Doctoral Thesis
Wie kaum eine andere Spezies weist der moderne Mensch eine auĂerordentlich groĂe geographische Verbreitung auf. Die damit verbundene notwendige Anpassung an unterschiedlichste geographische Bedingungen fĂŒhrte unter anderem auch zu morphologischen VerĂ€nderungen am SchĂ€del. Die Bedeutung geographischer Faktoren fĂŒr bestimmte SchĂ€delkomponenten wird jedoch sehr unterschiedlich diskutiert. Das trifft insbesondere auch auf die GröĂe und Form der Nasenhöhle zu. Da die KlĂ€rung solcher ZusammenhĂ€nge von Bedeutung fĂŒr verschiedene Fachgebiete wie Anatomie, Physiologie, Forensische Medizin und Anthropologie ist, wurde in dieser Studie die Beziehung zwischen der Morphologie der Nasenhöhle zum Mittelgesicht unter BerĂŒcksichtigung klimatischer Faktoren untersucht. Die Untersuchungen der Nasenhöhlen erfolgte an 62 mazerierten adulten SchĂ€deln von vier definierten menschlichen Populationen, die sich in ihrer geographischen Herkunft unterscheiden. Von allen SchĂ€deln wurden zunĂ€chst koronare computertomographische Schichtaufnahmen angefertigt. AnschlieĂend wurden an den CT-Schichtaufnahmen lineare StreckenmaĂe der Nasenhöhle erhoben. Des Weiteren erfolgte die Volumenbestimmung der Nasenhaupthöhle mit Hilfe der WinSurf-Software. Weiterhin erfolgte auch die Vermessung des Ă€uĂeren SchĂ€dels mit linearen MaĂen, um Beziehungen zwischen der Nasenhöhle und dem GesichtsschĂ€del zu untersuchen. Die externen SchĂ€delmaĂe dienten auĂerdem der Berechnung des GesichtsschĂ€delvolumens. Die Ergebnisse dieser Arbeit deuten auf Populationsunterschiede bezĂŒglich der absoluten und relativen GröĂe des Nasenhöhlenvolumens hin, wĂ€hrend das GesichtsschĂ€delvolumen zwischen den Populationen keine signifikanten Unterschiede aufweist. Die hier beobachteten Populationsunterschiede deuten darauf hin, dass ein Einfluss klimatischer Faktoren auf die GröĂe der Nasenhöhle nicht ausgeschlossen werden kann. Der von uns verwendete Nasenhöhlen-GesichtsschĂ€del-Index, der das VerhĂ€ltnis zwischen dem Volumen der Nasenhöhle und dem GesichtsschĂ€delvolumen beschreibt, weist zwischen der Population Kyoto und den drei anderen Populationen statistisch signifikante Unterschiede auf. Der Nasenhöhlen-GesichtsschĂ€del-Index fĂŒr die Kyoto-Population ist signifikant kleiner als bei den anderen drei Populationen. Unsere Untersuchungen ergaben einen Zusammenhang zwischen dem Nasenhöhlen-GesichtsschĂ€del-Index und der geographischen Herkunft der SchĂ€del. Im Populationenvergleich konnten wir GröĂenunterschiede der Nasenhöhle feststellen, wĂ€hrend Formunterschiede in Bezug auf die Cavitas nasi zwischen den Populationen nicht zu beobachten sind. Bei der asiatischen Population war ein signifikant höherer unterer Nasengang nachweisbar. Hinsichtlich der Asymmetrie des unteren Nasenganges lieĂen sich keine signifikanten Unterschiede zwischen den Populationen erkennen. Es handelt sich bei den von uns betrachteten Populationen um eine fluktuierende Asymmetrie des unteren Nasenganges. Die durchgefĂŒhrten Korrelations- und Regressionsanalysen erfolgten separat fĂŒr jede Population. Als besonders aussagekrĂ€ftiger Parameter der Cavitas nasi ist die Höhe der Nasenhöhle im Bereich des zweiten Molaren im Oberkiefer zu nennen, da dieser Parameter bei allen Populationen viele Korrelationen zu externen SchĂ€delmaĂen und dem GesichtsschĂ€delvolumen aufweist. Das Nasenhöhlenvolumen lĂ€sst sich am ehesten aus der Breite der Nasenhöhle ableiten, da fĂŒr drei der vier Populationen fĂŒr dieses Merkmalspaar signifikante Korrelationen nachweisbar sind. Obgleich die vorliegende Studie Hinweise auf einen Einfluss des Klimas auf die VariabilitĂ€t der Morphologie der Nasenhöhle zeigen, ist das Design dieser Studie nicht geeignet, einen direkten Einfluss klimatischer Faktoren zu belegen. HierfĂŒr sind weiterfĂŒhrende Studien notwendig, die auch den komplexen Wechselbeziehungen zwischen den verschiedenen Strukturelementen der Nasenhöhle Rechnung tragen.
