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Bei einem Herz-Kreislauf-Stillstand können Leitstellendisponenten mit Hilfe eines Telefonreanimationsprotokolls medizinische Laien in Wiederbelebungsmaßnahmen anleiten. Durch die Anwendung von Automatisierten Externen Defibrillatoren (AED) durch hinzukommende qualifizierte Ersthelfer (Community-First-Responder) kann die Überlebenswahrscheinlichkeit weiter gesteigert werden. Im Rahmen des Pilotprojektes MVLIFEDRONE wurde die Umsetzung eines Telefonreanimationsprotokolls, sowie die Reanimationsqualität und AED-Anwendung von Laienhelfenden und Community-First-Respondern in 48 Simulationsszenarien untersucht. Die Datenanalyse basierte auf Videoaufzeichnungen der Simulationen und Daten des Reanimationssimulators.
Die Forschungshypothese, dass bei dem aktuell in der Untersuchungsregion angewendeten Telefonreanimationsprotokolls Teilschritte in der Umsetzung durch die Laienhelfende nicht korrekt erfolgen, konnte nachgewiesen werden. Nur 64% der Laienhelfenden führten eine suffiziente Atemkontrolle durch. Bei Verwendung einer konkretisierten Atemkontrollanweisung mit Handlungsbeschreibung führten signifikant mehr Laienhelfende (92%) eine leitlinienkonforme Atemkontrolle durch, p <0,05. Verglichen zu Laienhelfenden (99 bpm), führten Community-First-Responder die Reanimation mit einer leitlinienkonformen Frequenz (109 bpm) und korrekter Handposition durch, wobei das Erreichen der Kompressionstiefe für beide Gruppen keine Herausforderung darstellte. Lautes Mitzählen der Laienhelfenden kann die Frequenz der Thoraxkompressionen verbessern. Eine Aufforderung zur Nutzung dieser Methode im Protokoll wird empfohlen. Andere Aufforderungen, wie Bewusstseinskontrolle, Entkleidung oder die Aktivierung der Freisprechfunktion, wurden von fast 100% der Laienhelfenden suffizient umgesetzt. Damit zeigen sich diese Formulierungen als verständlich und gut umsetzbar. Die vollständige Entlastung des Thoraxes wurde von beiden Helfergruppen unzureichend durchgeführt und sollte in der Ausbildung der Community-First-Responder explizit behandelt werden. In der AED-Anwendung fand sich kein signifikanter qualitativer Unterschied zwischen den Helfergruppen, wenngleich die Community-First-Responder im Mittel 20 Sekunden schneller waren. Die Hypothese der höheren Reanimationsqualität und schnelleren AED-Anwendung der Community-First-Respondern konnte bestätigt werden. Abschließend lässt sich feststellen, dass jedes Telefonreanimationsprotokoll auf seine Umsetzbarkeit und Qualität evaluiert werden sollte.
Herz-Kreislauf-Stillstände außerhalb eines Krankenhauses (OHCA) sind in Deutschland mit einer Inzidenz von 84/100.000 ein häufiges und in 90-92% der Fälle ein letales Krankheitsbild. Eine zeitnahe kardiopulmonale Reanimation ist für eine gute Prognose entscheidend. Deshalb sind sowohl deutschlandweit, als auch europaweit bereits zahlreiche Systeme der Smartphone-basierten Ersthelferalarmierung eingeführt worden. Mithilfe einer App werden sich in der Umgebung befindende Ersthelfer zu einer Reanimation disponiert und können mit Maßnahmen des Basic Life Support das therapiefreie Intervall verkürzen. Da diese Systeme mit einer gesteigerten Überlebensrate und verbessertem neurologischen Outcome von OHCA Patienten assoziiert sind, wird die Implementierung eines solchen Systems durch die europäischen Reanimationsleitlinien 2021 empfohlen. Seit 2017 steht dem Landkreis Vorpommern-Greifswald mit der „Land|Retter App“ ein System der Smartphone-basierten Ersthelferalarmierung zur Verfügung. Für eine erfolgreiche langfristige Implementierung in die lokale Rettungskette bei einem Herz-Kreislauf-Stillstand sind sowohl die Funktionalität des Systems, als auch die Anwenderzufriedenheit essenziell.
