Doctoral Thesis
Untersuchungen zur Morphologie und zum Wachstum der Nasenhöhle von Primaten, insbesondere von Makaken sind in der Literatur kaum zu finden. Ein Ziel dieser Arbeit war daher eine Wachstumsanalyse der Nasenhöhle von Macaca fuscata, unter BerĂŒcksichtigung des Geschlechtsdimorphismus Zu diesem Zweck wurden von 29 SchĂ€deln japanischer Makaken (M. fuscata) aus vier verschiedenen postnatalen Altersstufen computertomographische Schichtaufnahmen des GesichtsschĂ€dels gewonnen. AnschlieĂend wurde das Volumen der Nasenhöhle analysiert und statistisch ausgewertet. Es konnte gezeigt werden, dass der gröĂte Zuwachs des Volumens bei beiden Geschlechtern gegen Ende des Wachstums liegt. In Bezug zur SchĂ€delbasislĂ€nge nimmt das Volumen der weiblichen Individuen stĂ€rker zu als das der mĂ€nnlichen, um bei gleicher SchĂ€delbasislĂ€nge am Ende des Wachstums sogar ein gröĂeres Volumen zu erreichen. Ein Geschlechtsdimorphismus konnte statistisch fĂŒr die Nasenhöhle gezeigt werden, fĂŒr andere MittelgesichtsmaĂe lieĂ er sich nicht nachweisen. Die Spezies Macaca fuscata ist in ihrer regionalen Verbreitung einzigartig unter den Primaten und, abgesehen vom Mensch, die am nördlichsten vorkommende Primatenart. Aus diesem Grund ist sie gut geeignet fĂŒr Untersuchungen in Hinblick auf eventuelle klimatische EinflĂŒsse. Um zu ĂŒberprĂŒfen, ob klimatische EinflĂŒsse das Volumen der Nasenhöhle beeinflussen, wurden 36 SchĂ€del adulter japanischer Makaken von fĂŒnf bekannten geographischen Regionen untersucht. Auch bei dieser Untersuchung wurden zunĂ€chst computertomographische Schichtaufnahmen der Nasenhöhle gewonnen und das Volumen der Nasenhöhle errechnet Das gewonnene Nasenhöhlenvolumen der einzelnen Individuen wurde dann in Relation zur geographischen Höhe und zu TemperatureinflĂŒssen gesetzt. Die Ergebnisse dieser Studie deuten darauf hin, dass die Absenkung der Januartemperatur in nördlichen Regionen Japans bei den Makaken mit einer VergröĂerung des Volumens der Nasenhöhle einhergeht. Diese VergröĂerung ist mit einer Verkleinerung des Volumens des Sinus maxillaris verbunden. Dieses Ergebnis lĂ€sst Schlussfolgerungen auf die physiologischen Funktionen der Nase zu. Die Untersuchungen sprechen dafĂŒr, die Rolle der Nasennebenhöhlen zur Anfeuchtung und AnwĂ€rmung der Atemluft als fraglich einzustufen. Die Ergebnisse dieser Studie tragen Modellcharakter und liefern weitere Erkenntnisse ĂŒber das kraniofaziale Wachstum der Primaten.
Die vorliegende Studie befasste sich mit der Morphologie des Canalis nasolacrimalis (CN) von Japanischen Makaken (Macaca fuscata) basierend auf der Untersuchung koronaler computertomographischer Schichtaufnahmen. Im ersten Teil der Studie wurde das geschlechtsspezifische Wachstum des CN anhand von 29 SchĂ€deln in unterschiedlichen postnatalen Altersgruppen analysiert. Der zweite Teil befasste sich mit dem Einfluss geographischer und klimatischer Faktoren auf die Morphologie des TrĂ€nenkanals adulter Japanischer Makaken, die definierten lokalen Populationen entstammen. Im dritten Teil der Arbeit wurde schlieĂlich die Morphologie des CN von Macaca fuscata mit der anderer Spezies der Faszikularis-Gruppe der Makaken (Macaca cyclopis, Macaca fascicularis, Macaca mulatta) verglichen.
Zur Darstellung der Morphologie des CN wurden anhand der koronalen CT-Schichtaufnahmen mit Hilfe der WinSurf Version 4.0Âź - Software 3D-Rekonstruktionen des CN angefertigt und die entsprechenden Volumina ermittelt. DarĂŒber hinaus wurde die LĂ€nge des CN sowie der Winkel zwischen der Achse des CN und der Horizontalebene mit dem Programm OsiriXÂź Version 5.8.2 vermessen. Die ermittelten MaĂe des CN wurden mit externen linearen SchĂ€delmaĂen in Beziehung gesetzt, um den Einfluss der SchĂ€delmorphologie auf den CN zu untersuchen.
