Doctoral Thesis
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Die Anzahl der getöteten FuĂgĂ€nger im StraĂenverkehr im Jahr 1970 bedingte den Wendepunkt fĂŒr die Betrachtung des FuĂgĂ€ngerunfalles. Durch intensivierte Forschung und Umsetzung von Schutzbestrebungen konnten Unfallzahl und deren Folgenschwere bereits effektiv gesenkt werden. Durch stetigen Wandel der Fahrzeugtypen und oftmals unzureichende, medizinische und technische VerknĂŒpfung der Untersuchungsbedingungen werden fortgefĂŒhrte Untersuchungen benötigt. Durch Kombination technischer, medizinischer, psychologischer sowie weiterer ForschungsansĂ€tze konnte auf Grundlage einer in-depth-Unfalldatenerhebung die IMPAIR Studie (In-depth Medical Pedestrian Accident Investigation and Reconstruction Study) vom 1. Juli 2001 bis zum 31. Dezember 2004 als eine prospektive Beobachtungsstudie im GroĂraum Berlin durchgefĂŒhrt werden. Diese erlaubt eine Darstellung von ZusammenhĂ€ngen zwischen Unfallumgebung, Kinematik und Verletzungsmuster mit den Besonderheiten der Ursachenentstehung fĂŒr den FuĂgĂ€nger-Pkw-Unfall. Die vorliegende Arbeit trĂ€gt dabei zum systematischen VerstĂ€ndnis der speziellen Unfallsituation bei. Die geforderten Einschlusskriterien konnten 37 UnfĂ€lle erfĂŒllen und diese wurden einer detaillierten Analyse unterzogen. Die Fallzahl respektierend wurde eine deskriptive statistische Auswertung vorgenommen. Mit einem mittleren MAIS (Maximum Abbreviated Injury Scale) von 3,9 und ISS (Injury Severity Score) von 33,8 lag eine hohe Verletzungsschwere vor. Die durchschnittliche Kollisionsgeschwindigkeit betrug 49,5 km/h (Spanne 28-93km/h). Eine hohe Verletzungsschwere war regelhaft mit einer hohen AnstoĂgeschwindigkeit kombiniert. Der Kopfanprall fand mit 51 % (n=19) gehĂ€uft auf der Frontscheibe statt und fiel mit einem mittleren MAIS von 3,4 auffallend hoch aus. Aus dem SekundĂ€ranprall auf der Fahrbahn resultierten leichtere Verletzungen. Die Unfallschuld war in ca. zwei Drittel der Kollisionen durch Unachtsamkeit der FuĂgĂ€nger zu erklĂ€ren; die Pkw-Fahrer dominierten durch Fahren mit ĂŒberhöhter Geschwindigkeit. Hervorzuheben ist die HĂ€ufung der UnfĂ€lle in Bereichen des öffentlichen Personennahverkehrs bei guten Sicht und Witterungsbedingen in der Hauptverkehrszeit.
Der Beifahrersitz gilt gemeinhin als âplace du mortâ, auf dem das Risiko schwerer oder tödlicher Verletzungen im Vergleich zur Fahrerseite erhöht ist. Im Rahmen einer medizinisch-technischen Analyse realer VerkehrsunfĂ€lle wurde diese Hypothese wissenschaftlich ĂŒberprĂŒft. Bei 196 UnfĂ€llen wurde die Gesamtverletzungsschwere von 99 Fahrer-BeifahrerâPaaren anhand international gebrĂ€uchlicher Indices (z. B. GCS, AIS, ISS) verglichen. FĂŒr 71 dieser Paare wurden insgesamt 524 einzelne Verletzungen hinsichtlich der Schwere und der verletzungsverursachenden Teile untersucht. Die Ergebnisse wiesen mit signifikant schlechteren Werten fĂŒr GCS, ISS, AIS im Kopfbereich sowie einer höheren Rate an Polytraumata zunĂ€chst auf eine höhere Verletzungsschwere der Beifahrer hin. Bei der vergleichenden Untersuchung der verschiedenen Kollisionsrichtungen lieĂen sich signifikante Unterschiede jedoch nur nach Rechtsseitenkollisionen fĂŒr die GCS und den ISS sowie nach Mehrfachkollisionen fĂŒr den ISS nachweisen. Die höhere Gesamtverletzungsschwere der Beifahrer war damit im Wesentlichen auf die Rechtsseitenkollisionen zurĂŒckzufĂŒhren, die im Untersuchungsgut hĂ€ufiger als die Linksseitenkollisionen auftraten und zudem eine höhere mittlere Deformationstiefe aufwiesen. FĂŒr die Einzelverletzungen in den Körperregionen nach AIS konnten keine signifikanten Unterschiede zwischen Fahrern und Beifahrern festgestellt werden. FĂŒr bestimmte Verletzungen (z. B. Clavicula- und Wirbelkörperfrakturen) ergaben sich jedoch auffĂ€llige Abweichungen. Bei Airbagauslösungen ohne Gurtbenutzung wurden sechs FĂ€lle von meist tödlichen Verletzungen der Aorta bzw. des Herzens beobachtet. Angesichts der sehr geringen Gurtanlegequote von etwa zwei Dritteln in beiden Gruppen ergibt sich hieraus die Notwendigkeit weiterer AufklĂ€rungs- und KontrollmaĂnahmen zur Erhöhung der Gurtbenutzung.