Bei der Behandlung atherosklerotischer GefĂ€Ăe mit vaskulĂ€ren Implantaten spielt nicht nur die endotheliale Dysfunktion eine wichtige Rolle. Auch die FĂ€higkeit des Implantatmaterials, sich an die GefĂ€Ăwand anzupassen und dessen BiokompatibilitĂ€t, sind von groĂer Bedeutung. Die Entwicklung von wirkstofffreisetzenden Stents (DES) konnte die Risiken nach Stentimplantation signifikant reduzieren. Jedoch gibt es Hinweise darauf, dass diese polymerbeschichteten DES Ursache fĂŒr die Entstehung von Stent Thrombosen (ST) sein können - eine potentiell tödliche Komplikation. Die mechanischen Eigenschaften eines Materials, das in ein GefÀà eingebracht wird, können einen groĂen Einfluss auf die umliegenden Zellen haben. Die Bedeutung einer solchen VerĂ€nderung in der Umgebung einer Zelle und der Einfluss auf deren mechanische Eigenschaften und biologische Funktionen wird immer hĂ€ufiger als Ursache fĂŒr die Entstehung von In-Stent-Restenose (ISR) und ST diskutiert. Das Endothel dient als einzigartige Barriere zwischen dem flieĂenden Blut und der GefĂ€Ăwand, wodurch es permanent mechanischen Reizen ausgesetzt ist. Mechanosensitive Strukturen auf der ZelloberflĂ€che ĂŒbersetzen diese Stimuli in biochemische Signale. Die anschlieĂende Translation in downstream Effekte moduliert die Zellfunktion. Zu dem mechanosensorischen Komplex um PECAM-1 gehören auch G-Protein-gekoppelte Rezeptoren (GPCRs), welche an der flussabhĂ€ngigen Regulation der NO-Freisetzung beteiligt sind. Im kardiovaskulĂ€ren System werden der GPCR APJ und sein spezifischer Ligand Apelin vor allem von Endothelzellen und endokardialen Zellen exprimiert. Die Apelin-Isoformen Apelin-12 und Apelin-13 wurden in diesem Zusammenhang bisher als bioaktiv beschrieben. Obwohl das apelinerge System in vielen vaskulĂ€ren Endothelzellen exprimiert wird, wurde es bisher nicht als ĂbertrĂ€ger mechanischer Reize in Betracht gezogen. In diesem Kontext ist das Ziel der vorliegenden Arbeit, zunĂ€chst die physiologische Rolle des Apelin/APJ-Systems als Mechanotransducer in humanen Endothelzellen in einem in vitro Zellperfusionsystem zu charakterisieren. Weiterhin soll der Einfluss von Stentpolymeren auf die Zellfunktion und die endotheliale Mechanotransduktion untersucht werden.
