Doctoral Thesis
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Die vorliegende Dissertation stellt eine soziologische, historische und gesellschaftspolitische Studie dar, die die Biographien von 735 Promotionen der UniversitĂ€ts-Frauenklinik Greifswald aus dem Zeitraum 1867 bis 1989 auswertet. Die Arbeit befasst sich mit den in den Dissertationen enthaltenen LebenslĂ€ufen und weniger mit deren wissenschaftlichen Inhalten oder dem wissenschaftlichen Profil des Instituts.Es konnte gezeigt werden, dass sich im zeitlichen Verlauf von 122 Jahren neben den historischen Entwicklungen auĂerhalb der UniversitĂ€t auch strukturelle VerĂ€nderungen innerhalb der FakultĂ€t auf die Doktorandenzahlen auswirkten. Der Effekt geschichtlicher Ereignisse lieĂ sich besonders gut am Beispiel der zwei Weltkriege rekonstruieren. Die Umwandlung eines Teils der medizinischen FakultĂ€t in eine militĂ€rmedizinische Sektion im Jahr 1955 fĂŒhrte beispielsweise zur Stagnation der Doktorandenzahlen. Ein weiterer Faktor stellte die EinfĂŒhrung des Diploms fĂŒr Mediziner im Jahr 1967 dar. Aus den Untersuchungen zu den Ordinarien der UniversitĂ€ts-Frauenklinik Greifswald lĂ€sst sich zusammenfassend sagen, dass neben der Dauer der Amtszeit auch die Forschungsmotivation des Klinikdirektors maĂgebend fĂŒr die Zahl der Promovenden war. Durch eine vergleichende Darstellung der Promotions- und Diplomzahlen aus der Frauenklinik mit den Daten aus der Klinik fĂŒr Innere Medizin war es auĂerdem möglich, die vorliegenden Ergebnisse als gĂŒltige historische Quelle zu verifizieren. Eine Rekonstruktion der Forschungsakzente der Direktoren anhand der Promotionstitel erwies sich als nicht möglich. Die Auswertung der inhaltlichen Schwerpunkte der Dissertationen zeigte einen deutlichen Fokus auf die Gebiete âSchwangerschaft und Geburtshilfeâ (ca. 46%) und âTumorenâ (ca. 20%), die gleichzeitig auch die gröĂten Bereiche dieses Faches bilden. Anhand des sich Ă€ndernden Anteils weiblicher Promovenden an der UniversitĂ€ts-Frauenklinik konnten wichtige Eckdaten im Rahmen der Emanzipation der Frau rekonstruiert werden. Um die AllgemeingĂŒltigkeit der Daten zu beweisen wurden die Zahlen fĂŒr den Untersuchungszeitraum mit dem Anteil der weiblichen Promovenden an der Medizinischen Klinik, an der Kinderklinik und mit dem Anteil weiblicher Studierender an der UniversitĂ€t Greifswald verglichen. Insgesamt konnte herausgearbeitet werden, dass die steigende Promovendinnenzahl an der UniversitĂ€ts-Frauenklinik ab 1915 reprĂ€sentativ fĂŒr die stetige Emanzipation der Frau betrachtet werden kann. Die Ergebnisse bestĂ€tigten in diesem Zusammenhang auch die Annahme, dass die Rolle der Mutter ĂŒber eine sehr lange Zeit weniger relevant war als die des Vaters.Mit der Analyse biographischer Daten der Promotionsstudenten wurde klar erkennbar, dass sich im Untersuchungszeitraum die soziale Herkunft der Autoren stark verĂ€nderte. Im Rahmen dieser Untersuchung erwies sich auch die VerdrĂ€ngung des Anteils der Ărztekinder - stellvertretend fĂŒr die Kinder akademischer Herkunft - als aufschlussreich. Aus der Analyse des Alters bei Promotion lieĂ sich nachweisen, dass kriegsbedingt sowie durch die EinfĂŒhrung des Diploms nach 1969 die Studenten spĂ€ter promovierten und damit zum Zeitpunkt der Promotion durchschnittlich Ă€lter waren als ihre Kommilitonen in anderen Epochen. Mit den Resultaten zur Glaubenszugehörigkeit der Promovenden konnte der Nachweis erbracht werden, dass die Bedeutung der Religion mit der zunehmenden SĂ€kularisierung im Verlauf von zwölf Dekaden sank. Ăberstieg anfĂ€nglich die Anzahl an christlich-evangelischen Studenten den Anteil der christlich-katholischen Promovenden, dominierte ab 1916 die Gruppe der Studierenden, die ĂŒberhaupt keine Angabe zur Religion in ihren Biographien machten. Desweiteren nahm die RĂŒckkehr bzw. Zuwanderung katholischer Vertriebener aus den ehemaligen deutschen Siedlungsgebieten in Osteuropa nach 1945 Einfluss auf die Zahlen. Die Auswirkungen der atheistischen Politik der DDR mĂŒndeten u.a. darin, dass zwischen 1957 und 1989 99% der Doktoranden keine Aussage zu ihrer Religion trafen.Aus der Analyse der politischen Stellungsnahmen in ca. 57% der LebenslĂ€ufe lĂ€sst sich ablesen, dass Biographien in den meisten FĂ€llen nicht unabhĂ€ngig vom geschichtlichen Kontext betrachtet werden sollten. Beispielsweise stieg infolge der Einrichtung der militĂ€rmedizinischen Sektion an der UniversitĂ€t Greifswald der Anteil der Promovenden, die der KVP bzw. MMS angehörten, im Jahr 1957 sprunghaft auf 20% an. Zwischen 1958 und 1962 dominierten die MilitĂ€rĂ€rztlichen Promotionsstudenten an der UniversitĂ€ts-Frauenklinik sogar mit prozentualen Anteilen zwischen 64% und 90%. Als interessant erweisen wĂŒrde sich die Analyse der LebenslĂ€ufe einer weiteren Promovendengruppe; vorzugsweise eines nichtmedizinischen Instituts. Dabei könnten einige der vorliegenden Ergebnisse tragfĂ€hige Vergleiche mit anderen Instituten ermöglichen und als Grundlage fĂŒr weiterfĂŒhrende Studien dienen.