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Ziel der vorliegenden Arbeit war es, den Ort der Wirkstofffreisetzung als eine wichtige EinflussgröĂe fĂŒr die Absorption von Arzneistoffen zu charakterisieren. Bezugnehmend auf die unterschiedliche Expression von Transportproteinen in den einzelnen Abschnitten des Magen-Darm-Traktes sollten Erkenntnisse ĂŒber die regioselektive Absorption des P-gp-Substrates Talinolol nach Gabe verschiedener Arzneizubereitungsformen gewonnen werden. Dazu wurde in einer kontrollierten, randomisierten klinischen Studie an acht gesunde, mĂ€nnliche Probanden je eine konventionelle Hartkapsel, eine magensaft-resistente Kapsel und ein Suppositorium verabreicht. Jede Arzneiform enthielt neben Talinolol auch noch Paracetamol, das als Referenzsubstanz fĂŒr die Bestimmung des Zeitpunktes der Wirkstoffliberation diente. Paracetamol wurde nach Gabe aller drei Arzneiformen in gleichem Umfang absorbiert. Es zeigte in jedem Fall regelmĂ€Ăige Peaks und war ein zuverlĂ€ssiger Indikator fĂŒr die Freisetzung des Wirkstoffes aus der Arzneiform. Der Verlauf der Serumkonzentrations-Zeit-Kurven von Talinolol war insgesamt weitaus weniger regelmĂ€Ăig als der von Paracetamol. Im interindividuellen Vergleich fielen insbesondere nach Gabe der magensaftstabilen Kapsel und des Suppositoriums erhebliche Schwankungen auf. Dabei sank die relative BioverfĂŒgbarkeit nach Gabe der magensaftstabilen Kapsel auf 50%, nach Gabe des Suppositoriums sogar auf 20% des Wertes nach Einnahme einer konventionellen Hartkapsel. Die Auflösung von magensaftstabilen Zubereitungsformen erfolgt vorrangig im distalen Jejunum oder Ileum. Nach Aussage mehrerer Autoren ist hier die P-gp-Expression im Vergleich zum Duodenum deutlich erhöht. Dies könnte unserer Meinung nach die verminderte BioverfĂŒgbarkeit des P-gp-Substrates Talinolol nach Einnahme einer magensaftresistenten Kapsel erklĂ€ren. Der noch stĂ€rkere Abfall des AUC-Wertes nach Gabe eines Suppositoriums kann indes nur teilweise auf die rektale Expression von P-gp zurĂŒckgefĂŒhrt werden, die zwar höher als im Duodenum, aber nicht höher als im Jejunum/Ileum ist. Hauptursache fĂŒr die schlechte Absorption scheint hier die im Vergleich zu Paracetamol schlechte Löslichkeit von Talinolol zu sein, die wohl auf die Bedingungen der rektalen Zufuhr des nicht gelösten Arzneistoffes zurĂŒckzufĂŒhren ist. In der vorliegenden Arbeit konnte gezeigt werden, dass Talinolol in tieferen Darmabschnitten schlechter absorbiert wird. Eine solche regioselektive Absorption wurde auch bei anderen Wirkstoffen beobachtet. Dies ist bei der Entwicklung von Arzneizubereitungsformen bedeutsam, welche den Arzneistoff in einem bestimmten Abschnitt des Magen-Darm-Traktes freisetzen sollen.
