Doctoral Thesis
Moderne Arzneistoffentwicklungsprogramme erbringen in zunehmendem MaĂe schwer wasserlösliche Arzneistoffe. Dies bringt pharmazeutisch-technologische und biopharmazeutische Probleme fĂŒr deren Formulierung mit sich. Eine ausreichende Löslichkeit ist notwendig fĂŒr die Herstellung von intravenös zu applizierenden Zubereitungen und die DurchfĂŒhrung von in vitro Untersuchungen z.B. im Rahmen der Arzneistoffentwicklung. Eine schlechte Löslichkeit kann die Resorption verzögern und so die BioverfĂŒgbarkeit von oral verabreichten Arzneistoffen beeintrĂ€chtigen. Lösungsvermittler bieten eine Möglichkeit, die Wasserlöslichkeit von Arzneistoffen zu verbessern und finden breite Anwendung in vielen zugelassenen Arzneimitteln und v.a. in der prĂ€klinischen und klinischen Entwicklung. Trotz des Anspruchs der pharmakologischen InaktivitĂ€t wurde in der Literatur fĂŒr verschiedene Lösungsvermittler jedoch ein Einfluss auf die Pharmakokinetik von Arzneistoffen beschrieben. Die Absorption, Verteilung und Elimination eines Arzneistoffes wird zu groĂen Teilen von Transportproteinen und metabolisierenden Enzymen bestimmt. Als Ursache fĂŒr die pharmakokinetischen VerĂ€nderungen wurde eine Interaktion der Hilfsstoffe mit dem Effluxtransporter P-Glykoprotein (ABCB1) und dem metabolisierenden Enzym Cytochrom P450 (CYP) 3A4 erkannt. Zum Einfluss auf Aufnahmetransporter gab es bisher nur wenige Erkenntnisse fĂŒr Cremophor EL. Da sie dem Metabolismus und Efflux vorgelagert sind, spielen Aufnahmetransporter eine besondere Rolle. Daher gab es einen speziellen Bedarf an Wissen ĂŒber den Einfluss von Lösungsvermittlern auf Aufnahmetransporter. In der vorliegenden Arbeit wurde der Einfluss der Lösungsvermittler Polyethylenglykol (PEG) 400, Hydroxypropyl-ÎČ-cyclodextrin (HPCD), Solutol HS15 (SOL) und Cremophor EL (CrEL) auf die Aufnahmetransporter organic anion transporting polypeptide (OATP) 1A2, OATP1B1, OATP1B3, OATP2B1 und Na+ / taurocholate cotransporting polypeptide (NTCP) an zellulĂ€ren Transportermodellen untersucht. PEG 400 hemmte selektiv OATP1A2. HPCD hemmte bei allen Transportern nur die Aufnahme von Substraten mit SterangrundgerĂŒst vermutlich durch Komplexbildung, stimulierte jedoch die NTCP-abhĂ€ngige Aufnahme von Bromosulfophthalein (kein Steran). SOL und CrEL hemmten alle Transporter. FĂŒr OATP1B1 und NTCP (Hemmung oberhalb der kritischen Mizellbildungskonzentration (CMC)) ist ein mizellares trapping als Ursache wahrscheinlich. FĂŒr OATP1A2, OATP1B3 und OATP2B1 (Hemmung unterhalb der CMC) mĂŒssen spezifische Mechanismen involviert gewesen sein. Pharmakokinetische Interaktionen mit Hilfsstoffen können also auch auf Ebene der Aufnahmetransporter stattfinden. Im zweiten Teil der Arbeit wurde die in vivo Relevanz der Befunde ĂŒberprĂŒft. In einer Studie wurde der Einfluss von PEG 400, HPCD und SOL auf die Pharmakokinetik der Modellarzneistoffe Paracetamol, Talinolol, Colchicin und Ciclosporin A nach intravenöser Applikation an Ratten untersucht. Dabei erwies sich keiner der Hilfsstoffe als vollstĂ€ndig inert. Es wurde eine Vielzahl unterschiedlicher Effekte beobachtet. HĂ€ufig traten VerĂ€nderungen in der AUC, der Halbwertzeit und der Verteilung auf. GrundsĂ€tzlich schienen alle in Frage kommenden Mechanismen auch in vivo eine Rolle zu spielen. Die in der Literatur beschriebene Hemmung von Effluxtransport und Phase I Metabolismus konnte bestĂ€tigt werden. Die in vitro beobachtete Hemmung von Aufnahmetransportern konnte in vivo belegt werden. Auch unspezifische Mechanismen wie Komplexbildung und mizellares trapping schienen in vivo relevant zu sein. Durch die Ăberlagerung verschiedener Mechanismen ergab sich jedoch ein sehr komplexes Bild, das sowohl von den Eigenschaften des jeweiligen Hilfsstoffes als auch von denen des Arzneistoffes geprĂ€gt war. Daher konnten in den meisten FĂ€llen nur allgemeine Hypothesen zu den möglichen Ursachen der Interaktion aufgestellt werden. Aus demselben Grund ist keine Extrapolation der Daten auf andere Lösungsvermittler und Arzneistoffe im Sinne einer Vorhersage möglich, da die wenigsten Substanzen ausreichend gut charakterisiert sind. Dennoch lĂ€sst sich schlussfolgern, dass Lösungsvermittler ein gewisses Interaktions-potenzial besitzen, das sich nicht nur auf ABCB1 und CYP3A4 beschrĂ€nkt. Damit können sie an Arzneimittelinteraktionen beteiligt sein. Diese Effekte sollten somit auch in der Arzneimittelentwicklung berĂŒcksichtigt werden.
