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Da unentdeckte MRSA-Träger ein erhöhtes Transmissionsrisiko bedeuten, ist eine frühzeitige und zuverlässige Erkennung entscheidend für die Prävention nosokomialer MRSA-Infektionen als auch für die Einleitung von schnellen und damit kostensparenden Hygienemaßnahmen. Hierbei übernimmt das Aufnahmescreening eine wichtige Funktion. Der Umfang und die Ausübung dieses Screenings obliegen dabei einer Risikobewertung durch die ausführende Einrichtung.
Auf der dermatologischen Station des Universitätsklinikums Greifswald, mit einem hohen Anteil an akuten und chronischen Wunden, konnten hohe Prävalenz-, Inzidenz- und MRSA-Raten nachgewiesen werden. Dies hat im Mai/ Juni 2006 zu einem MRSA-Ausbruch geführt von dem 43% aller Patienten betroffen waren. Interventionsmaßnahmen, wie die Einführung eines generellen Aufnahmescreening im Zusammenspiel mit der Greifswalder 2-Filter-Strategie und den zugehörigen Infektionskontrollmaßnahmen zeigten sich sehr wirkungsvoll, sodass es zu keiner weiteren nosokomialen MRSA Transmissionen kam und die MRSA-Prävalenz gesenkt werden konnte. Die während der folgenden 4 ½ jährigen Interventionsperiode erhobenen Daten (z. B. MRSA-Prävalenz-, Inzidenz-, nosokomiale Inzidenz- und MRSA-Rate) wurden retrospektiv ausgewertet.
Zur Sensitivitätssteigerung des Abstrichverfahrens wurde der lokalisationsspezifische Nachweis von MRSA-Positivität, der Zeitpunkt des ersten kulturellen Nachweises sowie der zeitliche Mehrwert einer PCR-basierten Testung untersucht und ausgewertet. Es konnte gezeigt werden, dass die höchste MRSA-Detektionsrate mit dem Abstreichen von Nasen, Wunden und Hautläsionen erreicht werden konnte (100,0%) und dass eine genaue PCR (hohe Sensitivität und Spezifizität) dazu beitragen kann, die Isolations- und Sanierungstage von Verdachtspatienten zu verringern. Aus wirtschaftlichen Gründen und mit Ausnahme von Patienten mit kurzer Krankenhausverweildauer ist eine PCR-Diagnostik auf dermatologischen Stationen als Bestandteil des Aufnahmescreenings für Patienten mit Wunden, anderen akuten und chronischen Hautläsionen und in Ausbruchssituationen zu empfehlen.
Da ein generelles Screening aller Patienten unwirtschaftlich erscheint, wurde zur Analyse der Screening-Effizienz untersucht, welche Risikofaktoren (RF) sich als zielführend erweisen, um die Sensitivität eines selektiven Screenings gegenüber einem generellem Screening nicht substantiell zu beeinträchtigen. Hierzu wurden Patientendemographien, die Haupt- und Nebendiagnosen und das Vorhandensein von „klassischen“ RF (Robert Koch Institut) untersucht. In vorliegender Untersuchung wären insgesamt 35% der MR¬SA-positiven Patienten im Screening-Prozess, welcher nur „klassische“ RF nach den nationalen Empfehlungen verwendet, nicht erkannt worden. Daher wurden zur Ermittlung der Effektivität klassischer und potentiell neuer RF die MRSA-Ergebnisse sowohl mit den klassischen RF als auch mit sonstigen dermatologisch relevanten Diagnosen korreliert.
Es konnten, neben dem bereits bekannten klinischen RF Ulkus, noch zwei weitere neue RF ermittelt werden: Diabetes Typ II und atopische Dermatitis, die signifikant mit einer MRSA-Kolonisation verbunden waren. Durch Hinzufügen dieser beiden neuen Risikofaktoren würde sich die Detektionsrate um 18,3% erhöhen.
