Doctoral Thesis
Refine
Year of publication
- 2020 (2) (remove)
Document Type
- Doctoral Thesis (2) (remove)
Language
- German (2) (remove)
Has Fulltext
- yes (2)
Is part of the Bibliography
- no (2)
Keywords
- Pflege (2) (remove)
Institute
Die Pflege demenziell erkrankter Menschen geht bekanntermaßen mit einer Belastung für die Pflegepersonen einher. Ziel dieser Studie war es, die Belastung pflegender Angehöriger und professioneller Pflegekräfte unmittelbar nach Krankenhausaufnahme des Menschen mit Demenz zu beschreiben.
In dieser deskriptiven Querschnittstudie füllten 25 pflegende Angehörige und 25 professionelle Pflegekräfte der geschlossenen gerontopsychiatrischen Station eines Krankenhauses in Greifswald einen Fragebogen (BIZA-D-PV)
aus, der in verbundenen Stichproben ausgewertet wurde. Es wurden Häufigkeitsverteilungen, Mittelwertunterschiede und Korrelationen bestimmt. Darüber hinaus erfolgte eine Einordnung der pflegenden Angehörigen in Risikogruppen.
Die pflegenden Angehörigen empfanden eine höhere Belastung durch kognitive Einbußen, Aggressivität und Verwirrtheit des Menschen mit Demenz im Vergleich zu den professionellen Pflegekräften. Statistisch signifikante Unterschiede in Hinblick auf die Belastung durch praktische Pflegeaufgaben ließen sich nicht feststellen. Weibliche Angehörige gaben eine höhere Belastung an als männliche Angehörige, wohingegen in der Gruppe der professionellen Pflegekräfte die männlichen Befragten eine höhere Belastung empfanden.
Es wurden Korrelationen zwischen einzelnen Belastungsdimensionen und dem Alter der Pflegenden, dem Schweregrad der Demenz sowie körperlichen Beschwerden der Pflegenden beschrieben. Die Einordnung der pflegenden Angehörigen in Risikogruppen zeigte ein hohes Risiko für die Entwicklung von Depressionen bei den Pflegenden, für Gewaltanwendung gegenüber den demenziell Erkrankten und deren Heimeinweisung innerhalb der nächsten Monate in 44-72% der Fälle.
Die Ergebnisse verdeutlichen die Notwendigkeit, Erkenntnisse über die Belastung der Pflegenden im zeitlichen Verlauf der Pflege zu sammeln, um zielgerichtete Interventionen entwickeln zu können. Derartige Interventionen sollten darauf abzielen, eine Reduktion der Pflegebelastung zu ermöglichen und Krankenhauseinweisungen aufgrund einer Krise
der häuslichen Pflege zu vermeiden.
Hintergrund
Immer mehr pflegebedürftige Menschen werden in der Häuslichkeit durch informell Pflegende zusammen mit ambulanten Pflegediensten versorgt. Die drei Konzepte „Pflegebedürftigkeit“, „Gesundheit“ und „Krankheit“ spielen in diesem Kontext eine besondere Rolle. Über keines dieser Konzepte besteht definitorische Einigkeit; die Termini werden je nach Kontext bzw. Zweck unterschiedlich verstanden. Empirische Sozialforschung, Medizintheorie sowie Medizin- und Pflegeethik beschäftigen sich intensiv – jedoch getrennt voneinander – mit ihren Inhalten und ethischen Implikationen. Den drei Konzepten ist gemeinsam, dass deren subjektives Verständnis und normative Implikationen in der ambulanten Pflege bisher nur unzureichend analysiert wurde.
Methoden
In einem dreigliedrigen Projekt bestand der erste Schritt in einer Literaturrecherche mit Analyseschwerpunkt zu medizin- und pflegeethischen sowie medizintheoretischen Konzepten im wissenschaftlichen Diskurs zu Gesundheits- und Krankheitsvorstellungen. Ausgehend davon wurden die Forschungsfrage und - methode festgelegt. In einem zweiten Schritt erfolgte die empirische Exploration subjektiver Perspektiven professionell Pflegender, Pflegebedürftiger und informell Pflegender auf Pflegebedürftigkeit, Gesundheit und Krankheit in häuslichen Langzeitpflegearrangements mit Hilfe qualitativer Leitfadeninterviews. Die Auswertung der Transkripte wurde mittels qualitativer Inhaltsanalyse vorgenommen. Um Implikationen für die empirische Sozialforschung, Medizintheorie sowie Medizin- und Pflegeethik entwickeln zu können, führte ein dritter Schritt die empirischen und normativen Perspektiven zusammen.
Ergebnisse
Die Studie liefert empirische Ergebnisse zu den subjektiven Vorstellungen und Wahrnehmungen professionell Pflegender, Pflegebedürftiger und informell Pflegender hinsichtlich der Angemessenheit der Versorgung (1), den Vorstellungen von Gesundheit (2) und den Belastungen, die aus der häuslichen Pflegesituation resultieren (3). Zudem werden die Ergebnisse der empirisch-ethischen Analyse zu Spannungsfeldern zwischen subjektivem Krankheitsgefühl („Illness“) und anhand objektiver Kriterien festgestellter Krankheit („Disease“) geschildert und die Grenzen der moralischen Verpflichtungen zur Pflegeübernahme in der ambulanten Pflege abgesteckt.
Diskussion
Ein Vergleich der empirischen Ergebnisse mit existierenden normativen Leitfäden offenbart eine Diskrepanz zwischen Ist- und Sollzustand. Es wird die Bedeutung für die Praxis der empirischen Sozialforschung sowie der Medizintheorie und Medizin- und Pflegeethik abgeleitet.