Doctoral Thesis
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Diese Dissertation prĂ€sentiert experimentelle Untersuchungen zu vertikalen und lateralen Strukturen von Polyelektrolytmultischichten (PEM) adsorbiert auf festen OberflĂ€chen. Zur Herstellung von PEM werden Polykationen (Poly-(allylamin)hydrochlorid (PAH) oder Poly-(diallyldimethylammonium)chlorid, PDADMAC) und Polyanionen (Polys-(styren)sulfonat (PSS)) aus einer wĂ€ssrigen Lösung auf eine hydrophile Siliziumdioxid-OberflĂ€che sequentiell adsorbiert. Um nichtâelektrostatische (sekundĂ€re) KrĂ€fte wĂ€hrend der Adsorption zu untersuchen, wird Reichweite und StĂ€rke der elektrostatischen Wechselwirkung durch eine definierte Konzentration monvalenten Salzes (c_ads) in den Polyelektrolyt (PE)-Lösungen eingestellt. Schichtdicke, und HomogenitĂ€t der Multischichten entlang der PEM-Normalen werden mit Röntgenreflexion gemessen. Dies ist in Ăbereinstimmung mit veröffentlichten Daten und wird auf die elektrostatische Abschirmung, beschrieben durch die Debye-HĂŒckel Theorie zurĂŒckgefĂŒhrt. KomplementĂ€r wird Neutronenreflexion genutzt, um die Interpenetration einzelner Polyelektrolytschichten zu quantifizieren. Hierzu wird ein PEM aus zwei Blöcken unterschiedlicher StreulĂ€ngendichte (SLD) hergestellt. Der SLD-Kontrast wird durch Verwendung von protonierten und deuterierten PSS realisiert. Durch Variation der Anzahl protonierter und deuterierter PE-Schichten wird die Breite der inneren GrenzflĂ€chen positionsabhĂ€ngig entlang der PEM-Normalen vermessen. So ist erstmals eine eindeutige Bestimmung der Interpenetration (inneren Rauigkeit, sigma_int) benachbarter Polykat-/Polyananiondoppelschichten möglich. Die PEM-Dicke skaliert mit der Wurzel der Salzkonzentration in der Adsorptionslösung. Sowohl fĂŒr PAH/PSS als auch fĂŒr PDADMAC/PSS-Multischichten ist sigma_int nahe an der Film/Luft-GrenzflĂ€che am geringsten und steigt mit zunehmendem Abstand. FĂŒr das PAH/PSS-System ist die Zunahme monoton, wĂ€hrend beim PDADMAC/PSS-System sigma_int zunĂ€chst anwĂ€chst und sich dann eine konstante innere Rauigkeit (sigma_int, max) einstellt. Bei PADMAC/PSS steigt sigma_int,max mit zunehmendem c_ads. ErklĂ€rt wird diese Beobachtung durch eine höhere extrinsische LadungstrĂ€gerkompensation der Polyelektrolytketten und eine verringerte elektrostatische Wechselwirkung, letzteres fĂŒhrt zu einer erhöhten FlexibilitĂ€t der Polyelektrolytketten. Die Ănderung von sigma_int wird ĂŒber ein 1-dimensionales Diffusionsmodell quantifiziert. ZusĂ€tzlich wird der Polymerisationsgrad (Anzahl Monomere pro Kette) des Polykations variiert. Bei einer VergröĂerung des Polymerisationsgrades und groĂem c_ads nimmt die maximale innere Rauigkeit ebenfalls zu. Dies weist auf kooperative Effekte zwischen Polykat- und Polyanion hin, da nur das PSS deuteriert ist. Bei geeignetem c_ads nimmt die Dicke pro adsorbierter Polykation/Polyanion-Doppelschicht (d_Bl) zu. WĂ€hrend fĂŒr den salzfreien Fall (c_ads = 0) die Parameter d_Bl und Polymerisationsgrad entkoppelt sind, wird die Kopplung mit steigendem c_ads immer deutlicher. Dies wird mit einer PE-Schicht erklĂ€rt, in der die PE-Ketten bei der Adsorption eine flache (c_ads = 0) bzw. geknĂ€ulte (c_ads > 0) Konformation einnehmen. In diesem Fall steigt sigma_int bei groĂem Polymerisationsgrad rapide nahe der PEM/Luft-GrenzflĂ€che, d.h. die Diffusionskonstante wĂ€chst. An dieser Stelle wird die These aufgestellt, daĂ entropische KrĂ€fte und Stressrelaxation die Interpenetration verursachen. sigma_int, max stellt einen metastabilen Gleichgewichtszustand dar. Da die Diffusionskonstante einer Kette invers mit der Anzahl der Segmente skaliert, erklĂ€rt Stressrelaxation warum die Diffusionskonstante mit steigendem Polymerisationsgrad zunimmt.
