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Der Kernexport neusynthetisierter Kapside stellt einen SchlĂŒsselprozess in der Herpesvirus-Replikation dar. Die zugrundeliegenden Mechanismen dieser Vesikel-vermittelten Translokation sind jedoch noch nicht vollstĂ€ndig verstanden. Der nuclear egress wird dabei maĂgeblich von zwei viralen Proteinen dirigiert, die in PrV und HSV-1/-2 als pUL31 und pUL34 bezeichnet werden und in allen Herpesviren konserviert sind. Beide Proteine interagieren an der inneren Kernmembran, wo sie den sogenannten nuclear egress complex (NEC) bilden. WĂ€hrend pUL34 ein membranstĂ€ndiges Protein in der Kernmembran ist, gelangt das lösliche pUL31 ĂŒber einen aktiven Transport in den Kern. Obwohl der erste Schritt der Freisetzung aus dem Kern, die Vesikelbildung und AbschnĂŒrung an der inneren Kernmembran, schon gut untersucht ist und auch die Kristallstrukturen des NEC fĂŒr verschiedene Herpesviren ermittelt werden konnte, sind noch viele Fragen offen. So war zu Beginn dieser Arbeit noch unklar wie die Kapside in diese HĂŒllen rekrutiert werden und welche Rolle die nicht konservierte und offensichtlich flexible N-terminale DomĂ€ne von pUL31, die nicht in den Kristallstrukturen dargestellt werden konnte, fĂŒr die Regulierung dieses Prozesses spielt. So konzentrierte sich diese Arbeit auf die Fragen, wie die Kapside mit dem NEC interagieren (Paper I und II) und wie der pUL31-N-Terminus diesen ungewöhnlichen Transportweg beeinflusst (Paper III).
Paper I und II: Untersuchungen zur Nukleokapsid/NEC Interaktion
Unklar ist, wie der NEC mit seiner Fracht, den Nukleokapsiden, interagiert. Auf Grundlage der vorhandenen Kristallstrukturen des Komplexes unterschiedlicher Herpesviren wurde eine InteraktionsdomĂ€ne in pUL31 postuliert und angenommen, dass dies mittels elektrostatischer Wechselwirkungen erfolgt. Um dies nĂ€her zu untersuchen, wurden in dieser Arbeit geladene AminosĂ€uren, die als mögliche Interaktionspartner in Frage kommen, zu Alanin mutiert. Die so generierten pUL31 Mutanten wurden, nach Transfektion entsprechender Expressionsplasmide in Kaninchennierenzellen (RK13), auf ihre Lokalisation und nach Koexpression mit pUL34 auf Interaktion getestet. Die FunktionalitĂ€t der mutierten Proteine wĂ€hrend der Virusreplikation wurde mit Hilfe stabiler Zelllinien nach Infektion mit PrV-âUL31 untersucht. Ăber elektronenmikroskopische Analysen wurde der Einfluss auf den Kernexport im Detail betrachtet. Hierbei konnte einem konservierten Lysin an Position 242 in PrV pUL31 im Prozess der KapsidumhĂŒllung eine SchlĂŒsselrolle zugeordnet werden. Dieses Lysin befindet sich im membrandistalen Bereich des NECs, in der Alphahelix H10 von PrV pUL31. Die Substitution des K242 zu Alanin fĂŒhrte zu einem AbschnĂŒren und einer Akkumulation leerer, VirushĂŒllen-Ă€hnlicher Vesikel im PNS, obwohl reife Kapside im Kern und in unmittelbarer NĂ€he zu den Akkumulationen vorhanden waren. Dies fĂŒhrte zu der Hypothese, dass die Ladung des Lysins direkt an der Interaktion mit dem Kapsid beteiligt ist (Paper I).
Obwohl das Lysin 242 in der Struktur des Dimers oberflĂ€chenexponiert erschien, zeigten Modellierungen im NEC Oligomer, dass diese AminosĂ€ure vermutlich zu tief in der Struktur verborgen ist um als direkter Interaktionspartner in Frage zu kommen. Um die im vorherigen Paper aufgestellte Hypothese zu verifizieren oder auch zu widerlegen, wurde das Lysin nicht nur durch Alanin, sondern auch durch andere nicht geladene, sowohl positiv als auch negativ geladene oder in ihrer GröĂe variierende AminosĂ€uren substituiert (Paper II).
Die neu generierten Substitutionsmutanten wurden nach Transfektion der Expressionsplasmide auf ihre Lokalisation und nach Kotransfektion mit pUL34, auf ihre Interaktion untersucht. Die FunktionalitĂ€t der mutierten Proteine wurde ebenfalls mit Hilfe stabil exprimierender Zelllinien analysiert. Die vorliegenden PhĂ€notypen wurden weiter mittels elektronenmikroskopischer Analysen bestimmt. Es stellte sich heraus, dass unabhĂ€ngig von der vorhandenen Ladung der AminosĂ€ure an Position 242 der Kernexport signifikant beeintrĂ€chtigt wurde. In Strukturanalysen der einzelnen Mutanten zeigte sich, dass vielmehr die Ausrichtung und GröĂe der Seitenkette der ersetzten AminosĂ€ure entscheidend war. So störte beispielsweise die Substitution zu Serin und Tyrosin, die die Lage der Seitenketten des ursprĂŒnglich vorliegenden Lysins imitierten, die Funktion des pUL31 am wenigsten und die Titer erreichten fast Wildtypwerte. Dagegen fĂŒhrten Substitutionen zu deutlich lĂ€ngeren AminosĂ€uren, wie GlutaminsĂ€ure oder Arginin, zu massiven BeeintrĂ€chtigungen des nuclear egress. Allerdings fĂŒhrte keine der Substitutionen zu einem unkontrollierten AbschnĂŒren von Vesikeln ohne Aufnahme eines Kapsids an der inneren Kernmembran.