Um zu evaluieren, ob regionenspezifische Charakteristika einen Einfluss auf die Einsatzcharakteristik der Land|Retter haben, wurde in der vorliegenden Arbeit eine retrospektive Analyse des Backend Datensatzes vom 15. September 2017 bis zum 29. Oktober 2018 durchgeführt. Zusätzlich erfolgte eine Korrelation der Ersthelferdichte/km2 mit der Einsatzannahmequote in allen Postleitzahlgebieten des Landkreises. Mit zunehmender Dichte an verfügbaren Ersthelfern/km2 stieg die Wahrscheinlichkeit einer Einsatzannahme. Das Gebiet der Greifswalder Innenstadt wies eine 5,7fach höhere Einsatzannahmequote auf als die durchschnittliche Einsatzannahmequote im Landkreis Vorpommern-Greifswald (40,7% vs. 7,2%). Einsätze wurden im Schnitt nach 42 Sekunden angenommen. Im Beobachtungszeitraum erfolgte analog zur nächtlichen Alarmreduktion keine Einsatzannahme durch einen Ersthelfer zwischen 22 Uhr und 6 Uhr. Die Berufsgruppe der Notärzte nahm prozentual die meisten Einsätze an.
Zur Evaluation von disponenten-, ersthelfer-, oder systemspezifischen Faktoren, die als Promotoren und Inhibitoren wirken, wurde nach einem Jahr Projektlaufzeit im Herbst 2018 eine Befragung der Leitstellendisponenten und inaktiven Land|Retter hinsichtlich ihrer Einstellung bezüglich der App durchgeführt. Den Leitstellendisponenten war eine gute Umsetzung des Datenschutzes ebenso wie eine direkte Implementierung des Alarmierungssystems in die Leitstellensoftware gleichermaßen wichtig. In der Umfrage gaben vier von fünf Leitstellendisponenten an, dass die App von Seiten der Leitstelle fehlerfrei oder mit kleineren Fehlern funktioniere.
Die Zufriedenheit der aktiven Land|Retter mit dem System der „Land|Retter App“ wurde im zeitlichen Verlauf im Längsschnittstudiendesign nach einem, zwei und drei Jahren Projektlaufzeit mit Hilfe eines Fragebogens erfasst. Anfängliche Probleme im Alarmierungssystem konnten teilweise behoben werden, sodass der Anteil der Land|Retter, die fanden, dass sich die Funktionalität der App verbessert habe, in den drei Umfragejahren von 21% auf 31% anstieg. Gleichzeitig verringerte sich der Anteil der Land|Retter, die Fehlfunktionen in den Freitextfragen angaben, von 16% im ersten Jahr auf 7% im dritten Jahr. 9 von 10 Land|Rettern empfahlen die App weiter. Fest planbare und einstellbare Abwesenheitszeiten als zusätzliches App Feature wurden vielfach durch die aktiven Nutzer gefordert. Für ein solches Feature kann anhand der Daten eine Implementierungsempfehlung ausgesprochen werden.
Es kann geschlussfolgert werden, dass die fortlaufende Fehlerbeseitigung und Verbesserung der Technologie im Verlauf zu einer gestiegenen Funktionalität und höheren Nutzerzufriedenheit mit dem System der Smartphone-basierten Ersthelferalarmierung „Land|Retter App“ im Landkreis Vorpommern-Greifswald führte.
