Doctoral Thesis
Die Sepsis (Typ B) als Folge des regelhaft auftretenden postoperativen Immundysfunktions-syndroms ist prognostisch als besonders ungĂŒnstig einzustufen und ein immer noch schwer beherrschbares Problem auf chirurgischen Intensivstationen. Eine adĂ€quate Therapie ist vor diesem Hintergrund unbedingt erforderlich. In diesem Kontext war es das Ziel, den Einfluss von R-848 als synthetischen TLR7-Agonisten in murinen Sepsismodellen zu untersuchen und nĂ€here Aussagen ĂŒber die Expression von TLR7 in der murinen Sepsis zu gewinnen. Methodisch wurde die 16G-CASP als endogenes und die i.v.-Infektion mit Burkholderia pseudomallei als exogenes Sepsismodell verwendet. Sowohl immunhistochemisch als auch auf molekularer Ebene (mRNA) konnte eine schwache Expression von TLR7 in nativen murinen Milzmakrophagen, B-Zellen und plasmazytoiden dendritischen Zellen und im Verlauf der Sepsis eine Hochregulation dieses Rezeptors gezeigt werden. Ex vivo wurde der Nachweis erbracht, dass R-848 in vergleichbarem MaĂe wie LPS pro- und antiinflammatorische Zytokine induziert. Eine immunstimulatorische Potenz des TLR7-Agonisten konnte in der nativen Maus anhand von Analysen der Zytokine nach Gabe von R-848 in vivo gezeigt werden. TLR7-Stimulation Ă€ndert den Ablauf der Sepsis in vivo, was zunĂ€chst im CASP-Modell untersucht wurde. Die Ăberlebenskinetik zeigte einen Trend zur MortalitĂ€tsreduktion nach R-848-Vorbehandlung. Unter Burkholderieninfektion konnte eine signifikante VerlĂ€ngerung des Ăberlebens ebenfalls ermittelt werden. Um diesen Unterschied erklĂ€ren zu können, wurden als nĂ€chstes die bakterielle Belastung und Zytokinspiegel verschiedener Kompartimente unter TLR7-Stimulation 12 und 20 Stunden nach CASP analysiert. Bei tendentiell gegenlĂ€ufigem Zytokinprofil zeigte sich die Bakterienzahl unter R-848-Stimulation sowohl im Peritoneum, als auch in der Milz signifikant gegenĂŒber der Kontrolle abgesunken. R-848 konnte in vorinfizierten RAW-Makrophagen die Phagozytoserate gegenĂŒber der physiologischen Kontrolle steigern, zeigte jedoch keinen Unterschied bei nicht-infizierten Makrophagen. In einem Replikations- und Invasionsassay fand sich die intrazellulĂ€re Keimzahl unter R-848-Stimulation um 50 Prozent nicht signifikant abgesunken. Septische Apoptoseraten korrelieren mit dem Schweregrad des Sepsisverlaufs. Der protektive EinfluĂ von R-848 konnte anhand eines signifikanten RĂŒckgangs der Apoptoserate in immunologisch bedeutenden Organen gezeigt werden. TLR7 als primĂ€r fĂŒr die Virusabwehr bekannter Mustererkennungsrezeptor kann demnach auch in systemischen bakteriellen Infektionen ein mögliches Ziel immuntherapeutischer Interventionen sein, was weitergehend untersucht werden sollte.
Die optimale Behandlung von Patienten mit einer akuten Pankreatitis hĂ€ngt stark von der frĂŒhen Prognose des Verlaufs der Erkrankung ab. In 80% der FĂ€lle verlĂ€uft die akute Pankreatitis mild und die Patienten verlassen innerhalb einer Woche beschwerdefrei das Krankenhaus. Bei. 20% der Patienten nimmt die Erkrankung einen schweren Verlauf mit Komplikationen wie z.B. SIRS, Sepsis. Diese Patienten entwickeln (infizierte) Pankreasnekrosen, (Multi)-Organversagen und benötigen eine intensivmedizinische Betreuung. In 10-20% endet die schwere akute Pankreatitis tödlich. Bis zum jetzigen Zeitpunkt gibt es keine validen Marker die zuverlĂ€ssig den Schweregrad der akuten Pankreatitis vorhersagen. Mustererkennungsrezeptoren sind Teil des angeborenen Immunsystems und dienen als Sensoren fĂŒr pathogen bakterielle Bestandteile. Nach Erkennen der Bakterien werden pro- und anti-inflammatorische Immunantworten eingeleitet, die fĂŒr die Eliminierung der Bakterien zustĂ€ndig sind. Zur Familie der Mustererkennungsrezeptoren gehören u.a. die Toll-like Rezeptoren und die Nod-like Rezeptoren. Viele Studien konnten Assoziationen zwischen Mutationen in Mustererkennungsrezeptoren und immunologischen Erkrankungen aufzeigen. Die am besten untersuchten Assoziationen sind die zwischen Morbus Crohn und Mutationen in Toll-like Rezeptor 4 (TLR4) oder Nod-like Rezeptor 2 (NOD2). Mutationen in diesen Rezeptoren fĂŒhren zu einem Funktionsverlust der Rezeptoren und verhindern eine