In Germany, basic data on the biology, ecology and distribution of rare mosquito species are insufficiently recorded leading to knowledge gaps, for example regarding their vector potential. The introduction of new mosquito species and of the pathogens they transmit has increased the risk of diseases previously uncommon in Germany. These circumstances have led to increased efforts within the past 10 years to better understand the spatio-temporal occurrence and underlying habitat binding of mosquito species and to predict their future distribution, particularly with regard to the changing climatic conditions and changing landscape. A reliable morphological and genetic identification was lacking for several native mosquito species, which forms the basis for any robust monitoring within mosquito surveillance programs or insect conservation projects.
The aim of this thesis was to gain detailed knowledge on the current spatial and temporal occurrence, the habitat binding, and morphological and genetic features with regard to species identification for the non-native species Aedes albopictus (Skuse, 1895), the native species of the Aedes Annulipes Group, and the native and rare species Aedes refiki Medschid, 1928, Culex martinii Medschid, 1930 and Culiseta ochroptera (Peus, 1935).
The thesis compares the suitability of the local climate for the persistence of the species Aedes albopictus sporadically observed in Jena (Thuringia) from 2015 to 2018 with two populations in southern Germany. The focus was on the analysis of extreme winter temperatures and the duration below selected temperature thresholds. In addition to critical temperature conditions, aquatic habitat conditions were of importance. The results of this study suggest that the population could become established in the long term.
Through the monitoring conducted for this thesis, the very rare mosquito species Aedes refiki, Culex martinii in Thuringia and Culiseta ochroptera were rediscovered at several sites in northern and eastern Germany. It was possible to add new information on habitat binding, distribution and abundance for the considered mosquito species. The survival of these rare native mosquito species depends on the preservation of a few remaining habitats. In addition, it can be assumed that these species will become even rarer with future climate change in Germany and, therefore, should be considered endangered. In contrast, other mosquito species could benefit from an increase in average temperatures or precipitation in individual cases.
Due to the contribution to species identification, difficulties in the morphological and genetic identification of selected mosquito species native to Germany could be dispelled. Three forms each were assigned to the known morphological variants of Aedes refiki and Culiseta ochroptera and their peculiarities were described, as well as a new character for species identification was highlighted in the case of Culiseta ochroptera. Generated CO1 mtDNA sequences provide the first DNA-barcodes of Aedes refiki and Culex martinii for Germany.
In five native mosquito species of the Aedes Annulipes Group, twenty types of aberrant tarsal claws were illustrated and described in their morphology. Morphological peculiarities and an asymmetrical occurrence of the aberrant claw types were observed and possible causes for their development were discussed. Together with the development of a basic blueprint of mosquito tarsal claws, the results opened another field of research for the taxonomy, developmental biology and aquatic ecology of arthropods.
Presumably every organism on earth is involved in at least one mutualistic interaction with one or several other species. To interact with each other, the species need traits that provide benefits to the partner species. Surprisingly, the function of traits for the stabilization of mutualisms has rarely been investigated, despite of a general lack of knowledge how mutualisms are maintained. The aim of this work was to find functional traits, which stabilize the mutualism between a bat species and a carnivorous pitcher plant in Northern Borneo. Kerivoula hardwickii is the only bat species known to roost in pitcher-shaped trapping organs of Palaeotropical pitcher plants (Nepenthes). These bats fertilize the pitcher plant Nepenthes hemsleyana with their nutritious nitrogen-rich faeces while roosting inside the pitchers. The plants have outsourced capture and digestion of arthropod prey to the bats on which they strongly rely for nutrient acquisition. The bats in contrast are less dependent on their