Es ist zu behaupten, dass das Screening von Patienten mit Wunden nicht zu einer erhöhten Screening-Sensitivität führt, sofern atopische Dermatitis oder Diabetes mellitus Typ II oder ein anderer klassischer Risikofaktor nicht auch vorhanden ist. Dementsprechend lässt sich ein Aufnahmescreening empfehlen unter Berücksichtigung aller klassischen RF, allerdings ohne Wunde, aber mit Diabetes mellitus Typ II und atopischer Dermatitis.
Allerdings sollte dies so lange nicht als verbindliche Empfehlung ausgesprochen werden bis weitere Studien mit größeren Untersuchungsgrößen durchgeführt wurden.
Das Teddybärkrankenhaus ist ein weltweites Projekt, welches bei Kindern die Angst vor dem Arzt reduzieren soll und einmal im Jahr durch Medizinstudenten in Greifswald durchgeführt wird. Da es deutschlandweit zuvor noch keine systematische Studien zu diesem Projekt gab, sollte mit dieser Arbeit herausgefunden werden, wie viel Angst die Kinder vor medizinischen Situationen zeigen und ob diese durch einen Besuch im Teddybärkrankenhaus reduziert werden kann. Außerdem wurde der Einfluss verschiedener Faktoren untersucht. Als Instrument wurde ein fünfteiliger Bilderfragebogen entwickelt, bei dem typische Situationen (Abhorchen, Zahnarzt, Kind mit Gipsbein, Spritze, Rettungswagen) dargestellt waren. Die Einschätzung durch die Kinder erfolgte auf einer dreistufigen Teddygesichtsskala. Einige Kinder wurden zusätzlich mit der etablierten „Hospital Fears Rating Scale“ (HFRS) befragt. Insgesamt 569 Kinder aus 18 Kindertagesstätten und einer Schule in Greifswald wurden zwei Wochen vor dem Besuch im Teddybärkrankenhaus interviewt. Unmittelbar nach der Intervention durch das Teddybärkrankenhaus wurden 481 der zuvor befragten Kinder erneut befragt. Die Probanden waren zwischen zwei und acht Jahren alt. „Viel Angst“ gaben die meisten Kinder (40%) beim Item „Spritze“ an. Die meisten Kinder gaben „keine Angst“ beim Item „Abhorchen“ an (82%). Die HFRS und der Bilderfragebogen korrelierten mäßig miteinander. Die Angstausprägung der Kinder wurde im Wesentlichen durch die innerstädtische Lage der Kindertagesstätte beeinflusst, sowie dem Geschlecht des Kindes und der Vorbereitung durch die Erzieher. Der Vergleich der beiden Testzeitpunkte ergab, dass die Angst bei 206 von 481 Kindern reduziert und nur bei 149 vergrößert wurde. Diese Tendenz ist für alle Items zu erkennen, für das Item „Abhorchen“ war die Reduktion der Angst nach dem Besuch im Teddybärkrankenhaus statistisch signifikant. Eine multivariate Regression wurde zur Untersuchung der simultanen Auswirkung aller Einflussfaktoren auf die Angstreduktion durchgeführt. Als wichtigster Einflussfaktor stellte sich die Stärke der angegebenen Angst bei der ersten Befragung heraus. Weitere Einflussfaktoren stellten sich dagegen im multivariaten Modell als nicht signifikant heraus. Die Ergebnisse zeigen, dass das Teddybärkrankenhaus die Angst der Kinder reduziert. Zudem bekommen die Kinder im Vorschulalter die Gelegenheit, sich mit den Themen Krankheit und Gesundheit auseinanderzusetzen. Die Ergebnisse sprechen insgesamt für eine Ausweitung des Projektes.
