Doctoral Thesis
Refine
Year of publication
- 2005 (2) (remove)
Document Type
- Doctoral Thesis (2) (remove)
Language
- German (2) (remove)
Has Fulltext
- yes (2)
Is part of the Bibliography
- no (2)
Keywords
- Kniegelenk (2) (remove)
Bei der Entwicklung der hier beschriebenen Prothese mit medial-lateral asymmetrischen Gelenkflächen und damit gegebenen naturnahen Funktionen wurden Antworten auf folgende Fragen gesucht: 1) Welche funktionellen Eigenschaften hat das natürliche Tibiofemoralgelenk und welche Bedeutung hat dabei die medial-laterale Asymmetrie? 2) Welche funktionellen Eigenschaften des natürlichen Knies werden durch die gegenwärtigen Knieendoprothesen beeinträchtigt bzw. zerstört? 3) Welche Funktionsdefizite könnten von einer Prothese mit naturnaher Gelenkgeometrie ausgeglichen werden? 4) Welche Probleme werden durch den künstlichen Gelenkersatz erzeugt und wie können diese minimiert werden? 5) Wie erfolgreich ist eine solche Prothese im klinischen Einsatz? Das Roll-Gleit-Verhalten des natürlichen Kniegelenkes beruht auf der besonderen Gestaltung der Gelenkflächen. Die tibiale Gelenkfläche ist im lateralen Kompartiment sagittal konvex geformt, der Krümmungsmittelpunkt der femoralen Gelenkfläche gegenüber der tibialen ist nach posterior verschoben und die Gelenkkontakte liegen transversal auf den Abhängen des Höckers der tibialen Gelenkfläche. Die neue Knieendoprothese wurde nach diesem kinematischen Modell konstruiert. Das natürliche Roll-Gleit-Verhalten dieser Prothese konnte in umfangreichen Untersuchungen nachgewiesen werden. Eine Beweglichkeit von 0° bis 90° Beuge erreichen postoperativ nur 60% der Patienten. Konventionelle Knieendoprothesen bilden die natürliche Kinematik nur unzureichend ab, zu einem großen Teil wird die Mechanosensorik im Tibiofemoralgelenk zerstört. Das Gehen mit der konventionellen Prothese muss neu erlernt werden, meist ist eine Gehhilfe erforderlich. Eine Knieendoprothese mit natürlichem Roll-Gleit-Verhalten stellt die mechanische Funktion des Kniegelenkes wieder her. Zur Kompensation der fehlenden Mechanosensorik können gelernte Programmschleifen des muskulären Systems wieder abgerufen werden. Das Gehen mit der neuen Prothese muss nicht neu erlernt werden. Die Langzeiterfolge von Knieendoprothesen werden durch Polyethylenverschleiß und aseptische Lockerungen beeinträchtigt. Das Verschleißproblem wird mit der ÆQUOS™ Knieendoprothese durch das überwiegende Rollen in der Standphase verringert, die tribologischen Untersuchungen zeigen gute Ergebnisse. Das natürliche Roll-Gleit-Verhalten verteilt die kritischen Spannungen auf einen großen Bereich des Tibia-Inlays und verhindert so ein vorzeitiges Totalversagen. Aus der natürlichen Oberflächengestalt des Kniegelenkes wurde ein geometrisches Modell des dazugehörigen Viergelenkes entwickelt. Dieses Viergelenk wurde auf das Roll-Gleit-Verhalten im Knie angepasst. Das Viergelenk stellt für jeden Beugewinkel eine kinematisch stabile Position ein. Mit diesem Modell wurde ein Implantatsystem für das Knie konstruiert und gefertigt. Im Rahmen der medizinischen Zulassung wurden Verschleißuntersuchungen und FEM-Berechnungen erstellt, deren Ergebnisse wieder in die Konstruktion und Fertigung eingingen. Über die Ausführung der Viergelenke im sagittalen und im frontalen Schnitt stabilisiert sich das Implantat selbstständig ausschließlich über die Oberflächengeometrie. Ambitioniertes Ziel ist dabei die möglichst vollständige Wiederherstellung eines hohen Bewegungsbereiches, der die mechanisch stabile Hocke, das Aufstehen ohne Gehhilfen, Radfahren usw. einschließt. Dies geht weit über das konventionelle Ziel einer „nahezu normalen" Gelenkfunktion mit Gewährleistung eines schmerzfreien Ganges hinaus. Die ÆQUOS™-Knieendoprothese hat das CE-Zertifikat nach ISO 13485 und 93/42 EWG erhalten und ist somit als Medizinprodukt zugelassen. Die ÆQUOS™-Knieendoprothese wurde seit September 2003 bereits 160-mal erfolgreich implantiert. Diese Implantationen zeigten auch in vivo die erwartet guten Ergebnisse.
