Das Speichelperoxidase-System nimmt in der Gruppe der unspezifischen Abwehr eine besondere Stellung ein, indem es das orale Mikrobiom reguliert. Damit ist das Speichelperoxidase-System eine gute Grundlage fĂŒr die Entwicklung eines sicheren und wirkungsvollen Mundpflegeproduktes. Die erstmals 1943 aus der Kuhmilch isolierte Lactoperoxidase weist in Struktur und ReaktivitĂ€t eine hohe Ăhnlichkeit zur Speichelperoxidase auf. Beide Peroxidasen vermitteln die Oxidation von Thiocyanat (SCNË) in das antibakteriell sehr effektive Hypothiocyanit (OSCNË), wobei Wasserstoffperoxid (HâOâ) als Sauerstoffdonator fungiert.
Im Rahmen des Verbundforschungsprojekts âLarge Protection of Oral Healthâ wurden Mundhygienelutschdragees als ErgĂ€nzung zur mechanischen Zahnreinigung entwickelt und getestet.
Zur Untersuchung der Wirksamkeit der entwickelten LPO-Dragees wurde eine randomisierte, doppelt verblindete Studie im 4-fach Cross-over Design angewendet. Alle Probanden benutzten zeitlich versetzt zwei Lutschdragees, die LPO und SCNË mit unterschiedlichen HâOâ Gehalten (Dragee B: 0,083 % und Dragee C: 0,04 %) enthielten, ein Placebo-Dragee als Negativkontrolle und eine handelsĂŒbliche MundspĂŒllösung (ListerineÂź Total Care, Johnson & Johnson, Germany) als Positivkontrolle in zufĂ€lliger Reihenfolge. Das Placebo und die zwei Lutschdragee-Varianten waren hinsichtlich Aussehen, Geschmack und der Darreichungsform nicht voneinander zu unterscheiden. Zwischen den Anwendungen der verschiedenen PrĂ€parate lag eine Wash-out-Phase von jeweils 10 Tagen.
Ziel der Studie war, die Auswirkungen der entwickelten Lutschdragees auf die Plaqueneubildung, S. mutans, Lactobacillen und die Gesamtkeimzahl zu untersuchen. ZusĂ€tzlich wurden folgende chemische Parameter ionenchromatographisch bestimmt: Thiocyanat (SCNË), Hypothiocyanit (OSCNË), Nitrat (NOâË) und Nitrit (NOâË).
Beide PrĂŒfdragees fĂŒhrten im Vergleich zum Placebo zu einer statistisch signifikanten Hemmung der Plaqueneubildung, die aber unter der der Positivkontrolle lag. Dragee B hatte eine gröĂere statistisch signifikante Hemmung von S. mutans gegenĂŒber Dragee C und dem Placebo. Bei den Lactobacillen zeigte das Dragee C eine statistisch signifikant bessere Wirkung als die Positivkontrolle, Dragee B und dem Placebo. Sowohl die Test-Dragees als auch beide Kontrollen hatten keinen statistisch signifikanten Einfluss auf die Gesamtkeimzahl.
Im Speichel war ein erhöhter SCNË Gehalt bei der Anwendung der PrĂŒfdragees festzustellen, was vermutlich mit dem SCNË Gehalt des Dragees im Zusammenhang steht. Hingegen wurde keine Erhöhung des hochreaktiven OSCNË zum Zeitpunkt der Messung am 5. Tag beobachtet. Das Nitrat/Nitrit VerhĂ€ltnis deutet daraufhin, dass die Anzahl der kardiovaskulĂ€r positiv einzustufenden nitratreduzierenden Bakterien durch Dragee B statistisch signifikant höher war als bei der Anwendung von ListerineÂź.
Insgesamt kann festgestellt werden, dass durch die Anwendung eines Lutschdragees mit den Komponenten des Lactoperoxidase-Systems bezĂŒglich der Hemmung der Plaqueneubildung und der Proliferation von kariogenen Keimen ein Nutzen fĂŒr den Anwender zu erzielen ist und die gewĂ€hlte Applikationsform sich gut in Alltag integrieren lĂ€sst.
Hintergrund: Medizinische Untersuchungs- und Operationshandschuhe dienen dazu, bei minimaler BewegungseinschrĂ€nkung das Kontaminationsrisiko sowohl des TrĂ€gers als auch des Patienten zu reduzieren. Aufgrund der Möglichkeit von Latexallergien wird zurzeit verstĂ€rkt nach Alternativen zum Naturprodukt Latex gesucht. Aus diesem Grund werden verstĂ€rkt synthetische Materialien wie Nitril im Gesundheitswesen eingesetzt. Derzeit ist jedoch nicht bekannt, ob die unterschiedlichen physikalischen Eigenschaften der verschiedenen Materialien im Fall einer manipulationsbedingten Mikroperforation einen Einfluss auf die bakterielle Barrieretransmigration haben. Deshalb sollten Untersuchungshandschuhe aus unterschiedlichen Materialien einer vergleichenden ĂberprĂŒfung der Barrierefunktion nach experimenteller Perforation unterzogen werden. Methoden: Es wurden Untersuchungshandschuhe aus Latex (3 Modelle), aus Nitril (4 Modelle) und Neopren(komposit) (2 Modelle) von verschiedenen Herstellern geprĂŒft.Des Weiteren wurden jeweils ein Operationshandschuh aus Latex mit und ohne CHG sowie ein synthetischer Operationshandschuh getestet. Die Materialien wurden unter standardisierten Verfahren perforiert und anschlieĂend die FlĂŒssigkeitsretention sowie die tatsĂ€chliche bakterielle Transmigration in AbhĂ€ngigkeit von einer standardisierten dynamischen mechanischen Dehnung gemessen. ZusĂ€tzlich wurden die Handschuhmodelle auf ihre ElastizitĂ€t untersucht. Ergebnisse: Im Fall einer Perforation zeigte sich, dass Untersuchungshandschuhe aus Nitril und reinem Neopren gegenĂŒber denen aus Latex und Neoprenkomposit in der Regel ein schlechteres RĂŒckhaltevermögen fĂŒr Bakterien sowie fĂŒr FlĂŒssigkeiten besitzen. Ebenfalls benötigten die Nitrilhandschuhe fĂŒr die Elongation die meiste Kraft und zeigten die geringste maximal mögliche Dehnung. Aufgrund signifikanter Unterschiede der Modelle innerhalb eines Materialtyps ist jedoch die genaue Betrachtung eines spezifischen Modells wichtig. Allgemein besaĂen die untersuchten Operationshandschuhe ein hohes bakterielles RĂŒckhaltevermögen. Vor allem das Modell aus thermoplastischem Elastomer war allen anderen Modellen auch bezĂŒglich ElastizitĂ€t und maximaler Dehnung ĂŒberlegen. Fazit: Aus den Daten lĂ€sst sich ableiten, dass die bakterielle Barrieretransmigration mit der Steifigkeit oder ElastizitĂ€t des Handschuhmaterials korreliert. Aus diesem Grund haben in der Regel aus Latex hergestellte Handschuhe im Fall einer Perforation eine höhere Schutzwirkung. In letzter Konsequenz sollte aufgrund einer im Krankenhausalltag möglichen manipulationsbedingten Mikroperforation immer eine AbwĂ€gung zwischen der Gefahr einer Latexallergie und dem erforderlichen Schutz vor Infektionen durchgefĂŒhrt werden.
