Doctoral Thesis
Es gibt Hinweise darauf, dass das Kleinhirn an affektiven und kognitiven Verarbeitungsprozessen und an ArbeitsgedĂ€chtnisleistungen beteiligt ist. In dieser Arbeit wurden 8 Patienten mit Kleinhirninsulten (Durchschnittsalter 61,25 Jahre), die in der neurologischen Klinik der UniversitĂ€tsmedizin Greifswald behandelt wurden und 7 Patienten mit peripher neurologischen Erkrankungen (Durchschnittsalter 56,71 Jahre), bei denen eine KleinhirnlĂ€sion ausgeschlossen worden war, untersucht. Zur Beurteilung verĂ€nderter neuronaler AktivitĂ€ten wurde eine 129-Kanal-Elektroenzephalographie-Studie (EEG) verwendet und mithilfe der Interpretation ereigniskorrelierter Potentiale (EKP) verschiedene affektive und kognitive Verarbeitungsprozesse analysiert. In der Teilstudie 1 wurde die frĂŒhe Verarbeitung visuell-affektiver Stimuli, in der Teilstudie 2 affektive und kognitive Verarbeitungsprozesse wĂ€hrend der PrĂ€sentation visueller Stimuli, in der Teilstudie 3 affektive und kognitive Verarbeitungsprozesse wĂ€hrend der PrĂ€sentation visueller und akustischer Stimuli und in der Teilstudie 4 die spĂ€te Verarbeitung visuell-affektiver Stimuli untersucht. Zur Untersuchung der affektiven Verarbeitungsprozesse wurden Bilder verschiedenen emotionalen Inhaltes (angenehm, neutral, unangenehm) und Erregungsstufe (schwach bis stark erregend) aus dem Katalog des International Affective Picture System (IAPS) verwendet. Es wurden Bilder in schneller 333ms (Teilstudien 1 bis 3) oder in langsamer Abfolge von 1000ms (Teilstudie 4) prĂ€sentiert. Zur Untersuchung kognitiver Verarbeitungsprozesse wurden die IAPS-Bilder bearbeitet. FĂŒr die Teilstudie 2 wurden sie mit Linien (horizontal/vertikal) ĂŒberlagert und fĂŒr die Teilstudie 3 mit Tönen (hoch/tief) synchronisiert. Linien und Töne unterschieden sich in ihrer Wahrscheinlichkeit des Auftretens, wobei die seltenen Reize als Zielreize dienten, welche von den Probanden mitgezĂ€hlt werden mussten. Es wurden durch dieses Studiendesign folgende ereigniskorrelierte Potentiale gemessen: Die EPN, die visuelle P200 und P300, die akustische P300 und das LPP. BezĂŒglich der frĂŒhen und spĂ€ten Verarbeitung visuell-affektiver Stimuli konnten folgende Daten erhoben werden. In der Teilstudie 1 lösten in der LĂ€sionsgruppe nur stark erregend angenehme vs. neutrale Bilder eine EPN aus. Ein signifikanter Gruppeneffekt bestand jedoch nicht. In der Teilstudie 2 war weder fĂŒr schwach noch fĂŒr starke erregend affektive vs. neutrale Bilder eine EPN in der LĂ€sions- und Kontrollgruppe nachweisbar. In der Teilstudie 3 konnte zwar nur in der Kontrollgruppe fĂŒr stark erregend angenehme vs. neutrale Bilder eine EPN nachgewiesen werden, die Gruppen unterschieden sich jedoch nicht signifikant voneinander. In der Teilstudie 4 lösten weder schwach noch stark erregend affektive Bilder ein LPP in der LĂ€sionsgruppe aus. Ein signifikanter Gruppeneffekt bestand nicht, trotz nachweisbaren LPPs in der Kontrollgruppe fĂŒr schwach erregend angenehme und stark erregend affektive vs. neutrale Bilder. Bezogen auf kognitive Verarbeitungsprozesse konnte