mutualism partner as they also roost in pitchers of two further Nepenthes species as well as in developing furled leaves of various plant species in the order Zingiberales. In earlier studies, we found that N. hemsleyana outcompetes alternative roosts by providing high-quality roosts for the bats. However, which traits exactly stabilize the mutualism between K. hardwickii and N. hemsleyana was still unclear. I found that both the bats and the pitcher plants show traits, which have the potential to stabilize their interaction. On the level of morphological traits, I found that the pitchers have a low fluid level and a particular shape that provide just enough roosting space for one individual of the solitary K. hardwickii, a mother with juvenile or a mating couple. The bats have enlarged thumb and foot pads that enable them to cling to the smooth surfaces of their roosts without using their claws. This avoids damage to the sensitive N. hemsleyana pitchers. On the level of communicational traits, again N. hemsleyana acquired morphological structures that act as effective ultrasound-reflectors, which guide the echo-orientating bats to the opening of the pitchers and help the bats to identify their mutualism partner. The batsâ calls on the other hand are characterized by extraordinary high starting frequencies and broad bandwidths, which enable K. hardwickii to easily locate pitchers of N. hemsleyana and other Nepenthes species in their dense habitats. Finally, on the level of behavioural traits the bats often but not always prefer their mutualism partner to other roosts when they can select roosts in their natural environment or in behavioural experiments. The reason for this behaviour seems to be a combination of 1) N. hemsleyanaâs superior quality compared to alternative roosts and 2) different roosting traditions of the bats. In conclusion, the mutualism between bats and pitcher plants is asymmetric as N. hemsleyana is more dependent on K. hardwickii than vice versa. For the plants bat faeces present their most important nutrient source. In contrast, K. hardwickii can select between alternative roosting plants. This asymmetric dependency is reflected in the specifity and function of the traits that stabilize the mutualism in each of the two involved species. Especially on the morphological level, N. hemsleyana seems to have evolved several traits that perfectly fit to K. hardwickii. In contrast, the batsâ traits more generally facilitate their roosting in funnel-shaped plant structures and their occurrence in cluttered habitats. Thus, they are probably exaptations (i.e. traits that evolved for another reason) that are nevertheless functional and stabilize the mutualism with N. hemsleyana. This plantâs superior roost quality is likely a consequence of the competition with alternative roosting plants and is a pre-requisite for the bats to prefer N. hemsleyana. Moreover, my study confirms earlier findings that asymmetric dependencies support the stabilization of mutualistic interactions. Finally, my work indicates that the specifity of functional traits can be used as a measure to determine mutual dependencies of mutualistic partners.
FĂŒr eine intakte Filtration des Blutes sind hochspezialisierte Epithelzellen in den Glomeruli der Nieren, die Podozyten, essentiell. Der Verlust oder die SchĂ€digung dieser postmitotischen Epithelzellen bzw. morphologische VerĂ€nderungen der komplex geformten FortsĂ€tze dieser Zellen sind die hĂ€ufigsten Ursachen fĂŒr den Verlust der FiltrationsfĂ€higkeit der Nieren. Diese besondere 3D-Morphologie der Podozyten hĂ€ngt entscheidend vom Aktinzytoskelett und von Aktin-bindenden Proteinen ab. Aus der Literatur weiĂ man, dass das Aktin-bindende Protein Palladin einen entscheidenden Einfluss auf die Nukleation bzw. Polymerisation von Aktinfilamenten ausĂŒbt und dass Palladin sowohl die Morphologie als auch die Dynamik von Zellen bestimmt. In der vorliegenden Arbeit wurde die Rolle von Palladin hinsichtlich der Podozytenmorphologie und -funktion in vitro und in vivo erstmals untersucht.
Mittels in vitro Experimenten an kultivierten Podozyten der Maus konnte gezeigt werden, dass ein Knockdown von Palladin zu einer deutlichen Abnahme der Aktinfilamente und kleineren Fokalkontakte fĂŒhrt. Interessanterweise hatte dies aber keinen Einfluss auf die AdhĂ€sionfĂ€higkeit der Podozyten, sogar unter mechanischer BeanÂŹspruchung. Ferner konnte gezeigt werden, dass Palladin einen entscheidenden Einfluss auf die Expression anderer essentieller Aktin-assoziierter Proteine, wie Synaptopodin und α-Aktinin-4, aufweist.
