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Pentathiepine sind siebengliedrige, heterocyclische Polysulfane. Sie gehören damit zur Gruppe organischer Polysulfide und somit zu einer Stoffklasse, die in den letzten Jahren wachsendes Interesse hinsichtlich pharmazeutisch/medizinisch nutzbarer Eigenschaften geweckt hat. Sie besitzen unterschiedliche biologische Wirkungen, die möglicherweise auf die Aktivierung durch Thiole, wie zum Beispiel Glutathion (GSH), zurückzuführen sind. Dazu gehören die Erzeugung von reaktiven Sauerstoffspezies und die oxidative Fragmentierung von DNA.
Pentathiepine zeigen sich als gelbe, schwer lösliche Feststoffe und sind in sauren Lösungen sehr stabil. In Lösungen, die Basen oder Nukleophile enthielten, nahm der Gehalt an Pentathiepinen jedoch sehr schnell ab. In dieser Arbeit sollte hauptsächlich untersucht werden, inwieweit sich die Stabilität der Pentathiepine auf die biologischen Eigenschaften auswirkt. Neben der Ermittlung der Verteilungskoeffizienten 23 verschiedener Pentathiepine, wurden auch enzymbasierte Assays durchgeführt.
Dazu gehörte die Bestimmung der Reversibilität der Hemmung an boviner Glutathionperoxidase-1 (GPx-1) sowie der Einfluss unterschiedlicher Inkubationsbedingungen auf die inhibitorische Wirkung. Dabei wurde für das untersuchte Pentathiepin mittels jump dilution keine irreversible Hemmung an boviner GPx-1 gefunden. Eine irreversible Inhibierung konnte jedoch für Mercaptobernsteinsäure gezeigt werden. Die Ergebnisse der unterschiedlichen Inkubationsbedingungen erlauben die Schlussfolgerung, dass der intakte Pentathiepinring wahrscheinlich nicht an der Hemmung der GPx-1 beteiligt ist, sondern die aus der Reaktion mit GSH gebildeten Abbauprodukte. Es konnte jedoch auch gezeigt werden, dass der Pentathiepinring mindestens als „Schwefeltransporter“ benötigt wird. Ein Übertrag des GPx-Assays auf die HPLC konnte als prinzipiell möglich, für die Pentathiepine jedoch als nicht geeignet gezeigt werden.
Im zweiten Teil der Arbeit wurden sechs Pentathiepine mit vier unterschiedlichen Grundgerüsten hinsichtlich ihrer Stabilität in Gegenwart von GSH untersucht. Dabei gab es hinsichtlich der Reaktivität der Pentathiepine sehr starke Unterschiede. Trotz dieser großen Unterschiede konnten keine Unterschiede hinsichtlich der GPx-Hemmung und der antiproliferativen Eigenschaften beobachtet werden. Auch eine Absenkung der intrazellulären GSH-Konzentration durch Inkubation mit DL-Buthioninsulfoximin in drei humanen Krebszelllinien mit unterschiedlichem Glutathiongehalt ergab keine Unterschiede zwischen den getesteten Substanzen. Sie waren nach Vorinkubation der Zellen durchgehend aktiver.
Aufgrund der vergleichsweise hohen Reaktivität in Gegenwart von GSH sollte ein Pentathiepin in einem proof of concept in Liposomen formuliert werden. Diese Formulierung sollte einerseits das Pentathiepin vor Reaktionen mit Thiolen wie GSH schützen, andererseits die Wasserlöslichkeit erhöhen. Dabei ergab sich, dass die Wasserlöslichkeit der Pentathiepine durch Formulierung in DOPC-Liposomen von unter 3 μM auf über 400 μM erhöht werden konnte. In Hinsicht auf die Stabilität ergab sich eine erhöhte Stabilität des untersuchten Pentathiepins in Anwesenheit von 10 mM GSH um den Faktor 4 in der Zeit bis zum vollständigen Abbau. Hinsichtlich der antiproliferativen Eigenschaften ergab sich keine Abnahme der Wirkung des Pentathiepins durch Formulierung in Liposomen.
In den Weltmeeren findet rund die Hälfte der jährlichen globalen Kohlenstofffixierung statt, davon ein großer Anteil in küstennahen Regionen. Hier kommt es zu wiederkehrenden saisonalen Algenblüten, die durch eine zeitlich begrenzte explosionsartige Vermehrung von Mikroalgen (hauptsächlich Diatomeen und Coccolithophoren) charakterisiert sind. Vor allem Frühjahrsblüten (März-Mai) haben aufgrund ihrer zeitlichen und räumlichen Vorhersagbarkeit einen hohen Stellenwert als Modellsysteme, anhand deren sich der Kohlenstoffkreislauf der Meere untersuchen lässt.
Mikroalgen produzieren eine große Vielfalt an Makromolekülen, die für die mit ihnen vergesellschafteten Bakterien als Nahrungsgrundlage dienen. Besonders im Fokus stehen hier die für den Kohlenstoffkreislauf relevanten Polysaccharide. Im Gegensatz zu anderen natürlichen Makromolekülen wie DNA oder Proteinen können Polysaccharide aus vielen verschiedenen Monomeren mit unterschiedlichsten Bindungen bestehen. Zusätzlich finden sich an diesen Zuckermonomeren viele Modifikationen wie Acetylierungen, Methylierungen oder Sulfatierungen, die die Komplexität weiter erhöhen. Diese Variabilität bedingt eine hohe strukturelle und funktionale Diversität. So können Polysaccharide Speicherstoffe, Zellwandbestandteile oder Teile der extrazellulären Matrix darstellen.
Komplementär hierzu besitzen Polysaccharid-verwertende Bakterien entsprechend komplexe, enzymatische Abbaumechanismen. Besonders hervorzuheben sind hier die Bakterien des Phylums Bacteroidota, die sich in verschiedensten Nischen auf den Abbau von Polysacchariden spezialisiert haben. Sie finden sich in Bodenproben, als Teil der menschlichen Darmflora, oder eben auch als bedeutende Begleiter von Algenblüten.