Bei der Aufnahme von Arzneimitteln in Zellen spielen Transportprozesse eine groĂe Rolle. Das ATP-abhĂ€ngige Transportprotein P-Glykoprotein vermittelt hĂ€ufig Resistenzen gegenĂŒber Arzneimitteln. ZunĂ€chst wurde dieser Effekt in P-Glykoprotein-ĂŒberexprimierenden Tumoren entdeckt. Auch viele gesunde Gewebe enthalten P-Glykoprotein. Einige der Substanzen, die von P-Glykoprotein transportiert werden, sind vielverwendete Medikamente bei der Therapie von Herzerkrankungen. Die individuelle Expressionhöhe von P-Glykoprotein im Herzen könnte fĂŒr das unterschiedliche Ansprechen von Patienten auf von P-Glykoprotein transportierte Medikamente verantwortlich sein. Im Rahmen dieser Arbeit wurde die Expression von P-Glykoprotein an 15 humanen Herzgewebeproben untersucht. Verwendet wurde die Methode der RT-PCR und die immunhistochemische Darstellung des Proteins. Die Expression von P-Glykoprotein in humanem Herzmuskelgewebe konnte an allen Proben gezeigt werden. Immunhistochemisch ist P-Glykoprotein in den Endothelzellen der Arteriolen und Kapillaren lokalisiert worden. Hinsichtlich der Expression bei verschiedenen Krankheiten konnte bei Patienten mit einer dilatativen Kardiomyopathie eine signifikante Verminderung (p = 0,05) beobachtet werden. Die gewonnenen Ergebnisse zeigen eine Beteiligung des Herzens an Transportprozessen. Intrakardiale Konzentrationen vieler Substanzen können abhĂ€ngig von der individuellen P-Glykoprotein-Expression beeinflusst werden
Das P-Glykoprotein stellt ein wichtiges membranĂ€res Transportprotein zum Schutz des Organismus vor Xenobiotika sowie toxischen endogenen Metaboliten dar und ist an der Aufrechterhaltung der Barrierefunktion von Blut-Gewebe-Schranken beteiligt. AuĂerdem beeinflussen Pgp-vermittelte TransportvorgĂ€nge die Pharmakokinetik einiger Arzneimittel. Eine Modulation der Pgp-Funktion ist in vielerlei Hinsicht von Bedeutung. Daher war es Ziel dieser Arbeit, die Interaktionen zweier unterschiedlicher Substanzen, des mit der AD assoziierten Beta-Amyloids und des Arzneistoffes Heparin, mit dem Pgp zu untersuchen und die modulatorischen FĂ€higkeiten auf die AktivitĂ€t des Effluxtransporters in einem Zellsystem zu bewerten. DafĂŒr stand eine polar wachsende, mit humanem MDR1-transfizierte Zelllinie zur VerfĂŒgung, die sich zur Untersuchung des transepithelialen Transportes eignete. Bei der DurchfĂŒhrung der funktionellen in-vitro-Assays lieĂen sich eine signifikant verstĂ€rkte Akkumulation, ein signifikant inhibierter apikaler Efflux von Rh123 und die signifikant verminderte ATP-abhĂ€ngige Rh123-Aufnahme in Membranvesikel in Gegenwart von UFH sowie LMWH im Pgp-ĂŒberexprimierenden Epithelzellmodell nachweisen. Ein direkter Transport markierter Heparine konnte ebenso gezeigt werden. Als Kontrolle dienten zum Einen parentale LLC-PK1, zum Anderen zeigten vergleichende Betrachtungen bekannter Pgp-Modulatoren wie Verapamil oder CsA in diesen Transportversuchen Ă€hnliche Ergebnisse. Neben inhibitorischen Effekten der AÎČ-Peptide auf die Pgp-Funktion konnte ein direkter aktiver Pgp-vermittelter Transport von synthetischem AÎČ1-40 und AÎČ1-42 gezeigt werden. Sowohl in polarisierten Zellmonolayern aus MDR1-transfizierten LLC-Zellen, die als in-vitro-Modell fĂŒr das vaskulĂ€re Endothel der Blut-Hirn-Schranke dienen, als auch in aus den Zellen isolierten Membranvesikeln konnte ein vektorieller bzw. ATP-abhĂ€ngiger Transport der fluoreszenzmarkierten Peptide nachgewiesen werden. Eine Beteiligung des Pgp wurde anhand der Minderung des Transportes durch den spezifischen Inhibitor CsA verifiziert. Damit stellen sowohl die Heparine als auch die Beta-Amyloide nicht nur Inhibitoren des Pgp-vermittelten Transportes dar, sondern können selbst zum breiten Spektrum der affinen Pgp-Substrate gezĂ€hlt werden. Sie bewirken eine nachgewiesene pharma-kologische Modulation der Pgp-AktivitĂ€t und bieten Anhaltspunkte fĂŒr weitere Untersuchungen der komplexen Funktionen des Transportproteins.