Das Zusammenspiel von Transportproteinen in den Nieren, der Leber und im Intestinaltrakt ist notwendig fĂŒr die effiziente Elimination von potentiell giftigen Metaboliten und die Erhaltung von essentiellen Metaboliten fĂŒr den Organismus. Dabei spielen die Effluxmechanismen der Multidrug Resistance-related Proteine (Mrp) eine wichtige Rolle in der Absorption, Verteilung und Elimination von endogenen und xenobiotischen Substanzen. In den Epithelzellen des Nierentubulus sind Mrp2 (Abcc2) und Mrp4 (Abcc4) apikal exprimiert wĂ€hrend sich Mrp3 (Abcc3) in der basolateralen Membran befindet. Die Rolle der Mrp-Transporter in der Regulation des zellulĂ€ren Redoxstatus ist noch nicht aufgeklĂ€rt. Die systemische Mrp2-Defizienz induziert die mRNA-Expression antioxidativer Proteine in der Niere. Auch die AktivitĂ€t des sympathischen Nervensystems ist wichtig fĂŒr die Nierenfunktion. Der Einfluss der renalen Innervation auf den Transport organischer Ionen ist bisher kaum untersucht. In der vorliegenden Arbeit sollte die Hypothese getestet werden, dass das sympathische Nervensystem einen Einfluss auf die Expression und Funktion der Mrp-Transporter hat. ZunĂ€chst sollte nach renaler Denervation von Lewisratten und kongenen Mrp2-defizienten Ratten die Transporterexpression und -funktion von Mrp2 und Mrp4 bestimmt werden. WeiterfĂŒhrend sollte als Modell fĂŒr eine NierenschĂ€digung die 5/6-Nephrektomie nach drei bzw. sieben Wochen beschrieben und der Einfluss der renalen Denervation auf die Expression von Mrp2, Mrp3 und Mrp4 bestimmt werden. Ein anderer Schwerpunkt dieser Arbeit lag auf der Rolle von Mrp2 bei der zellulĂ€ren Redoxregulation unter nephrotoxischen Bedingungen. Es wurde die Hypothese getestet, dass die renale Mrp2-Defizienz eine akute CsA-induzierte NephrotoxizitĂ€t verstĂ€rkt. Die kongene Transplantation von Mrp2-defizienten Nieren auf WildtypempfĂ€nger (Lewisratten) erzeugte eine isolierte renale Mrp2-Defizienz. Als Kontrollen dienten syngene Transplantationen unter Lewisratten. Die Tiere wurden fĂŒr eine Woche mit CsA in einer immunsuppressiv wirkenden Dosis bzw. einer zusĂ€tzlich nephrotoxisch wirkenden Dosis oder mit einer PlacebodiĂ€t behandelt. Zur ĂberprĂŒfung der Hypothesen wurde die Transporterfunktion durch Clearance-Messungen und die Transporterexpression durch Real-time PCR, Western blot und Immunhistologie untersucht. DarĂŒber hinaus charakterisierte ein PCR-Array das nephrotoxisch-verĂ€nderte