Dass Palladin eine wichtige Rolle bei der Bildung und StabilitÀt von Aktinfilamenten spielt, konnte durch die Inkubation von kultivierten Palladin Knockdown-Podozyten mit verschiedenen Inhibitoren der Aktin-Polymerisation gezeigt werden. Die quantitative Auswertung mit Hilfe der Software F_Seg zeigte, dass Palladin Knockdown-Podozyten nach der Inkubation deutlich weniger Aktinfilamente und mehr Aktin-Cluster im Vergleich zu den Kontrollen aufweisen. Der Einsatz eines Migrations-Assays zeigte zudem, dass kultivierte Palladin Knockdown-Podozyten schneller migrieren und vermehrt dynamische Strukturen wie Lamellipodien und sogenannte Ring-Like-Structures (RiLiS) ausbilden.
Um den Einfluss von Palladin auf Podozyten in vivo zu untersuchen, wurden MĂ€use generiert, bei denen Palladin spezifisch in den Podozyten ausgeknockt ist. Analysen der Glomeruli-Morphologie dieser Tiere mit Hilfe der Immunfluoreszenz-, Superresolution- und Elektronenmikroskopie (Raster- und Transmissionsmikros-kopie) zeigten eindeutig, dass die glomerulĂ€ren Kapillaren stark erweitert waren und sich ein stark vergröĂerter sub-podozytĂ€rer Raum ausgebildet hatte. Ferner waren die fĂŒr die Filtration des Blutes maĂgeblichen FortsĂ€tze der Podozyten stark verbreitert und die Expression des essentiellen Schlitzmembranproteins Nephrin nach dem Knockout von Palladin signifikant reduziert.
Durch den Einsatz eines nephrotoxischen Serums wurde eine Glomerulonephritis induziert, die bei Podozyten-spezifischen Palladin-Knockout MĂ€usen zu einer stĂ€rkeren SchĂ€digung der Glomeruli im Vergleich zu den Kontrolltieren fĂŒhrte. Dies deutet auf eine essentielle Rolle von Palladin fĂŒr die Morphologie und Funktion der Filtrationsbarriere hin.
Des Weiteren konnte anhand von Nierenbiopsien nachgewiesen werden, dass die Palladin-Expression bei Patienten, die an einer fokal segmentalen Glomerulosklerose bzw. an der diabetischen Nephropathie erkrankt waren, im Vergleich zu den Kontrollnieren deutlich verringert ist.
Zusammenfassend zeigen die Ergebnisse der vorliegenden Arbeit, dass Palladin sowohl in vitro als auch in vivo einen entscheidenden Einfluss auf das Aktin-zytoskelett der Podozyten und somit auf die Funktion dieser hochspezialisierten Epithelzelle hat.