Ziel der Studie: Mit Einführung der HPV-Impfung für 12- bis 17-jährige Mädchen besteht in Deutschland erstmals die Möglichkeit der primären Krebsprävention von Gebärmutterhalskrebs. Der Bekanntheitsgrad der Impfung sowie die positive Impfakzeptanz der Zielgruppe sind maßgebliche Kriterien im Entscheidungsprozess für die Durchführung der Impfung. Die vorliegende Studie untersucht verschiedene objektive Einflussfaktoren auf das Impfverhalten von 14- bis 17-jährigen Jugendlichen in Bezug auf die HPV-Impfung. Methoden: Grundlage der Studie ist die Datenbasis einer im Juni 2008 in Bad Oeynhausen, Nordrhein-Westfalen, durchgeführten Querschnittsstudie. An allen weiterführenden Schulen der Stadt wurde je eine Klasse der Jahrgangstufen acht bis elf zufällig ausgewählt und die anwesenden Mädchen und Jungen mittels eines anonymisierten Fragebogens zu ihrem Impfverhalten und ihrem Wissensstand über HPV, Gebärmutterhalskrebs und die HPV-Impfung befragt. In bivariaten Analysen und einer logistischen Regression wurde der Einfluss der Variablen Alter, Geschlecht, Bildung, sexuelle Aktivität und Wissensstand über HPV, Gebärmutterhalskrebs und die HPV-Impfung auf die Impfbereitschaft der Jugendlichen getestet. Ergebnisse: 73% der Mädchen und 61% der Jungen bekundeten eine positive Impfbereitschaft für die HPV-Impfung. Dies spiegelte sich bei den Mädchen auch in der Durchimpfungsrate von 46,2% wider. Hauptbeweggründe einer Entscheidung für die HPV-Impfung waren der erwartete Schutz vor Gebärmutterhalskrebs sowie eine Impfempfehlung durch die Familie oder Verwandte. Gründe der Ablehnung waren fehlende Informationen über die Impfung, Angst vor eventuellen Nebenwirkungen und Zweifel an der Effektivität. Nur 48% der Mädchen und 20% der Jungen kannten die sexuell übertragbaren Humanen Papillomviren. Die Studienergebnisse belegen, dass die Mehrheit der Jugendlichen keinen Zusammenhang zwischen den HP-Viren und HPV-assoziierten Krebserkrankungen herstellen konnte. Die abschließende logistische Regression zeigte, dass ein guter Wissensstand über HPV, Gebärmutterhalskrebs und die HPV-Impfung der einzige signifikante Prädiktor für eine positive Impfbereitschaft ist unabhängig vom Alter, der Bildung und dem Sexualverhalten der Jugendlichen. Schlussfolgerung: Zur Steigerung der Impfakzeptanz der HPV-Impfung und Erhöhung der flächendeckenden Durchimpfungsraten muss der Wissensstand der Jugendlichen über HPV, den Übertragungsweg und den Zusammenhang mit HPV-assoziierten Krebserkrankungen verbessert werden. Dies könnte im Rahmen von Aufklärungskampagnen über die Medien und im Schulunterricht, der für alle Jugendlichen zugängig ist, erfolgen. Nur diejenigen, die Kenntnis über das Infektionsrisiko und die Ursachen HPV-assoziierter Krebserkrankungen gewinnen, können Präventionsmaßnahmen zum Eigenschutz vor einer möglichen Infektion ergreifen.