Expressionsmuster. AuĂerdem wurden EnzymaktivitĂ€ten durch Lucigenin-verstĂ€rkte Chemilumineszenz und fotometrische EnzymaktivitĂ€tsassays sowie die Glutathionkonzentration fotometrisch ermittelt. Die renale Denervation ohne Reduktion der Nierenmasse hatte keinen Einfluss auf die Transporterexpression und -funktion von Mrp2 und Mrp4 in der Niere. Die 5/6-Nephrektomie fĂŒhrte zu erhöhten Mrp2- und Mrp4-mRNA-Gehalten und zu einem reduzierten Mrp3-Proteingehalt im renalen Kortexgewebe. Durch zusĂ€tzliche renale Denervation bei 5/6-Nephrektomie war der mRNA-Gehalt von Mrp3 signifikant erhöht. Bei 5/6-Nephrektomie war nach drei Wochen ein erhöhter Glutathionquotient als Indikator fĂŒr oxidativen Stress im Nierengewebe messbar, der durch die renale Denervation signifikant reduziert wurde. Sieben Wochen nach der Denervation bei 5/6-Nephrektomie war die Expression und Lokalisation der Mrp-Transporter nicht verĂ€ndert. Des Weiteren war zu diesem Zeitpunkt der renale Gesamtglutathiongehalt unabhĂ€ngig von der renalen Denervation reduziert. Nach sieben Wochen vermehrt auftretende Hydronephrosen im Nierenkortex lassen sich als ein histologisches Anzeichen fĂŒr einen Nierenschaden deuten. Die durch CsA-Behandlung höheren mRNA-Gehalte der UDP-Glucuronosyltransferase 1a6 und der Glutathionperoxidase 2 waren im Falle einer nierenspezifischen Mrp2-Defizienz zusĂ€tzlich erhöht. Dieser Effekt und auch der durch Mrp2-Defizienz erhöhte mRNA-Gehalt des Cytochroms 1a1 weisen auf eine erhöhte metabolische und oxidative Belastung im Transplantatgewebe durch das Fehlen von Mrp2 bei CsA-induzierter NephrotoxizitĂ€t hin. Durch die Behandlung mit CsA trat dosisabhĂ€ngig ein erhöhter Glutathionquotient im Transplantatgewebe auf. Die nierenspezifische Mrp2-Defizienz fĂŒhrte nicht zu einem signifikant erhöhten Glutathionquotienten. Eine mögliche funktionelle Redundanz anderer renaler Transporter wie Mdr1 könnte den Effekt der Mrp2-Defizienz limitieren. In dieser Arbeit konnte eine mit oxidativem Stress assoziierte AbhĂ€ngigkeit des mRNA-Gehalts des basolateralen Transporters Mrp3 vom sympathischen Nervensystem unter Reduktion der Nierenmasse nachgewiesen werden. AuĂerdem verstĂ€rkt die renale Mrp2-Defizienz nicht die akute CsA-induzierte NephrotoxizitĂ€t, was möglicherweise auf eine kompensatorische Induktion der Glutathionperoxidase 2, der UDP-Glucuronosyl-transferase 1a6 oder des renalen Transporters Mdr1 zurĂŒckgeht.