Zielsetzung dieser Arbeit war die Herausarbeitung der morphologischen Besonderheiten und wirksamer Faktoren bei der Entwicklung des Sinus maxillaris von SpalttrĂ€gern beiderlei Geschlechts im Vergleich zu einer Referenzgruppe von NichtspalttrĂ€gern. DafuÌr wurde retrospektiv ein heterogenes Spaltkollektiv von 22 FĂ€llen kombinierter Lippen-Kiefer-Gaumen-Defekte, einer Lippen-Kiefer-Spalte und einer isolierten Gaumenspalte untersucht. Durch Altersanpassung wurde das Durchschnittsalter der Spaltgruppe von 9,27 auf 12 Jahre angehoben und so an das der Referenzgruppe (14,44 Jahre) angeglichen. Es wurden 23 Variablen der SchĂ€delbasis und des GesichtsschĂ€dels an eingescannten Fernröntgenseitenbildern und dreidimensionalen Rekonstruktionen von Oberkiefergipsmodellen digital vermessen. Der Mittelwertwertbestimmung, Korrelations- und Regressionsanalyse vorausgehend wurde durch eine Faktorenanalyse auf Basis der Interkorrelationen eine Gruppierung in die topographischen Areale Gaumen und Epipharynx â Sinus maxillaris â SchĂ€delbasisknickung und posteriorer GesichtschĂ€del erreicht, die unter Hinzunahme weiterer Variablen zu den jeweiligen Faktoren maximale Varianz aufklĂ€ren konnte. Die signifikant niedrigen Mittelwerte nahezu aller GaumenmaĂe am Gipsmodell und FRS geben dabei das Bild eines in anterioposteriorer Richtung verkuÌrzten Schmalkiefers, der durch einen möglicherweise weiter posterioren Einbau den posterior angrenzenden, signifikant verkleinerten Epipharynx einengt. Die signifikant verkuÌrzte Obergesichtshöhe macht das vertikale Entwicklungsdefizit der Spaltmaxilla erkennbar. Zahlreiche korrelative Beziehungen zu SchĂ€delmaĂen bei Ă€hnlichem linearen Wachstumsmuster wie in der Referenzgruppe markieren die starke Einbindung des Spaltgaumens in den uÌbrigen SchĂ€del. Die gemessenen FlĂ€chen des Sinus maxillaris scheinen sich beim SpalttrĂ€ger nur hinsichtlich der signifikant geringeren GröĂe, nicht aber in Bezug auf die Integration in den SchĂ€del zu unterscheiden. Diese ist in beiden Gruppen auf den korrelativen Bezug zur verkleinerten vorderen SchĂ€delbasislĂ€nge beschrĂ€nkt. Auch in der linearen Regressionsanalyse Ă€hnelt das Wachstumsmuster dem der Referenzgruppe. Die gesamte und vordere SchĂ€delbasislĂ€nge der Spaltgruppe zeigte sich signifikant, die hintere SchĂ€delbasislĂ€nge (KlivuslĂ€nge) nichtsignifikant kuÌrzer als die der Referenzgruppe. Es lĂ€sst sich kein signifikanter Unterschied hinsichtlich der Abknickung der SchĂ€delbasis Spalt- und NichtspalttrĂ€gern bestĂ€tigen. Die im signifikant gröĂeren Basionwinkel ausgedruÌckte clockwise rotation der Gaumenebene zur Klivusebene als MaĂ fuÌr eine verkuÌrzte hintere Obergesichtshöhe ist möglicherweise bedeutsam fuÌr die Ausdehnung und das Wachstum des Sinus maxillaris. Insgesamt erscheint die SchĂ€delbasis sagittal verkuÌrzt, aber ohne Wachstumsdefizite. Die Relationen zu uÌbrigen SchĂ€delstrukturen wie dem Obergesicht, dem Sinus maxillaris und dem Gaumen sind grundsĂ€tzlich gegeben. Die mit der Faktorenanalyse gebildeten topographischen DomĂ€nen des Gesamtdatensatzes reduzierten sich im Gruppenvergleich auf den nasomaxillĂ€ren Komplex und damit auf das primĂ€r von der Spaltbildung beeinflusste Gebiet. Im Ergebnis der abschlieĂenden Diskriminanzanalyse stellten sich nach Altersanpassung die SchluÌsselvariablen GaumenlĂ€nge, FlĂ€che des Sinus maxillaris und des Epipharynx am FRS sowie die zweidimensionale Gaumenbreite auf Höhe des 1. PrĂ€molaren am Gipsmodell als so bedeutend fuÌr die Zuordnung SpalttrĂ€ger/NichtspalttrĂ€ger dar, dass sich uÌber sie anhand der Diskriminanzfunktion ein unbekannter Fall eindeutig zuordnen lieĂe. Zur ĂberpruÌfung der in den Falldaten enthaltenen InformationsqualitĂ€t wurde die vorhergesagte mit der tatsĂ€chlichen Gruppenzugehörigkeit verglichen und dabei in der Spaltgruppe keine Abweichung sichtbar. Um zukuÌnftig Aussagen uÌber den Einfluss der einzelnen Spaltformen, GeschlechtsspezifitĂ€ten und verschiedener Behandlungskonzepte auf die AusprĂ€gung und Morphologie des Sinus maxillaris in allen Dimensionen sowie den Einfluss der KörpergröĂe auf die beschriebenen MaĂe der SchĂ€delbasis und des nasomaxillĂ€ren Komplexes beim SpalttrĂ€ger treffen zu können, sollten in longitudinalen Studien unter Verwendung dreidimensionaler bildgebender Verfahren möglichst groĂe Spaltkollektive mit einer altersangepassten Referenzgruppe untersucht werden.