Ziel der Dissertation war die Untersuchung der physiologischen Adaptation von Staphylococcus aureus an Vancomycin und Linezolid mit Hilfe der Proteom-Analytik und die Entwicklung neuer Methoden fĂŒr Proteom-Untersuchungen. FĂŒr die Untersuchung der Vancomycinstress-Antwort im ersten Teil der Doktorarbeit wurden alle vier Subproteome mit insgesamt sechs verschiedenen Methoden untersucht. Es konnte mehr als die HĂ€lfte des theoretischen Proteoms quantifiziert werden, die Arbeit ist damit eine der umfassendsten Proteom-Studien, die bisher in S. aureus durchgefĂŒhrt wurden. Es wurden verschiedene Enzyme der Biosynthese von AminosĂ€uren, die im Peptidoglykan-VorlĂ€ufer-Pentapeptid vorkommen, nach Vancomycin-Stress in signifikant erhöhter Menge nachgewiesen. Das ist ein Hinweis auf eine erhöhte Peptidoglykan-Synthese, wie sie auch in S. aureus StĂ€mmen mit verminderter Vancomycin-SensitivitĂ€t beobachtet werden kann. Die Abundanz SaeRS-kontrollierter Virulenzfaktoren war nach Vancomycin-Stress vermindert. In der Vancomycin-Studie wurden extrazellulĂ€re Proteine mit einer TrichloressigsĂ€ure (TCE)-FĂ€llung gefĂ€llt, diese Methode ist in der Proteom-Analytik weit verbreitet. Die TCE-FĂ€llung hat verschiedene Nachteile. Nach der FĂ€llung muss das entstandene Pellet mehrfach gewaschen werden, hierbei kommt es zu Verlusten und die Reproduzierbarkeit sinkt. Aufgrund dieser Nachteile wurde im zweiten Teil der Dissertation ein neues Protokoll zur Anreicherung verdĂŒnnter Proteine entwickelt. Grundlage war das kommerziell erhĂ€ltliche Festphasenextraktions-System StrataClean, das ursprĂŒnglich zur Entfernung von Proteinen aus PCR-AnsĂ€tzen entwickelt wurde. Im Rahmen der Doktorarbeit wurde die StrataClean-Extraktion fĂŒr die gel-freie Proteom-Analytik optimiert. Der wichtigste Schritt war eine PrĂ€inkubation der StrataClean-Partikel in SalzsĂ€ure, um Kontaminationen an den Partikeln quantitativ abzubauen. Mit dem optimierten Protokoll konnten Proteine auch aus sehr stark verdĂŒnnten Lösungen (20 ”g Protein in 200 ml FlĂŒssigkeit) mit hoher Effizienz reproduzierbar angereichert werden. Diese hoch-effiziente Anreicherung ist mit keinem anderen etablierten Protokoll möglich. Zudem konnte gezeigt werden, dass die StrataClean FĂ€llung Proteine unabhĂ€ngig von ihren biophysikalischen Eigenschaften anreichert. Daher ist die StrataClean-Aufreinigung auch fĂŒr absolute QuantifizierungsansĂ€tze interessant. Als weitere Anwendung können StrataClean-gebundene Proteine fĂŒr mehr als 10 Tage bei Raumtemperatur gelagert werden. Das ermöglicht den Versand von Proteinproben auf dem normalen Postweg ohne aufwendige KĂŒhlsysteme. Im dritten Teil der Doktorarbeit wurde die Linezolid-Adaptation von S. aureus USA300 analysiert. In Wachstumsversuchen konnte gezeigt werden, dass nach Linezolid-Zugabe zu exponentiell wachsenden Zellen bei OD 0.5 die Wachstumsrate sofort abnahm. Bei OD 1.6 â 2 trat ein temporĂ€rer Wachstumsarrest auf, dessen Dauer von der zugegebenen Linezolid-Konzentration abhing. Nach diesem Wachstumsarrest, der bis zu 15 Stunden anhielt, fingen die Zellen wieder an sich zu teilen. Es konnte gezeigt werden, dass die Linezolid-Konzentration im Medium wĂ€hrend des kompletten Versuches konstant blieb. Die Hauptanpassung an Linezolid war eine verstĂ€rkte Expression der Gene ribosomaler Proteine und eine daraus folgende erhöhte Akkumulation der ribosomalen Proteine. Zudem konnte eine generelle Abnahme der Menge integraler Membranproteine und sekretierter Proteine festgestellt werden, auch wenn die Expression der codierenden Gene zunahm. Mittels elektronenmikroskopischer Analysen konnte gezeigt werden, dass die Zellen nach Linezolid-Zugabe deutlich gröĂer wurden. Als weitere morphologische Auswirkung von Linezolid-Stress war die Dicke der Zellwand um den Faktor vier erhöht und es wurden Defekte in der Zellteilung beobachtet. Insbesondere nach Wiederaufnahme des Wachstums gab es zahlreiche zellulĂ€re Strukturen, die mehrere, zum Teil falsch positionierte, Septen hatten. Mit Fluoreszenz-Mikroskopie wurde bewiesen, dass sich das Chromosom, das im normalen Wachstum das Cytosol ausfĂŒllt, nach Linezolid-Zugabe komprimierte und den Kontakt zur Membran verlor. Eine Verbindung zwischen Chromosom und Membran wird durch Transertions-Komplexe gebildet. Transertion bezeichnet die simultane Transkription, Translation und Translokation integraler Membranproteine, dabei werden Komplexe aus Chromosom, mRNA, Ribosom, dem entstehendem Protein und den membranstĂ€ndigen SEC-Proteintransportern gebildet. Aus der Kombination der Ergebnisse wurde geschlossen, dass durch die Linezolid ausgelöste Translations-Hemmung die Transertionskomplexe aufgelöst werden und dadurch die Protein-Translokation vermindert wird. Auch die Defekte in der Zellteilung können so erklĂ€rt werden, da so das Chromosom eine Struktur-gebende Funktion fĂŒr die Zellteilung verliert. Bisher war nicht vollstĂ€ndig bekannt, wie die strukturelle Ordnung in der Zellteilung von Staphylokokken entsteht.