Die hier gezeigten Ergebnisse entkrĂ€fteten die Annahme einer elektrostatischen Interaktion ĂŒber pUL31 K242 mit den Nukleokapsiden in PrV. Vielmehr deuteten sie auf eine strukturell basierte Störung der Kapsidaufnahme in die Vesikel hin (Paper II).
Mittels serieller Passagen von Virusmutanten die das UL31 mit der K242A Substitution exprimierten, wurde nach möglichen kompensatorischen (second-site) Mutationen gesucht, die den Defekt ausgleichen und darĂŒber hinaus Aufschluss auf die molekularen Ursachen ziehen lassen.
Die generierten Virusrekombinanten erreichten bereits nach ca. 10 Passagen Wildtpy-Ă€hnliche Titer. Aus den Passagen wurden verschiedene Isolate charakterisiert. Es zeigte sich zwar keine Reversion zum Lysin 242, vielmehr waren jedoch entweder weitere Mutationen in pUL31 oder in pUL34 zu finden. WĂ€hrend die detektierten pUL34 Mutationen zu einem spĂ€teren Zeitpunkt charakterisiert werden mĂŒssen, wurden die second-site mutierten pUL31 Proteine auf Lokalisation, Kolokalisation und Kompensation des K242A Defektes getestet. Die Ergebnisse bestĂ€rkten die Annahme eines Strukturdefektes durch K242A. DarĂŒber hinaus konnten durch RĂŒckmutation des K242A Defektes in den second-site mutierten pUL31 zwei Helices bestĂ€tigt werden (H5 und H11), die Ă€hnlich der H10 einen starken Einfluss auf den Kernexport besitzen.
Die erhaltenen Ergebnisse zeigten, dass die AminosĂ€ure an Position 242 nicht direkt mit den Nukleokapsiden interagiert, dass eingefĂŒhrte Mutationen jedoch die Umorganisation des NEC-Oligomers, welche offensichtlich notwendig fĂŒr die effiziente KapsidumhĂŒllung an der inneren Kernmembran ist, stört und so den nuclear egress inhibiert (Paper II).
Es zeigte sich, dass sich die Struktur-Funktions-Beziehungen in den NECs komplexer darstellen als vermutet. Die Ergebnisse dieser Arbeit können zwar nicht den Mechanismus des Kapsidexports bzw. der Kapsidbindung und -inkorporation aufklÀren doch zeigen sie, dass die Interaktionen der NECs miteinander sehr viel komplexer aber auch wesentlich flexibler sind als zunÀchst angenommen.
Paper III: Untersuchung der N-terminalen DomÀne von PrV pUL31
Neben einem Kernlokalisationssignal (NLS) beherbergt der N-terminus verschiedener pUL31 Homologer auch zahlreiche vorhergesagte Phosphorylierungsstellen, die an der Regulation des Kernexportes beteiligt sind bzw. sein könnten. Dieser flexible N-terminale Bereich hat in PrV pUL31 eine LĂ€nge von 25 AminosĂ€uren, wobei auffallend viele basische AminosĂ€uren in Clustern und verschiedene mögliche Phosphorylierungsstellen enthalten sind. Computer-unterstĂŒtze Analysen (NLStradamus) erkennen in der AminosĂ€uresequenz ein bipartites NLS (AS 5-20). Um die Rolle des N-terminalen Bereiches in PrV pUL31 nĂ€her zu untersuchen, wurde dieser schrittweise verkĂŒrzt und die basischen AminosĂ€uren, sowie die möglichen Phosphorylierungsstellen, durch gerichtete Mutagenese durch Alanin ersetzt. Getestet wurden diese Mutanten nach Transfektion der entsprechenden Expressionsplasmide in RK13 Zellen auf ihre Lokalisation und, nach Koexpression von pUL34, auf Interaktion und der Umorganisation der Kernmembran. Ăber stabil-exprimierende Zelllinien und nach Infektion mit der UL31 negativen Virusmutante (PrV-âUL31) wurde die FunktionalitĂ€t in eplikationsassays und auch ultrastrukturell charakterisiert. Erstaunlicherweise zeigte sich, dass weder das bipartite NLS noch die vorhergesagten Phosphorylierungsstellen eine entscheidende Rolle spielen. Vielmehr konnte der gröĂte Teil des N-Terminus ohne sichtbaren Funktionsverlust deletiert werden, sofern mindestens ein Cluster basischer AminosĂ€uren in dieser Region erhalten blieb. Die Ergebnisse zeigten, dass der basische Charakter dieser Region entscheidend fĂŒr die korrekte Lokalisation, sowie fĂŒr die Bildung und FunktionalitĂ€t des NEC ist. Weiterhin konnte gezeigt werden, dass die Phosphorylierung im N-Terminus von PrV pUL31, wie auch die roteinkinase pUS3, zwar nicht essenziell fĂŒr die Freisetzung der Nukleokapside aus dem perinukleĂ€ren Spalt sind, jedoch diesen Prozess unterstĂŒtzen (Paper III).