Bacteroidota (und in marinen Systemen hauptsächlich die zu ihnen gehörenden Flavobakterien) besitzen zum Abbau diverser Polysaccharide sogenannte Polysaccharide utilization loci (PULs), genomische Inseln, die alle notwendigen Proteine zur Aufnahme und Abbau eines bestimmten Polysaccharids codieren. Hierzu gehören hochspezifische Enzyme (Carbohydrate-active enzymes, CAZymes), transkriptionelle Regulatoren sowie Transportersysteme, die initial gespaltene Oligosaccharide über die Membran in das Bakterium transportieren, wo sie von weiteren Enzymen vollständig abgebaut werden. Diese Co-Lokalisation der benötigten Gene und deren gemeinsame Regulation stellt einen enormen Selektionsvorteil der Bacteroidota dar und ist der Grund, warum sie, ähnlich wie Algen, einer jährlich wiederkehrenden Sukzession folgen, die sich gut untersuchen lässt.Die Forschungsartikel, die Teil dieser Doktorarbeit sind, untersuchen das Zusammenspiel von Polysaccharid-produzierenden Algen mit den Bakterien, die sie abbauen, aber auch darauf basierende Beziehungen der Bakterien untereinander. Die erste Publikation beschäftigt sich mit dem weit verbreiteten Speicherpolysaccharid α-Glucan, für das der Großteil der blütenbegleitenden Bakterien einen spezifischen aktiven PUL besitzt. Eine Untersuchung der in der Blüte vorhandenen Algenarten bestätigte, dass die Blüte von β-Glucan-produzierenden Algen dominiert wird. Da Bakterien aber selbst α-Glucane als Speicherpolysaccharide verwenden, konnte gezeigt werden, dass nicht die Algen selbst, sondern die Bakterien Hauptproduzent dieser Polysaccharide während einer Phytoplanktonblüte sind. Bakterielle Proteine, die dem Abbau von Algen-β-Glucan und dem daraus folgenden Aufbau von bakteriellem α-Glucan dienen, waren in Umweltproben und in Laborkulturen unter ähnlichen Bedingungen abundant. Die Untersuchung von extrahiertem bakteriellem Polysaccharid bewies, dass dieses nicht nur α-Glucan enthält, sondern dass dieses Polysaccharid auch in der Lage war, α-Glucan PULs mariner Bakterien zu induzieren. Hier zeigte sich ein innerhalb des marinen Kohlenstoffkreislaufs bisher wenig berücksichtigter Kreislauf, indem Bakterien Polysaccharide anderer Bakterien nutzen, die z.B. durch Viren lysiert wurden.
Die anderen zwei Artikel dieser Arbeit befassen sich mit dem Abbau von Zellwandpolysacchariden durch blütenassoziierte Modellbakterien. In einer der Studien wird detailliert der Abbau eines β-Mannans (ein Polysaccharid das hauptsächlich aus dem Monosaccharid Mannose besteht) durch ein Bakterium des Genus Muricauda beschrieben. Die PUL-Struktur dieses Bakteriums kam in mehreren anderen Phytoplanktonblüten-assoziierten Bakterien vor. Diese Beobachtung wies darauf hin, dass es sich hier um ein Mannan mit zusätzlichen Galactose- und Glucose-Substitutionen handelte. Proteom-Untersuchungen bestätigten, dass das Bakterium derartige Substrate unter Induktion des β-Mannan-PULs nutzen können. β-Mannan konnte durch Antikörpermarkierung in Blütenproben sowie spezifischen Mikroalgenarten (Chaetoceros, Coscinodiscus) nachgewiesen werden. Die in dieser Publikation charakterisieren β-Mannan-PUL-codierten Enzyme waren in der Lage, dieses Signal zu löschen, was bewies, dass Muricauda sp. Mannan-basierte Zellwandpolysaccharide bestimmter Arten von Mikroalgen abbauen kann.
Die dritte Studie geht näher auf den Abbau von Xylanen (bestehend aus Xylose) durch ein blütenassoziiertes Bakterium des Genus Flavimarina ein. In diesem Bakterium wurden anhand der enthaltenen Xylanasen zwei putative Xylan-PULs annotiert. Wachstumsexperimente und Proteom-Untersuchungen zeigten, dass einer dieser PULs hauptsächlich bei Wachstum auf Glucoronoxylan induziert wird, während der andere PUL aufArabinoxylane stärker reagierte. Untersuchung der PUL-CAZymes bestätigte diese Ergebnisse durch Charakterisierung mehrerer Xylanasen sowie Glucoronidasen und Arabinofuranosidasen. Zusätzlich codierten beide PULs für Esterasen, die eine Modifikation der natürlichen Substrate durch Acetylierungen oder Methylierungen nahelegen. Da all diese Merkmale von terrestrischen Xylanen geteilt werden und in Blütenproben aus Küstennahen Regionen Xylane nachgewiesen wurden, ist es möglich, dass Bakterien aus solchen Regionen sowohl Xylane terrestrischen Ursprungs (z.B. durch Flusseinspeisung) sowie marinen Ursprungs abbauen können.
Die orale Einnahme stellt für Patienten die einfachste und unkomplizierteste Möglichkeit dar, ein Arzneimittel zu applizieren und ist das angestrebte Ziel der Arzneimittelentwicklung. Dem entgegen stehen jedoch die evolutionär entstandenen Möglichkeiten des Körpers, aufgenommene Fremdstoffe zu inaktivieren und zu eliminieren. Ein Zusammenspiel aus anatomischen Gegebenheiten und den Enzymen des Fremdstoffmetabolismus sorgt dafür, dass ein Teil der oral applizierten Dosis bereits verstoffwechselt wird, bevor er über das arterielle System an den Wirkort gelangen kann (first-pass-Effekt). Als Ort dieses Metabolismus wurde, neben der Leber, auch der Darm identifiziert. Um das Ausmaß des first- pass-Effektes abschätzen zu können, werden Daten über den Gehalt der arzneistoffmetabolisierenden Enzyme in diesen Organen benötigt. Als Methode der Wahl bietet sich dazu die LC-MS/MS an, da mit ihr verschiedene Enzyme in einem analytischen Lauf bestimmt werden können und sie sich durch eine hohe Empfindlichkeit, Reproduzierbarkeit und Spezifität auszeichnet.