Ziel: Im speziellen Fall der Prävention gegen das Zervixkarzinom erfolgt bereits seit 1980 der Pap-Test im Rahmen der gynäkologischen Vorsorgeuntersuchung. Als weitere Option ist seit 2006 eine Impfung gegen HP-Viren, die maßgeblich für die Erkrankung am Zervixkarzinom verantwortlich sind, hinzugekommen. Der Bekanntheitsgrad der Impfung sowie die positive Impfakzeptanz der Zielgruppe sind maßgebliche Kriterien im Entscheidungsprozess für die Durchführung der Impfung. Das Ziel dieser Studie war die Erhebung der Impfbereitschaft junger Frauen und die Bestimmung der Faktoren, die die Impfbereitschaft beeinflussen. Methoden: Die vorliegenden Ergebnisse waren Teil einer 2008 im Querschnittsdesign durchgeführten Studie, die in Kooperation zwischen dem Institut für Politik- und Kommunikationswissenschaften und der Community Medicine der Universität Greifswald entstand. Es wurde die Impfbereitschaft zur HPV-Impfung und der Wissensstand über Gebärmutterhalskrebs, Humane Papillomaviren sowie über die Impfung gegen HPV erhoben. Dafür wurden 60 Frauen im Alter von 14 bis 26 Jahren in Mecklenburg-Vorpommern telefonisch befragt. Mit Hilfe der Erstellung von Kreuztabellen wurden Zusammenhänge zwischen den Faktoren, Alter, Schulabschluss, Wissensstand, Sexualverhalten sowie Gesundheitsverhalten und der Impfbereitschaft untersucht. Ergebnisse: Mehr als die Hälfte der Frauen, 65% (N=39) waren positiv der Impfung gegenüber gestellt: die Frauen, die bereits geimpft waren (23%) und diejenigen, die sich planten impfen zu lassen. Im Vergleich der impfbereiten zu den nicht impfbereiten Frauen zeigte sich eine Tendenz für eine positive Impfbereitschaft zur HPV-Impfung zu einem jüngerem Alter und einer geringeren Schulbildung. Weiterhin hatten die impfbereiten Frauen tendenziell ein jüngeres Alter beim ersten Koitus, eine geringere Anzahl an Geschlechtspartnern und einen selteneren Gebrauch von Kondomen beim Geschlechtsverkehr. Die impfbereiten Frauen waren bereit auf ihre allgemeine Gesundheit zu achten (Ausnahme: sportliche Aktivitäten), nahmen die gynäkologische Vorsorgeuntersuchung eher nicht so regelmäßig wahr und neigten eher zu gelegentlichen Raucheraktivitäten. Große Wissenslücken bestanden in der Kenntnis über Humane Papillomaviren und über Risikofaktoren für eine persistierende HPV-Infektion. Der größte Wissensunterschied zwischen impfbereiten und nicht impfbereiten Frauen war im Thema über das Zervixkarzinom zu beobachten. Schlussfolgerung: Die Schwerpunkte der Wissensvermittlung sollten auf der durch die Infektion mit HPV bedingten Ursache der Entstehung von Zervixkarzinom und der sexuellen Übertragbarkeit der Viren, auf der Beziehung zwischen den Viren und dem Zervixkarzinom und die Rolle anderer Risikofaktoren, wie das Rauchen, gelegt werden. Der Fokus der Aufklärungsarbeit sollte auf den Frauen liegen, die eher skeptisch der Impfung gegenüberstehen. Interventionssettings hierfür wären vor allem gynäkologische Arztpraxen und weiterführende Schulen mit höherem Abschluss. Wichtig ist auch eine fachliche Aufklärungsarbeit der Nebenwirkungen und der Wirksamkeit der Impfung. Die jungen Frauen (14-17 Jahre), die eher eine hohe Impfakzeptanz aufweisen, sollten motiviert werden trotz Impfung zur gynäkologischen Vorsorgeuntersuchung zu gehen. In diesen Rahmen ist auch es wichtig über ein riskantes sexuelles Verhalten zu sprechen und aufzuklären.