effektive Eliminierung von Bakterien. Dadurch wird z.B. die entzĂŒndliche Darmerkrankung Morbus Crohn begĂŒnstigt. WĂ€hrend der akuten Pankreatitis, einer primĂ€r sterilen Inflammation, bilden sich bei einem schweren Verlauf, durch in das Pankreas translozierende Darmbakterien, (infizierte) Pankreasnekrosen. Die Annahme, dass ein Funktionsverlust der Mustererkennungsrezeptoren TLR4 oder NOD2 den Schweregrad der akuten Pankreatitis und das Ausbilden infizierter Pankreasnekrosen beeinflusst, sollte in dieser Arbeit sowohl bei Patienten mit akuter Pankreatitis als auch im Tiermodell der Nod2-knock-out Maus ĂŒberprĂŒft werden. Mutationen im Toll-like Rezeptor 4 wurden in dieser Arbeit weder als Risikofaktoren fĂŒr die akute Pankreatitis, noch den Schweregrad der akuten Pankreatitis oder das Ăberleben identifiziert. Wir detektierten in Patienten mit akuter Pankreatitis und gesunden Blutspendern fĂŒr die TLR4 Mutationen Asp299Gly und Thr399Ile vergleichbare Allelfrequenzen. Anders verhielt es sich fĂŒr die Mutationen im Nod-like Rezeptor 2. Die Mutation Arg702Trp dieses Mustererkennungsrezeptors konnte als ein Risikofaktor fĂŒr eine erhöhte MortalitĂ€t bei Patienten mit einer schweren akuten Pankreatitis identifiziert werden. Wir können zeigen, dass sich das Risiko, an einer schweren akuten Pankreatitis zu versterben bei heterozygoten MutationstrĂ€gern auf 2,5 und bei Homozygoten auf das 9-fache erhöht. Mutationen in Arg702Trp fĂŒhrten allerdings nicht vermehrt zur Entwicklung von Sepsis oder (infizierten) Pankreasnekrosen. Lediglich die HĂ€ufigkeit ein Multiorganversagen zu entwickeln, war bei MutationstrĂ€gern signifikant erhöht. Die beiden anderen untersuchten NOD2 Mutationen (Gly908Arg und Leu1007fsinsC) hatten keinen signifikanten Effekt auf die Entwicklung einer akuten Pankreatitis. Untersuchungen der Rolle einer Nod2-Defizienz im experimentellen Mausmodell der schweren nekrotisierenden Pankreatitis zeigten einen im Vergleich zum Menschen unterschiedlichen PhĂ€notyp hinsichtlich des Verlaufs der schweren akuten Pankreatitis. Die lokalen SchĂ€den am Pankreas, aber auch die systemischen Reaktionen waren in den ersten 36h nach Induktion der nekrotisierenden Pankreatitis nicht wesentlich verĂ€ndert. Das LangzeitĂŒberleben (14 Tage) der Nod2-defizienten MĂ€use war jedoch deutlich verbessert. Wir stellten in den Nod2 knock-out Tieren sowohl eine persistierende intestinale Barrierestörung, als auch eine epitheliale Barrierestörung der Lunge fest. Als Konsequenz war bereits in den unbehandelten Nod2-defizienten Tiere eine erhöhte bakterielle Translokation und eine erhöhte Neutrophilentransmigration ins Gewebe sichtbar. Durch die Barrierestörungen entwickeln die Nod2 knock-out MĂ€use eine Toleranz gegenĂŒber den infiltrierenden Bakterien. Diese Toleranzentwicklung kommt 48h nach Induktion der Pankreatitis zum Tragen. Zu diesem Zeitpunkt stellt sich bei den Nod2-defizienten MĂ€usen ein hypoinflammatorischer Zustand ein. Im Vergleich dazu verstarben die Wildtyp-MĂ€use an den Folgen sekundĂ€rer Infektionen und einem daraus resultierenden Organversagen. Die NOD2 Mutation Arg702Trp ist somit ein Risikofaktor und potentieller genetischer Prognosemarker fĂŒr eine erhöhte MortalitĂ€t in Folge einer schweren akuten Pankreatitis. Der Funktionsverlust von NOD2 beeinflusst den systemischen Verlauf der schweren akuten Pankreatitis und trĂ€gt zu einer deregulierten inflammatorischen Antwort und verschlechterten bakteriellen Kompensation bei. Der lokale Schaden am Pankreas wĂ€hrend der schweren akuten Pankreatitis ist dagegen vergleichbar zwischen Patienten mit und ohne NOD2 Arg702Trp Mutation. UrsĂ€chlich fĂŒr das bessere Ăberleben der NOD2 knock-out MĂ€use ist vermutlich die induzierte Barrierestörung, die eine bakterielle Toleranz in diesen knock-out MĂ€usen induziert. Dadurch wird unter schwerer akuter Pankreatitis eine Entgleisung des Immunsystems verhindert und die bakterielle Translokation in die Organe deutlich effizienter kompensiert. Vergleichende Untersuchungen mit einem knock-out/knock-in Model der NOD2 Mutation Arg702Trp könnten dazu beitragen den Pathomechanismus dieser spezifischen NOD2-Mutation im Menschen weiter aufzuschlĂŒsseln.