Mit der vorliegenden Arbeit wurde das analytische Spektrum der bisher publizierten Methoden zur Bestimmung von CYP- und UGT-Enzymen erweitert. Mit der neuen Methode können nun zwei Carboxylesterasen, 17 CYP-Enzyme und fünf UGT-Enzyme quantifiziert werden. Weiterhin wurde die Methode anhand von Richtlinien für bioanalytische Methoden umfassend validiert. Durch die Verwendung von rekombinant hergestellten arzneistoffmetabolisierenden Enzymen konnte der gesamte analytische Prozess, von der Probe bis zum Endergebnis, erstmalig umfassend charakterisiert werden. Dabei zeigte sich eine, für einen derart komplexen Prozess bemerkenswerte Präzision von maximal 15,5% Variation nach sechsmaliger Durchführung.
Die entwickelte Methode wurde dann auf gepaarte Proben aus Leber und Jejunum von elf gesunden Organspendern angewendet. Im Jejunum wurden CES1, CES2, CYP2C9, CYP2C18, CYP2C19, CYP2D6, CYP2J2, CYPA4, CYP3A5, CYP4F2, CYP4F12, UGT1A1, UGT1A3, UGT2B7 und UGT2B17 gefunden. In der Leber konnten alle untersuchten Enzyme (CES1, CES2, CYP1A1, CYP1A2, CYP2A6, CYP2B6, CYP2C8, CYP2C9, CYP2C18, CYP2C19, CYP2D6, CYP2E1, CYP2J2, CYP3A4, CYP3A5, CYP3A7, CYP4F2, CYPF12, UGT1A1, UGT1A3, UGT2B7, UGT2B15 und UGT2B17), bis auf CYP4A11 nachgewiesen werden. Für einige Enzyme (CES2, CYP2C18, CYP2C19, CYP2J2, CYP3A4, CYP4F2, CYP4F12) wurden im Jejunum Enzymgehalte gemessen, die mit denen in der Leber vergleichbar sind, was noch einmal unterstreicht, dass der Darm auch als klinisch relevanter Ort des Arzneistoffmetabolismus betrachtet werden muss. Auffällig war hier zudem die deutlich höhere Variabilität in den Darmproben, verglichen mit den Leberproben, die ihre Ursache in Umwelteinflüssen oder dem Mikrobiom des Darms haben könnten. Außerdem wurde die Expression der zugehörigen Gene mittels quantitativer real-time PCR untersucht. Hier bestand nur in einigen Fällen eine signifikante Korrelation zwischen Genexpression und Proteingehalt, was für zwischengeschaltete regulatorische Mechanismen spricht.
Weiterhin wurden mit dieser Methode Leberproben einer Kohorte von Patienten mit Krankheitsbildern, die mit einer Einschränkung der Leberfunktion einhergehen, untersucht. Dazu wurden die Patienten nach der verbleibenden Leberfunktion (Child-Pugh-Score) und nach der zugrundeliegenden Erkrankung eingeteilt. Es zeigt sich eine generelle Abnahme des Gehaltes an arzneistoffmetabolisierenden Enzymen mit fortschreitender Verschlechterung der Leberfunktion, wobei sich CYP2E1 als besonders anfällig erwiesen hat und bereits in Child- Pugh-Klasse A signifikant erniedrigt war. Bei den verschiedenen Erkrankungen zeigt sich ein uneinheitliches Bild, die prozentuale Verteilung der Enzyme ist jedoch bei allen Erkrankungen gegenüber den gesunden Kontrollproben verändert.
Über die Regulation der Expression von arzneistoffmetabolisierenden Enzymen ist bisher noch wenig bekannt. Es gibt aber Hinweise aus der Literatur, dass bestimmte nukleäre Rezeptoren an der Regulation der Enzyme beteiligt sein können. Deshalb wurde eine LC-MS/MS-basierte targeted-proteomics-Methode zur Quantifizierung von nukleären Rezeptoren in Darm- und Lebergewebe entwickelt und validiert. Im Gewebe konnten nur AhR und HNF4α nachgewiesen werden, da die Empfindlichkeit des verwendeten experimentellen Ansatzes vermutlich nicht ausreichend ist. Dabei war HNF4α in Darmgewebe deutlich höher exprimiert als AhR. Außerdem wurde die Expression der nukleären Rezeptoren auf Genebene durch quantitative real-time PCR untersucht. Dabei wurde eine höhere Expression von CAR in der Leber gefunden, während PXR in Darm stärker exprimiert wird. Dies entspricht den Erkenntnissen aus der Literatur, nach denen CAR einen regulatorischen Effekt auf arzneistoffmetabolisierende Enzyme in der Leber hat, während dies für PXR in Darm zutrifft. Diese Arbeit kann einen Beitrag zum weitergehenden Verständnis der Regulation von arzneistoffmetabolisierenden Enzymen durch nukleäre Rezeptoren beitragen.
Bei allen diesen Arbeiten gilt es zu beachten, dass das Vorhandensein eines Proteins nicht zwangsläufig mit seiner Aktivität gleichzusetzen ist. Jedoch zeigen zahlreiche Beispiele aus der Literatur, dass sich mit den Daten aus Proteomics-Studien PBPK-Modelle aufstellen lassen, die die in klinischen Studien erhobenen Daten mit beeindruckender Genauigkeit reproduzieren können.
Innovative Wirkstoffe stellen die Entwickler und Entwicklerinnen von pharmazeutischen Darreichungsformen vor große Herausforderungen. Viele neue Arzneistoffe weisen eine unzureichende orale Bioverfügbarkeit auf. Die Gründe hierfür sind vielfältig und liegen unter anderem in der ortsabhängigen Löslichkeit und Permeabilität der betreffenden Substanzen. Dieser Problematik kann auf chemischer und technologischer Ebene begegnet werden. Auf der Seite der pharmazeutischen Technologie besteht beispielsweise die Möglichkeit, mukoadhäsive Darreichungsformen zu entwickeln. Darunter versteht man Systeme, die an der Schleimhaut haften und dadurch eine Retention des Arzneistoffes an der entsprechenden Stelle bewirken. Einerseits führt dies zu einer lokalen Erhöhung der Wirkstoffkonzentration, andererseits wird durch die Adhäsion die potenzielle Resorptionszeit verlängert. Beide Faktoren können sich positiv auf die Bioverfügbarkeit auswirken.