In der vorliegenden Studie wurde der Processus styloideus morphologisch und topographisch beschrieben und ZusammenhĂ€nge zwischen definierten Parametern dieses SchĂ€delfortsatzes und ausgewĂ€hlten SchĂ€del- und Weichteilparametern geprĂŒft. FĂŒr die Untersuchungen standen 122 DVT-DatensĂ€tze von erwachsenen mĂ€nnlichen und weiblichen Probanden zur VerfĂŒgung, welche mit Hilfe der NewTom 3G Software vermessen wurden. Mögliche alters- und geschlechtsspezifische Unterschiede wurden berĂŒcksichtigt. Die Morphologie des Processus styloideus stellte sich mit LĂ€ngenmaĂen von 8 mm bis 88 mm und anterioren Neigungswinkeln von 17 bis 103 Grad als sehr variationsreich dar. MĂ€nnliche Probanden wiesen mit einem Mittelwert von 36 mm signifikant lĂ€ngere Processus styloidei auf als weibliche mit 30 mm. Eine Zunahme der LĂ€nge des Processus styloideus mit steigendem Alter der Probanden konnte nicht festgestellt werden. Die Ausrichtung des Processus styloideus erwies sich als unabhĂ€ngig von Alter und Geschlecht. Beide Processus styloidei waren weitgehend bilateral symmetrisch angeordnet. Der Abstand des Proc. styloideus zu den meisten Messpunkten am Kopf stellte sich bei weiblichen Probanden als signifikant kĂŒrzer heraus als bei mĂ€nnlichen. Die Beziehungen zwischen den LĂ€ngenmaĂen, Winkelwerten und Abstandswerten des Processus styloideus wurden geprĂŒft und konnten nicht bestĂ€tigt werden. Daraus ergibt sich eine von SchĂ€del- und Weichteilparametern unabhĂ€ngige Variation des Proc. styloideus.
Die vorliegende Studie befasst sich mit dem postnatalen Wachstum der Fossa pterygopalatina (FPP) von Pan troglodytes unter BerĂŒcksichtigung des Geschlechtsdimorphismus. Die Untersuchungen erfolgten an 27 SchimpansenschĂ€deln beiderlei Geschlechts, die anhand ihres Dentitionsstatus in drei Altersgruppen eingeteilt wurden. Die Vermessung erfolgte an computertomographischen Schichtaufnahmen. Mit Hilfe der Software WinSurf© 4.0 wurde das Volumen der FPP berechnet und 3D-Rekonstruktionen angefertigt. DarĂŒber hinaus wurden verschiedene lineare MaĂe der FPP und ihrer Verbindungen vermessen. Um eine AbhĂ€ngigkeit des Volumens der FPP von der SchĂ€delmorphologie zu untersuchen, wurden zusĂ€tzlich verschiedene LĂ€ngen-, Höhen- und BreitenmaĂe sowie Winkel der SchĂ€del bestimmt. Es zeigte sich, dass das Volumen der FPP postnatal sowohl bei den mĂ€nnlichen als auch bei den weiblichen Schimpansen zunimmt. Ein signifikanter Unterschied des Volumens wurde sowohl zwischen den infantilen und juvenilen als auch infantilen und adulten Individuen nachgewiesen. Da ein signifikanter Unterschied jedoch nicht zwischen den juvenilen und adulten SchĂ€deln nachgewiesen werden konnte, ist anzunehmen, dass es vor allem innerhalb der Wachstumsphase zum juvenilen Schimpansen zu einer stĂ€rkeren Zunahme des Volumens der FPP kommt. Mittels Korrelationsanalysen konnten