Das in der Transplantationsmedizin hĂ€ufig verwendete Immunsuppressivum Cyclosporin A (CsA) hemmt wichtige Transportproteine in der Niere, induziert oxidativen Stress und trĂ€gt zur Entwicklung einer Dysfunktion des GefĂ€Ăsystems bei. Neben der durch CsA vermittelten arteriellen Hypertonie sind die akute und die chronische NephrotoxizitĂ€t weitere Folgen des Medikamenteneinsatzes. Die akute CsA-Nephropathie ist reversibel und geht mit hĂ€modynamischen VerĂ€nderungen einher, die in einer Reduktion des renalen Blutflusses, einer Erhöhung des renalen GefĂ€Ăwiderstandes und einer Verminderung der glomerulĂ€ren Filtrationsrate bestehen. Die genauen Mechanismen, die zu diesen hĂ€modynamischen VerĂ€nderungen fĂŒhren, sind allerdings unklar. Cyclosporin A wird hauptsĂ€chlich hepatisch eliminiert, aber auch renal unter Beteiligung transepithelialer Transportprozesse ausgeschieden. Zu den Transportproteinen, die das Pharmakon ĂŒber die apikale Membran der proximalen Tubulusepithelzellen sezernieren, zĂ€hlt multidrug resistance-related protein 2 (Mrp2). Experimentelle Studien zeigen, dass eine generalisierte Mrp2-Defizienz mit der Akkumulation von Mrp2-Substraten in Geweben und extrazellulĂ€ren FlĂŒssigkeiten assoziiert ist. Die Bedeutung einer Fehlfunktion dieser Effluxpumpe fĂŒr die renale CsA-Substanzelimination und die CsA-NephrotoxizitĂ€t ist bisher jedoch nur wenig definiert. In unseren Untersuchungen stellte die hochdosierte Cyclosporin A-Behandlung in Kombination mit der nieren-spezifischen Ausschaltung des Transporters Mrp2 den experimentellen Ansatz fĂŒr die Bearbeitung der Fragestellung dar, ob eine renale Mrp2-Funktionsminderung die akute CsA-NephrotoxizitĂ€t verstĂ€rkt. Der Fokus wurde dabei auf die in-vivo-Untersuchung vaskulĂ€rer Mechanismen gelegt, die zum nichtimmunologisch bedingten Versagen von Nierentransplantaten beitragen können. Zu diesem Zweck wurden Nierenkreuztransplantationsexperimente durchgefĂŒhrt, bei denen durch die Wahl des Spendertieres bzw. Transplantates eine nierenspezifische Mrp2-Defizienz in den EmpfĂ€ngertieren erzeugt werden konnte. Bei den gewĂ€hlten RattenstĂ€mmen tritt aufgrund der hochgradigen genetischen Ăbereinstimmung keine TransplantatabstoĂung auf, wodurch potenziell toxische Cyclosporin-A-Effekte weitgehend unabhĂ€ngig von entzĂŒndlichen Prozessen untersucht werden können. Den Versuchstieren wurde peroral entweder CsA in einer Dosierung von 30 mg*kg-1*d-1 oder Placebo ĂŒber einen Zeitraum von sieben Tagen verabreicht. An Tag 28 post transplantionem wurden die akuten Experimente zur Untersuchung der renalen HĂ€modynamik durchgefĂŒhrt. Nach Instrumentierung der narkotisierten Tieren und Erhebung der Messwerte fĂŒr die Herzfrequenz, den arteriellen Blutdruck sowie die basalen renalen hĂ€modynamischen Parameter wurde Urin zur spĂ€teren Bestimmung der glomerulĂ€ren Filtrationsrate mittels Inulin-Clearance gewonnen. FĂŒr die Untersuchung der endothelialen Funktion und der Agonist-induzierten Vasokonstriktion der renalen NierentransplantatgefĂ€Ăe wurde ein um die A. renalis des Transplantates platzierter Ultraschalltransitzeit-Durchflussmesser genutzt, mit welchem der renale Blutfluss nach Applikation der vasoaktiven Substanzen Acetylcholin, Phenylephrin und Angiotensin II gemessen werden konnte. Die Pharmaka-Applikation erfolgte unter Nutzung einer Minikassettenpumpe lokal in die Nierenarterie, um systemische Effekte der Pharmaka auf den Blutdruck und Blutdruck regulierende Systeme weitgehend auszuschlieĂen. Die Auswertung der basalen hĂ€modynamischen Daten fĂŒr die Herzfrequenz, den arteriellen Blutdruck, den renalen Blutfluss und den renalen GefĂ€Ăwiderstand zeigte keine statistisch signifikanten Gruppenunterschiede in dem fĂŒr die vorliegenden Untersuchungen genutzten Transplantationsmodell. Auch hatten weder die hochdosierte CsA-Behandlung noch der renale Mrp2-Expressionsstatus einen signifikanten Einfluss auf die endotheliale Funktion, die Agonist-induzierten renalen GefĂ€Ăantworten, den reaktiven renalen GefĂ€Ăwiderstand und die renale Morphologie. Die hochdosierte CsA-Be-handlung verminderte jedoch statistisch signifikant die glomerulĂ€re Filtrationsrate und das Gewicht der EmpfĂ€ngertiere. Zusammenfassend zeigen die Untersuchungen, dass die durch die hochdosierte CsA-Behandlung in dem verwendeten Transplantationsmodell induzierten hĂ€modynamischen Effekte unabhĂ€ngig von der nierenspezifischen Mrp2-Expression waren, was gegen einen entscheidenden Einfluss dieses Transportproteins auf die akute CsA-induzierte Nephropathie spricht.