MĂ€nnliche und weibliche Japanische Makaken wiesen zahlreiche Ăbereinstimmungen in der Morphologie des CN auf. So erstreckte sich der CN vom orbitalen Eingang nach kaudal und lateral. Dabei befand sich der orbitale Eingang weiter medial als die MĂŒndungsstelle in der Nasenhöhle. Erst ab der Altersgruppe 2 erschien der Sinus maxillaris gleichzeitig auf einem Schichtbild mit dem CN. Die MaĂe des CN vergröĂerten sich mit zunehmendem Alter, wobei das Volumen des CN adulter mĂ€nnlicher Tiere gröĂer war als das der weiblichen Tiere. Bis auf den linken CN adulter Tiere wiesen weibliche Individuen in allen anderen Altersgruppen einen lĂ€ngeren CN auf als mĂ€nnliche Individuen. Die gröĂte Volumen- und LĂ€ngenzunahme zeigten sich bei MĂ€nnchen zwischen der Altersgruppe 3 und 4, bei Weibchen zwischen der Altersgruppe 1 und 2. Die Achse des CN war bei infantilen Tieren nahezu senkrecht zur Horizontalebene ausgerichtet und verlagerte sich mit zunehmenden Alter schrĂ€g nach vorne.
FĂŒr die Volumen-, LĂ€ngen- und Winkelmessungen des CN konnten signifikante geschlechtsspezifische Unterschiede beobachtet werden. Jedoch waren die Unterschiede nicht einheitlich und betrafen nicht alle Altersgruppen. Die vorliegende Studie zeigte fĂŒr Macaca fuscata einen statistisch signifikanten Zusammenhang zwischen dem Wachstum des CN und externen SchĂ€delmaĂen. DarĂŒber hinaus zeigten die Vergleiche der Anstiege der Regressionsgeraden zwischen beiden Geschlechtern keine signifikanten Unterschiede. Somit ist anzunehmen, dass sich die TrĂ€nennasenkanĂ€le beider Geschlechter mit einem Ă€hnlichen Wachstumsmuster vergröĂern.
Der Einfluss klimatischer und geographischer Faktoren auf den CN wurde an 37 SchĂ€deln adulter Japanischer Makaken beiderlei Geschlechts von fĂŒnf definierten geographischen Regionen Japans untersucht. Dazu wurden die ermittelten MaĂe des CN in Relation zu Klimadaten gesetzt. FĂŒr das Volumen ergaben sich keine statistisch signifikanten Unterschiede im Populationsvergleich. Jedoch unterschieden sich die Messwerte der lokalen Gruppen hinsichtlich der LĂ€nge und der Achsenneigung des CN signifikant voneinander. Zudem konnten fĂŒr den linken CN signifikante Beziehungen zur geographischen Lage und der kleinsten Januartemperatur herausgearbeitet werden. Da dieser Zusammenhang nur fĂŒr eine Seite beobachtet werden konnte, besteht weiterer Untersuchungsbedarf.
SchlieĂlich wurden die vier Spezies der Faszikularis-Gruppe bezĂŒglich der Morphologie des CN anhand von 34 adulten SchĂ€deln beiderlei Geschlechts untersucht. Statistisch signifikante Unterschiede ergaben sich fĂŒr das Volumen und die LĂ€nge des CN. WĂ€hrend fĂŒr den CN von Macaca fuscata bezĂŒglich Volumen und LĂ€nge die gröĂten Messwerte bestanden, zeigte Macaca mulatta die kleinsten Messwerte. Hinsichtlich der Ausrichtung des CN zur Horizontalebene bestanden keine Speziesunterschiede.
Die Ergebnisse dieser Untersuchung beschreiben nicht nur den TrĂ€nennasengang innerhalb einer Wachstumsreihe von Macaca fuscata, sondern liefern erstmals Erkenntnisse ĂŒber die Morphologie des CN bei verschiedenen geographischen Populationen der Rotgesichtsmakaken sowie der Faszkularis-Gruppe. Angesichts der bekannten Unterschiede zwischen Catarrhini und Platyrrhini bezĂŒglich der Morphologie der Nasenhöhle sind weiterfĂŒhrende Untersuchungen notwendig um die Faktoren, welche die Morphologie des TrĂ€nennasengangs beeinflussen, weiter zu ergrĂŒnden.
