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Die Parodontitis ist neben der Karies die häufigste Infektionskrankheit beim Menschen. In der Arbeit wurde nach Verbindungen zwischen genetischen Risikofaktoren, systemischen Entzündungen und der Parodontitis gesucht. Aus der Summe der Arbeit ist erkenntlich, dass der Interleukin-1 Composite Genotyp bei einem repräsentativen Bevölkerungsquerschnitt eher ein Kofaktor ist, als ein eigenständig wirkender kausaler Faktor. Dieser modifizierende Kofaktor beeinflusst auch die wechselseitige Assoziation zwischen systemischen Entzündungsmarkern und der Parodontitis. Gerade diese Interaktion der Parodontitis mit systemischen Entzündungen ist bisher wenig erforscht und stellt einen zusätzlichen Risikofaktor der Parodontitis dar. Im Ergebnis der Arbeit auf der Grundlage der SHIP-0 Studie finden sich starke Hinweise auf eine protektive Wirkung des MPO Polymorphismus. Außerdem zeigt der CRP-Level einen starken Einfluss auf das Ausmaß der Parodontitis. sodass der Nachweis einer Assoziation zwischen lokaler Entzündung und systemischer Entzündung nahe liegt. Des Weiteren sind nicht alle möglichen Faktoren für die Entstehung einer Parodontitis bekannt, sodass auch hier noch weiterer Forschungsbedarf besteht. Aber schon diese neuen Erkenntnisse über Kofaktoren und über das komplexe Zusammenspiel derselben - vor allem aufgrund der gefundenen Interaktionen zwischen der Parodontitis, systemischen Entzündungen und genetischen Risikomarkern - rückt die Parodontitis mehr in den Focus der Medizin und führt dazu, dass die Parodontitis nicht losgelöst als „lokales Entzündungsgeschehen" ohne Wirkung auf den restlichen Organismus betrachtet darf.
Zusammenfassung In der basalen Populationsstudie SHIP-0 (Study of Health in Pomerania) zeigten sich Assoziationen zwischen dem Zustand parodontaler Gewebsschädigung und dem Magnesiumserumspiegel. Außerdem ließen sich in SHIP-0 bei Einnahme magnesiumhaltiger Medikamente auch positive Wirkungen auf den Zahnhalteapparat erkennen. Ziel dieser Arbeit sollte es daher sein, diese Tendenzen im Rahmen der 5-Jahres-Folgestudie SHIP-1 zu verifizieren. Zu diesem Zwecke wurden die an SHIP-1 teilnehmenden Probanden zur Beziehung ihres basalen Magnesium/Kalzium-Verhältnisses zur Progression ihres parodontalen Zustands untersucht. Folgende Ergebnisse wurden erzielt: 1. Bei einem hohen Magnesiumserumspiegel findet eine Verlangsamung der parodontalen Gewebedestruktion statt. 2. Es bestehen deutliche Dosis-Wirkungsbeziehungen des Magnesium/Kalzium-Verhältnisses im Serum zum parodontalen Status. 3. Der Magnesium-Effekt tritt unabhängig von vorhandenen zusätzlichen Risikofaktoren auf. Dies betrifft vor allem Bildung, Diabetes, Rauchen und das Alter. 4. Die Kombination aus weiblichem Geschlecht und Diabetes ist die wichtigste Ursache für ein geringes Magnesium/Kalzium-Verhältnis. 5. Ein hohes Gesundheitsbewusstsein, gekennzeichnet durch eine hohe Bildung und Nichtrauchen, ist mit einem hohen Magnesium/Kalzium-Status assoziiert. 6. Es nahmen von 4290 Probanden der SHIP-0 nur noch 3300 an SHIP-1 teil, deren Risikofaktorenverteilung sich verändert hat. Das follow-up ist daher nicht mehr bevölkerungs-repräsentativ, da besonders risikobelastete Patienten fernblieben. Diese Arbeit gibt damit einen Ausblick auf die möglichen Wirkungen des Magnesium/Kalzium-Verhältnisses und dessen Einfluss auf den Zahnhalteapparat. Ob sich durch Magnesiumeinnahme ein positiver Effekt auf die parodontale Situation erreichen lässt, muss durch weitere Untersuchungen geklärt werden.
