Doctoral Thesis
Mit dieser Arbeit soll das Verfahren der logischen Rekonstruktion reflektiert und insbesondere fĂŒr das Feld der gebrauchssprachlichen Argumentationen im Detail entwickelt und methodisch abgesichert werden. Dazu werden zunĂ€chst die vorausgesetzten sprachphilosophischen und argumentationstheoretischen Grundlagen der Rekonstruktionslehre in geeigneter Weiterentwicklung resp. Modifikation prĂ€sentiert. AnschlieĂend wird das Rekonstruieren, insbesondere von Argumentationen, in systematischer Hinsicht verortet, zuerst als hermeneutisches Verfahren, sodann in seiner Funktion als Hilfsmittel fĂŒr Logik und Argumentationstheorie. Die logische Rekonstruktion wird als eine spezielle Form der exegetischen Interpretation durch Paraphrase dargestellt, die (adaptierten) hermeneutischen Maximen und PrĂ€sumtionsregeln untersteht, die die exegetische Interpretation im Allgemeinen anleiten. Im Unterschied zur Interpretation durch gebrauchssprachliche Paraphrasen fĂŒhrt die logische Rekonstruktion jedoch zu voraussetzungsexpliziten Interpretantia, die mit logischen Instrumenten und metatheoretischen Begrifflichkeiten untersucht werden können, die auf gebrauchssprachliche Texte nicht direkt anwendbar sind. Damit ist die logische Rekonstruktion insbesondere auch geeignet, um VerstĂ€ndnisse "sperriger" Texte in expliziter Weise zu dokumentieren und zu untersuchen und so zur KlĂ€rung (und ggf. sogar Auflösung) von Interpretationskontroversen beizutragen. Die Arbeit versucht, geeignete Mittel zur systematischen Anleitung und Bewertung von Rekonstruktionen argumentativer Texte und TextbestĂ€nde bereitzustellen, indem hermeneutische Maximen und PrĂ€sumtionsregeln fĂŒr die Rekonstruktion gebrauchssprachlicher Argumentationen prĂ€zisiert und in AnsĂ€tzen operationalisiert werden. Als genuin interpretatives Unterfangen wird die logische Rekonstruktion von dem nicht unmittelbar interpretativen Formalisieren und von der Einrichtung von Theorien der logischen Form, welche einen Rahmen fĂŒr das Rekonstruieren wie das Formalisieren abgeben, abgegrenzt. Die logische Rekonstruktion kann dabei als hermeneutisches Verfahren den Anwendungsbereich von Logik und formaler Argumentationstheorie insofern erweitern, als auch Rekonstruktionen nicht unmittelbar formalisierbarer Texte sich hinsichtlich ihrer hermeneutischen GĂŒte beurteilen lassen und solche Texte damit einer non-arbitrĂ€ren, wenn auch mittelbaren Anwendung formaler Mittel zugĂ€nglich werden. Im letzten Teil der Arbeit wird ein Rekonstruktionsmanual fĂŒr die Rekonstruktion gebrauchssprachlicher Argumentationen entwickelt, welches schrittweise anhand einer exemplarischen Rekonstruktion vorgefĂŒhrt wird.
Die Gebrauchssprache umfasst verwandte PrĂ€dikate unterschiedlicher Stelligkeit. Beispiele sind etwa '.. ist wichtig', '.. ist wichtig fĂŒr den Zweck ..', '.. ist wichtig zum Zeitpunkt ..'. Einige Arten von VerstĂ€ndnisproblemen und Scheindissensen können ĂŒberwunden oder verhindert werden, indem solche AusdrĂŒcke zur KlĂ€rung herangezogen oder bevorzugt braucht werden.
So können etwa die Rezipienten von missverstĂ€ndlichen ĂuĂerungen höherstellige PrĂ€dikate verwenden, um klĂ€rende Interpretationen zu erstellen. Autoren von ĂuĂerungen können ihrerseits höherstellige PrĂ€dikate gebrauchen, um das Risiko von VerstĂ€ndnisproblemen zu minimieren.
Es werden philosophische Methoden entwickelt, die auf dieser gebrauchssprachlichen Praxis des Einsatzes höherstelliger PrĂ€dikate aufbauen. Dazu gehören die Interpretation durch Stelligkeitserhöhung, mit der verstĂ€ndnisbefördernde Paraphrasen erstellt werden können, und Methoden der Stelligkeitsrevision, durch die inkonsistente Sprachen in konsistente ĂŒberfĂŒhrt werden können.