Doctoral Thesis
Zielsetzung dieser Arbeit war die Herausarbeitung der morphologischen Besonderheiten und wirksamer Faktoren bei der Entwicklung des Sinus maxillaris von SpalttrĂ€gern beiderlei Geschlechts im Vergleich zu einer Referenzgruppe von NichtspalttrĂ€gern. DafuÌr wurde retrospektiv ein heterogenes Spaltkollektiv von 22 FĂ€llen kombinierter Lippen-Kiefer-Gaumen-Defekte, einer Lippen-Kiefer-Spalte und einer isolierten Gaumenspalte untersucht. Durch Altersanpassung wurde das Durchschnittsalter der Spaltgruppe von 9,27 auf 12 Jahre angehoben und so an das der Referenzgruppe (14,44 Jahre) angeglichen. Es wurden 23 Variablen der SchĂ€delbasis und des GesichtsschĂ€dels an eingescannten Fernröntgenseitenbildern und dreidimensionalen Rekonstruktionen von Oberkiefergipsmodellen digital vermessen. Der Mittelwertwertbestimmung, Korrelations- und Regressionsanalyse vorausgehend wurde durch eine Faktorenanalyse auf Basis der Interkorrelationen eine Gruppierung in die topographischen Areale Gaumen und Epipharynx â Sinus maxillaris â SchĂ€delbasisknickung und posteriorer GesichtschĂ€del erreicht, die unter Hinzunahme weiterer Variablen zu den jeweiligen Faktoren maximale Varianz aufklĂ€ren konnte. Die signifikant niedrigen Mittelwerte nahezu aller GaumenmaĂe am Gipsmodell und FRS geben dabei das Bild eines in anterioposteriorer Richtung verkuÌrzten Schmalkiefers, der durch einen möglicherweise weiter posterioren Einbau den posterior angrenzenden, signifikant verkleinerten Epipharynx einengt. Die signifikant verkuÌrzte Obergesichtshöhe macht das vertikale Entwicklungsdefizit der Spaltmaxilla erkennbar. Zahlreiche korrelative Beziehungen zu SchĂ€delmaĂen bei Ă€hnlichem linearen Wachstumsmuster wie in der Referenzgruppe markieren die starke Einbindung des Spaltgaumens in den uÌbrigen SchĂ€del. Die gemessenen FlĂ€chen des Sinus maxillaris scheinen sich beim SpalttrĂ€ger nur hinsichtlich der signifikant geringeren GröĂe, nicht aber in Bezug auf die Integration in den SchĂ€del zu unterscheiden. Diese ist in beiden Gruppen auf den korrelativen Bezug zur verkleinerten vorderen SchĂ€delbasislĂ€nge beschrĂ€nkt. Auch in der linearen Regressionsanalyse Ă€hnelt das Wachstumsmuster dem der Referenzgruppe. Die gesamte und vordere SchĂ€delbasislĂ€nge der Spaltgruppe zeigte sich signifikant, die hintere SchĂ€delbasislĂ€nge (KlivuslĂ€nge) nichtsignifikant kuÌrzer als die der Referenzgruppe. Es lĂ€sst sich kein signifikanter Unterschied hinsichtlich der Abknickung der SchĂ€delbasis Spalt- und NichtspalttrĂ€gern bestĂ€tigen. Die im signifikant gröĂeren Basionwinkel ausgedruÌckte clockwise rotation der Gaumenebene zur Klivusebene als MaĂ fuÌr eine verkuÌrzte hintere Obergesichtshöhe ist möglicherweise bedeutsam fuÌr die Ausdehnung und das Wachstum des Sinus maxillaris. Insgesamt erscheint die SchĂ€delbasis sagittal verkuÌrzt, aber ohne Wachstumsdefizite. Die Relationen zu uÌbrigen SchĂ€delstrukturen wie dem Obergesicht, dem Sinus maxillaris und dem Gaumen sind grundsĂ€tzlich gegeben. Die mit der Faktorenanalyse gebildeten topographischen DomĂ€nen des Gesamtdatensatzes reduzierten sich im Gruppenvergleich auf den nasomaxillĂ€ren Komplex und damit auf das primĂ€r von der Spaltbildung beeinflusste Gebiet. Im Ergebnis der abschlieĂenden Diskriminanzanalyse stellten sich nach Altersanpassung die SchluÌsselvariablen GaumenlĂ€nge, FlĂ€che des Sinus maxillaris und des Epipharynx am FRS sowie die zweidimensionale Gaumenbreite auf Höhe des 1. PrĂ€molaren am Gipsmodell als so bedeutend fuÌr die Zuordnung SpalttrĂ€ger/NichtspalttrĂ€ger dar, dass sich uÌber sie anhand der Diskriminanzfunktion ein unbekannter Fall eindeutig zuordnen lieĂe. Zur ĂberpruÌfung der in den Falldaten enthaltenen InformationsqualitĂ€t wurde die vorhergesagte mit der tatsĂ€chlichen Gruppenzugehörigkeit verglichen und dabei in der Spaltgruppe keine Abweichung sichtbar. Um zukuÌnftig Aussagen uÌber den Einfluss der einzelnen Spaltformen, GeschlechtsspezifitĂ€ten und verschiedener Behandlungskonzepte auf die AusprĂ€gung und Morphologie des Sinus maxillaris in allen Dimensionen sowie den Einfluss der KörpergröĂe auf die beschriebenen MaĂe der SchĂ€delbasis und des nasomaxillĂ€ren Komplexes beim SpalttrĂ€ger treffen zu können, sollten in longitudinalen Studien unter Verwendung dreidimensionaler bildgebender Verfahren möglichst groĂe Spaltkollektive mit einer altersangepassten Referenzgruppe untersucht werden.