Zur Charakterisierung mukoadhäsiver Arzneiformen sind verschiedene Methoden beschrieben worden, von denen jedoch keine standardisiert ist. Mögliche Einflussfaktoren auf die Messung wurden in der Vergangenheit teilweise nicht ausreichend evaluiert, was die Konzeption einer geeigneten Messmethode erschwert. In der vorliegenden Arbeit wurde systematisch eine Methode zur Messung der Adhäsivität von Polyvinylalkohol-Filmen auf Basis der Messung der maximalen Haftkraft erarbeitet. Dazu wurde im ersten Teil der Arbeit ein in vitro-Test durchgeführt, der zur Aufklärung gerätespezifischer Einflussfaktoren diente. Es zeigte sich, dass die Adhäsion von PVA-Filmen an biomimetischen Agar/Muzin-Gelen in erster Linie zeitabhängig ist. Das Maximum der Adhäsion konnte nach 3 min beobachtet werden. In dieser Zeit kommt es zu einer Quellung des zuvor festen Films, wodurch die Beweglichkeit der Polymerketten zunimmt. Dies kann die Vernetzung von Polymer und Muzin begünstigen, wodurch die Adhäsion zunimmt. Nach Überschreiten eines Maximums kommt es zu einer Überhydratisierung des Systems und zu einer Abnahme der Kohäsion, so dass der Gelfilm beim Entfernen der Messsonde in sich reißt.
Die Geschwindigkeit, mit der die Sonde entfernt wurde, beeinflusste ebenfalls die Ergebnisse der Untersuchungen. Höhere Geschwindigkeiten führten zu höheren berechneten Adhäsionsarbeiten Wad, während die maximale Abrisskraft Fmax ein Plateau erreichte. Dieses Verhalten könnte durch die viskoelastischen Eigenschaften der beteiligten Bindungspartner beeinflusst werden.
Bezüglich der gerätespezifischen Parameter schien die Anpresskraft des Mukoadhäsivs an das biomimetische Gel den geringsten Effekt auszuüben. Unter Berücksichtigung der verwendeten Kraftmesszelle und der Integrität des Gels sollten höhere Anpresskräfte verwendet werden. Je nach Applikationsort sind physiologische Drücke zu berücksichtigen.
Ausgehend von den in vitro gewonnenen Erkenntnissen wurden anschließend zwei ex vivo Versuche durchgeführt. Diese Versuche konzentrierten sich auf die Eigenschaften der Substrate selbst, auf denen die PVA-Filme haften sollten. Der Einfluss der Präparation der verwendeten Gewebe auf die Adhäsion wurde sowohl an Dünndarmpräparaten vom Schwein als auch am Menschen untersucht. Die Gewebe wurden zum einen im frischen Zustand unmittelbar nach der Entnahme für die Mukoadhäsionsmessungen verwendet, im zweiten Versuchsabschnitt wurden sie für eine Woche im Gefrierschrank gelagert und für die Experimente aufgetaut. Bei den Schweinedärmen stellte sich die Frage, ob die Reinigung der frischen Därme einen zusätzlichen Effekt haben könnte. Aufgrund der geringen Probenzahl konnte kein eindeutiger Trend festgestellt werden. Bei zwei von drei Versuchstieren erhöhte sich die errechnete Arbeit (Wad) durch die vorsichtige Reinigung. Beim Auftauen der gereinigten Gewebe konnte bei allen Versuchstieren ein Anstieg der Wad sowie der maximalen Abrisskraft beobachtet werden. Diese Daten wurden statistisch mit den Ergebnissen der ex vivo-Humanstudie verglichen. Das Probandenkollektiv, dessen Daten in die Untersuchungen einflossen, umfasste insgesamt 12 Teilnehmer, die sich aufgrund verschiedener gastrointestinaler Erkrankungen einer geplanten Operation unterziehen mussten. Gesundes Dünndarmgewebe, das aus operationstechnischen Gründen zusätzlich zum erkrankten Gewebe entfernt werden musste, wurde im Rahmen der Studie verwendet. Der statistische Vergleich der Gewebe unterschiedlicher Herkunft zeigte sowohl im frischen als auch im aufgetauten Zustand keine signifikanten Unterschiede. Bei Betrachtung der einzelnen Messwerte konnte jedoch festgestellt werden, dass die berechneten Wad bei menschlichem Gewebe etwas höher lagen als bei Schweinepräparaten. Eine größere Probenzahl könnte einen möglichen statistisch signifikanten Unterschied aufzeigen. Bei menschlichem Gewebe konnte außerdem festgestellt werden, dass die Verwendung einer Messeinstellung mit höherer Anpresskraft, längerer Kontaktzeit und schnellerem Entfernen der Messsonde zu signifikant höheren Wad führte (Einstellung A vs. Einstellung B). Bei allen Messungen wurde deutlich, dass die Adhäsionsarbeit empfindlicher auf Änderungen der Messparameter reagiert und daher möglicherweise der geeignetere Surrogatparameter für die Quantifizierung der Mukoadhäsion ist. Insgesamt zeigte sich bei den biologischen Präparaten eine deutlich größere Variabilität der Messwerte als bei den in vitro-Versuchen. Bei dem humanen Gewebe der ex vivo-Studie handelte es sich um Gewebe, welches von der für den Eingriff ursächlichen Erkrankung nicht betroffen war. In diesem Zusammenhang ist die große interindividuelle Variabilität der Messwerte auf der gesunden Schleimhaut hervorzuheben. Bei der Anwendung mukoadhäsiver Filme auf histologisch veränderter, pathogener Schleimhaut könnte die Mukoadhäsion möglichweise sogar weitaus variabler sein, da in diesem Fall neben der histologischen Veränderung auch eine mögliche Begleitmedikation eine Rolle spielen könnte. Diese Aspekte sollten bei dem Design einer Darreichungsform, aber auch eines geeigneten Testsystems zukünftig berücksichtigt werden.
Die in dieser Arbeit gewonnenen Erkenntnisse können zur weiteren Optimierung und Validierung einer Messmethode für die Mukoadhäsion beitragen, um die Genauigkeit und Zuverlässigkeit der Ergebnisse zu erhöhen. Um die biologische Relevanz dieser in vitro-Experimente zu verbessern, können physiologische Daten aus telemetrischen Systemen genutzt und in den experimentellen Aufbau implementiert werden.
