Institut für Klinische Chemie und Laboratoriumsmedizin
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Adipositas und Osteoporose stellen immer größer werdende Herausforderungen für
das Gesundheitssystem dar. Beide Erkrankungen gehen mit erheblichen negativen
Auswirkungen für die Betroffenen einher. Übergewicht ist mit der Entstehung von
Diabetes mellitus, sowie einer Erhöhung des Blutdrucks und dem Auftreten eines
inflammatorischen Phänotyps assoziiert. Wiederrum ist die Plasmakonzentration des
Adipokins Chemerin bei übergewichtigen oder adipösen Patienten erhöht. Kleinere
Beobachtungsstudien zeigen, dass erhöhtes Plasmachemerin zudem mit einem
Verlust an Knochensubstanz in Verbindung steht. Die Ergebnisse vorheriger Studien
zu diesem Thema waren jedoch durch ihre kleine Teilnehmerzahl, ihr Studiendesign
oder ihre ausschließlich weibliche Kohorte nicht auf die Allgemeinbevölkerung
übertragbar. Dies ist daher die erste populationsbasierte Studie, die den potentiellen
Zusammenhang zwischen Chemerin und der Knochenqualität in der
Allgemeinbevölkerung untersucht hat. Zudem wurde der Einfluss des Body-MassIndex (BMI) auf den genannten Zusammenhang berücksichtigt.
Für diese Arbeit wurden Daten von 3583 Teilnehmern der Study of Health in
Pomerania (SHIP)–Trend untersucht. Die Probanden wurden nach Geschlecht und
BMI-Gruppen in normalgewichtig (BMI<25 kg/m²), übergewichtig (BMI 25-29 kg/m²)
und adipös (≥30 kg/m²) eingeteilt. Die Plasmachemerinkonzentration wurde im EDTAPlasma der Probanden bestimmt. Die Messung der Knochenqualität erfolgte mittels
quantitativen Ultraschalls (QUS) an der Ferse.
Die statistischen Analysen (lineare und logistische Regressionsmodelle) zeigten bei
adipösen Probanden einen signifikanten inversen Zusammenhang zwischen
Chemerin und der Knochenfestigkeit (Breitbandultraschallabschwächung bei
Männern, Schallgeschwindigkeit und Steifigkeitsindex bei Frauen) sowie eine erhöhte
Chance für ein mittleres oder hohes QUS-basiertes Frakturrisiko. Bei normal- und
übergewichtigen Probanden gab es keinen Hinweis auf signifikante Assoziationen
zwischen den untersuchten Parametern. Chemerin hat somit bei adipösen Männern
und Frauen einen negativen Einfluss auf die Knochenfestigkeit.
Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass dies die erste Studie ist, die an einem
großen Studienkollektiv den Zusammenhang zwischen Plasmachemerin und der
Knochenqualität in Abhängigkeit vom BMI statistisch umfassend geprüft hat. Es
wurden verschiedene Hypothesen zum pathophysiologischen Zusammenhang
zwischen Chemerin und den QUS-Parametern diskutiert. Eine abschließende
Erklärung kann mit den vorhandenen Daten aber nicht geliefert werden. Um den
klinischen und therapeutischen Nutzen für den Patienten genauer herauszuarbeiten
als auch zur Findung neuer Therapie- und Diagnosekonzepte, sollten weitere Studien
folgen.
Diese Studie liefert einen umfassenden Überblick über die Assoziationen der fünf Adipokine Adiponektin, Chemerin, Galektin-3, Leptin und Resistin mit der Menge unterschiedlicher Fettkompartimente sowie metabolischer Risikofaktoren und Phänotypen. Dafür wurden Daten von 4116 Teilnehmern der bevölkerungsbasierten SHIP-TREND-Studie mittels multivariabler linearer und logistischer Regressionsmodelle analysiert.
Adipöse Teilnehmer weisen verglichen mit normalgewichtigen Probanden höhere Chemerin-, Galektin-3- und Leptinkonzentrationen sowie niedrigere Adiponektinkonzentrationen auf. Der Leberfettgehalt sowie die Menge des subkutanen (SAT)- und viszeralen Fettgewebes (VAT) waren jeweils unabhängig voneinander invers mit der Adiponektinkonzentration assoziiert. Zusätzlich konnten unabhängige positive Assoziationen zwischen dem Leberfettgehalt, der Menge des SAT und der Chemerinkonzentration sowie zwischen SAT und der Galektin-3- und Leptinkonzentration beobachtet werden. Bei körperlich inaktiven Teilnehmern vs. körperlich aktiveren Probanden wurde eine höhere Chemerin- und Leptinkonzentration festgestellt. Darüber hinaus wiesen Raucher vs. Nichtraucher eine höhere Chemerin- und Galektin-3-Konzentration sowie eine niedrigere Leptin- und Adiponektinkonzentration auf. Der Alkoholkonsum war positiv mit dem Adiponektin- und invers mit dem Resistinspiegel assoziiert. Alle untersuchten Adipokine zeigten zudem signifikante Assoziationen mit mindestens einem Lipidmarker auf. Mit Ausnahme von Resistin wurden für alle untersuchten Adipokine signifikante Assoziationen mit dem Glukosestoffwechsel festgestellt. Insgesamt war eine hohe Adiponektinkonzentration mit einem vorteilhaften Stoffwechselprofil verbunden, wohingegen eine hohe Chemerin-, Galektin-3- bzw. Leptinkonzentration mit ungünstigen Stoffwechselbedingungen assoziiert war. Interessanterweise scheint eine hohe Leptinkonzentration aber hauptsächlich auf Übergewicht hinzuweisen, wohingegen eine hohe Adiponektin- oder Chemerinkonzentration mit einem breiteren Spektrum metabolischer Phänotypen assoziiert ist. Galektin-3 und Resistin scheinen dagegen nur eine untergeordnete Rolle in Zusammenhang mit metabolischen Phänotypen zu spielen.
Insgesamt trägt die vorliegende Untersuchung zu einem besseren Verständnis der Assoziationen von Adipokinen mit unterschiedlichen Fettkompartimenten, Verhaltensrisikofaktoren und metabolischen Phänotypen bei. Allerdings ist bisher sehr wenig über das gesamte Spektrum der komplexen Physiologie der Adipokine bekannt. Daher sind weitere Studien erforderlich, um Klarheit in diese Zusammenhänge zu bringen.