Diese Arbeit widmet sich dem Nachweis und der Analyse lateraler Strukturen in molekular dĂŒnnen Polyelektrolytschichten an der Luft-Wasser-GrenzflĂ€che. Sie dient insbesondere der Suche nach den Parametern, welche zu Bildung und Zerfall solcher Strukturen fĂŒhren sowie deren Eigenschaften beeinflussen. Im Zentrum des Interesses stehen dabei zwei sich in geometrischer Hinsicht unterscheidende Systeme: Flach adsorbierte Polyelektrolyte und senkrecht zur OberflĂ€che ausgerichtete Ketten in PolyelektrolytbĂŒrsten. Die zu charakterisierenden Schichten werden durch Spreiten geeigneter Lösungen auf der WasseroberflĂ€che prĂ€pariert und anschlieĂend systematisch verĂ€nderten Bedingungen ausgesetzt. Als universelles Werkzeug kommt dabei die Filmwaage zum Einsatz. Sie wird einerseits zur Untersuchung der thermodynamischen Eigenschaften der Schichten verwendet, andererseits können gezielt Umgebungsbedingungen, wie molekulare FlĂ€che, Lateraldruck, Temperatur oder Ionengehalt der Wassersubphase, eingestellt und fĂŒr die Dauer der strukturanalytischen Messungen aufrecht erhalten werden. Die Charakterisierung des Elektronendichteprofils senkrecht zur OberflĂ€che erfolgt durch Messung der einfallswinkelabhĂ€ngigen IntensitĂ€t spekular reflektierter Röntgenstrahlen. Ărtliche PeriodizitĂ€ten in der OberflĂ€chenebene werden mittels Röntgendiffraktion bei streifendem Einfall aufgelöst. Bei Adsorption des anionischen Polyelektrolyts PSS (Polystyrolsulfonat) aus einer Lösung mit geringer Monomerkonzentration (0.001 bis 1 mmol/l) heraus an eine Monoschicht des kationischen Lipids DODAB (Dioctadecyldimethylammonium Bromid) können sowohl in flĂŒssiger als auch in kondensierter Lipidphase Braggpeaks beobachtet werden, die parallel ausgerichteten Polyelektrolytketten zuzuordnen sind. Damit gelingt erstmals der experimentelle Nachweis der theoretisch vorhergesagten, elektrostatisch stabilisierten, zweidimensionalen lamellaren Phase semiflexibler Polyelektrolytketten. Der FlĂ€chenanteil der Bereiche mit parallel ausgerichteten Ketten nimmt bei steigender Monomerkonzentration ab und verschwindet fĂŒr Monomerkonzentrationen >1 mmol/l. Als zerstörerisch fĂŒr die zweidimensionale lamellare Phase erweisen sich kurzreichweitige attraktive KrĂ€fte, deren BeitrĂ€ge mit zunehmender Belegungsdichte und abnehmendem Kettenabstand steigen und die sogar zur Aggregation der Ketten fĂŒhren können. Zur Erforschung der kurzreichweitigen attraktiven KrĂ€fte sind PolyelektrolytbĂŒrsten mit ihren vertikal zur OberflĂ€che gestreckten Ketten geeignet. Die BĂŒrsten bestehen aus den in die Subphase ragenden anionischen Polyelektrolyten (PSS136 bzw. PAMPS158), welche mit einem Ende an einen flĂŒssigen hydrophoben Ankerblock (PEE144 bzw. PBA76) kovalent gebunden sind. Durch laterale Kompression und Expansion der hydrophoben Schicht kann die Dichte der Ankerpunkte, die ein zweidimensionales hexagonales Gitter bilden, eingestellt werden. Die Ketten formen dabei bĂŒndelförmige Aggregate, deren Form und GröĂe vom Ionengehalt in der wĂ€ssrigen Subphase abhĂ€ngt. Bei Erhöhung der Konzentration monovalenter Kationen sind zwei gegenlĂ€ufige Trends zu beobachten: Der Durchmesser der BĂŒndel vergröĂert sich durch steigende Zahl aggregierter Ketten wĂ€hrend die LĂ€nge der BĂŒndel abnimmt. Beide Effekte sind Folge der durch die Kationen abgeschwĂ€chten inter- und intramolekularen elektrostatischen Repulsion. In der osmotischen BĂŒrstenphase mit monovalenten Na+- und Cs+-Gegenionen sind fĂŒr beide Polyelektrolyte zwei Ketten pro BĂŒndel zu beobachten. Die LĂ€nge der BĂŒndel reduziert sich bei Monolayerkompression von 50 Angström auf 25 Angström. In der SalzbĂŒrstenphase steigt die Zahl der aggregierten Ketten auf 17 und die LĂ€nge bleibt konstant bei 20 Angström, vergleichbar mit der PersistenzlĂ€nge einer neutralen Polystyrolkette im Wasser. Divalente Kationen bewirken ionenspezifische Effekte. Bei Austausch von Ca2+ mit Sr 2+ verdoppelt sich die Anzahl der Ketten pro BĂŒndel von 4 auf 8 fĂŒr PEE144PSS136 bzw. von 2 auf 4 fĂŒr PBA76PAMS158. Die LĂ€nge der BĂŒndel betrĂ€gt rund 20 Angström und ist unabhĂ€ngig von der Ionen- und Polyelektrolytsorte. Bestimmend fĂŒr die BĂŒndelbildung ist die Balance zwischen langreichweitiger elektrostatischer Repulsion und kurzreichweitiger Attraktion. Die Elektrostatik wird durch die Kettenladungen und die IonenstĂ€rke der Gegenionen beeinflusst. Als anziehende Komponente kommen hydrophober Effekt und/oder van-der-Waals-KrĂ€fte in Frage. Im Gegensatz zu monovalenten Ionen können divalente Kationen darĂŒber hinaus weitere attraktive BeitrĂ€ge vermitteln.