Die Synthese und der Abbau von mikrobieller Biomasse sind fundamentale biologische Prozesse auf unserer Erde. Im Gegensatz zu zellulĂ€ren Syntheseleistungen wurde der Eliminierung von mikrobieller Biomasse allerdings bisher weniger Aufmerksamkeit geschenkt. Die Auflösung von Bakterienzellen wird als Bakteriolyse bezeichnet. Innerhalb von natĂŒrlichen Bakteriengemeinschaften wird die Bakteriolyse eingeleitet durch verschiedene mikrobielle Prozesse und wird schlieĂlich durch die Degradation komplexer bakterieller Zellwandbausteine bedingt. Sie ist ein fundamentaler Vorgang zur Energie- und NĂ€hrstoffversorgung, sowohl im Rahmen der Saprotrophie, also dem Abbau von toten Bakterienzellen, als auch der Bakterivorie, der PrĂ€dation an lebenden Bakterien. Der Prozess der Bakteriolyse ist bei beiden ErnĂ€hrungstypen abhĂ€ngig von extrazellulĂ€ren Enzymen und bioaktiven Metaboliten, die den enzymatischen Angriff ermöglichen oder verstĂ€rken und letztlich zur Zerstörung des Zellmaterials beitragen. Bakteriolytische Substanzen und Metaboliten besitzen eine hohe Anwendungsrelevanz, beispielsweise fĂŒr die ZurĂŒckdrĂ€ngung von Bakterien in vielen verschiedenen Bereichen des Lebens und werden in Anbetracht der weltweit steigenden Verbreitung von Krankheits- und Schaderregern sowie von Antibiotikaresistenzen dringend benötigt. Um Zugang zu neuen antimikrobiellen Substanzklassen zu erhalten, wurden im Rahmen der vorliegenden Arbeit 35 stark bakteriolytische Bakterienisolate aus Brackwasser gewonnen und charakterisiert, darunter 31 von verschiedenen Probenahmeorten der Ostsee und 4 aus dem brackwasserhaltigen Bereich des Balchaschsees in Kasachstan. Alle bakteriolytischen Isolate wurden morphologisch und physiologisch charakterisiert. Eine Auswahl bakteriolytischer StĂ€mme wurde zusĂ€tzlich taxonomisch identifiziert. Von den bakteriolytischen Umweltisolaten aus der Ostsee konnten zehn StĂ€mme eindeutig den vier Bacillus-Arten B. pumilus, B. subtilis, B. megaterium und B. licheniformis zugeordnet werden (Brack et al. 2013). Unter den Isolaten aus dem Balchaschsee wurden drei StĂ€mme als Pseudomonas veronii und ein Stamm als Paenibacillus apiarius identifiziert. Die Isolate aus dem Balchaschsee zeichneten sich durch eine starke LyseaktivitĂ€t gegenĂŒber lebenden Zellen von Pseudomonas putida, Escherichia coli, Micrococcus luteus und Arthrobacter citreus aus und waren zum Teil in der Lage, auch autoklavierte Zellen dieser Arten zu degradieren. FĂŒr das Isolat Paenibacillus apiarius SBUG 1947 wurde nach Analyse von Wachstumskurven und elektronenmikroskopischen Aufnahmen eine besonders deutliche LyseaktivitĂ€t gegenĂŒber lebenden Zellen von A. citreus in FlĂŒssigkultur nachgewiesen (Brack et al. 2014c). In einem umfangreichen systematischen Screening ĂŒber die bakteriellen Isolate aus der Ostsee zeigten ausgewĂ€hlte Bacillus-StĂ€mme aller vier identifizierten Arten lytische AktivitĂ€ten gegenĂŒber lebenden Zellen von grampositiven und gramnegativen Bakterien der Arten Arthrobacter citreus, Micrococcus luteus und Pseudomonas putida sowie zum Teil gegenĂŒber Hefen wie Trichosporon mucoides. Diese und weitere Mikroorganismen wie Aeromonas sp., Bacillus subtilis, Chromobacterium violaceum, Citrobacter freundii, Enterobacter aerogenes, Proteus mirabilis, Pseudomonas aeruginosa und Serratia marcescens wurden in Form von autoklavierten und pasteurisierten Zellen ebenfalls durch die Bacillus-StĂ€mme lysiert (Brack et al. 2013). Das stark bakteriolytische Isolat B. pumilus SBUG 1800 zeigte zudem in FlĂŒssigkultur eine deutliche BakteriolyseaktivitĂ€t gegen pasteurisierte und lebende Zellen von A. citreus, wobei selbst ein geringes Inokulum von B. pumilus zu einer raschen Abtötung sowie Auflösung der Wirtszellen fĂŒhrte, wie in Wachstumsversuchen und mit Hilfe von elektronenmikroskopischen Aufnahmen gezeigt werden konnte. Die stĂ€rkste LyseaktivitĂ€t gegenĂŒber lebensfĂ€higen A. citreus-Zellen konnte nach 3,5 bis 4,5 Stunden der Inkubation in Co-Kultur mit verdĂŒnnter NĂ€hrbouillon beobachtet werden. Um den Bakteriolyseprozess genauer zu charakterisieren, wurden im Folgenden VerĂ€nderungen im extrazellulĂ€ren Metabolom und Proteom unter verschiedenen Kulturbedingungen untersucht. So wiesen die zellfreien KulturĂŒberstĂ€nde von B. pumilus SBUG 1800, coinkubiert mit pasteurisierten Zellen von A. citreus, nachweislich eine starke bakteriolytische AktivitĂ€t auf, was auf die Anwesenheit von extrazellulĂ€ren Lysefaktoren hindeutete. Diese lytischen Faktoren sollten mit Hilfe von analytischen Messmethoden nachgewiesen und biochemisch charakterisiert werden. Mittels gekoppelter Gaschromatographie-Massenspektrometrie (GC-MS) und FlĂŒssigkeitschromatographie-Massenspektrometrie (LC-MS) wurden im KulturĂŒberstand von B. pumilus SBUG 1800, inkubiert in Gegenwart von pasteurisierten Zellen von A. citreus, verschiedene 2,5 Diketopiperazine detektiert. Hierdurch gelang der erste wissenschaftliche Nachweis der Sekretion der Diketopiperazine Cyclo(-Ala-Pro), Cyclo(-Gly-Pro), Cyclo(-Val-Pro), Cyclo( Ile-Pro), Cyclo(-Leu-Pro), Cyclo(-Pro-Pro), Cyclo (-HyP-Pro), Cyclo (-Pro-Met) und Cyclo(-Phe-Pro) durch das Umweltisolat B. pumilus SBUG 1800 aus der Ostsee sowie auch durch den Laborstamm B. pumilus SBUG 1921 (auch B. pumilus Jo2). Beide StĂ€mme reagierten nach 4 h der Inkubation in einem Mineralsalzmedium mit einer erhöhten Produktion der Diketopiperazine Cyclo(-Gly-Pro), Cyclo(-Ala-Pro) und Cyclo(-Val-Pro) auf das Vorhandensein pasteurisierter A. citreus-Zellen. Auch in zehnfach verdĂŒnnter NĂ€hrbouillon wurden diese Diketopiperazine produziert. Die detektierten antimikrobiellen Diketopiperazine wiesen gegenĂŒber verschiedenen TeststĂ€mmen eine Hemmwirkung auf, die bereits bei sehr geringen Konzentrationen von 1 ”g ml-1 einsetzte. FĂŒr die