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Der Speichel des medizinischen Blutegels, H. verbana enthält eine Vielzahl von Proteinen und Peptiden mit deren Hilfe das Tier bei seinen Wirten parasitiert. Die bioaktiven Speichelinhaltsstoffe sind in den einzelligen Speicheldrüsenzellen des Tieres lokalisiert und werden während des Saugaktes über die Ausführgänge einer jeden Zelle in die Bisswunde des Wirtes transferiert. Die Proteine ermöglichen es dem Parasiten das Blut des Wirtes optimal aufzunehmen und es bis zu einem Jahr im Speichermagen zu bevorraten. In den letzten Jahrzehnten wurden einige Speichelproteine identifiziert und rekombinant hergestellt. Aufgrund schmerzstillender, gefäßerweiternder, gerinnungshemmender und vermutlich auch thromobolytischer Eigenschaften sind diese Substanzen in der Humanmedizin und -prophylaxe von potenzieller Bedeutung. Seit Jahrhunderten wird die klassische Blutegeltherapie durch das Ansetzen lebender Egel an die Haut des Menschen von Heilpraktikern und Ärzten erfolgreich durchgeführt. Gleichwohl sind die Funktionen der meisten sekretorischen Speichelproteine weiter ungeklärt und die Mechanismen, die zur Freisetzung der Proteine aus den Vorratsbehältern führen, unbekannt. Im Rahmen dieser Arbeit konnte im Zuge der Quantifizierung der Speichelproteine und -peptide von H. medicinalis und H. verbana festgestellt werden, dass es keine globalen Unterschiede im Expressionsmuster beider Arten gibt. Es ist anzunehmen, dass der ohnehin in den letzten Jahren vermutlich zumeist, wenngleich vom Therapeuten unbewusst, eingesetzte H. verbana ähnliche Speichelproteine wie der tatsächlich medizinisch zugelassene H. medicinalis besitzt. Darüber hinaus wurde in dieser Arbeit mit gelfreien und gelbasierten Methoden erstmals das sekretorische Speichelproteom eines einzelnen Blutegels dargestellt. Dieses wird es zukünftig erlauben, Speichelproteine zu identifizieren und auf deren Funktion zu testen. Mit Hilfe der 3D-Rekonstruktion von Speicheldrüsenzellen konnte ermittelt werden, dass ein adulter Blutegel der Art H. verbana etwa 36.960 Speicheldrüsenzellen mit einem mittleren Volumen von 67.048 ± 38.935 µm³ besitzt. Aus den Daten und dem ermittelten Proteingehalt einer Speicheldrüsenzelle wurde geschlussfolgert, dass ein Blutegel über 1,2 ± 0,7 mg Protein in seinen Speicheldrüsenzellen verfügt. Sollte die gesamte Proteinmenge in den Wirt transferiert werden, könnten individuelle Komponenten des Egelspeichels in einem extrazellulären Verteilungsvolumen von 5 l (Mensch) maximale Konzentrationen zwischen 3 und 236 pmol/l erreichen. Gleichwohl ergaben histologische Studien, die eine Reduktion der Speicheldrüsenzellflächen nach der Nahrungsaufnahme anzeigen und auf eine Entleerung der Speicheldrüsen im Zuge des Saugaktes schließen lassen, dass die Zellflächen in gesogenen Tieren gegenüber den Zellflächen in ungesogen Egel nur um etwa 40 % reduziert sind. Die sich ergebene Frage, ob die Entleerung der Drüsenzellen dementsprechend auch nur anteilig erfolgt, kann derzeit aufgrund nur lückenhafter Erkenntnisse zur inneren Struktur der Speichelsekretionszelle noch nicht beantwortet werden. Mit Verweis auf das einzige pharmakokinetisch umfangreich untersuchte Speichelprotein Hirudin (Ki 2,3 pmol/l) kann jedoch gemutmaßt werden, dass selbst unter der Annahme einer nur 40 %igen Speicheldrüsen-Entleerung die in den Wirt transferierte Menge an individuellen Speichelproteinen eines einzelnen Tieres ausreichend hoch sein könnte, um pharmakologisch wirksame Konzentrationen im Organismus zu erreichen. Interessanterweise gelang es in dieser Arbeit erstmals zu zeigen, dass die Neusynthese der Speichelproteine, obgleich die Tiere von dem Nahrungsblut einer Mahlzeit bis zu einem Jahr leben, bereits innerhalb der ersten beiden Wochen nach der Nahrungsaufnahme stattfindet. Die Mechanismen, die zur Freisetzungen des Materials aus den einzelligen Drüsen führen, sind bislang weitestgehend ungeklärt. Innerhalb dieser Arbeit konnten erste Beiträge geleistet werden, indem elektronenmikroskopisch nachgewiesen wurde, dass die Speicheldrüsenzellen Vesikel enthalten, in denen wahrscheinlich die sekretorischen Speichelinhaltsstoffe vorliegen. Zudem wurde gezeigt, dass Na+/K+-ATPase-Moleküle in nur sehr geringer Abundanz in den Drüsenzellen vorkommen, V-ATPase-Moleküle, die sekundäre Ionentransporte energetisieren (Erhöhung der intrazellulären Osmolyt-Konzentration) und zur Freisetzung des sekretorischen Materials (Platzen der Vesikel) führen könnten, jedoch sehr prominent sind.