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Einleitung: Vorhofflimmern (VHF) ist eine Herzrhythmusstörung, die mit einem 5-fach erhöhten Risiko thromboembolischer Schlaganfälle und einen 1,5-fach erhöhten Risiko eines tödlichen Schlaganfalls einhergeht. Internationale und eine nationale Auswertung von Routinedaten zeigen, dass ein hoher Anteil (>50%) der Patienten mit VHF keine ausreichende orale Antikoagulation (OAK) erhält. Fragestellung: Primäres Ziel der Studie ist es, die Verordnungsqualität/Leitlinienadhärenz der Verordnung von OAK bei Patienten mit VHF zu untersuchen und Routinedaten der kassenärztlichen Vereinigung Mecklenburg-Vorpommern (KV-MV) mit direkt in der Praxis erhoben Daten zu vergleichen. Sekundäres Ziel ist die Erfassung von Gründen für Nichtverordnung einer OAK. Untersuchungshypothese: Die Nutzung von Qualitätsindikatoren auf Basis von Routinedaten führt zu einer systematischen Unterschätzung der Leitlinienadhärenz bei VHF. Methode: Für eine Querschnittstudie wurden mit der Praxissoftware Patienten mit VHF (ICD I48.-) in 29 aus 182 angeschriebenen Hausarztpraxen in Vorpommern (Teilnahmerate 16%) identifiziert. Daten zur Demographie, Medikation und Komorbidität im Zeitraum von 7/2011-6/2012 wurden aus der Dokumentation extrahiert und anhand eines strukturierten Fragebogens mit dem Arzt ergänzt. Es wurde eine rohe und eine adjustierte OAK-Verordnungsrate unter Berücksichtigung bestehender Kontraindikationen und weiterer Indikatoren leitliniengerechter Versorgung ermittelt. Ergebnisse: Anhand der Praxisdaten wurden 927 Patienten (54% Männer) und auf Basis der Routinedaten 1247 Patienten (52% Männer) mit VHF identifiziert. Für beide Patientengruppen betrug das Durchschnittsalter 75 Jahre (SD=10). Häufigste Komorbiditäten in beiden Patientengruppen waren arterielle Hypertonie, Gefäßerkrankungen, Diabetes mellitus und Herzinsuffizienz. Eine leitliniengestützte Indikation zur OAK lag anhand der Praxisdaten bei 93% und auf Basis der Routinedaten bei 91% der Patienten vor. Ein erhöhtes Blutungsrisiko entsprechend eines HAS-BLED-Scores ≥ 3 lag anhand der Praxisdaten bei 440 Patienten (47%) und auf Basis der Routinedaten bei 30 Patienten vor (2%). 69% der Patienten erhielten anhand der Praxisdaten eine OAK mit Phenprocoumon. 5% der Patienten erhielten ein nOAK und 32% Thrombozytenaggregationshemmer oder Heparin. Die rohe Gesamt-OAK-Verordnungsrate betrug 69%. Die rohe mittlere Behandlungsrate für eine OAK mit Phenprocoumon pro Arztpraxis betrug 71% (SD=16,6). Nach Berücksichtigung von Diagnosesicherheit, leitliniengestützter Indikation zur OAK, individueller Kontraindikationen einschließlich eines erhöhten Blutungsrisikos sowie alternativer leitliniengerechter medikamentöser Therapien lag eine adjustierte Gesamt-OAK-Verordnungsrate von 90% vor. Die mittlere adjustierte Gesamt-OAK-Verordnungsrate pro Arztpraxis betrug 91% (SD=8,3). Auf Basis der Routinedaten lag eine rohe Gesamt-OAK-Verordnungsrate von 61% vor. Die mittlere rohe Behandlungsrate für eine OAK mit Phenprocoumon pro Arztpraxis betrug 66% (SD=15,4). Nach Berücksichtigung der leitliniengestützten Indikation zur OAK und der Kontraindikation eines erhöhten Blutungsrisikos waren auf Basis der Routinedaten 63% der Patienten mit einer OAK versorgt. Dies entsprach einer mittleren Behandlungsrate für eine OAK pro Arztpraxis von 67% (SD=15,2). Häufigste Gründe für die Nichtverordnung einer OAK waren Sturzgefährdung, Demenz und ein erhöhtes Blutungsrisiko. Diskussion: Ein hoher Anteil der Patienten mit VHF wird leitliniengerecht antikoaguliert. Es liegt eine deutliche Diskrepanz zwischen roher und adjustierter OAK-Verordnungsrate vor. Diese ist insbesondere auf eine ungenügende Abbildung individueller Kontraindikationen und Komorbiditäten zurückzuführen. Aufgrund dieser Limitation führen Qualitätsindikatoren auf Basis von rohen Praxis- oder Routinedaten zu einer systematischen Unterschätzung der Leitlinienadhärenz. Eine mögliche Überversorgung im Bereich eines niedrigen Schlaganfallrisikos ist nicht auszuschließen. Anhand dieser Studie wäre ein OAK-Verordnungsrate auf Basis der Routinedaten pro Praxis zwischen 60% und 70% ein sinnvoller Zielbereich für einen Qualitätsindikator, um die Versorgungsqualität in Bezug auf die Leitlinienadhärenz gut abzubilden.