Der Ă-Adrenozeptorenblocker Talinolol (TAL) und das Herzglykosid Digoxin (DIG) sind geeignete Substrate, um die Expression von intestinalem P-Glykoprotein beim Menschen zu untersuchen.. Basierend auf der Tatsache, dass Digoxin-Plasmaspiegel bei hyperthyreoten Patienten niedriger sind als bei euthyreoten Personen, sollte mit der vorliegenden Arbeit untersucht werden, ob SchilddrĂŒsenhormone einen Einfluss auf die intestinale P-gp-Expression haben. Dazu wurde an 8 gesunden Probanden (4 mĂ€nnl., 4 weibliche, 22-29 Jahre) die Pharmakokinetik von intravenös (30 mg) und oral (100 mg) appliziertem Talinolol vor und nach 17tĂ€giger Gabe von Thyroxin untersucht. Mittels Immunhistochemie und RT-PCR wurde die intestinale P-gp-Expression in DĂŒnndarmbiopsien, welche den Probanden vor und nach Thyroxin-Gabe entnommen wurden, bestimmt. Ergebnisse: (1) Durch 17tĂ€gige Gabe von Thyroxin lĂ€sst sich bei gesunden Probanden das Bild einer subklinischen Hyperthyreose erzielen. (2) Nach der Behandlung mit Thyroxin war sowohl in der Immunhistochemie als auch in der RT-PCR ein Anstieg der P-gp-Expres-sion zu beobachten. (3) Die pharmakokinetischen Daten nach oraler Gabe von Talinolol weisen darauf hin, dass Thyroxin ein Induktor des Transportproteins P-gp sein könnte (Abnahme der BioverfĂŒgbarkeit, signifikante Abnahme der Halbwertszeit). Nach intravenöser Applikation konnte keine VerĂ€nderung der Pharmakoki-netik von Talinolol gezeigt werden. Schlussfolgerung: Die vorliegenden Ergebnissen zeigen, dass Thyroxin die Expression von intestinalem P-gp induziert. Aufgrund dieses Effektes ist damit zu rechnen, dass die Therapie mit Arzneimitteln, die durch P-gp transportiert werden, bei hyperthyreoten Patienten beeinflusst wird.
Die Sepsis und der septische Schock stellen die hĂ€ufigste Todesursache auf chirurgischen Intensivstationen dar. Viele Studien haben gezeigt, dass die Barriere-funktion in sekretorischen Organen, wie z. B. Leber, Gehirn und Darm, durch das septische Krankheitsbild beeinflusst wird. Wichtige Determinanten dieser Organbarrieren sind die Effluxtransporter multidrug resistance protein 1 (kodiert durch Mdr1) und das multidrug resistance-associated protein 2 (Mrp2). Sie haben groĂen Einfluss auf die Absorption und Verteilung sowie Ausscheidung von potentiell toxischen Xenobiotika, unter anderem auch Arzneimittel. Unser Ziel war es, mit der vorliegenden Arbeit einerseits die Expression, anderseits die Funktion der Membran-Transporter Mdr1 und Mrp2 in verschiedenen Organen mit und ohne Sepsis zu untersuchen. Des Weiteren sollte geklĂ€rt werden, inwieweit Talinolol als probe drug neben dem bereits gut charakterisierten Transport ĂŒber Mdr1 auch ein Substrat fĂŒr Mrp2 ist. Hierzu wurden jeweils 12 mĂ€nnliche Lew.1W-Ratten des Wildtyps und 12 des Mrp2-defizienten Stamms mit Talinolol vorbehandelt. Je sechs Tieren beider RattenstĂ€mme wurde ein Röhrchen in die Darmwand implantiert (colon ascendens stent peritonitis â CASP), die Kontrolltiere wurden scheinoperiert. Nach drei Tagen wurde die Mdr1b- und Mrp2-mRNA-Expression ĂŒber die real time reverse transcription- Polymerasekettenreaktion im Jejunum, Ileum, Leber, Niere, Gehirn und Hoden analysiert. Weiterhin bestimmten wir sowohl aus den oben genannten Organen als auch aus dem Blut sowie dem gesammelten Urin und Stuhl die Talinololkonzentrationen mittels high pressure liquid chromatography (HPLC) und Fluoreszenzdetektion. Septische Ratten des Wildtyps zeigten gegenĂŒber ihrer Kontrolle eine nominal gesunkene jejunale Mdr1b-mRNA-Expression mit einer gleichzeitig um 20% verminderten Talinololausscheidung ĂŒber den Stuhl als möglichen Ausdruck der gestörte Absorptionsbarriere des Darms. Weiterhin waren die Mdr1b-mRNA-Level in der Leber erhöht, jedoch lieĂ sich die zu erwartende Reduzierung der intrahepatische Talinololkonzentration nicht bestĂ€tigen. Die Konzentrationen von Talinolol im Gehirn sanken wĂ€hrend der Sepsis auf fast ein Drittel der Kontrollgruppe bei unverĂ€nderter Mdr1-Expression. Mrp2 scheint hingegen keinen Einfluss auf die Talinololkinetik wĂ€hrend der Sepsis zu haben.