Suchtprävention in der Grundschule - Effekte der Programme Eigenständig werden und Klasse2000
(2011)
Fragestellung: Anhand des Lebenskompetenzprogramms Eigenständig werden sowie des Suchtpräventions- und Gesundheitsförderungsprogramms Klasse2000 sollen die Effekte von Grundschulprogrammen sowohl auf Vorläufer des Einstiegs in den (problematischen) Substanzkonsum als auch auf das erste Experimentieren mit psychotropen Substanzen wie Zigaretten und Alkohol untersucht werden. Zusätzlich soll überprüft werden, inwieweit Klasse2000 aufgrund der angestrebten Korrektur rauchbezogener Normen zu iatrogenen Effekten in Form von Bullying sowie zu erwünschten Effekten in Form der Erhöhung der Resistenz gegenüber sozialen Einflüssen führt. Methodik: Eigenständig werden sowie Klasse2000 begleiten die Kinder über die gesamte Grundschulzeit. Eigenständig werden umfasst 42 45- bis 90-minütige Einheiten (10 pro Schuljahr), die durch trainierte Lehrkräfte im Unterricht umgesetzt werden. Für Klasse2000 existieren Ausarbeitungen für 48 45- bis 90-minütige Einheiten (14 bis 15 pro Schuljahr), deren Durchführung sowohl durch Lehrkräfte als auch durch Klasse2000-Gesundheitsförderer im schulischen Alltag erfolgt. Zu Eigenständig werden wurde eine vierjährige quasiexperimentelle Kontrollgruppenstudie mit Messwiederholung in Sachsen durchgeführt. Daten zur Baseline und zu mindestens einem weiteren Befragungszeitpunkt lagen für 919 Schüler aus 50 Grundschulen vor. Aufgeteilt auf die Bedingungen „Teilnahme an Eigenständig werden“ und „Keine Teilnahme an Eigenständig werden“ wurden die Schüler anhand von Lehrkrafturteilen zu der Ausprägung ihrer Lebenskompetenzen sowie ihrer externalisierenden und internalisierenden Verhaltensauffälligkeiten, die als Vorläufer des späteren Substanzkonsums identifiziert werden konnten, mittels Mehr-Ebenen-Wachstumskurvenmodellen verglichen. Zur Überprüfung der Programmeffekte von Klasse2000 wurde eine vierjährige Kontrollgruppenstudie mit Messwiederholung in Hessen realisiert. Während in Klassen der Interventionsgruppe das Präventionsprogramm Klasse2000 kontinuierlich über den Verlauf der Grundschulzeit umgesetzt wurde, nahmen Klassen der Kontrollgruppe „lediglich“ am normalen Unterricht teil. Zur Beantwortung der Fragestellung, inwieweit sich Klasse2000 auf den Einstieg in den Substanzkonsum auswirkt, wurden die Ende der dritten Klasse als Nie-Raucher (N=1.027), Nie-Trinker (N=1.072) und gleichzeitig als Nie-Raucher und Nie-Trinker (N=979) identifizierten Schüler am Ende der vierten Klasse hinsichtlich der Inzidenz des Substanzkonsums verglichen. Hierzu wurden multiple hierarchische Poisson-Regressionen unter Kontrolle soziodemographischer Charakteristika sowie sozialer Einflussfaktoren berechnet. In die Analysen der Programmeffekte auf Bullying sowie die Resistenz gegenüber sozialen Einflüssen gingen alle 1.096 Schüler, von denen Ende der dritten und vierten Klasse Daten vorlagen, mit ein. Die Auswertung erfolgte mittels deskriptiver Methoden und Regressionsverfahren. Ergebnisse: Die Teilnahme an Eigenständig werden führte im Vergleich zur Kontrollgruppe zu einer stärkeren Abnahme sowohl externalisierender als auch internalisierender Verhaltensauffälligkeiten (p<0,01). Eine besonders starke Abnahme konnte unter Schülern mit höheren Ausgangswerten hinsichtlich externalisierender Verhaltensauffälligkeiten beobachtet werden (p<0,01). Keine Programmeffekte ergaben sich hinsichtlich der Entwicklung von Lebenskompetenzen (p=0,22). Die Untersuchungen zu Klasse2000 ergaben signifikante Effekte auf den Einstieg in den Zigaretten- als auch den generellen Substanzkonsum, d. h. den Konsum von Zigaretten, Alkohol oder beidem (p=0,031 bzw. p=0,010). Die Number needed to treat wies einen Wert von 28 für den Zigaretten-, und einen Wert von 19 für den generellen Substanzkonsum auf. Hinsichtlich der Rate des Einstiegs in den heimlichen Alkoholkonsum unterschieden sich die Interventions- und die Kontrollgruppe nicht (p=0,092). In den weiterführenden Analysen bezüglich der möglichen Auswirkungen der angestrebten Korrektur rauchbezogener Normen konnte kein Unterschied zwischen der Interventions- und Kontrollgruppe hinsichtlich der Auftretenshäufigkeit von Bullying gegenüber rauchenden Mitschülern (p>=0,118), jedoch hinsichtlich der Stärke des Einflusses rauchender Freunde gefunden werden, d. h. in der Interventionsgruppe fiel der Einfluss rauchender Freunde auf den Rauchbeginn der Schüler bedeutsam geringer aus (p<=0,001). Schlussfolgerungen: Die Ergebnisse der Studien deuten auf die Effektivität der untersuchten Grundschulprogramme Eigenständig werden und Klasse2000 hin, Vorläufer des späteren (problematischen) Substanzkonsums bedeutsam reduzieren bzw. den Einstieg in den Substanzkonsum zumindest zeitlich verzögern zu können. Zumindest für Klasse2000 bestehen zudem Hinweise, dass das Programm trotz der angestrebten Normenkorrektur hinsichtlich des Rauchens nicht zu einer Zunahme an Bullying führt, jedoch zu einer Erhöhung der Resistenz gegenüber sozialen Einflüssen beitragen kann.