Antimicrobial resistance (AMR) is of paramount importance in the context of One Health, an integrated and unifying approach that aims to achieve a sustainable balance in the well-being of people, domestic and wild animals, plants, and their shared environments. Whenever bacteria become resistant to the therapeutic effects of antibiotics, they can cause infections that are difficult to treat effectively, increasing the risk of severe disease progression and death. Although AMR can develop naturally over time and is per se “ancient”, the excessive use of antibiotics in human and veterinary medicine over the past century has significantly accelerated its emergence and spread. Opportunistic Gram-negative enterobacteria, particularly Escherichia coli (E. coli ) and Klebsiella pneumoniae (K. pneumoniae) strains, increasingly exhibit resistance to multiple classes of clinically used antibiotics, thus presenting multidrug-resistant (MDR) phenotypes. To make matters worse, some of these strains combine multidrug resistance with high-level virulence, posing a threat to both immunocompromised and healthy individuals. Consequently, MDR E. coli and K. pneumoniae have been designated as high-risk pathogens by the World Health Organization, underscoring the urgent need for new antibiotic development.
This thesis is motivated by the fact that only a limited number of international high-risk clonal E. coli and K. pneumoniae lineages stand out across all One Health dimensions and dominate the broad pool of MDR enterobacteria. While we only know little about the underlying drivers and contributing factors impacting their occurrence, emergence, and adaptation across different ecologies, this thesis employs a diverse range of bioinformatics and phenotypic approaches to identify the key factors important for the success of these lineages, also in rather under-explored settings. It includes three main components: (i) the analysis of genomic survey data of MDR E. coli isolates from ecologies in sub-Saharan Africa, (ii) the application of functional genomics and phenotyping techniques to characterize bacterial virulence and assess its clinical relevance in a food-borne E. coli strain, and (iii) the investigation of evolutionary pathways that promote the development of resistance to a novel drug combination and exploring compensatory mechanisms in a K. pneumoniae strain. To achieve these objectives, this research integrates genomics and transcriptomics with molecular biology and functional studies encompassing a comprehensive set of in vitro and in vivo virulence and resilience assays to explore MDR bacteria in-depth.
We provide compelling evidence for the broad occurrence of successful high-risk clonal lineages in the One Health context and their circulation among clinics, wildlife, and food in international locations. In the first study, we isolated extended-spectrum β-lactamase (ESBL)-producing E. coli strains from houseflies collected from various wards at the University Teaching Hospital of Butare (Rwanda). In a follow-up study, we then examined in-depth the genomes of additional ESBL-producing E. coli from the same clinic and obtained from hospitalized patients, their caregivers, associated community members, and pets. The analyses revealed that the sample sets from this sub-Saharan African context consisted predominantly of globally recognized E. coli lineages, including sequence types (ST)131, ST167, ST410, and ST617. They play a pivotal role in the further dissemination and stabilization of AMR across diverse habitats within the One Health context. Moreover, our genomic results emphasize that these One Health-related high-risk clonal lineages exhibit the ability to successfully combine multidrug resistance with high-level bacterial virulence.
To gain a more detailed understanding of the sophisticated interplay of virulence and AMR, we developed and refined a set of in vitro and in vivo methods for virulence phenotyping. These methodologies enabled us to characterize pathogens based on crucial clinical aspects such as biofilm formation, siderophore secretion, resistance to complement-mediated killing, and their capacity to cause mortality in Galleria mellonella larvae. By using a food-borne E. coli strain from an internationally recognized high-risk clonal lineage, we verified the remarkable combination of a MDR phenotype with clinically significant virulence properties, including synthesis of curli fibers and cellulose as part of biofilm formation, extensive secretion of siderophores, resilience against complement-containing human serum and pronounced mortality in the infection model.
Nevertheless, the success of One Health-related high-risk clonal lineages does not rely solely on an “ideal” synergistic interplay between bacterial virulence and AMR. It also depends on their ability to rapidly mitigate the fitness costs associated with AMR acquisition, as these costs manifest in the form of reduced competitiveness and virulence in the absence of antibiotics. However, this is at odds with the observation of the global distribution of One Health-related high-risk clonal lineages across various One Health dimensions, even in environments with expectedly low selection pressures. To comprehensively address this, we conducted experimental evolution studies selecting for ceftazidime-avibactam-resistant mutants, which illuminated the rapid adaptations to changing environments. The adaptations and compensatory mechanisms were seemingly driven by major bacterial regulators, including the envelope stress response regulator RpoE on genomic and transcriptomic levels.
In conclusion, the results of this thesis shed light on the fundamental principles that govern the character and interplay between AMR and bacterial virulence and advance our understanding of the contributors and drivers of successful MDR international high-risk clonal lineages in the One Health context. This is also important for effective and alternative intervention strategies to prospectively further address the global threat of AMR.