Vergleichende Untersuchungen ĂŒber einen möglichen Einfluss von Lippen-Kiefer-Gaumenspalten (LKGS) auf die Morphologie des Sinus maxillaris haben zu widersprĂŒchlichen Ergebnissen gefĂŒhrt. Die Durchsicht der Literatur hat gezeigt, dass sich diese Studien vorwiegend auf postnatale Entwicklungsstadien der Kieferhöhlen beschrĂ€nken. Untersuchungen zur Entwicklung des fetalen Sinus maxillaris sind in der Literatur nur sporadisch zu finden. In der vorliegenden Arbeit wurde deshalb der Einfluss Procarbazin-induzierter Lippen-Kiefer-Gaumenspalten auf die Entwicklung des fetalen Sinus maxillaris und der knorpeligen Nasenkapsel von Rattus norvegicus untersucht. Vor dem Hintergrund, der in der Literatur schon vielfach beschriebenen spaltbedingten Wachstumsretardierung der knorpeligen Nasenkapsel und in Anbetracht der Tatsache, dass die Anlage der Kieferhöhle bereits ab dem 16. Entwicklungstag (post conceptionem) innerhalb der Nasenkapsel erfolgt (primĂ€re Pneumatisation), könnte also ein Einfluss spaltbedingt verĂ€nderter Wachstumsmuster der knorpeligen Nasenkapsel auf die Morphologie des fetalen Sinus maxillaris angenommen werden. Die Untersuchungen erfolgten an histologischen Serienschnitten von 29 Köpfen mĂ€nnlicher Rattenfeten (21. Entwicklungstag) mit und ohne LKGS. Die Darstellung und Berechnung des Volumens der Kieferhöhlen erfolgte mit Hilfe eines 3D-Rekonstruktionsprogamms. DarĂŒber hinaus wurden die Höhe und Breite der knorpeligen Nasenkapsel sowie die Höhe des knorpeligen Nasenseptums vermessen, um dann eine Beurteilung hinsichtlich möglicher Wechselbeziehungen zwischen der knorpeligen Nasenkapsel und dem sich in ihr entwickelnden Sinus maxillaris vornehmen zu können. Die Ergebnisse dieser Untersuchung haben gezeigt, das Procarbazin-induzierte LKGS zu signifikanten Wachstumsretardierungen der knorpeligen Nasenkapsel und des Nasenseptums fĂŒhren, ein Einfluss auf die Morphologie des fetalen Sinus maxillaris war jedoch nicht nachweisbar. Daraus lĂ€sst sich schlussfolgern, dass spaltbedingt verĂ€nderte Wachstumsmuster der knorpeligen Nasenkapsel keinen Einfluss auf die primĂ€re Pneumatisation des Sinus maxillaris haben. DarĂŒber hinaus deuten die Untersuchungsergebnisse darauf hin, dass die prĂ€natale Entwicklung der Kieferhöhle nach einem eigenen Wachstumsmuster ablĂ€uft.
Die vorliegende Arbeit gibt Aussage ĂŒber die Ergebnisse anamnestischer, klinischer und röntgenologischer Untersuchungen an 33 Patienten mit unilateraler Lippen-Kiefer- Gaumen- Segelspalten. Sie wurden durch das Operationsteam der Mund-, Kiefer-, Gesichtschirurgie in Greifswald durch eine sekundĂ€re oder tertiĂ€re Osteoplastik versorgt und auch gleichen Ortes kieferorthopĂ€disch und zum Teil implantologisch behandelt. Aus den Ergebnissen geht hervor, dass die Tendenz zur Resorption des augmentierten Knochens durch das Vorhandensein oder Fehlen des spaltseitigen seitlichen Schneidezahns stark beeinflusst wird. Fehlt dieser und ist die entstandene LĂŒcke kieferorthopĂ€disch oder durch eine implantatgetragene Krone verschlossen, so ist dies prognostisch gĂŒnstiger, als der LĂŒckenschluss durch eine BrĂŒcke. Die Mundhygiene hat keinen direkten Einfluss auf den Erhalt des Transplantates. Die Untersuchung wirft die Frage auf, ob der LĂŒckenschluss die Mundhygiene beeinflusst oder die Art des LĂŒckenschlusses abhĂ€ngig von der Mundhygiene gemacht wird. Vergleicht man Ergebnisse aus der Literatur mit den eigenen, stellt man fest, dass es unzĂ€hlige, schwer differenzierbare Faktoren gibt, die den Erfolg der Osteoplastik ausmachen. Fest steht, dass die interdisziplinĂ€re Zusammenarbeit unabdingbar fĂŒr die bestmögliche Versorgung des Patienten ist. Die Implantologie stellt dabei ein richtungweisendes Fachgebiet dar.