Diketopiperazine konnte jedoch keine bakteriolytische Funktion nachgewiesen werden, weder gegenĂŒber lebenden noch gegenĂŒber abgetöteten Bakterienzellen (Brack et al. 2014a). Sie wirken daher als Stoffwechsel inaktivierende Vorstufe fĂŒr einen nachfolgend einsetzenden bakteriolytischen Prozess. Um den unbekannten Lysefaktor aus dem zellfreien Ăberstand von B. pumilus SBUG 1800 zu identifizieren, wurde unter anderem die Lipopeptid-Fraktion der Zellen gewonnen und mittels LC-MS analysiert. Dabei wurden neun verschiedene Pumilacidine, darunter zwei bislang unbeschriebene Lipopeptide mit den MolekĂŒlmassen 1007 und 1021, detektiert. Da die Lipopeptidextrakte lebende Wirtzellen lysierten, können die Pumilacidine als eine erste Gruppe von wirksamen Lysefaktoren im untersuchten PrĂ€dator-Wirt-System angesehen werden. Die Konzentration der Pumilacidine ist Ă€hnlich der Diketopiperazin-Konzentration nach vier Stunden der Inkubation in verdĂŒnnter NĂ€hrbouillon höher in Anwesenheit von pasteurisierten oder lebenden Zellen von A. citreus als im Kontrollmedium ohne Wirtszellen. Neben den antimikrobiellen Diketopiperazinen und den bakteriolytischen Pumilacidinen konnte mittels Gelelektrophorese die bakteriolytische Wirksamkeit einer groĂen Bandbreite von extrazellulĂ€ren Enzymen aus B. pumilus SBUG 1800 nachgewiesen werden. Zwei der bakteriolytisch wirksamen Enzyme konnten mit Hilfe massenspektrometrischer Methoden als die Zellwandhydrolasen N-Acetylmuramoyl-L-Alaninamidase und ÎČ N Acetylglukosaminidase identifiziert werden (Brack et al. 2014b). Im Kontext der aktuellen Fachliteratur deuten die hier vorgestellten Ergebnisse darauf hin, dass Bacillus-Arten sich als Intragilden-PrĂ€datoren in das marine mikrobielle Nahrungsnetz einordnen lassen. Bei Nahrungsmangel, vergleichbar mit dem Wachstum in der vielfach verwendeten, zehnfach verdĂŒnnten NĂ€hrbouillon, greift B. pumilus benachbarte Mikroorganismen an, um diese als NĂ€hrstoff- und Energiequellen fĂŒr das eigene Ăberleben zu nutzen durch die damit verbundene Lyse von Nahrungskonkurrenten den Prozess der eigenen Sporulation zu retardieren. Der Vorgang der Bakteriolyse im untersuchten PrĂ€dator-Wirt-System lĂ€uft dabei nach dem dargelegten Kenntnisstand folgendermaĂen ab. In der Co-Kultur wird das Wachstum der Wirtsbakterienart A. citreus durch neun verschiedene Diketopiperazine mit antibakterieller Wirksamkeit inhibiert. Die Gesamtkonzentration der Diketopiperazine liegt bei ĂŒber 80 ”g ml-1. Gleichzeitig verursachen die ausgeschiedenen Pumilacidine A bis I als Hauptfaktoren der Bakteriolyse die initiale Zellpermeabilisierung, und den Zelltod der Wirtsbakterien, wahrscheinlich bedingt durch eine Desintegration von Membranstrukturen, woraufhin der austretende Zellinhalt im Medium verfĂŒgbar wird. FĂŒr die Degradation der freiwerdenden makromolekularen NĂ€hrstoffe sekretiert B. pumilus ein breites Spektrum von verschiedenen hydrolytischen extrazellulĂ€ren Enzymen, welche die komplexen Zellbestandteile zu metabolisierbaren Oligomeren und Monomeren zersetzen (Brack et al. 2014b). Auf der Grundlage der neuen Erkenntnisse ĂŒber den Hergang der Bakteriolyse im ausgewĂ€hlten PrĂ€dator-Wirt-System können neue, anwendungsrelevante AnsĂ€tze fĂŒr die ZurĂŒckdrĂ€ngung von schĂ€dlichen Mikroorganismen abgeleitet werden. Neben der detailliert untersuchten Art Bacillus pumilus stehen weitere lytische Bakterien zur VerfĂŒgung, deren Wirkstoffe und lytische Enzyme, ein groĂes Potential zur Zerstörung von mikrobiellen Zellen und
In Deutschland sterben jedes Jahr rund 10.000 Menschen (Gastmeier 2010) aufgrund nosokomialer Infektionen, wobei die gröĂte Rolle unter den Infektionserregern Keime aus der körpereigenen mikrobiellen Flora des Patienten spielen. Zur PrĂ€vention dieser Infektionen ist es wichtig, diese Erreger schnell und sicher nachzuweisen, um beispielsweise - soweit sinnvoll - eine effektive BekĂ€mpfung, z. B. durch Dekontamination, einleiten zu können. In dieser Arbeit wurde die luminometrische Adenosintriphosphat (ATP) â Messung auf ihre Eignung als Schnelltest zur Bestimmung einer verĂ€nderten Keimlast, u. a. auf der Haut, untersucht. Dabei wird ĂŒber die in einer Probe bestimmten ATP-Menge indirekt auf die Keimzahl geschlossen. Als Praxistest fĂŒr die ATP-Methode ist die Wirkung eines neuartigen Wirkstoffes aus Algen (Maresome) beurteilt worden. Dessen in Tierversuchen vorbeschriebenen adhĂ€sionshemmenden Eigenschaften auf S.aureus als hĂ€ufiger Vertreter der Normalflora der Haut und Nasenschleimhaut konnten in dieser Arbeit auch auf gesunder humaner Haut gezeigt werden. Eine Erregerreduktion durch den Wirkstoff sollte ĂŒber die ATP-Messung als Schnelltest nachgewiesen und soweit möglich quantitativ analysiert werden. Initial ist geprĂŒft worden, ob die ATP-Menge in einer Probe eine signifikante Korrelation zur Erregermenge in Keimsuspensionen, in Abklatsch- bzw. Abstrichuntersuchungen von unbelebten FlĂ€chen und auf der Haut zeigt. Dies konnte zunĂ€chst fĂŒr reine Keimsuspensionen, aber nur bedingt bei den Abstrichen von unbelebten und belebten OberflĂ€chen bestĂ€tigt werden, wobei prinzipiell die sehr sensitive ATP-Nachweistechnik bestĂ€tigt werden konnte. Die luminometrische Methode zeigte sich fĂŒr die praktische Anwendung als Schnelltest bei Hautabstrichproben im Gegensatz zur sensitiveren, aber viel lĂ€nger dauernden kulturellen Keimzahlbestimmung als nicht geeignet, da die Ergebnisse nicht zuverlĂ€ssig reproduzierbar waren. Daher kann diese derzeit nicht fĂŒr den klinischen Einsatz, z. B. zur EffizientĂŒberwachung der Hautantiseptik oder zum Monitoren einer AdhĂ€sionshemmung durch Maresome empfohlen werden. Bevor ein ATP-Test als Produkt fĂŒr den Einsatz auf belebten OberflĂ€chen (Haut, Schleimhaut, Wunden) denkbar ist, bedarf es weiterer Forschungen.