in beiden Gruppen in der Teilstudie 2 eine visuelle P300 nach der PrĂ€sentation seltener Zielreize nachgewiesen werden. Die LĂ€sionsgruppe wies dagegen eine signifikante visuelle P200 nach PrĂ€sentation von Zielreizen gegenĂŒber der Kontrollgruppe auf. Eine akustische P300 (P3b) war in der Teilstudie 3 nach der PrĂ€sentation akustischer Zielreize in keiner Gruppe nachweisbar. Dagegen bestand in der Kontrollgruppe eine signifikant stĂ€rkere P3a. Die Ergebnisse zeigen, dass Patienten mit einer KleinhirnlĂ€sion keine BeeintrĂ€chtigung in der frĂŒhen oder spĂ€ten Verarbeitung visuell-affektiver Stimuli aufweisen. Sie sind in der Lage, eine Bottom-up-Prozessierung visuell-affektiver Stimuli durchzufĂŒhren und sie nach ihrer Motivationsrelevanz einzuordnen. Patienten mit einer KleinhirnlĂ€sion unterscheiden sich nicht signifikant in ihrer neuronalen AktivitĂ€t gegenĂŒber der Kontrollgruppe wĂ€hrend intra- und crossmodaler Verarbeitungsprozesse von visuell-affektiven Stimuli wĂ€hrend visueller oder akustischer Aufgaben. Die in vielen Studien beobachteten affektiven AuffĂ€lligkeiten bei Patienten mit einer KleinhirnischĂ€mie sind daher auf spĂ€tere Verarbeitungs- und AusfĂŒhrungsprozesse von Emotionen zurĂŒckzufĂŒhren, welche einer kognitiven und somit Top-down-Kontrolle unterliegen. Patienten mit einer KleinhirnlĂ€sion benötigen allerdings mehr ArbeitsgedĂ€chtnisleistung, um die gestellte visuell-kognitive Aufgabe zu absolvieren. Des Weiteren weisen sie BeeintrĂ€chtigungen in supramodalen kognitiven Verarbeitungsprozessen auf. Je schwieriger die kognitiven Anforderungen sind, umso mehr weisen Patienten mit einer KleinhirnlĂ€sion BeeintrĂ€chtigungen in Form verĂ€nderter neuronaler AktivitĂ€t auf. Die Ergebnisse dieser Arbeit weisen darauf hin, dass das Kleinhirn vor allem an kognitiven und weniger an affektiven Verarbeitungsprozessen beteiligt ist.
Kurze Inhaltszusammenfassung in der Originalsprache des Dokuments (Deutsch): Aktuell liegen nur wenige LĂ€ngsschnittstudien vor, die Interventionsprogramme bei adipösen Kindern untersucht haben. Mithilfe der funktionellen Bildgebung wurden 14 adipöse und ĂŒbergewichtige Kinder im Alter zwischen 7 und 16 Jahren untersucht, jeweils vor und nach einer einjĂ€hrigen Sport-Interventionstherapie. WĂ€hrend der fMRT-Untersuchung sahen die Teilnehmer standardisierte Bilder aus den Kategorien Essen und Sport, sowie emotional neutrale und emotional positive Bilder. Besonderes Interesse galt den VerĂ€nderungen der zerebralen Aktivierung beim Betrachten von Bildern mit nahrungsbezogenem Inhalt in Bezug auf die GewichtsverĂ€nderungen. Die GewichtsverĂ€nderungen wurden anhand der BMI-SDS-Werte nach der Therapie bestimmt. Die Teilnehmer wurden entsprechend ihrer GewichtsverĂ€nderung der Responder-Gruppe (Gewichtsverlust nach BMI-SDS-Wert, BMI-SDS-Differenz > 0.2) oder der non-Responder- Gruppe (kein Gewichtsverlust nach BMI-SDS-Wert) zugeordnet. Vor der Therapie ergaben sich keine Unterschiede bei den fMRT-Aktivierungen zwischen den Gruppen. Nach der Therapie zeigten sich folgende Ergebnisse: Adipöse Kinder mit Gewichtsreduktion