Diese Arbeit war Teil eines vom Bundesministerium für Bildung und Forschung geförderten interdisziplinären Forschungsnetzwerks (#1HealthPREVENT) und stellte eine einmalige peri-operative antibiotische (Penicillin/Gentamicin (P/G)) Prophylaxe (PAP) im Zuge eines operativen Eingriffs nach diagnostizierter Kolik beim Pferd der bislang üblichen fünf-Tage-Antibiose gegenüber, mit dem Ziel den Einfluss der PAP auf die Häufigkeit von (engl.) Extended Spectrum β-Lactamase produzierenden Escherichia coli (ESBL-EC) und die Veränderungen im enteralen Mikrobiom der Pferde zu untersuchen und zur Verbesserung des sorgfältigen Einsatzes von Antibiotika in der Veterinärmedizin beizutragen. Die per Los jeweils einer der zwei Gruppen („single shot“ Gruppe (SSG); „5 days“ Gruppe (5DG)) zugeordneten Pferde wurden dafür jeweils an drei verschiedenen Zeitpunkten (Klinikaufnahme (t0), Tag 3 (t1) und Tag 10 (t2) postoperativ) beprobt (Kotproben und Nüsternabstriche). Zusätzlich zur Gruppe der hospitalisierten Pferde wurde auch eine nicht-hospitalisierte Kontrollgruppe ohne klinische Auffälligkeiten einbezogen. Alle Proben wurden hinsichtlich positiver ESBL-EC untersucht und die identifizierten Isolate phänotypisch (durchgeführt vom Institut für Mikrobiologie und Tierseuchen, Freie Universität Berlin) und genotypisch charakterisiert. Unabhängig vom P/G PAP-Schema stieg für die Pferde die Wahrscheinlichkeit von t0 zu t1 sowie von t0 zu t2 an, positiv für ESBL-EC zu sein. Die Ganzgenom-Sequenzierung der Isolate ergab außerdem eine enge räumliche und zeitliche Beziehung zwischen Isolaten mit gemeinsamen Sequenztypen, was auf eine lokale Ausbreitung hindeutete. Die 16S rRNA-Gen Sequenzierung der Kotproben (durchgeführt vom Institut für Klinische Molekularbiologie der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel) zur Untersuchung der Veränderungen im enteralen Mikrobiom zeigte nach der bioinformatischen Aufbereitung (durchgeführt von Silver Anthony Wolf, Robert Koch-Institut) und Fach-übergreifenden Analyse eine Beeinträchtigung in der Zusammensetzung der fäkalen Mikrobiota (Alpha-Diversität) für Pferde mit akuter Kolik im Vergleich zur Kontrollgruppe, welche jedoch nicht signifikant war. Die mikrobielle Gesamtkomposition der untersuchten Proben (Beta-Diversität) wies vor allem für die 5DG an t1 erhebliche Einschränkungen auf, was höchstwahrscheinlich auf die fortlaufende Verabreichung von Antibiotika zurückzuführen war. In beiden Studiengruppen wurde zudem an t1 eine erhöhte Abundanz von Enterobacteriaceae, insbesondere Escherichia, festgestellt. Insgesamt wiesen die Ergebnisse dieser Arbeit einen starken Einfluss des Krankenhausaufenthaltes an sich auf, vor allem auf die ESBL-EC-Isolationsraten, wodurch möglicherweise Unterschiede zwischen den verschiedenen PAP-Behandlungen überdeckt wurden. Trotzdem stellen die in dieser Studie gesammelten Ergebnisse und gewonnenen Erkenntnisse einen ersten wichtigen Schritt in der Etablierung von Antibiotic Stewardship-Programmen in Pferdekliniken dar und könnten somit einen langfristigen Einfluss auf die lokale Verbreitung von ESBL-EC haben.
Das kolorektale Karzinom stellt mit ca. 63.000 Neuerkrankungen pro Jahr die zweithäufigste Tumorerkrankung in Deutschland dar.1 Weltweit wird bis 2030 mit einem Anstieg der Inzidenz und Mortalität um 60 % gerechnet..264 Dabei steigt die Zahl der Kolonkarzinome in Schwellenländern bereits deutlich an und betrifft immer jüngere Menschen.2 Aufgrund dieser gesundheitlichen Herausforderungen ist die Entwicklung neuer Therapieverfahren von besonderem Interesse. Mit der Entdeckung einer möglichen Beteiligung von Gerinnungsproteasen an der Progression verschiedener Karzinome, darunter auch kolorektaler Erkrankungen, wurde ein neuer therapeutischer Angriffspunkt geschaffen, der im Rahmen der vorliegenden Dissertation untersucht werden sollte. Im Mittelpunkt der Arbeit steht die Wirkung des aktivierten Gerinnungsfaktors FXa und der PAR2-Aktivierung auf das Kolonkarzinom in vitro und in vivo.
In vitro wurden drei verschiedene Kolonkarzinomzelllinien (murine MC38 Zellen, humane HCT116 Zellen und humane CaCo2 Zellen) vergleichend auf den Einfluss von FXa untersucht. Es konnte beobachtet werden, dass die Proliferation und Migration von MC38 Zellen durch FXa, nicht aber durch Thrombin signifikant erhöht wird. Der gleiche Effekt wird im Wound Scratch Assay nach selektiver PAR2-Aktivierung (Protease Activated Receptor 2) beobachtet, was auf einen PAR2-gesteuerten Migrationseffekt in MC38 Zellen hindeutet, da FXa seine zellulären Effekte über PAR2 vermitteln kann. Darüber hinaus kann eine Beteiligung des EGFR an dieser FXa-induzierten Migration bestätigt werden. Im Western Blot zeigt sich eine verstärkte Aktivierung der Signalmoleküle p38 MAPK, p44/42 MAPK und AKT nach FXa-Stimulation als mögliche Ursache der migratorischen und proliferativen Effekte des Gerinnungsfaktors. Der Einsatz des EGFR-Inhibitors Erlotinib zeigte eine Beteiligung des EGFR an der Aktivierung von p38 MAPK und AKT in MC38 Zellen. Die Stimulation von Kolonkarzinomzellen der Maus mit FXa führt zudem zu einer signifikant erhöhten Expression von PAR2.
Die aktivierten Gerinnungsfaktoren FXa und Thrombin haben dagegen keinen Einfluss auf die Proliferationsrate von humanen HCT116 und CaCo2 Zellen in vitro. Während die Motilität von CaCo2-Zellen durch FXa und Thrombin reduziert wird, erhöhen diese die Migrationsfähigkeit von HCT116-Zellen signifikant. Die selektive PAR2-Aktivierung führt ebenso wie FXa zu einer reduzierten Motilität der CaCo2-Zellen. Dies deutet auf einen PAR2-vermittelten Effekt hin. In HCT116 Zellen löst sowohl eine PAR1- als auch eine PAR2-Aktivierung eine signifikant erhöhte Zellmigration aus. Das zugrundeliegende promigratorische Signal nach FXa-Stimulation konnte mittels Western Blot in der gesteigerten Phosphorylierung von p38 MAPK und p44/42 MAPK in CaCo2 Zellen gefunden werden. In HCT116 Zellen hatte FXa keinen Einfluss auf die Aktivierung dieser Signalmoleküle.
In vivo wurde erfolgreich ein Tiermodell für die subkutane Injektion von murinen Kolonkarzinomzellen etabliert. Dabei werden eine Million MC38 Zellen in die Flanke von C57Bl/6J Wildtyp und PAR2-KO Mäusen mit C57Bl/6J Hintergrund injiziert und das Tumorwachstum über 21 Tage beobachtet. Die Ergebnisse zeigen einen entscheidenden Einfluss von PAR2 auf die Tumorentstehung. PAR2-KO Mäuse weisen nach 21 Tagen signifikant kleinere Tumore auf als ihre Wildtyp Artgenossen. PAR2-KO Tiere müssen zudem seltener aufgrund ihres Gesundheitszustandes vorzeitig aus dem Versuch genommen werden. Auffällig ist auch das größere Milzgewicht im Verhältnis zum Körpergewicht bei PAR2-KO Tieren, was auf gesteigerte Inflammationsreaktionen hindeuten könnte. Der Einsatz eines direkten FXa-Hemmers (Apixaban) in klinisch relevanten Dosierungen hat in vivo keinen signifikanten Einfluss auf die Progression des Kolonkarzinoms.