Das Ziel dieser Arbeit war die Entwicklung und Etablierung von Methoden zur absoluten und relativen Proteinquantifizierung. In darauf aufbauenden Studien sollten diese Methoden fĂŒr die Untersuchung physiologisch relevanter Fragestellungen in Bakterien genutzt werden. Zum tieferen VerstĂ€ndnis der Bakterienphysiologie ist es unabdingbar, MengenĂ€nderungen von Proteinen hochaufgelöst darstellen zu können. Relative Proteinquantifizierung erlaubt dabei die Untersuchung von Ănderungen der Menge eines Proteins zwischen verschiedenen Proben eines Experiments. Im Rahmen der hier vorgelegten Arbeit wurden 2D PAGE und gelfreie massenspektrometrische Methoden in einer Studie (Tefon et al. 2011, Artikel I) angewendet, um OberflĂ€chen- und Immunoproteine zweier VakzinationsstĂ€mme des humanpathogenen Bakteriums Bordetella pertussis zu charakterisieren. Die relative Proteinquantifizierung erlaubt zwar RĂŒckschlĂŒsse auf die MengenĂ€nderung eines Proteins zwischen verschiedenen Bedingungen, ermöglicht aber nur bedingt Aussagen ĂŒber die absolute Menge der Proteine. Gerade absolute Proteinmengen und damit Proteinkonzentrationen sind jedoch Grundvoraussetzung fĂŒr ein zielorientiertes Verwenden der gewonnenen Daten nicht nur im Kontext der Systembiologie. Im Rahmen dieser Arbeit wurde eine Methode entwickelt, in der durch Kombination zweier etablierter Proteomik-Methoden die absolute Quantifizierung fĂŒr einen groĂen Teil der cytosolischen Proteine eines Organismus ermöglicht wird. In dieser Methode werden ausgewĂ€hlte Proteine, deren genaue Konzentration durch gerichtete Massenspektrometrie bestimmt wurde, fĂŒr die Kalibration von hoch auflösenden 2D Gelen genutzt (Maass et al. 2011, Artikel II). Um das Potential dieses Verfahrens zu verdeutlichen, wurde es fĂŒr die Analyse der Anpassung von Bacillus subtilis und Staphylococcus aureus an Glukosehunger angewendet. Dabei konnten fĂŒr 467 Proteine von B. subtilis in drei Zeitpunkten Proteinkonzentrationen bestimmt werden. FĂŒr die Etablierung der Methoden waren verschiedene Vorarbeiten nötig: I) Selektion geeigneter Kalibrationsproteine, II) Selektion geeigneter Standardpeptide und Optimierung der massenspektrometrischen Parameter zu deren absoluten Quantifizierung, III) Selektion eines geeigneten, proteinunspezifischen und hoch sensitiven Gelfarbstoffes, IV) Testung verschiedener Zellaufschlussmethoden und Etablierung einer Methode zur Bestimmung der Zellaufschlusseffizienz, V) Testung verschiedener Proteinbestimmungsmethoden zur genauen Bestimmung der Gesamtproteinkonzentration im komplexen cytosolischen Extrakt und VI) Optimierung der vollstĂ€ndigen enzymatischen Spaltung aller Proteine vor der massenspektrometrischen Analyse. Im Rahmen dieser Arbeit konnte auĂerdem gezeigt werden, dass sich die Kalibration der 2D Gele fĂŒr die Ermittlung absoluter Daten zwischen Gelen ĂŒbertragen lĂ€sst, was den Aufwand fĂŒr groĂe Zeitreihenexperimente deutlich reduziert. Die Genauigkeit und der dynamische Bereich 2D-gelbasierter relativer und absoluter Proteinquantifizierung kann durch eine erhöhte Reproduzierbarkeit, Auflösung und SensitivitĂ€t der Gele verbessert werden. Die Etablierung von HPE-Gelen fĂŒhrte zu 25 % mehr detektierbaren und damit quantifizierbaren Proteinspots und Proteinen bei deutlich erhöhter Reproduzierbarkeit (Moche et al. 2013, Artikel III). Die zusĂ€tzlich höhere Anzahl von Gelen mit quantifizierbarer QualitĂ€t verringert auĂerdem den Zeit- und Kostenaufwand vor allem fĂŒr komplexe experimentelle AnsĂ€tze. Die neue Methode zur gelbasierten absoluten Proteinquantifizierung wurde in einer Folgestudie angewendet, um die Konzentrationen von mehr als 700 Proteinen von B. subtilis wĂ€hrend der physiologisch relevanten Anpassung an verschiedene Stressbedingungen, nĂ€mlich Glukosehunger und Hitzestress, zu bestimmen (MaaĂ et al. 2014, Artikel IV). Der Vergleich der beiden Stressbedingungen ermöglicht eine Unterscheidung der generellen von der spezifischen Stressantwort, wobei die Analyse der Daten durch Berechnung der Proteinkosten und der Ressourcenverteilung auf verschiedene metabolische Pfade und regulatorische Einheiten unterstĂŒtzt wurde. Da die Nutzung von 2D PAGE zur Proteinquantifizierung auf im Gel detektierbare Proteine beschrĂ€nkt ist, ist es fĂŒr eine höhere Proteomabdeckung sinnvoll, gelbasierte Methoden mit gelfreien Methoden zu ergĂ€nzen. Deshalb wurde eine Methode zur labelfreien MS-basierten absoluten Quantifizierung von Proteinen im groĂen MaĂstab entwickelt und etabliert. In dieser gel- und labelfreien Quantifizierungstechnik wurde datenunabhĂ€ngige, parallele Fragmentierung aller zeitgleich eluierenden VorlĂ€ufermolekĂŒle (LC-MSE) genutzt. Auch fĂŒr diese Methode der absoluten Proteinquantifizierung bildeten die im Rahmen dieser Arbeit entwickelten Probenaufbereitungsverfahren die Grundlage (Muntel et al. 2014, Artikel V).
