedingungen. Allerdings erfordert dieser Aufbau jeweils einen Satz verschiedener Experimente. Nach unserer Auffassung ist dieser Ansatz jedoch unabdingbar um frühzeitig fundierte Aussagen über die Qualität von Arzneimitteln treffen zu können.
Die Verlängerung des Magenaufenthalts von oralen Arzneiformen steht seit mehr als 30 Jahren im Fokus internationaler Forschungsgruppen. Trotz der Vermarktung diverser Systeme gelang es bislang nicht, eine sichere und reproduzierbare Gastroretention von Arzneiformen zu realisieren. Dies würde jedoch enorme Möglichkeiten für die Therapie mit oral applizierten Arzneimitteln mit sich bringen. Die Reduktion der Einnahmefrequenz, das Vermeiden von Plasmaspiegelspitzen sowie die gesteigerte Patientenadhärenz sind nur einige der denkbaren Vorteile. Die größte Hürde gastroretentiver Systeme ist dabei die Motilität des menschlichen Magens. Starke Kontraktionswellen sind für eine rasche Entleerung insbesondere unter Nüchternbedingungen verantwortlich. Daneben kommt es zu höchsten Belastungen auf Arzneiformen, was wiederum die Wirkstofffreisetzung beschleunigen kann, mit drastischen Folgen für den Patienten. In der präklinischen Testung neu entwickelter Systeme fehlt häufig der Bezug zur Physiologie des Magens und die Vorhersagekraft von Freisetzungstests ist dementsprechend gering. Ziel der Arbeit war daher die Charakterisierung der relevanten Parameter im Magen im Rahmen einer Humanstudie. Die aus dieser Humanstudie gewonnenen Daten zu pH-Werten, Temperaturen und insbesondere Drücken im Magen sollten anschließend genutzt werden, um die im Arbeitskreis verfügbaren, biorelevanten Freisetzungsmodelle weiterzuentwickeln. Abschließend sollten verschiedene, kommerziell erhältliche gastroretentive Arzneiformen unter Berücksichtigung der Magenphysiologie auf ihr Freisetzungsverhalten getestet werden. Die Ergebnisse der Humanstudie zeigten die enorme Abhängigkeit der Magenaufenthaltszeit einer telemetrischen Kapsel vom prandialen Status der Probanden. Nach Einnahme der Standardmahlzeit, wie sie in klinischen Studien zu Nahrungsmitteleffekten Verwendung findet, kam es zu Magentransitzeiten von über 20 h. Dagegen wurde die Kapsel unter Nüchternbedingungen spätestens nach 2,7 h aus dem Magen entleert. Die intragastralen Drücke nach postprandialer Einnahme der Kapsel betrugen mindestens 240 mbar und waren aufgrund des verlängerten Magenaufenthalts deutlich zahlreicher im Vergleich zur Nüchterneinnahme. Die Ergebnisse der In vitro-Untersuchungen zeigten, dass die herkömmlich verwendeten Freisetzungstestgeräte nicht in der Lage sind, biorelevante Belastungen auf eine telemetrische Kapsel auszuüben. Maximale Drücke von 14 mbar waren im eintauchenden Zylinder zu beobachten, welche wir jedoch auf den hydrostatischen Druck beim Eintauchen zurückführen konnten. Im Gegensatz dazu waren wir mit Hilfe unserer neuartigen In vitro-Freisetzungsmodelle in der Lage, vollständige Druckprofile nachzustellen, wie sie auch in vivo beobachtbar waren. Die Freisetzungsuntersuchungen der gastroretentiven Präparate Glumetza® 1000 und Madopar® Depot unter biorelevanten Bedingungen offenbarten die extreme Drucksensitivität dieser Systeme. Hierfür definierten wir auf Basis der In vivo-Daten drei realistische Druckprofile und stellten diese in vitro nach. Früh auftretende, leichte Belastungen während der Freisetzungstests führten bei der flotierenden Arzneiform Madopar® Depot bereits zur vollständigen Wirkstofffreisetzung. Glumetza® 1000 schien abhängig vom Quellungszustand auf die Belastungen zu reagieren, wobei spätestens stärkere Belastungen nach 6 h zur vollständigen Freisetzung des Wirkstoffs führten. Auf Basis dieser Ergebnisse ist anzuzweifeln, dass die bislang erhältlichen gastroretentiven Systeme über einen längeren Zeitraum im Magen intakt bleiben und kontrolliert ihren Wirkstoff freisetzen. Daneben können die entwickelten Testmethoden dazu genutzt werden, um die Entwicklung neuartiger gastroretentiver Systeme voranzutreiben.