Die Messung der Propriozeption erfolgte in der vorliegenden prospektiven Studie anhand einer etablierten Kinästhesiemessung zur Bestimmung der Wahrnehmungsschwelle des Bewegungsbeginnes. Zur Beurteilung der Propriozeptionsfähigkeit nach Kniegelenksendoprothetik erwies sich diese Methode im klinischen Alltag als praktikabel und vor allem sehr aussagekräftig in Hinsicht auf die veränderten Leistungsfähigkeiten in operierten Kniegelenken. Aus der Klinik und Poliklinik für Orthopädie und orthopädische Chirurgie in Greifswald wurden im Zeitraum von August 2002 bis September 2003 45 Patienten, die sich auf Grund fortgeschrittener Gonarthrosen einer operativ- endoprothetischen Versorgung unterzogen, hinsichtlich ihres klinischen Bildes und ihrer Propriozeptionsfähigkeiten untersucht. Die Untersuchungen erfolgten zum einen präoperativ und zum anderen drei und sechs Monate postoperativ. Anhand der statistischen Auswertung der erhobenen Daten lassen sich nun folgende Aussagen zum klinischen und propriozeptiven Verlauf nach Implantation einer Kniegelenksendoprothese treffen. Die präoperative Detektionsschwelle ist bei dem Krankheitsbild der ausgeprägten Gonarthrose im Vergleich zu einer gesunden Normalbevölkerung erhöht. Die Detektionsschwelle ist präoperativ auf der zu operierenden Gelenkseite höher, als auf der nicht zu operierenden Gegenseite. Mit zunehmendem Alter der Patienten steigt die durchschnittliche Detektionsschwelle an. In Abhängigkeit vom klinischen Bild zeigte sich zudem eine höhere Detektionsschwelle, je ausgeprägter sich das Krankheitsbild darstellte. Insbesondere war die Detektionsschwelle um so höher, je höher die Schmerzsymptomatik und je niedriger die mittels der klinischen Scores (Lysholm, KSS) erhobenen Punktwerte ausfielen. Vor dem endoprothetischen Eingriff weist das zu operierende Kniegelenk ein ausgeprägteres klinisches Krankheitsbild und eine höhere Detektionsschwelle auf als die Gegenseite. Abweichungen von Werten, die bei gesunden Kontrollgruppen gefunden wurden, lagen jedoch auch auf der nicht zu operierenden Gegenseite vor. Postoperativ stiegen die klinischen Scorewerte und die propriozeptiven Fähigkeiten auf der operierten Kniegelenksseite signifikant an. Eine Zunahme war aber auch auf der Gegenseite zu verzeichnen. Bei differenzierter Betrachtung der Veränderungen der Propriozeptionsfähigkeit in Abhängigkeit von der Art der Implantierten Prothesen kann man feststellen, dass die Detektionsschwelle beim TC-Plus- und beim LPS-Flex-Knie um 17% sinkt und beim LCS-Complete-Knie um 13%. Dies entspricht einer signifikanten Zunahme der Propriozeptionsfähigkeit. Bei dem Natural - Knee liegt die Detektionsschwelle sowohl präoperativ als auch postoperativ auf einem gleichen überdurchschnittlich guten Level. Zu erklären ist die niedrigere Detektionsschwelle mit dem prä- und postoperativ bestehenden besseren klinischen Erscheinungsbild dieser Patientengruppe. Die gravierensten Unterschiede in den Propriozeptionsfähigkeiten ließen sich in Abhängigkeit vom stationären oder ambulanten Nachbehandlungskonzept erkennen. Hier kam es bei den nur ambulant nachbehandelten Patienten auf der Operationsseite erst nach sechs Monaten zu einer Zunahme der klinischen Scorewerte und der Propriozeptionsfähigkeit. Bei den stationär nachbehandelten Patienten war dieser Anstieg schon nach drei Monaten zu verzeichnen. Auf der nicht operierten Gegenseite zeigten die Patienten mit ambulanter Nachbehandlung eine deutliche Verschlechterung des klinischen Bildes und der Propriozeption. Im Gegensatz dazu verbesserte sich das subjektive Befinden und die Propriozptionsfähigkeit bei den stationär nachbehandelten Patienten auch auf der Gegenseite deutlich. Die vorliegende Arbeit zeigt die Praxisbezogenheit der Anwendung dieser wissenschaftlich erhobenen Messdaten. Die Propriozeptionsmessung im Rahmen operativer Eingriffe bei Gonarthrosepatienten ist praktikabel anwendbar und sollte in der Rehabilitation nach operativ - endoprothetischer Behandlung der Gonarthrose einen vielseitigen klinischen Einsatz finden, um die gezielte Rehabilitation der Patienten im Krankheitsverlauf wirksam zu unterstützen und eine schnellere Wiederherstellung des Gesundheitszustandes und der Alltagsbelastbarkeit zu gewährleisten. Im Weiteren ist vor allem die Erhebung von Langzeitergebnissen zur Therapiekontrolle notwendig. Im Rahmen der wissenschaftlichen Forschung könnten mit Hilfe der Propriozeptionsmessung vor allem neue Therapieansätze auf ihre Effektivität geprüft werden. Zum Beispiel, welchen Einfluss eine präoperativ durchgeführte propriozeptiv orientierte Physiotherapie auf das Operationsergebnis hat. Da sich der beschriebene Messaufbau für die Propriozeptionsmessung am Kniegelenk als sehr praktikabel und aussagekräftig erwiesen hat, könnte durch Modifikation diese Methode auch für andere Gelenke zur Anwendung kommen. Hierfür wären weitere Entwicklungsarbeit und anschließende klinische Studien erforderlich.