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Die zentralen Fragestellungen dieser Arbeit lauten: (I) „Hat sich die Prävalenz depressiver Symptome zwischen 1997–2001 und 2008–2012 geändert?“, (II) „Ist eine erhöhte Anzahl an Besuchen bei einem Psychotherapeuten oder Psychiater auszumachen?“ und (III) „Wie veränderte sich die Prävalenz der Einnahme von Antidepressiva?“
Die Untersuchung dieser Fragen erfolgte mithilfe zweier Bevölkerungsstichproben in Ost-Mecklenburg-Vorpommern. Dabei handelt es sich um die SHIP-0 (1997–2001; n=4.308) und die SHIP-TREND (2008–2012; n=4.420). Um die Prävalenz der depressiven Symptomatik zu messen, wurden mehrere Fragen aus dem CID-S ausgewertet. Da in beiden Studien auch die Arztbesuche der Teilnehmer erfasst wurden, konnte somit gleichzeitig die Prävalenz der Besuche bei einem Psychotherapeuten oder Psychiater registriert werden. Im Rahmen der zwei Studien wurden auch die ATC-Codes der Medikamente, welche die Studienteilnehmer einnahmen, aufgezeichnet. Durch dieses Verfahren konnte die Prävalenz der Einnahme von Antidepressiva erfasst werden.
Bei der Prävalenz depressiver Symptome konnte ein Anstieg von 13,2 % (SHIP-0) auf 27,7% (SHIP-TREND) verzeichnet werden. Die Inanspruchnahme von psychiatrischen oder psychotherapeutischen Leistungen stieg ebenfalls an. Hier konnte eine Erhöhung der Prävalenz von 2,8 % in der SHIP-0 auf 5,2 % bei SHIP-TREND festgestellt werden. Auch die dritte Fragestellung zur Einnahme von Antidepressiva in der Gesamtbevölkerung weist eine Erhöhung der Werte von SHIP-0 im Vergleich zu SHIP-TREND auf, denn der Wert stieg von 1,8 % auf 5,2 %.
Aus diesen Daten ist zu schlussfolgern, dass es in der allgemeinen Bevölkerung zu einem massiven Anstieg depressiver Symptomatik gekommen ist. Somit ist zu vermuten, dass auch ein vermehrtes Aufkommen von Depressionen zu verzeichnen ist. Dieser Fakt wird von den Ergebnissen der Fragen II und III untermauert, da hier ein Anstieg der Behandlungsmaßnahmen von Depressionen festgestellt werden konnte.
Die häufigste primäre Kopfschmerzerkrankung ist der im Vergleich zur Migräne wenig untersuchte Spannungskopfschmerz (engl: tension-type headache). Als pathophysiologische Ursachen werden emotionale Störungen, Stress und Depressionen vermutet. In klinischen Studien wurde mehrfach eine Komorbidität von Spannungskopfschmerzen mit Depressionen und Angststörungen gefunden. Epidemiologische, bevölkerungsbezogene Untersuchungen zur Assoziation von Depressionen und Angststörungen zum Spannungskopfschmerz sind hingegen rar. Ziel der vorliegenden Arbeit war es auf der Grundlage einer bevölkerungsbezogenen breitangelegten Studie eine Assoziation von Symptomen der Depressionen und Angststörungen zu Spannungskopfschmerzen zu prüfen. Die Arbeit basiert auf der ersten Folgeuntersuchung der SHIP (Study of Health in Pomerania) mit 3300 Probanden, deren Daten zwischen 2002 und 2006 erhoben wurden. Als Vergleichsgrundlage wurde die Prüfung einer Assoziation der Migräne zu Depressionen und Angststörungen herangezogen. Da der Spannungskopfschmerz in chronischer und episodischer Form auftritt, und es Hinweise auf kopfschmerzartunabhängige Zusammenhänge von psychischen Faktoren und chronischen Kopfschmerzen gibt, wurde der Aspekt der Kopfschmerzchronizität ebenfalls mitbetrachtet. Als potentielle Confounder gingen soziodemographische Faktoren, Variablen chronischer Erkrankungen, Variablen des Alkohol- und Tabakkonsums sowie Symptome der Depressionen und der Angststörungen untereinander in diese Arbeit ein. Für den Spannungskopfschmerz zeigte sich keine unabhängige Assoziation von Symptomen der Depressionen oder Angststörungen, wohingegen sich für die Migräne (OR: 1,8 (95%-KI: 1,15 - 2,83)) und den chronischen Kopfschmerz (OR: 3,06 (95%-KI: 1,34 - 6,98)) eine unabhängige Assoziation zu depressiven Symptomen darstellen ließ. Allerdings fand sich in einem zusätzlich berechneten logistischen Regressionsmodell des Spannungskopfschmerzes ein unabhängig signifikant erhöhtes OR der Variable „Angststörungen“ (OR: 1,3 (95%-KI: 1,04 – 1,62)), wenn nicht für Depressionen, aber für alle anderen potentiellen Confounder adjustiert wurde. Dieses Ergebnis führt vor dem Hintergrund einer anzunehmenden hohen Komorbidität von Angst- und Depressionsstörungen zur Annahme, dass ein erhöhtes Risiko für Spannungskopfschmerzen bei Vorliegen von „nicht unabhängig voneinander bestehenden angst- und depressionsbezogenen Symptomen“ bestehen könnte. Ob dies tatsächlich nachweisbar ist, müssen weitere Untersuchungen klären. Für einen Fortschritt im ätiologischen Verständnis primärer Kopfschmerzerkrankungen, insbesondere des Spannungskopfschmerzes, sollten zudem zukünftig longitudinale Studien eine wesentliche Rolle spielen.