zeigten beim Betrachten von Bildern mit nahrungsbezogenem Inhalt eine signifikant stĂ€rkere Aktivierung im linken Putamen im Vergleich zu Kindern aus der non-Responder Gruppe. Zudem ergab sich in der Responder-Gruppe eine signifikant stĂ€rkere Aktivierung der linken Insel beim Betrachten von emotional positiven Bildern und des frontalen Spiegelneuronen- Netzwerkes bei Sportbildern. Lediglich Responder konnten nach der Therapie beim Betrachten von Bildern mit nahrungsbezogenem Inhalt und emotional positiven Bildern Areale aktivieren, die bei der Verarbeitung der emotionalen Valenz beteiligt sind, d.h. Putamen und Insel. Die erhöhte Aktivierung in diesen Regionen könnte im Zusammenhang mit einer normalisierten DopaminausschĂŒttung gesehen werden, wenn die Responder emotional positive Bilder sehen. Sportbilder aktivierten bewegungsassoziierte Areale nur bei den Teilnehmern, die von der Sport-Interventionstherapie profitierten. Aus diesen Ergebnissen lĂ€sst sich schlussfolgern, dass bei den adipösen Kindern nach erfolgreicher Therapie eine Normalisierung der zerebralen Verarbeitung als Antwort auf Sportbilder zu erkennen ist.
In fĂŒnf empirischen Studien wurde untersucht, ob Personen wissen, was sie im Ausdruck zeigen und anderen Personen kommunizieren, wenn sie eine Emotion erleben. Theoretische Grundlage der Untersuchungen war die Selbst-Inferenz-Hypothese von Reisenzein und Studtmann (2007). Diese besagt, dass Personen das Vorhandensein, die Art und die IntensitĂ€t ihres Emotionsausdrucks nicht primĂ€r durch die Wahrnehmung ihres tatsĂ€chlichen Ausdrucksverhaltens feststellen, sondern aus der QualitĂ€t und IntensitĂ€t ihres GefĂŒhlserlebens erschlieĂen. Zentrales Ziel der Untersuchungen war die empirische ĂberprĂŒfung der Selbst-Inferenz-Hypothese fĂŒr den mimischen Emotionsausdruck bei hedonisch positiven (Freude, Erheiterung) und negativen (Ekel, Traurigkeit/EnttĂ€uschung, Ărger/Frustration) Emotionen. DarĂŒber hinaus wurde eine Reihe von methodischen EinwĂ€nden gegen bisherige Studien zum Wissen ĂŒber die eigene Mimik auf ihre Bedeutsamkeit ĂŒberprĂŒft. Die Ergebnisse der Experimente bestĂ€tigten konsistent die Vorhersagen der Selbst-Inferenz-Hypothese. Insbesondere konnte erstens fĂŒr alle untersuchten Emotionen gezeigt werden, dass GefĂŒhle bessere PrĂ€diktoren von Meinungen ĂŒber den eigenen mimischen Emotionsausdruck waren als der durch BeobachtereinschĂ€tzungen oder FACS-Codierungen gemessene tatsĂ€chliche Ausdruck. Zweitens zeigte sich, dass Personen meist nicht genau wissen, was sie zeigen, wenn sie ein GefĂŒhl erleben. Vielmehr ĂŒberschĂ€tzten sie systematisch die IntensitĂ€t ihres Emotionsausdrucks. Potenzielle AlternativerklĂ€rungen dieser Ergebnisse konnten entweder methodisch ausgeschlossen oder empirisch entkrĂ€ftet werden. In Studie 5 konnte die Selbst-Inferenz-Hypothese auch fĂŒr nicht-mimische AusdrucksÂkomponenten von PrĂŒfungsangst bestĂ€tigt werden. Die Befunde haben potenziell bedeutsame Implikationen fĂŒr Theorien der Mimik, die ValiditĂ€t von Messmethoden des EmotionsÂausdrucks und fĂŒr soziale Interaktionen im Alltag.