Die Herausforderung des Notarztes in der Präklinik besteht darin, innerhalb kürzester Zeit mittels begrenzter medizinischer Ausstattung und oftmals nur anhand von Symptomen eine suffiziente Diagnostik und Therapie zur Versorgung des Patienten zu gewährleisten. Um diesem Anspruch gerecht zu werden, ist eine möglichst standardisierte Vorgehensweise in Form von Algorithmen notwendig. Hierzu werden von regionalen Wiederbelebungsorganisationen (ERC/AHA) auf der Grundlage des ILCOR anhand von – soweit möglich – evidenzbasierten Erkenntnissen die international geltenden Leitlinien zur Wiederbelebung entwickelt. Inwieweit in MV tätige Notärzte diesen zustimmen und welche persönlichen Merkmale des Notarztes (z. B. Alter, Weiterbildungsstatus) zu einer konsequenteren Umsetzung dieser führen, beschreibt diese Dissertation. Ziel dabei ist, Überlegungen hinsichtlich der notfallmedizinischen Aus- und Weiterbildung anzustellen und letztlich durch Optimierung der Strukturqualität einen Beitrag zur Verbesserung des Qualitätsmanagements in der prähospitalen Notfallmedizin zu leisten. Letztlich soll die Versorgung von Notfallpatienten verbessert und gleichermaßen die Zufriedenheit der Notärzte gesteigert werden. Anhand eines in MV im Zeitraum von Juli 2010 bis Mai 2012 an Notärzte gerichteten Fragebogens wurden u. a. die auch im A(C)LS-Kurs vermittelten Inhalte der Leitlinien von 2005/2010 zur Versorgung des akuten Koronarsyndroms, des Herz-Kreislauf-Stillstandes sowie zur Versorgung tachykarder und bradykarder Herzrhythmusstörungen thematisiert. Zudem wurden die genannten persönlichen Merkmale in Form von soziodemografischen Daten erfasst. Nach Erstellung eines Summenscores in Verbindung mit den soziodemografischen Daten konnte durch Anwendung statistischer Tests der Einfluss der persönlichen Merkmale auf die Umsetzung der Leitlinien analysiert werden. Einzelne Teilnehmer wurden aus den jeweiligen Tests ausgeschlossen aufgrund fehlender Angaben zu einzelnen Fragen bzw. soziodemografischen Daten. Insgesamt beteiligten sich 98 Notärzte. Mit einer Irrtumswahrscheinlichkeit von α ≤ 0,05 und entsprechender Ausschlussverfahren konnte festgestellt werden, dass die Beteiligung an den Zusatzausbildungen (ERC, AHA, Organisationen zur Traumaversorgung) mit p=0,036 und der Besitz der Qualifikation „Intensivtransport“ nach DIVI-Empfehlung (p=0,029) zu einer konsequenteren Umsetzung der Leitlinien führt. Bei den Variablen Alter, Geschlecht, Fachrichtung, Weiterbildungsstatus, Dauer der Notarzttätigkeit, durchschnittliche Anzahl an Notarztdiensten im Monat und Einsatzort des Notarztes ließ sich hingegen kein Zusammenhang in Bezug auf die Umsetzung der Leitlinien herstellen. Die Teilnahme am A(C)LS-Kurs beträgt 3,06%. An mindestens einer der Zusatz¬ausbildungen nahmen 11,7% der Notärzte teil. Verglichen mit dem verpflichtenden 80-stündigen Notfallmedizinkurs werden bei den o. g. Zusatzausbildungen zur Vermittlung der Leitlinien Stärken vor allem im effizienten Instruktoren-Teilnehmer-Verhältnis, in der standardisierten Instruktorenausbildung und dem gut strukturierten Kurs- und Fortbildungsprogramm gesehen. Um den Kursstatus beizubehalten, ist eine Auffrischung im Abstand von zwei Jahren notwendig. In diesem Zusammenhang wäre es wünschenswert, wenn wie z. B. in Österreich oder Hessen auch in MV eine gesetzlich geregelte Fortbildungspflicht der Notärzte in festgelegten Abständen eingeführt würde. Zur Sicherstellung der Vermittlung aktueller Leitlinien könnte der Notarztkurs mit einem A(C)LS-Providerkurs kombiniert werden. Um die niedrige Teilnahme am A(C)LS-Kurs zu steigern, sollten berufliche und finanzielle Anreize sowie ein regionales Kurszentrum in MV geschaffen werden. Die Beziehung zwischen der Qualifikation „Intensivtransport“ nach DIVI-Empfehlung und der konsequenteren Umsetzung der Leitlinien ist am ehesten auf die Kombination der ihr zu Grunde liegenden Anforderungen zurückzuführen. Hierzu gehören der Nachweis klinischer Tätigkeit in der Intensivmedizin, die Notarztqualifikation, regelmäßige Notarztdienste und die Absolvierung eines 20-stündigen Kurses Intensivtransport. In Anlehnung an den ADAC wäre in der Luftrettung grundsätzlich die Qualifikation vorauszusetzen. Aus den voranstehenden Aussagen ergibt sich, dass eine regelmäßige Fortbildung der Notärzte Grundvoraussetzung für die Kenntnis und Umsetzung der Leitlinien im Umgang mit kardialen Notfällen ist. Ideen zur Verbesserung der Aus- und Weiterbildung von Notärzten bestehen, jedoch wurden diese bisher nur in Ansätzen verwirklicht. Durch das Zusammenwirken der Gesetz- und Verordnungsgeber, Ärztekammern und Arbeitgeber ist eine Verbesserung der Notfallversorgung zu erwarten.