PlĂ€ttchenfaktor 4 (PF4, CXCL4) ist ein 7.8 kDa stark positiv geladenes Protein, das zur Familie der CXC-Chemokine gehört. PF4 wird als Tetramer in den alpha-Granula von Thrombozyten gespeichert und bei deren Aktivierung freigesetzt. Seine biologische Funktion ist weitgehend unbekannt. Allerdings spielt PF4 eine wichtige Rolle bei der Heparin-induzierten Thrombozytopenie (HIT), einer der hĂ€ufigsten immunologisch bedingten Arzneimittelkomplikationen, die Blutzellen betreffen. PF4 und Heparin bilden Komplexe, die Neoepitope generieren und die Produktion von anti-PF4/Heparin-Antikörpern induzieren. Resultierende Immunkomplexe aktivieren Thrombozyten Fc-Rezeptor-vermittelt und fĂŒhren zu einer paradoxen Thrombinbildung. Die Folgen können Thrombozytopenie und lebensbedrohliche Thrombosen sein. Die pathogenen Antikörper sind nicht spezifisch fĂŒr Heparin und erkennen auch PF4 gebunden an andere Polyanionen. Die Immunantwort der HIT zeigt einige Besonderheiten. Bereits bei erstmaliger Heparinexposition treten anti-PF4/Heparin-Antikörper der Klasse IgG bereits nach 4-6 Tagen auf. Dies kann keine primĂ€re Immunantwort sein, da bei dieser IgG-Antikörper erst deutlich spĂ€ter gebildet werden. Damit muss eine Vorimmunisierung mit natĂŒrlich auftretenden PF4/Polyanion-Komplexen stattgefunden haben. Eine mögliche Quelle wĂ€ren negativ geladene Strukturen, die auf bakteriellen ZelloberflĂ€chen vorkommen. Ziel dieser Arbeit war es, die Bindung von PF4 an ZelloberflĂ€chen zu charakterisieren und insbesondere die Frage zu klĂ€ren, ob PF4 auf der BakterienoberflĂ€che Komplexe bildet. ZunĂ€chst erfolgte die Etablierung einer durchflusszytometrischen Analysemethode zur Messung der PF4-Bindung an Thrombozyten in AbhĂ€ngigkeit von antikoagulatorischen Polyanionen. Die PF4-Bindung war nicht von der antikoagulatorischen Wirksamkeit der Polyanionen abhĂ€ngig, sondern von der negativen Ladungsdichte. Geringe Konzentrationen von Heparin haben die PF4-Bindung an Thrombozyten verstĂ€rkt, wohingegen hohe Konzentrationen die PF4-Bindung inhibierten. Auch mit PF4 exprimierenden HEK-Zellen konnte eine ladungsabhĂ€ngige Bindung von PF4 nachgewiesen werden. Als nĂ€chstes wurde die Bindung von PF4 an Bakterien untersucht. PF4 hat auch hier, konzentrations- und ladungsabhĂ€ngig, an Gram-positive und Gram-negative Bakterien gebunden. Mittels der Adsorptions-Elutions-Technik konnte dann gezeigt werden, dass es durch die Bindung von PF4 an Bakterien zur Ausbildung PF4/Heparin-Ă€hnlicher Epitope kommt, welche von anti-PF4/Heparin-Antikörpern aus Patientenserum erkannt werden. Mit einem Phagozytoseassay wurde dann nachgewiesen, dass die durch PF4 vermittelte Bindung der anti-PF4/Heparin-Antikörper an Bakterien die Phagozytose durch polymorph nukleĂ€re Zellen (PMN) fördert. Dass dieser Abwehrmechanismus tatsĂ€chlich in vivo bedeutsam ist, konnte in dem Maus-Sepsis-Modell Colon Ascendens Stent Peritonitis (CASP) gezeigt werden. Die 6-8 Wochen jungen MĂ€use entwickelten ab 3 Tagen nach der CASP-Operation anti-PF4/Heparin-Antikörper der Klasse IgM und ab 14 Tagen der Klasse IgG. Dieser Antikörperverlauf passt zur Immunreaktion nach erstmaligem Antigenkontakt und beweist, dass Bakterienkontakt im Rahmen der Sepsis eine primĂ€re Immunisierung gegen PF4/Heparin induzieren kann. Jedoch ist die Sepsis, eine lebensbedrohliche Erkrankung, viel zu selten um das Auftreten von anti-PF4/Heparin-Antikörpern in der Normalbevölkerung (18.8% anti-PF4/Heparin IgM, 6.1% anti-PF4/Heparin IgG) und bei 50% der Patienten nach kardiochirurgischem Eingriff erklĂ€ren zu können. Eine hĂ€ufiger auftretende, chronische, bakterielle Infektion ist die Parodontitis. Im Rahmen der SHIP-Studie (Study of Health in Pomerania) konnte dann gezeigt werden, dass der Parodontitis-Status mit dem Auftreten von anti-PF4/Heparin-Antikörpern korreliert. UnterstĂŒtzend konnte gezeigt werden, dass PF4 auch von parodontalpathogenen Bakterien gebunden wird und darĂŒber die Bindung von anti-PF4/Heparin-Antikörpern ermöglicht wird. Zusammenfassend zeigt diese Arbeit eine bislang unbekannte Funktion von PF4 in der anti-bakteriellen Wirtsabwehr. Gleichzeitig wurde die Frage geklĂ€rt, warum Patienten, die das erste Mal Heparin erhalten bereits an Tag 4-6 IgG-Antikörper gegen PF4/Heparin bilden. Somit konnte ein wichtiger Beitrag zur pathophysiologischen ErklĂ€rung einer der derzeit hĂ€ufigsten immunvermittelten, unerwĂŒnschten Arzneimittelwirkungen geleistet werden. Hinsichtlich der biologischen Bedeutung von PF4 ist von besonderer Wichtigkeit, dass PF4 ladungsabhĂ€ngig an viele verschiedene Bakterienspezies bindet. Damit sind Antikörper gegen PF4/Polyanion-Komplexe nicht spezifisch fĂŒr eine Bakterienspezies, sondern können eine Form der Wirtsabwehr darstellen, bei der eine IgG-SpezifitĂ€t eine Vielzahl von PF4-markierten Bakterien bindet. Es wĂ€re denkbar, dass es sich hierbei um ein grundlegendes, evolutionĂ€r altes Abwehrprinzip handelt, dass möglicherweise auch bei anderen immunvermittelten Erkrankungen Relevanz hat.