Untersuchungen zum Mechanismus der oralen Absorption von Trospiumchlorid an gesunden Probanden
(2017)
In Deutschland leiden ca. 15 % der ĂŒber 40-jĂ€hrigen am Syndrom der ĂŒberaktiven Blase (overactive bladder, OAB), welches durch plötzlich auftretenden, nicht aufhaltbaren Harndrang definiert wird. Trospiumchlorid (TC) ist ein kationischer, wasserlöslicher, antimuskarinerger Arzneistoff mit einer stark variablen BioverfĂŒgbarkeit von ca. 10 %, der hĂ€ufig zur Behandlung der OAB eingesetzt wird. Aufgrund seiner quartĂ€ren Ammoniumstruktur ĂŒberwindet er die Hirnschranke nicht und löst somit keine kognitiven Nebenwirkungen aus, was einen entscheidenden Vorteil gegenĂŒber anderen Anticholinergika darstellt. Zielsetzung dieser Arbeit war die Optimierung seines schlechten oralen Absorptionsverhaltens.
TC ĂŒberwindet die Enterozytenmembran als Substrat des Efflux-Carriers P-glycoprotein (P-gp) und des Aufnahmetransporters organic cation transporter 1 (OCT1). Durch die geringe Expression von P-gp in den proximalen DĂŒnndarmabschnitten und einer gleichmĂ€Ăigen Expression von OCT1 im gesamten Darm vermuteten wir ein âAbsorptionsfensterâ fĂŒr TC in diesem proximalen DĂŒnndarmareal.
In zwei nach Ă€hnlichem Design durchgefĂŒhrten kontrollierten, randomisierten, cross-over Studien der Phase I versuchten wir dieses vermutete âAbsorptionsfensterâ mit der Simulation gastroretentiver Darreichungsformen fĂŒr TC gezielt zu bedienen. Das TC sollte dabei mit Hilfe der Antrum-MotilitĂ€t ĂŒber einen lĂ€ngeren Zeitraum, in portionierten Mengen aus dem Magen in den DĂŒnndarm befördert werden. In der offenen, vier-armigen GI-Studie (gastric infusion) benutzten wir dafĂŒr eine Magensonde ĂŒber die 30 mg in Wasser gelöstes TC in einem Zeitraum von 6 h in den Magen infundiert wurden (GI). Im Vergleich dazu stand die orale Einnahme einer 30 mg schnell freisetzenden TC-Filmtablette (immediate release, IR). Die Applikationen erfolgten jeweils im nĂŒchternen Zustand (fasted) und nach dem Verzehr einer standardisierten fettreichen Mahlzeit (FDA; fed).
In der NaHCO3-Studie (Natriumbikarbonat) simulierten wir unter Ausnutzung der verzögerten Magenentleerung nach Verzehr einer fettreichen Mahlzeit eine physiologische Form der gastroretentiven Darreichung von TC. Durch Zugabe einer NaHCO3-Kapsel zu TC (IR-TC + NaHCO3) als Brausesubstanz in Kontakt mit MagensĂ€ure, sollte TC gleichmĂ€Ăig mit dem Mageninhalt vermischt werden, um interindividuelle Unterschiede in der TC-BioverfĂŒgbarkeit zu verringern. Im Vergleich standen die intravenöse Gabe von TC (IV-TC) und die Komedikation eines NaHCO3-Placebos (IR-TC + NaHCO3-Placebo).
Die geplanten AnsÀtze zur Verbesserung des Absorptionsverhaltens von TC gelangen in beiden Studien leider nicht.
Mit Hilfe von pharmakokinetischem modelling der aus der GI-Studie gewonnenen Daten, postulierten wir mögliche GrĂŒnde. So fanden wir heraus, dass es im menschlichen Darm zwei âAbsorptionsfensterâ fĂŒr TC geben muss. Ein schmaleres mit geringerer PermeabilitĂ€t im Jejunum und ein breiteres mit höherer PermeabilitĂ€t im Caecum/Colon ascendens. UrsĂ€chlich hierfĂŒr könnten die lokale HĂ€ufigkeit und das Wechselspiel der in diesen Arealen vorkommenden Transportproteine P-gp und OCT1 sein. Der Versuch durch Gastroretention ein proximales âAbsorptionsfensterâ zu bedienen erwies sich daher nach pharmakokinetischer Modellanalyse als Fehlkonzept. In zukĂŒnftigen Studien sollten weitere Darreichungsformen erprobt werden, die insbesondere auf eine Freisetzung des TCs im zweiten âAbsorptionsfensterâ mit einer höheren PermeabilitĂ€t fĂŒr TC abzielen.