Eine Vielzahl von Faktoren kann die Entwicklung des Kindes vor und nach der Geburt
beeinflussen. Um diese Faktoren zu detektieren, wurde die Studie Survey of
Neonates in Pomerania, im Nordosten von Deutschland, initiiert.
Von 2002 bis 2008 fand die Basisuntersuchung (SNiP-I) statt. Auf die gute Teilnehmerrate
von 75% konnte mit der Nachuntersuchung (SNiP-II-Follow-up) aufgebaut
und die Querschnittsstudie zu einer Längsschnittstudie umgewandelt werden. Die
nun 9- bis 16-jährigen Kinder und Jugendlichen und deren Eltern wurden erneut zu
Themen der körperlichen und seelischen Gesundheit, zu sozioökonomischen- und
Umweltfaktoren in Form eines selbstauszufüllenden Fragebogens befragt. Es wurden
im Gegensatz zur SNiP-I Untersuchung keine Bioproben genommen.
Die Nachuntersuchung fand von Dezember 2016 bis Juli 2017 statt. Es wurde eine
Wiederteilnahmerate von 28.8% (1665 von 5725) und eine Deckungsrate von 20%
erreicht. Wie in anderen Nachuntersuchungen im Rahmen von Geburtskohorten ist
eine Verschiebung zu höherem sozioökonomischen Status festgestellt worden: die
Frauen waren älter, gebildeter und hatten ein höheres Einkommen.
Background: Common to most theory-based intervention approaches is the idea of supporting intentions to increase the probability of behavior change. This principle works only if (a) intentions can be explained by the hypothesized socio-cognitive constructs, and (b) people actually do what they intend to do. The overall aim of this thesis was to test these premises using two health behavior theories applied to reducing at-risk alcohol use. Method: The three papers underlying this thesis were based on data of the randomized controlled “Trial Of Proactive Alcohol interventions among job-Seekers” (TOPAS). A total of 1243 job-seekers with at-risk alcohol use were randomized to stage tailored intervention (ST), non-stage tailored intervention (NST), or control group. The ST participants (n = 426) were analyzed in paper 1. Paper 2 was based on the baseline and 3-month data provided by the NST participants (n = 433). Paper 3 was based on baseline, 3-, 6-, and 15-month data provided by the control and ST group not intending to change alcohol use (n = 629). Latent variable modeling was used to investigate the associations of social-cognitive constructs and intentional stages (paper 1), the extent to which intentions were translated into alcohol use (paper 2), and the different trajectories of alcohol use among people not intending to change as well as the ST effect on the trajectories (paper 3). Results: Persons in different intentional stages differed in the processes of change in which they engaged, in the importance placed by them on the pros and cons of alcohol use, and in the perceived ability to quit (ps < 0.01). The association between intentions and alcohol use was weak. The magnitude of this intention-behavior gap depended on the extent to which normative expectations have changed over time (p < 0.01) and was reduced when controlling for the mediating effect of temporal stability of intentions. The gap was also present among people not intending to change: Even without intervention, 35% of the persons reduced the amount of alcohol use after 15 months (p < 0.05) and 2% achieved abstinence. Persons with heavier drinking (33%) and persons with low but frequent use (30%) did not change. Persons with frequent alcohol use seem to benefit less from ST than those with occasional use, although differences were not statistically significant. Conclusions: Intentions can be quite well explained by the hypothesized socio-cognitive constructs. In a sample of persons who were, as a whole, little motivated to change, the precision of how well intentions predict subsequent alcohol use was modest though. Time and socio-contextual influences should be considered.