Massenspektrometrie hat sich zur Methode der Wahl fĂŒr die globale relative und absolute Proteinquantifizierung entwickelt. Da das vorhandene Methodenspektrum in der Anzahl der zu analysierenden Proben limitiert ist und bei der Vermeidung von Vorfraktionierungstechniken keine globale Analyse erlaubt, war es das Ziel dieser Dissertation das Methodenspektrum anhand von anschaulichen Beispielen zur physiologischen Proteomanalyse Gram positiver Bakterien zu erweitern. Dazu erstreckt sich diese Arbeit von der Erweiterung der Anwendungsmöglichkeiten der Isotopen markierten relativen Quantifizierungsmethode, ĂŒber die Entwicklung eines globalen markierungsfreien relativen Quantifizierungsansatzes bis zur globalen absoluten Quantifizierung und weiter im speziellen der Stöchiometrie-AufklĂ€rung eines Proteinkomplexes. Die Kombination aus 14N/15N metabolischer Markierung mit der GeLC-MS Technik erlaubt eine robuste relative Quantifizierung auf globaler Ebene. Durch die Verwendung eines internen 15N-markierten Referenzextraktes wurde eine bisher nicht erreichte zeitliche Auflösung von zehn Zeitpunkten bei der Untersuchung eines NĂ€hrstoffwechsels zwischen den bevorzugten Kohlenstoffquellen, Glukose und Malat, des Gram positiven Modellorganismus Bacillus subtilis erreicht. Dieses Experiment zeigte klar, dass die Anpassung an Malat als zweite Kohlenstoffquelle sehr schnell passiert. Im Gegensatz dazu findet die Anpassung an Glukose als zusĂ€tzliche Kohlenstoffquelle mit einer zeitlichen Verschiebung von ca. 45 Min. statt. Diese Ergebnisse legen den Schluss nahe, dass die Anpassung an Malat hauptsĂ€chlich auf post-transkriptioneller Ebene geschieht und die Anpassung an Glukose auf transkriptioneller Ebene stattfindet. Die geringe Reproduzierbarkeit von Vorfraktionierungstechniken beschrĂ€nkt ihre Anwendung wĂ€hrend einer markierungsfreien Quantifizierung. Die eingeschrĂ€nkte Kombinationsmöglichkeit mit Vorfraktionierungstechniken fĂŒhrt zu einer geringeren Anzahl an identifizierten und quantifizierten Proteinen, was durch den Einsatz von Ausschlusslisten mit optimierten Messparametern in wiederholten Messungen mit einer eindimensionalen Chromatographie ausgeglichen wurde. Im Vergleich zu einer einfachen Wiederholung der Messung konnte die Anzahl an identifizierten Peptiden um 32 % gesteigert werden. Der Ausschlusslistenansatz konnte anschlieĂend erfolgreich fĂŒr eine markierungsfreie globale Proteinquantifizierung der Stickstoffmonoxid (NO) Stressantwort des humanpathogenen Stapylococcus aureus eingesetzt werden. Die Ergebnisse wurden mittels paralleler Quantifizierung mit 14N/15N metabolischen Markierung verifiziert. Mit dem Ansatz wurden fast 50 % des gesamten Proteoms identifiziert und 70 % davon konnten mit einem zu dem Markierungsexperiment vergleichbaren Ergebnis quantifiziert werden. Die Proteomsignatur der NO-Stressantwort zeigte eine hohe Ăhnlichkeit zu der von Antibiotika, die wie NO zu DNA-StrangbrĂŒchen fĂŒhren. Auch bei der absoluten Proteinquantifizierung kann nicht ohne Weiteres eine Vorfraktionierung eingesetzt werden. Durch die Verwendung einer âmultiplexed LC-MSâ (LC-MSE) Methode wurde fast die HĂ€lfte aller zytosolischen Proteine von B. subtilis mit einer hohen durchschnittlichen Sequenzabdeckung von 40 % identifiziert. Die Hi3-Methode ermögliche zusĂ€tzlich die absolute Quantifizierung fast aller identifizierten Proteine, die ĂŒber fast vier GröĂenordnungen nachgewiesen werden konnten. Die ZuverlĂ€ssigkeit des Ansatzes wurde fĂŒr sechs Proteine mit der gut etablierten AQUA-Technik bestĂ€tigt. Mit der Hi3-Methode wurden zum einen absolute Proteomsignaturen fĂŒr unterschiedliche NĂ€hrstoffsituationen erstellt, was auch Einblicke in die Regulation der Expression von AminosĂ€ure-Biosynthese und âabbau-Enzyme ermöglichte. Zum anderen konnte gezeigt werden, dass die intrazellulĂ€re Konzentration von ribosomalen und weiteren Wachstumsraten-abhĂ€ngig benötigten Proteinen sich bei niedrigen Wachstumsraten nicht unterscheidet und erst ab einer Wachstumsrate von 0,8 Std.-1 linear ansteigt. Die vergleichsweise hohe Standardabweichung der Hi3-Methode (~30 %) erschwert ihre Anwendung bei der Bestimmung von nicht gradzahligen Protein-Komplex-Stöchiometrien. Deswegen wurde zur Analyse des RNA-Polymerase-Komplexes von B. subtilis der AQUA-Ansatz gewĂ€hlt, der sich durch eine sehr geringe Standardabweichung auszeichnet (< 10 %). Dazu wurde ein Protokoll entwickelt, welches auf einer mTRAQ-Markierung der Referenzpeptide und des verdauten Komplexes beruhte. Es war so möglich die bekannte Stöchiometrie des Kernkomplexes RpoA:RpoB:RpoC 2:1:1 zu bestĂ€tigen und zusĂ€tzlich die zwei Ï-Unterheiten und die Ï-Faktoren ÏA und ÏB absolut zu bestimmen. Die Menge an ÏB im Komplex nahm nach Glukose-Hunger und Ethanol-Stress auf bis zu 5 % zu und es konnte gezeigt werden, dass sich die Menge einer Ï-Unterheit (YloH) sich im gleichen MaĂe im Komplex Ă€ndert, wie die Menge an ÏA.