Zusammenfassung: Heparin ist ein hĂ€ufig verwendetes Medikament, das zur Prophylaxe und Therapie von Thrombosen eingesetzt wird. Eine unerwĂŒnschte Nebenwirkung des Heparins ist die Heparin-induzierte Thrombozytopenie (HIT), die paradoxerweise mit potentiell lebensbedrohlichen arteriellen und venösen GefĂ€ĂverschlĂŒssen assoziiert ist. Die Erkrankung wird durch die Bil-dung von Thrombozyten-aktivierenden Antikörpern der Klasse Immunglobulin G (IgG) aus-gelöst. Diese sind gegen Komplexe aus dem Thrombozytenprotein PlĂ€ttchenfaktor 4 (PF4) und Heparin gerichtet. Die zugrunde liegende B-Zell-vermittelte ImmunitĂ€t entspricht nicht der klassischen Immunantwort und fĂŒhrt zu einer frĂŒhzeitigen und transienten Produktion von anti-PF4/Heparin-Antikörpern der Klassen IgM und IgG. In der vorliegenden Arbeit wurden die B-Zellen, die an der Produktion von anti-PF4/Heparin-Antikörpern beteiligt sind, identifiziert. HierfĂŒr wurden die MĂ€use systemisch mit PF4/Heparin-Komplexen immunisiert. Das Vorliegen einer Immunantwort wurde durch den Nachweis der Antikörperproduktion mittels eines neu entwickelten Fluid-Phase ELISA nach-gewiesen. Der Einsatz von rekombinanten Maus-PF4/Heparin-Komplexen zeigte, dass die beim Menschen fĂŒr die HIT charakteristisch frĂŒhe und transiente Antikörperproduktion auch im Mausmodell auftritt. Diese Immunantwort war spezifisch fĂŒr PF4/Heparin-Komplexe und konnte nicht durch andere unspezifische Reize wie ein Gewebetrauma oder dem Modellanti-gen Ovalbumin ausgelöst werden. Der Nachweis der anti-PF4/Heparin-Antikörper-sezernierenden B-Zellpopulation(en) wurde durch die Etablierung des Zell-spezifischen Enzym-gekoppelten Immun-Spot Tests (ELISPOT) auf der Fluid-Phase Basis â Detektion der PF4/Heparin-Antikörper-Komplexe in der löslichen Phase â ermöglicht. Unterschiedliche Gewebe/Kompartimente (Milz, Knochen-mark, Peritonealhöhle) von naiven, nicht-immunisierten und PF4/Heparin-immunisierten MĂ€usen wurden mit diesem Assay auf das Vorliegen von PF4/Heparin-spezifischen B-Zellen untersucht. WĂ€hrend in nicht-immunisierten MĂ€usen ausschlieĂlich B-Zellen nachgewiesen werden konnten, die anti-PF4/Heparin-Antikörper der Klasse IgM produzierten, wurden in immunisierten MĂ€usen sowohl kurzlebige PF4/Heparin-spezifische IgM (7%)- als auch IgG (25%)-sezernierende B-Zellen detektiert. Die spezifischen Zellen befanden sich in beiden FĂ€llen in der Milz. Dieses Gewebe dient als Nische fĂŒr follikulĂ€re, Marginalzonen (Mz)- und B1-B-Zellen, wobei sie im Fall der Mz-B-Zellen die einzige Ăberlebensnische darstellt. Den Hauptanteil der Antikörper-produzierenden Milzzellen bilden die follikulĂ€ren B-Zellen, deren Antikörperproduktion T-Zell-abhĂ€ngig ist. Als Hauptquelle der anti-PF4/Heparin-Antikörper konnte diese Zellpopulation ausgeschlossen werden, da T-Zell-defiziente MĂ€use nach der Behandlung mit PF4/Heparin weiterhin spezifische Antikörper produzierten. Normale MĂ€use, denen vor der PF4/Heparin-Behandlung die Milz und somit die Mz-B-Zellen operativ entfernt wurden, konnten hingegen keine anti-PF4/Heparin-Antikörper mehr bilden. Dies zeigt, dass B1-Zellen allein nicht ausreichend sind, um die anti-PF4/Heparin-Antikörperproduktion zu induzieren, und dass Mz-B-Zellen fĂŒr die Immunantwort notwendig sind. Der Mechanismus, der die Aktivierung der PF4/Heparin-spezifischen Mz-B-Zellen auslöst, ist bisher nicht im Detail bekannt. Jedoch konnte in dieser Arbeit gezeigt werden, dass die in vitro Stimulation von B-Zellen mit Mitogenen wie CpG und SAC antigenunabhĂ€ngig zur Produktion von anti-PF4/Heparin-Antikörpern fĂŒhrt. Dies lĂ€sst vermuten, dass neben dem Kontakt mit dem Antigen auch andere immunstimulatorische Faktoren in die Induktion der Immunantwort gegen Maus-PF4/Heparin-Komplexe involviert sind.