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In fünf empirischen Studien wurde untersucht, ob Personen wissen, was sie im Ausdruck zeigen und anderen Personen kommunizieren, wenn sie eine Emotion erleben. Theoretische Grundlage der Untersuchungen war die Selbst-Inferenz-Hypothese von Reisenzein und Studtmann (2007). Diese besagt, dass Personen das Vorhandensein, die Art und die Intensität ihres Emotionsausdrucks nicht primär durch die Wahrnehmung ihres tatsächlichen Ausdrucksverhaltens feststellen, sondern aus der Qualität und Intensität ihres Gefühlserlebens erschließen. Zentrales Ziel der Untersuchungen war die empirische Überprüfung der Selbst-Inferenz-Hypothese für den mimischen Emotionsausdruck bei hedonisch positiven (Freude, Erheiterung) und negativen (Ekel, Traurigkeit/Enttäuschung, Ärger/Frustration) Emotionen. Darüber hinaus wurde eine Reihe von methodischen Einwänden gegen bisherige Studien zum Wissen über die eigene Mimik auf ihre Bedeutsamkeit überprüft. Die Ergebnisse der Experimente bestätigten konsistent die Vorhersagen der Selbst-Inferenz-Hypothese. Insbesondere konnte erstens für alle untersuchten Emotionen gezeigt werden, dass Gefühle bessere Prädiktoren von Meinungen über den eigenen mimischen Emotionsausdruck waren als der durch Beobachtereinschätzungen oder FACS-Codierungen gemessene tatsächliche Ausdruck. Zweitens zeigte sich, dass Personen meist nicht genau wissen, was sie zeigen, wenn sie ein Gefühl erleben. Vielmehr überschätzten sie systematisch die Intensität ihres Emotionsausdrucks. Potenzielle Alternativerklärungen dieser Ergebnisse konnten entweder methodisch ausgeschlossen oder empirisch entkräftet werden. In Studie 5 konnte die Selbst-Inferenz-Hypothese auch für nicht-mimische Ausdruckskomponenten von Prüfungsangst bestätigt werden. Die Befunde haben potenziell bedeutsame Implikationen für Theorien der Mimik, die Validität von Messmethoden des Emotionsausdrucks und für soziale Interaktionen im Alltag.
Das Alexithymie-Konstrukt beschreibt eine Störung affektiv-kognitiver Natur mit drei pathophysiologischen Hauptmerkmalen: der Schwierigkeit, Gefühle wahrzunehmen, diese zu kommunizieren und einem stereotypen, an äußeren Ereignissen orientierten Denkstil. Darüber hinaus leiden hochalexithyme Individuen an Schwierigkeiten im Bereich sozialer Interaktionen. Dieser Vulnerabilitätsfaktor wäre ein mögliches Bindeglied zwischen Alexithymie und psychischen sowie psychosomatischen Erkrankungen. Eine Erklärung für die sozialen Schwierigkeiten könnte in einem beeinträchtigten Erkennen emotionaler Gesichtsausdrücke liegen. Diese Studie untersucht die Hypothese eines mit Alexithymie assoziierten Defizites beim Erkennen emotionaler Gesichtsaudrücke an einer klinischen Population. Darüber hinaus werden Hypothesen zur Bedeutung spezifischer Emotionsqualitäten sowie zu Gender-Unterschieden getestet. 38 ambulante und stationäre psychiatrische Patienten (22 Frauen und 16 Männer) wurden mit der Toronto-Alexithymie-Skala (TAS-20), der Montgomery-Åsberg Depression Scale (MADRS), der Symptom-Check-List (SCL–90-R) und der Emotional Expression Multimorph Task (EEMT) untersucht. Als Stimuli des Gesichtererkennungsparadigmas dienten Gesichtsausdrücke von Basisemotionen nach Ekman und Friesen, die zu Sequenzen mit sich graduell steigernder Ausdrucksstärke angeordnet waren. Mittels multipler Regressionsanalyse konnte eine signifikante Assoziation von TAS-20 Punktzahl mit der Anzahl der Gesamtfehler und Fehlern beim Erkennen ängstlicher Gesichtsausdrücke gezeigt werden (beide beta = 0,47; p < 0,05). Die TAS-20 Punktzahl erklärte 12,6% (Gesamtfehler) und 12,5% (ängstliche Gesichtsausdrücke) der Varianz in der Fehlerzahl. In der geschlechtergetrennten Analyse zeigte sich für die weiblichen Stichprobe darüber hinaus eine signifikante Prädiktorqualität von Alexithymie für wütende Gesichtsausdrücke, während im männlichen Stichprobenteil kein signifikanter Zusammenhang zwischen TAS-20 Punktzahl und Fehlern in der Gesichtererkennung zutage trat. Kein Zusammenhang bestand ebenfalls zwischen der Zeit, nach der die Probanden die emotionalen Sequenzen stoppten, um ihre Bewertung abzugeben (Antwortlatenz) und Alexithymie. Die Ergebnisse der Arbeit unterstützen das Vorliegen eines mit Alexithymie assoziierten Defizites beim Erkennen emotionaler Gesichtsausdrücke in einer heterogenen, klinischen Stichprobe. Dieses Defizit könnte die Schwierigkeiten hochalexithymer im Bereich sozialer Interaktionen zumindest teilweise begründen und so eine Prädisposition für psychische sowie psychosomatische Erkrankungen erklären.