In dieser Arbeit wird eine Methode entwickelt und angewendet, mittels welcher Wundauflagen hinsichtlich Endotoxin-BindungskapazitĂ€t, bakteriozider Wirkung, Endotoxin-Freisetzung und ZytotoxizitĂ€t untereinander verglichen werden können. Hierzu werden die Wundauflagen in einer Endotoxin- bzw. Bakterien-Lösung inkubiert und nach festgelegten Kontaktzeiten der Endotoxin- bzw. der Bakteriengehalt im Ăberstand gemessen. Der Endotoxin-Nachweis erfolgt mittels LAL-Test, die Bakteriensuspensionen werden auf CSA-Platten kultiviert und ausgezĂ€hlt. Die Untersuchung der Wundauflagen auf ZytotoxizitĂ€t erfolgt in einem Agarose-Overlay In-vitro-ZytotoxizitĂ€tstest. FĂŒr AquacelÂź ergibt sich die höchste BindungskapazitĂ€t fĂŒr LPS. Der Aktivkohlekern der Wundauflage ActisorbÂź Silver hat ebenfalls eine hohe Endotoxin-BindungskapazitĂ€t. Die Aktivkohle-Auflage CarboFlexÂź bindet nur eine viel geringere Menge Endotoxins. Bei Contreet-HÂź kommt es zu einem Anstieg der Endotoxin-Konzentration nach Inkubation. Die silberhaltigen Wundauflagen ActisorbÂź Silver und Contreet-HÂź zeigen die beste bakteriozide Wirksamkeit. CarboFlexÂź und AquacelÂź können die Bakterien in geringem Umfang binden, zeigen aber keine bakteriozide Wirksamkeit im eigentlichen Sinne. Unter Inkubation mit der Bakteriensuspension kommt es zu einer maximalen Endotoxin-Freisetzung von 100 EU/ml. Der ZytotoxizitĂ€tstest ergibt fĂŒr ActisorbÂź Silver eine starke, fĂŒr die ĂŒbrigen Wundauflagen eine leichte ZytotoxizitĂ€t.
Innerhalb der vorliegenden Arbeit wurden verschiedene Bakterien- und HefestĂ€mme der Stammsammlung Biologie des Institutes fĂŒr Mikrobiologie der Ernst-Moritz-Arndt-UniversitĂ€t Greifswald (SBUG) auf einen Umsatz von 9H-Carbazol untersucht. Neben Ralstonia spec. SBUG 290, Rhodococcus erythropolis SBUG 271 sowie den zwei im Rahmen dieser Arbeit als Pseudomonas putida identifizierten StĂ€mmen SBUG 272 und SBUG 295 zĂ€hlten zu den BakterienstĂ€mmen 22 weitere noch nicht abschlieĂend charakterisierte Isolate. Die geprĂŒften HefestĂ€mme umfassten neben 7 Vertretern der Gattung Trichosporon auch 19 nicht identifizierte StĂ€mme. Basierend auf der fĂŒr diese Mikroorganismen bereits nachgewiesenen Verwertung von Biphenyl beziehungsweise Dibenzofuran bestand die Hypothese, dass diese StĂ€mme aufgrund von Strukturanalogien der Substrate auch in der Lage sind, weitere Heterozyklen zu transformieren. Angesichts des sehr breiten pharmakologischen Wirkungs- und Anwendungsspektrums von Carbazol-Derivaten wurde primĂ€r geprĂŒft, inwieweit sich mit Hilfe dieser spezialisierten Mikroorganismen hydroxylierte Carbazol-Derivate als Ausgangssubstanzen fĂŒr spĂ€tere Synthesen herstellen lassen. Da die verwendeten Bakterien im Gegensatz zu den Hefen zu einer Transformation von 9H-Carbazol befĂ€higt waren, wurden mit diesen StĂ€mmen Untersuchungen zur mikrobiellen Transformation von insgesamt 9 zusĂ€tzlichen stickstoffhaltigen Biarylverbindungen (2,3,4,9-Tetrahydro-1H-carbazol, 9-Methyl-9H-carbazol, Carbazol-9-yl-methanol, Carbazol-9-yl-essigsĂ€ure, 3-Carbazol-9-yl-propionsĂ€ure, 2-Carbazol-9-yl-ethanol, Acridin, 10H-Acridin-9-on, Phenazin) durchgefĂŒhrt. Aufgrund der im Unterschied zu bisherigen Publikationen zum Umsatz von Biarylen festgestellten abweichenden Produktbildung bei Inkubation mit 9H-Carbazol wurden die BakterienstĂ€mme fĂŒr vergleichende Analysen ebenfalls auf die Transformation von Dibenzothiophen sowie 9H-Fluoren geprĂŒft. Insgesamt wurden bei der Transformation der getesteten Biarylverbindungen 55 Produkte untersucht, von denen 34 bislang fĂŒr Bakterien noch nicht beschrieben wurden. Basierend auf GCMS-, LCMS- und NMR-Analysen konnten insgesamt 29 Verbindungen identifiziert und fĂŒr 14 Transformationsprodukte anhand der erhaltenen Daten vorlĂ€ufige StrukturvorschlĂ€ge unterbreitet werden. ZusĂ€tzlich wurde im Rahmen dieser Arbeit fĂŒr weitere 8 der in den Versuchen gebildeten Produkte bereits eine erste strukturanalytische Charakterisierung vorgenommen. In weiterfĂŒhrenden Versuchen wurden die durch die BakterienstĂ€mme gebildeten Produkte als Substrate eingesetzt, um zu analysieren auf welche Weise die ĂŒber primĂ€re Hydroxylierungsreaktionen hinausgehenden Transformationen dieser Substanzen erfolgen. Dazu wurden, in erster Linie am Beispiel von Ralstonia spec. SBUG 290, insgesamt 28 der gebildeten Produkte auf einen weiteren Umsatz geprĂŒft, darunter 14 Substanzen, die kommerziell nicht verfĂŒgbar sind und daher zuvor in gröĂeren Mengen aus den TransformationsansĂ€tzen gereinigt wurden. Basierend auf diesen Untersuchungen konnten schlieĂlich anhand der nachgewiesenen Produkte Aussagen zu den durch die StĂ€mme katalysierten Transformationswegen abgeleitet werden. In Versuchen mit dem rekombinanten Stamm Escherichia coli DH5alpha SBUG 1575, der die Gene bphA1âA3 der Biphenyl-2,3-dioxygenase aus Ralstonia spec. SBUG 290 trĂ€gt, wurde die Beteiligung dieses Enzyms am Umsatz der eingesetzten Biarylverbindungen untersucht.