Die Untersuchung der Versorgungssituation wurde in zwei Teilstudien durchgeführt. Die erste Teilstudie untersuchte die epidemiologische Lage zur Prävalenz des diabetischen Fußsyndroms und dessen Risikofaktoren und die zweite Teilstudie untersuchte das Problembewusstsein und den Umsetzungsstand von Präventionsmaßnahmen zur Vermeidung eines diabetischen Fußsyndroms bei den Diabetespatienten. Die vorherrschende Versorgungssituation von Patienten mit diabetischem Fußsyndrom ist optimierbar. Defizite bei der Prävention, lückenhaftes Problembewusstsein der Patienten und die Durchführung ungeeigneter Maßnahmen bei der Prävention zeigen sich an der hohen Prävalenz des diabetischen Fußsyndroms. Risikofaktoren für die Entstehung eines diabetischen Fußsyndroms sind identifiziert und häufig diagnostiziert, aber die Patienten wissen häufig nichts über diese Diagnosen und setzen entsprechende Präventionsmaßnahmen nicht um.
Einleitung: Angeborene Fehlbildungen der Nieren und ableitenden Harnwege (CAKUT – Congenital Anomalies of the Kidney and the Urinary-Tract) sind die Hauptursache chronischer Niereninsuffizienz bei Kindern. Der Ultraschall bietet eine nicht invasive, strahlenfreie Methode um diese Fehlbildungen frühzeitig zu erkennen und sie anschließend einer adäquaten Therapie zuzuführen, bevor es zu klinischen Symptomen kommt. Ziel dieser populations-basierten Studie war es zu untersuchen, ob ein zusätzliches Ultraschall-screening der Nieren und ableitenden Harnwege im Alter von 3-10 Lebenstagen (U2) die Früherkennung der renalen Fehlbildungen verbessert. Des Weiteren sollte untersucht werden, welche klinische Relevanz diese, erst später erkannten Fehlbildungen haben. Methoden: Die vorliegende, populations-basierte, Studie untersuchte zwei Geburten¬jahrgänge der Region Ost-Vorpommern. 1789 Kinder konnten von März April 2003 bis März 2005 in die Studie eingeschlossen werden. Es wurden neben Informationen bezüglich der der Schwangerschaft, der Geburt, der klinischen Untersuchung des Neugeborenen und der Familien- und Sozialanamnese auch die Ergebnisse des renalen Ultraschall-Screenings erhoben. Alle Neugeborenen mit auffälligen Befunden wurden nachkontrolliert. Die Daten wurden mit denen der Kinder verglichen, die im Screening unauffällig waren, jedoch in den ersten 6 Lebensmonaten klinisch renale Auffälligkeiten zeigten zeigten. Ergebnisse: Bei 66 (3,7%) der 1789 untersuchten Kinder wurde während des Studienzeitraumes (pränatales Screening, postnataler Ultraschall und Erfassung klinischer Symptome während der ersten sechs Lebensmonate) eine CAKUT diagnostiziert. Davon wurden 12 (18,3%) pränatal, 44 (66,7%) postnatal und weitere 10 (15.2%) innerhalb der ersten sechs Lebensmonate erkannt. Die häufigste Nephropathie war die Hydronephrose (83,3%), von diesen 55 Fällen zeigten vier (7,3%) eine bilaterale Hydronephrose, zwei (3,6%) zusätzlich eine Malformation des Ureters und fünf (9,1%) einen vesico-uretero-renalen Reflux. Männliche Neugeborene wiesen häufiger (63,6%) eine renale Fehlbildung auf als weibliche Neugeborene (36,4%) (p<0,025). Innerhalb der Gruppe der Neugeborenen mit CAKUT waren auffällige Befunde des ZNS-Ultraschallscreening häufiger (18,8%) als in der Gruppe der Neugeborenen ohne renale Fehlbildungen (5,4%) (p<0,001). Andere signifikante Unterschiede bezüglich der Fehlbildungen, Geburtsgewicht, Frühgeburtlichkeit oder anderer Geburtsparameter waren nicht feststellbar. Durch die Kombination des prä- und postnatalen Ultraschallscreenings, im Vergleich zum reinen pränatal-Screening, verbesserte sich die Sensitivität von 18,2% auf 84,8% bei nahezu gleich bleibender Spezifität. 