Auf der Grundlage koronaler CT - Aufnahmen von 52 Schimpansen-schĂ€deln (Pan troglodytes) beiderlei Geschlechts und unterschiedlichen Altersstufen wurde das postnatale Wachstum und die Morphologie des Gaumens untersucht. Die zur Auswertung benötigten SchĂ€del- und GaumenmaĂe wurden, wenn möglich, direkt vom SchĂ€del bzw. durch Messungen an den Röntgenaufnahmen gewonnen. Da das biologische Alter der Tiere zum Zeitpunkt ihres Todes nicht bekannt war, wurden sie entsprechend der Dentition drei postnatalen Altersstufen zugeordnet. Die WachstumsvorgĂ€nge des Gaumens wurden in Relation zu verschiedenen SchĂ€delmaĂen anhand von Korrelations- und einfach linearen Regressionsanalysen (Modell I und Modell II) untersucht sowie auf der Basis von Gaumenhöhenindex und Gaumenindex beschrieben. Ein Vergleich der GaumenlĂ€nge, -breite, -höhe und -volumen zwischen den Geschlechtern zeigte keine signifikanten Unterschiede. Um ein genaueres Bild von Gestalt und GröĂe des Gaumens zu erhalten, wurde er in koronalen CT - Aufnahmen markiert, sein Volumen errechnet und ein 3D - Modell rekonstruiert. Die morphologische Analyse der 3D - Gaumen-modelle unterstreicht die prinzipielle Ăbereinstimmung der Gaumen-morphologie weiblicher und mĂ€nnlicher Schimpansen. Bei den weiblichen Schimpansen besteht zwischen Gaumenhöhe und SchĂ€delbasislĂ€nge kein statistischer Zusammenhang. Alle anderen Merkmalspaarungen zwischen Gaumen (LĂ€nge, Breite, Höhe und Volumen) und SchĂ€del (SchĂ€delbasislĂ€nge und GesamtschĂ€dellĂ€nge) korrelieren bei beiden Geschlechtern. Die Regressionsanalysen der korrelierenden Paare ergaben signifikante lineare AbhĂ€ngigkeits-verhĂ€ltnisse. Ein Vergleich der Regressionsgeraden von mĂ€nnlichen und weiblichen Schimpansen zeigte, dass sich deren Anstiege nicht voneinander unterscheiden. Das lĂ€sst vermuten, dass sich die GaumenmaĂe beider Geschlechter nach einem Ă€hnlichen Wachstumsmuster verĂ€ndern. In der postnatalen Entwicklung ist das LĂ€ngenwachstum des Gaumens am stĂ€rksten, gefolgt von der Gaumenhöhe und der -breite. WĂ€hrend die LĂ€ngenzunahme kontinuierlich erfolgt, ist das Wachstumsverhalten von Gaumenbreite und -höhe nicht einheitlich, sondern variiert in den verschiedenen Altersstufen. UnabhĂ€ngig vom Geschlecht und Alter sind die Gaumen aller Schimpansen orthostaphylin (mittelhochgaumig) und ultraleptostaphylin (extrem schmalgaumig). Das Gaumengewölbe weist eine charakteristische Form auf. Der vordere Abschnitt des Gaumens, der der PrĂ€maxilla entspricht, hat eine flache Wölbung. Zur Region der Milchmolaren bzw. der PrĂ€molaren geht diese in eine hohe Bogenform ĂŒber. Distal der 2. Milchmolaren, das entspricht der Region der permanenten Molaren, flacht der Gaumen kranial zu einem trapezoiden Profil ab. Eine ausgeprĂ€gte Steilheit der AlveolarfortsĂ€tze kann neben dem trapezoiden auch einen rechteckigen Querschnitt zur Folge haben. Mit dem Durchbruch der 2. und 3. permanenten Molaren verlagert sich dieses trapezoide Gewölbeprofil zugunsten der hohen Bogenform immer weiter nach distal. Posterior endet der freie Rand des knöchernen Gaumens wieder in eine flache Wölbung. Weiterhin wurde bei 7 mĂ€nnlichen und 3 weiblichen Schimpansen im adulten Alter, also bei 19% aller untersuchten Gaumen, ein Torus palatinus in unterschiedlicher AusprĂ€gung gefunden. Ein Vergleich zwischen Pan troglodytes und Macaca fuscata ergab hinsichtlich des Gaumenvolumens unterschiedliche Wachstumsmuster, was darauf hindeutet, dass die adulte EndgröĂe auf unterschiedlichem Wege erreicht wird. Ohne beim Schimpansengaumen auf geschlechtliche Unterschiede zu stoĂen, wurde sein Wachstum im VerhĂ€ltnis zum SchĂ€del durch lineare Modelle beschrieben. Bei den weiblichen Schimpansen kann jedoch die Entwicklung der Gaumenhöhe in Bezug zur SchĂ€delbasislĂ€nge nicht durch ein lineares Modell erklĂ€rt werden. Die Aussagekraft dieses Ergebnisses und mögliche Faktoren sowie der Einfluss des beim Schimpanen auftretenden Recessus palatinus auf das Gaumenwachstum sollten nĂ€her untersucht werden.