Parodontitis als eine Volkskrankheit ist die Entzündung des Zahnhalteapparates. Sie wird durch parodontalpathogene Mikroorganismen im Biofilm der Mundhöhle verursacht und kann unbehandelt über zunehmenden Attachmentverlust und Knochenabbau bis hin zum Zahnverlust führen. In der Ätiologie ist die bakterielle Plaque der entscheidende Auslöser, während Verlauf und Schwere durch die Wirtsreaktivität und modulierende Faktoren (Genetik, systemische Vorerkrankungen, Verhaltensfaktoren) determiniert werden. Durch Bestandteile und Stoffwechselprodukte der in der Plaque enthaltenden Bakterien wird die Immunantwort des Wirtes initiiert. Infolgedessen zerstören freigesetzte proinflammatorische Mediatoren das umgebende Stützgewebe und den Knochen.
Auch das proinflammatorische Lipidmolekül Sphingosin-1-phosphat (S1P) scheint bei der Pathogenese der Parodontitis eine Rolle zu spielen. S1P ist an zahlreichen physiologischen Prozessen wie Zellproliferation, vaskulärer Barrierefunktion und Lymphozyten-Zirkulation beteiligt und beeinflusst pathologische Zustände wie beispielsweise das Entzündungsgeschehen und Osteoporose. Die zellulären Signalwege werden durch eine Familie von G-Protein-gekoppelten Rezeptoren (S1PR1 bis 5) gesteuert, wobei die S1P Ausgangskonzentrationen und die unterschiedliche Rezeptoren-Expression in den Geweben entscheidend sind. Verschiedene Studien deuten auf einen Zusammenhang zwischen Parodontitis und S1P hin: Durch Eingriff in den Knochenmetabolismus fördert S1P insgesamt die Knochen-Resorption und steigert die Expression von Zytokinen in humanen gingivalen Epithelzellen.
Im Rahmen dieser Arbeit wurde basierend auf der randomisierten Bevölkerungsstudie Study of Health in Pomerania (SHIP) untersucht, ob die individuellen S1P-Serumkonzentrationen mit der Parodontitis-Prävalenz in der SHIP-Trend-Kohorte assoziiert sind. Darüber hinaus wurden die individuellen S1P Konzentrationen mit verschiedenen Parodontitis-Variablen (Taschentiefe, klinischer Attachmentverlust, Anzahl der Zähne) und mit klassischen systemischen Entzündungsparametern (hoch-sensitives C-reaktives Protein, Leukozytenzahl, Fibrinogen) korreliert. Außerdem wurde anhand von Gewebeschnitten untersucht, inwiefern Enzyme des S1P-Stoffwechsels im Parodontalgewebe exprimiert sind und ob sich deren Expression im entzündeten Gewebe verändert.
Sowohl höhere Werte der untersuchten Parodontitis-Variablen als auch höhere Werte der untersuchten Entzündungsmarker waren konsistent mit höheren S1P-Konzentrationen assoziiert. S1P stellt somit einen potentiellen Biomarker für Parodontitis dar und ist möglicherweise in der Lage, das lokale parodontale Entzündungsgeschehen als systemische Konzentrationserhöhung im Serum zu reflektieren.
Kein Zusammenhang konnte zwischen Karies-Variablen und S1P gefunden werden, wodurch die Spezifität der Assoziation zwischen den Parodontitis-Variablen und S1P hervorgehoben wird.
Die Enzyme des S1P-Stoffwechsels waren sowohl in gesunden Gewebeproben als auch im Gewebe von parodontal erkrankten Probanden nachweisbar. Allerdings waren die Enzyme Sphingosin-Kinase 1 und S1P-Lyase im Gewebe von Probanden mit Parodontitis hochreguliert und zunehmend auch in anderen Zelltypen exprimiert, sodass womöglich ebenso die lokalen S1P-Gewebekonzentrationen bei Parodontitis erhöht sind.
Basierend auf den in dieser Arbeit gewonnenen Erkenntnissen und den bereits existierenden Studien zum Thema ist ein Zusammenhang zwischen Parodontitis und S1P anzunehmen. Bei einer Parodontitis liegen sowohl ein lokal verstärkter S1P-Metabolismus im Gewebe als auch systemisch erhöhte S1P-Konzentrationen im Serum vor.