Die in dieser Arbeit generierten Daten belegen vor allem die Bedeutung von PAR2 für die Progression des Kolonkarzinoms: In vitro können zum Teil starke, aber sehr unterschiedliche Effekte des aktivierten Gerinnungsfaktors FXa bzw. des aktivierten PAR2 auf kolorektale Karzinomzellen beobachtet werden. In vivo hingegen zeigt sich, dass weniger FXa als vielmehr die Aktivierung von PAR2 direkt an der Progression des kolorektalen Karzinoms beteiligt ist. Durch molekularbiologische Untersuchungen mittels PCR konnte zudem eine Beteiligung des S1P-Signalweges nachgewiesen werden.
Bereits seit dem Ende des 20. Jahrhunderts ist bekannt, dass PAR1 in verschiedenen Krebsarten überexprimiert wird und direkt mit der Malignität von Tumorerkrankungen assoziiert werden kann. Auch eine steigende PAR2-Expression kann mit einem schlechteren Outcome bei Patienten mit Magen- oder Prostatakrebs in Verbindung gebracht werden.186 In der vorliegenden Arbeit konnte der Zusammenhang zwischen PAR2-Signaling und einer schlechteren Prognose im Darmkrebs-Tiermodell bestätigt werden. Die Expression des Rezeptors im Endothel oder im Gastrointestinaltrakt, in direkter Umgebung des Tumors, kann einen starken Einfluss auf das Tumorgeschehen ausüben. Die Inhibition von PAR2 oder des nachgeschalteten PAR2-Signalings könnte daher einen vielversprechenden neuen Therapieansatz beim kolorektalen Karzinom darstellen.
Agglomerate Sprühgetrockneter Amorpher Fester Dispersionen (Englisch: Spray-dried Amorphous Solid Dispersions – SD-ASD) im Gastrointestinaltrakt können zu Beeinträchtigungen des Wohlergehens von Nagetieren in präklinischen Studien im Rahmen der Arzneimittelentwicklung führen. Das Auftreten solcher Agglomerate, nachfolgend Pharmakobezoare genannt, war dabei auf Studien an Nagetieren beschränkt bei welchen Hydroxypropylmethylcelluloseacetatsuccinat (HPMC-AS) als Trägerpolymer der als Suspension applizierten SD-ASDs eingesetzt wurde. In diesem Promotionsprojekt evaluierten wir basierend auf Berichten präklinischer Studien Faktoren, welche die Pharmakobezoarbildung in vivo beeinflussen. Weiterhin wurde ein In vitro-Modell entwickelt, mittels welchem das Agglomerationspotential verschiedener SD-ASDs vor Applikation untersucht werden konnte. Dieses Modell wurde ebenfalls genutzt um einen Ansatz zur Reduktion des Agglomerationspotentials zu finden, welcher in der letzten Phase des Promotionsprojektes in vivo verifiziert wurde. Dabei wurde der Effekt der Viskositätserhöhung der Suspensionen zur Reduktion der Pharmakobezoarbildung nicht nur anhand der Masse der bei Sektion gefundenen Pharmakobezoare bewertet, sondern auch die Inzidenz von Pharmakobezoaren an verschiedenen Zeitpunkten der 24-tägigen Studie auf Basis kontinuierlich durchgeführter MRT-Messungen verglichen. Die Visualisierung der intragastralen Pharmakobezoarbildung in vivo ermöglichte darüber hinaus ein detailliertes Verständnis des Prozesses der Pharmakobezoarbildung in Nagetieren unter Berücksichtigung anatomischer und physiologischer Faktoren.
Biorelevante In-vitro-Freisetzungsmodelle werden u. a. für das Screening neuartiger Formulierungen, zur Etablierung von In-vitro-/In-vivo-Korrelationen und zur Vorhersage des In-vivo-Verhaltens einer applizierten Darreichungsform angewendet. Die Entwicklung von In-vitro-Freisetzungsmodellen für peroral verabreichte Arzneiformen fokussierte bisher vorwiegend auf die Abbildung der gastrointestinalen Physiologie eines gesunden, „durchschnittlichen“ Erwachsenen. Patientenspezifische Faktoren, wie z. B. das Alter, Erkrankungen oder Geschlecht sowie individuelle Unterschiede, die die gastrointestinalen Verhältnisse und folglich auch das Freisetzungsverhalten einer peroral applizierten Arzneiform beeinflussen können, wurden bisher kaum berücksichtigt. Der Fokus dieser Arbeit lag auf der Entwicklung und Etablierung von patientenspezifischen, bioprädiktiven In-vitro-Freisetzungsmodellen für perorale Darreichungs-formen unter Berücksichtigung der gastrointestinalen Gegebenheiten zweier unterschiedlicher Patientenpopulationen: pädiatrische Patienten und Parkinson-Patienten.