signifikante ZusammenhĂ€nge zwischen verschiedenen Ă€uĂeren SchĂ€delmaĂen und dem Volumen der FPP nachgewiesen werden. Ein Zusammenhang zu den vermessenen Winkeln zeigte sich nicht. Auf der Grundlage des Ergebnisses der Korrelationsanalyse erfolgte die Beschreibung des postnatalen Wachstums des Volumens der FPP unter dem Aspekt des Geschlechtsdimorphismus. ErwartungsgemÀà vergröĂerte sich das Volumen der FPP im Beobachtungszeitraum, wobei die mĂ€nnlichen SchĂ€del eine stĂ€rkere Zunahme zeigten. Bei im infantilen Alter gleich groĂen FlĂŒgelgaumengruben entwickelt sich so spĂ€ter in der Ontogenese ein signifikanter Volumenunterschied zu Gunsten der adulten mĂ€nnlichen Schimpansen. Im Vergleich zum Menschen wies die Fossa pterygopalatina des Pan troglodytes eine Reihe morphologischer Besonderheiten auf. Das Foramen sphenopalatinum lag bei infantilen und juvenilen Schimpansen auf Höhe des Corpus ossis sphenoidalis, wodurch die FPP in diesem Bereich relativ tief war. Im Laufe der Ontogenese verlagert sich das Foramen sphenopalatinum nach kaudal, so dass es bei adulten Schimpansen auf Höhe des Processus pterygoideus ossis sphenoidalis lag und die FPP in diesem Bereich deutlich flacher war als bei Jungtieren. Diese Besonderheit ist wahrscheinlich auf ein zunehmendes kraniokaudales Wachstum des Viszerokraniums zurĂŒckzufĂŒhren. Bei infantilen und juvenilen Schimpansen zeigten sich multiple Formvarianten des Foramen sphenopalatinum von hochoval, lĂ€ngsoval und rund, wobei bei adulten Schimpansen nur die, vom Menschen bekannte, hochovale Form nachweisbar war. Die am kranialen Pol der FPP liegenden Strukturen wie Foramen rotundum, Fissura orbitalis inferior sowie die Unterkante der Facies orbitalis der Ala major ossis sphenoidalis verĂ€nderten in den verschiedenen Altersgruppen ihre Lage zueinander. Bei infantilen Schimpansen lag die Fissura orbitalis inferior am weitesten kaudal. Bei juvenilen Tieren befanden sich alle oben genannten Strukturen auf derselben Höhe, wohingegen das Foramen rotundum bei adulten SchĂ€deln deutlich weiter kranial lag. Diese variable Lage der Strukturen der FPP zueinander erschwerte die Definition einer einheitlichen kranialen Begrenzung der FPP. Die multiplen Ăffnungen der FPP in diesem Bereich und die damit fehlende knöcherne Begrenzung erschwerte die Vermessung der FPP am kranialen Pol zusĂ€tzlich. Da die vorliegende Arbeit Möglichkeiten zeigt, die FPP unter standardisierten Bedingungen zu vermessen, trĂ€gt sie Modellcharakter. Sie gibt erstmals einen tieferen Einblick in die Morphologie und das postnatale Wachstum der FPP des Pan troglodytes unter BerĂŒcksichtigung des Geschlechtsdimorphismus. Somit leistet sie einen weiteren Beitrag zum VerstĂ€ndnis des komplexen kraniofazialen Wachstums des Schimpansen und liefert Daten fĂŒr weitere Studien an der FPP des Menschen und anderer höherer Primaten.