31 (47%) der Kinder mit CAKUT erhielten eine weiterführende Diagnostik, Prophylaxe oder Therapie, 64,5% von ihnen wurden erstmalig durch das Ultraschallscreening zur U2 diagnostiziert. Diskussion: Der höchste Anteil an erkannten Fällen von CAKUT zeigte die Kombination aus prä- und postnatalem Ultraschallscreening, da 66% der obstruktiven Uropathien nur postpartal entdeckt wurden. Die Spezifität von 99,6 % und Sensitivität von 84,8% erlaubt die Diagnose einer CAKUT mit einem positiv prädiktiven Wert (PPV) von 88,8 % und den Ausschluss einer solchen Fehlbildung mit einem negativ prädiktiven Wert (NPV) von 99,4 %. Diese Vorhersagewerte sind für die gegebene Screening-Situation adäquat und unterstützen die Hypothese, dass ein flächendeckendes Ultraschallscreening in dieser Kombination ein positives Kosten-Nutzen-Verhältnis ergibt.
Zahnärztliche Präventionsexpertise kann in der Medizin eine wichtige Funktion übernehmen, wenn das Potenzial der Zahnärztlichen Praxis genutzt wird, um die Teilnahmeraten an der Darmkrebsfrüherkennung zu steigern. „Die regelmäßige Inanspruchnahme von Terminen zur Erhaltung der Zahngesundheit in der Bevölkerung stellt ein ideal geeignetes Portal zur Gesundheitsförderung und Prävention andere populationsbezogener Erkrankungen dar," hat HANNÖVER diese Reserven eingeschätzt. In einer Befragungsstudie mit 100 ambulanten Patientinnen und Patienten im Zentrum für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde der Universitätsmedizin Greifswald werden Zahnärzte als Gesundheitsexperten wahrgenommen, die generell auch Erkrankungen außerhalb der Mundhöhle betrachten sollten, und sogar nicht nur dann, wenn sie dem Arzt direkt ins Auge fallen. Patientinnen und Patienten, die im Wartezimmer einer zahnärztlichen Einrichtung sitzen und dort mit Lesestoff über Darmkrebsvorsorge versorgt werden, haben an dem Thema zunächst nahezu kein Interesse. Sie sind weit überwiegend der Ansicht, dass Beratung zur Darmkrebsvorsorgenicht zu den Aufgaben einer Zahnärztin oder eines Zahnarztes gehört, dass Darmkrebsvorsorge ein fachfremdes Thema ist und keinen Platz in der zahnärztlichen Praxis hat. Weiter geht ihre Meinungsbildung hierzu nicht. Patientinnen und Patienten, die dagegen im Sprechzimmer vom Zahnarzt selbst und persönlich zu dem Themenkomplex angesprochen werden, reagieren viel aufgeschlossener und differenzierter. Motivationskampagnen in der Zahnarztpraxis zur verstärkten Teilnahme an der Darmkrebsfrüherkennung bedeuten eine stärkere ärztliche Orientierung der Zahnmedizin, wie sie der Wissenschaftsrat seit langem fordert. Das allgemeinmedizinische Engagement der Zahnmedizin setzt dort an, wo die Krebserkrankung nach Auffassung aller Onkologen und nach den Daten der WHO heute am wirkungsvollsten bekämpft werden kann: bei der Krebsfrüherkennung und Risikominderung.