Eine wichtige Voraussetzung für eine sichere und wirksame perorale Arzneimitteltherapie bei pädiatrischen Patienten sind altersgerechte Darreichungsformen sowie eine geeignete Einnahmepraxis. Peroral applizierte Arzneimittel werden pädiatrischen Patienten häufig zusammen mit Applikationsvehikeln verabreicht, um die Einnahme der Arzneimittel zu erleichtern. Es muss jedoch bei einer solchen Anwendungspraxis sichergestellt werden, dass die eingenommene Arzneiform mit dem jeweiligen Applikationsvehikel kompatibel ist. Die Beurteilung der Kompatibilität ist anhand klinischer In-vivo-Studien an gesunden Kindern jedoch aufgrund ethischer Bedenken kaum möglich. Zur Evaluierung der Kompatibilität könnten In-vitro-Freisetzungsmethoden als eine mögliche Alternative eingesetzt werden. Im ersten Teil der vorliegenden Arbeit wurden pädiatrische In-vitro-Freisetzungsmodelle entwickelt, um zu evaluieren, ob die Stabilität und das In-vivo-Freisetzungsverhalten der neuartigen Alkindi®-Formulierung durch Co-Verabreichung mit alterstypischen Applikationsvehikeln beeinträchtigt werden. Zur Beantwortung dieser Fragestellung wurden im Anschluss an eine intensive Literaturrecherche Physiologie-basierte In-vitro-Modelle auf Basis der Mini-Paddle-Apparatur entwickelt. In der ersten Studie wurde die In-vitro-Wirkstofffreisetzung nach simulierter Applikation der Alkindi®-Formulierung mit typischen Applikationsvehikeln für Kinder unter 6 Jahren, d. h. Muttermilch, Formulamilch und Vollmilch, untersucht. In der zweiten In-vitro-Studie wurde der Altersbereich der adressierten Patientenpopulation auf 2 - 16 Jahre verändert und eine Reihe weiterer flüssiger sowie halbfester Applikationsvehikel, wie z. B. Orangensaft und Joghurt, verwendet. In beiden Studien konnte deutlich gezeigt werden, dass die Alkindi®-Formulierung ein robustes Freisetzungsverhalten aufwies und kompatibel mit den untersuchten Matrices war. Auf Grundlage der Ergebnisse der In-vitro-Untersuchungen wurde geschlussfolgert, dass die In-vivo-Freisetzung und die Bioverfügbarkeit der untersuchten Arzneiform nicht durch die untersuchten Applikationsvehikel beeinflusst werden und folglich diese Vehikel zur gemeinsamen Einnahme mit der Alkindi®-Formulierung geeignet sind. Diese Beobachtungen wurden darüber hinaus durch publizierte Ergebnisse einer korrespondierenden In-vivo-Studie in Erwachsenen bestätigt.
Der zweite Teil der Arbeit befasste sich mit der Entwicklung eines neuartigen, Parkinson-spezifischen und Physiologie-basierten In-vitro-Freisetzungsmodells. Für die Entwicklung von biorelevanten In-vitro-Modellen zur Simulation der luminalen Bedingungen im Gastrointestinal-trakt einer spezifischen Patientenpopulation sind umfangreiche Kenntnisse über die jeweiligen gastrointestinalen In-vivo-Bedingungen und deren Variabilität unerlässlich. Im Rahmen einer Literaturrecherche wurde der aktuelle Wissensstand zu den gastrointestinalen Gegebenheiten in Parkinson-Patienten recherchiert, ausgewertet und zusammengefasst. Die Ergebnisse der Literaturstudie machen deutlich, dass sich die gastrointestinalen Bedingungen von Parkinson-Patienten teilweise erheblich von gesunden Erwachsenen unterscheiden. Das bedeutendste gastrointestinale Merkmal von Parkinson-Patienten ist die beeinträchtigte Motilität des Gastrointestinaltrakts, was sich u. a. in einer Verlangsamung der Magenentleerung sowie der intestinalen Passage äußert. Demgegenüber steht jedoch ein großer Mangel an Daten für eine Reihe von gastrointestinalen Parametern. Dies betrifft z. B. die Zusammensetzung und physiko-chemischen Eigenschaften der luminalen Flüssigkeiten des Gastrointestinaltrakts.
Als geeignete In-vitro-Testplattform wurde die USP-3-Apparatur – auch als Eintauchender Zylinder (Europäisches Arzneibuch, Ph. Eur.) und Reciprocating cylinder (Ph. Eur. und US-amerikanisches Arzneibuch, USP) bezeichnet – ausgewählt, da sich diese Testplattform insbesondere zur Untersuchung von Darreichungsformen mit modifizierter Wirkstofffreisetzung eignet und bereits in einer Vielzahl von analytischen Laboren etabliert ist. Die Nutzung der kompendialen USP-3-Apparatur ließ aufgrund der geringen Variationsmöglichkeiten keine Simulation typischer Motilitätsmuster im humanen Gastrointestinaltrakt zu und eignete sich noch weniger für die Entwicklung und Etablierung von individuellen, patientenspezifischen Motilitätsprofilen. Um diese technischen Limitationen zu überwinden, wurde für die Weiterentwicklung des arzneibuchkonformen Modells ein Lastenheft erstellt, welches detaillierte Anforderungen für die Entwicklung der neuen Testapparatur enthielt. Auf Grundlage des beschriebenen Übersichtsartikels und unter Anwendung einer auf Basis des Lastenheftes modifizierten USP-3-Apparatur wurden unter besonderer Berücksichtigung von Motilität, Passagezeiten und Flüssigkeitsvolumina Parkinson-spezifische In-vitro-Freisetzungsmodelle entwickelt. Für ausgewählte modifiziert freisetzende Levodopa-Fertigarzneimittel wurde anschließend eine vergleichende Serie von In-vitro-Freisetzungsuntersuchungen unter Anwendung von Parkinson-spezifischen- oder „standardmäßigen“ Testmodellen durchgeführt, wobei letztere die gastrointestinalen Gegebenheiten eines „durchschnittlichen“, gesunden Erwachsenen simulierten. Für eine Beurteilung der Aussagekraft der entwickelten Parkinson-spezifischen Testmodelle wurden die generierten In-vitro-Freisetzungsdaten aus den Parkinson-spezifischen- und den „standardmäßigen“ Freisetzungsuntersuchungen in ein In-silico-PBPK-Modell implementiert und die jeweiligen simulierten Plasmakonzentrations-Zeit-Profile von Levodopa anschließend mit klinischen, durchschnittlichen In-vivo-Daten korreliert. Für PBPK-Modelle mit integrierten Parkinson-spezifischen In-vitro-Freisetzungsdaten wurde eine höhere Prädiktivität des In-vivo-Verhaltens der untersuchten Levodopa-Darreichungsformen beobachtet. Es konnte gezeigt werden, dass die entwickelten Parkinson-spezifischen In-vitro-Modelle ein vielversprechendes und prädiktives Instrument zur Vorhersage der In-vivo-Wirkstofffreisetzung von modifiziert freisetzenden Levodopa-Darreichungsformen darstellen. Der diskutierte methodische Ansatz der vorliegenden Studie könnte zukünftig das Screening neuartiger Formulierungen deutlich optimieren und somit zu einer verbesserten Arzneimitteltherapie für Parkinson-Patienten, aber auch für andere spezifische Patientengruppen beitragen