Doctoral Thesis
Die PrĂ€valenz von Ăbergewicht und Adipositas im Kindes- und Jugendalter hat in den letzten Jahren deutlich zugenommen. Unter den 3- bis 17-JĂ€hrigen in Deutschland sind derzeit ca. 15% ĂŒbergewichtig und 6% adipös. Die Ursachen sind multifaktoriell und liegen neben einer genetischen PrĂ€disposition insbesondere an einer reduzierten körperlichen BetĂ€tigung und dem Konsum von Lebensmitteln mit einem hohen Energiegehalt. Aufgrund des deutlich erhöhten MorbiditĂ€ts- und MortalitĂ€tsrisikos der Betroffenen, besteht ein erheblicher Bedarf fĂŒr effektive und nachhaltige therapeutische Interventionen. Viele der bisher publizierten Untersuchungen zu GewichtsreduktionsmaĂnahmen bei Kindern und Jugendlichen mit Ăbergewicht und Adipositas belegen allerdings sehr heterogene Ergebnisse. Die therapeutischen Effekte sind oft nur marginal und nicht nachhaltig. FĂŒr die vorliegende Arbeit leiten sich aus diesen AnsĂ€tzen die Fragen ab, ob sich schon bei Beginn einer Therapie zur Gewichtsreduktion Determinanten und PrĂ€diktoren identifizieren lassen, die Aussagen zum Behandlungsergebnis ermöglichen. Es wurde untersucht, welche medizinischen, psychologischen und psychosozialen Parameter das unterschiedliche Ansprechen der Kinder und Jugendlichen mit Ăbergewicht und Adipositas auf die therapeutische Intervention und den weiteren Gewichtsverlauf determinieren. Patienten und Methoden Die vorliegende Studie beinhaltet eine Untersuchung und katamnestische Nachbefragung einer Interventionsgruppe. In der ersten Phase der Studie wurde ein geeignetes Untersuchungsprogramm entwickelt, welches die Identifikation von medizinischen, psychologischen und psychosozialen Faktoren, die in Verbindung mit einer nachhaltigen GewichtsverĂ€nderung stehen könnten, ermöglicht. Die Entwicklung des Untersuchungsprogramms erfolgte schrittweise, strukturiert und standardisiert. Anhand kleiner Kohorten wurde das Programm empirisch hinsichtlich der Anwendbarkeit sowie der testsstatistischen Kriterien, wie ReliabilitĂ€t, ValiditĂ€t und ObjektivitĂ€t ĂŒberprĂŒft. In der zweiten Phase erfolgte die multizentrische Anwendung des Untersuchungsprogramms an vier Untersuchungseinrichtungen bei 143 Kindern und Jugendlichen mit Ăbergewicht und Adipositas. 80% aller Probanden wurden in einem Zeitraum von 24 Monaten sukzessive und in definierten AbstĂ€nden nachuntersucht, um den weiteren Gewichtsverlauf zu analysieren. Ergebnisse Durch die Teilnahme am strukturierten Behandlungs- und Schulungsprogramm kann bei Kindern und Jugendlichen mit Ăbergewicht und Adipositas auch bis zu zwei Jahren nach der Teilnahme eine signifikante Reduktion von Gewicht, BMI und BMI-SDS erzielt werden. Der BMI-SDS blieb bei 52/101 Patienten (47,3%) ein Jahr nach der Entlassung aus dem stationĂ€ren Setting konstant oder sank weiter ab. Zwei Jahre nach der Entlassung war bei 42/88 Patienten (38,2%) eine signifikante BMI-SDS Reduktion zu verzeichnen. Bei ca. 2/3 der Kinder und Jugendlichen mit Ăbergewicht und Adipositas zeigten sich pathologische VerĂ€nderungen von medizinischen und/oder laborchemischen Parametern und Risikofaktoren fĂŒr kardiovaskulĂ€re und metabolische Störungen. Signifikante Assoziationen zur VerĂ€nderung und Stabilisierung des Körpergewichts im langfristigen Verlauf nach der stationĂ€ren Behandlung zeigten die Variablen: âBerufstĂ€tigkeit der Elternâ, âdie tĂ€gliche Zeit am PCâ, âErnĂ€hrungsverhaltenâ, âSchulkonflikteâ, âAllgemeines Wohlbefindenâ, âResilienzâ, âStressbewĂ€ltigung â Suche nach sozialer UnterstĂŒtzungâ, âStrukturierter Tagesablaufâ, und âFamilienklima (Zusammenhalt)â prognostisch die gröĂte Relevanz fĂŒr eine langfristig erfolgreiche Gewichtsreduktion. Ein tendenzieller Zusammenhang lieĂ sich bei den Variablen âHerkunftsortâ, âSchulbildung des Vatersâ sowie bei der âHyperaktivitĂ€tâ feststellen. Eine individuelle Ausrichtung der Adipositastherapie bezĂŒglich dieser Determinanten, könnte dazu beitragen das langfristige Outcome deutlich zu verbessern.