Die Versorgung vital bedrohter Patienten in Krankenhäusern muss an 24 Stunden des Tages sichergestellt sein. Für solche Notfallsituationen werden Ärzte und Schwestern vorgehalten, die als Herzalarm- und Reanimations- bzw. Notfallteams in plötzlichen kritischen Situationen alarmiert werden. Im Rahmen dieser Studie wurden die in Schleswig-Holstein und in Mecklenburg-Vorpommern gegenwärtig praktizierten Systeme zur Bewältigung innerklinischer Notfallsituationen hinsichtlich ihrer Organisation analysiert. Zur Erhebung wurden 2006 an 28 ausgewählte Krankenhäuser im Bundesland Mecklenburg-Vorpommern und im Jahr 2007 an 30 Krankenhäuser des Landes Schleswig-Holstein Fragebögen verschickt. Der Fragebogen beinhaltete unter anderem Fragen zu den Themen Notfallteam, Alarmierungsart, -kriterien, Notfallausrüstung, Aus- und Weiterbildung des Personals, Qualitätskontrolle, Dokumentation, Auswertung des Notfallereignisses sowie Selbsteinschätzung der Krankenhäuser. Die Fragebogenaktion erfolgte anonymisiert. Festgestellt werden konnte, dass ein Notfallteam in 80 % der KH in MV und in 96 % der KH in SH vorhanden ist und auch relativ schnell beim vital bedrohten Patienten eintrifft: durchschnittlich in 2 Minuten 47 Sekunden in MV und in 2 Minuten 30 Sekunden in SH. Klare Alarmierungskriterien für den Notfall, die dem medizinischen Personal das frühzeitige Erkennen der kritischen Situation erleichtern, sind in beiden Bundesländern in der Regel bislang nicht formuliert worden. Dies sollte umgehend geändert werden. Eine Notfallausrüstung ist überwiegend auf den Stationen vorhanden und wird zusätzlich vom Notfallteam mitgebracht. Die Forderung, dass ein Defibrillator/AED innerhalb von drei Minuten am Krankenbett verfügbar sein soll, wird nicht erfüllt. In lediglich einem KH in MV kommen AEDs zum Einsatz. Das Pflegepersonal wird in beiden Bundesländern regelmäßig mindestens einmal pro Jahr in BCLS geschult, ebenso im Umgang mit dem Notfallwagen/-koffer. Hierbei handelt es sich nahezu immer um Pflichtveranstaltungen. Alle Klinikärzte werden in MV nur in 15 von 20 KH in ACLS geschult, in SH lediglich in 9 von 25 KH. Dies sind keine Pflichtveranstaltungen; sie werden eher unregelmäßig und selten angeboten. Die Ausbildung der Ärzte in ACLS muss daher unbedingt verbessert werden. Dreiviertel der KH in MV schätzt ihr Notfallmanagement als gut bis sehr gut ein (insgesamt 15 KH von 20 KH), in SH sind es 9 KH (von insgesamt 25). Das Notfallereignis wird in 16 von 25 KH in SH, in MV in 19 von 20 KH nur im Krankenblatt dokumentiert. Selten kommen zusätzliche Dokumente wie zum Beispiel das DIVI-Protokoll zum Einsatz. Das Reanimationsregister der DGAI wird bisher kaum genutzt, Interesse daran ist aber vorhanden. Eine einheitliche, strukturierte Dokumentation der Notfallsituationen und deren statistische Auswertung sollten dringend durchgeführt werden; sie könnten dazu beitragen, Schwachstellen im innerklinischen Notfallmanagement aufzudecken.