From a biopharmaceutical point of view, poor oral bioavailability of a drug is one of the greatest challenges for formulation scientists. The majority of new chemical entities (NCEs) are weakly basic drugs. Consequently, these drugs exhibit pH-dependent solubility, being higher under acidic conditions in the fasted stomach and lower under neutral conditions in the small intestine, the main site of drug absorption. For theses compounds, pH-dependent precipitation testing represents a key parameter during early development stages. In this development phase, the amount of drug available is limited, and fast and detailed investigations of simulated drug solubility are desired. Therefore, an automated small-scale in vitro transfer model, simulating drug transfer from a donor (stomach; simulated gastric fluid, SGF pH 2.0) to an acceptor (small intestine; fasted state simulated intestinal fluid, FaSSIF-phosphate pH 6.5) compartment, has been developed. In contrast to the originally published transfer model, this model allowed a detailed investigation of drug supersaturation and precipitation in a small-scale, feasible for pre-formulation purposes, through miniaturization and automation in an in-line analytical set-up. In-line drug concentration analysis in turbid samples, due to pH-dependent drug precipitation, was achieved by a pre-filtration step, the use of flow-through cuvettes and the application of UV derivative spectroscopy. Compared to the common procedure of manual sampling followed by HPLC-UV analysis for concentration determination, the supersaturation and precipitation of the model drug ketoconazole was more accurately captured by the newly developed in-line analytical set-up. In addition, the newly developed small-scale model was compared to a USP II-based transfer model, representing an established scale of the transfer model. Using a physiologically relevant simulated gastric emptying rate of 5 min half-time, supersaturation and precipitation of the model drugs ketoconazole and a new chemical entity from the research laboratories of Merck Healthcare KGaA, MSC-A, were observed to be highly comparable. Following miniaturization and automation, the developed small-scale model was used to establish eight physiologically relevant test-sets. These test-sets were used to assess the impact of gastrointestinal (GI) variability, i.e. gastric pH, gastric emptying, and GI fluid volumes, on supersaturation and precipitation of two weakly basic model compounds, ketoconazole and MSC-A. The experiments revealed that variations in all GI parameters investigated affected the in vitro supersaturation and precipitation of ketoconazole. For example, faster gastric emptying yielded higher supersaturation and faster precipitation of ketoconazole. In contrast, MSC-A supersaturation and precipitation was only affected by variability in gastric pH. Consequently, the effect of varying GI parameters was found to be drug-specific. Elevated gastric pH, as it can result from co-medication with acid-reducing drugs, resulted in lower degrees of supersaturation for both substances. For ketoconazole, this result is in agreement with the observation that the oral bioavailability of ketoconazole is lowered when proton pump inhibitors are co-administered. In addition to the physiological considerations, the small-scale model developed herein was used to establish an in vitro screening assay for precipitation inhibitors (PIs). The use of PIs represents one option of reducing the process of pH-dependent drug precipitation during simulated GI transfer. For this purpose, ketoconazole and five orally administered kinase inhibitors (i.e. pazopanib, gefitinib, lapatinib, vemurafenib, and MSC-A) were analyzed with and without the polymeric PIs HPMC, HPMCAS, PVPK17 and K30, PEG6000, and Soluplus® in the small-scale transfer model. This screening revealed that at least one effective PI could be identified for each model drug. Moreover, HPMCAS and Soluplus® were the most effective PIs. Another outcome of these studies was that gefitinib expressed highly variable amorphous precipitation which was confirmed by powder X-ray diffraction (PXRD). During the transfer model experiments, the intermediate amorphous and supersaturated state of gefitinib was stabilized using HPMCAS and Soluplus®. After the polymer investigations, the impact of the buffer species in the simulated intestinal medium on drug supersaturation and precipitation was assessed. Since luminal fluids are mainly buffered by hydrogen carbonate ions, a USP II-based transfer model equipped with the pHysio-grad® device was proposed. This allowed the use of a complex bicarbonate buffer for the preparation of FaSSIF-bicarbonate in an in vitro transfer model. Results of transfer model experiments using standard phosphate-based FaSSIF and a more physiologically relevant bicarbonate-based FaSSIF were compared. Therefore, ketoconazole, pazopanib, and lapatinib were analyzed with and without the precipitation inhibitor HPMCAS. While HPMCAS was found to be an effective precipitation inhibitor for all drugs in FaSSIF-phosphate, the effect in FaSSIF-bicarbonate was much less pronounced. Additionally, performed rat PK studies revealed that HPMCAS did not increase the exposure of any of the model compounds significantly, indicating that the transfer model employing bicarbonate-buffered FaSSIF was more predictive compared to the model using phosphate-buffered FaSSIF. The in vitro and in vivo results of these studies demonstrated that the supersaturation precipitation of poorly soluble weakly basic drugs can be significantly affected by GI variability. Furthermore, the use of the automated small-scale transfer model enabled the identification of effective precipitation inhibitors for the model drugs involved in these studies. At the same time the buffer species has been observed to be especially important to reliably predict the in vivo solubility/dissolution behavior of HPMCAS and the weakly basic model drugs.