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Bis zum jetzigen Zeitpunkt wurden in der Plazenta über 30 membranständige Transportproteine identifiziert, die zum einen in der maternal zugewandten (apikalen) oder zum anderen in der fetal zugewandten (basalen) Membran der Synzytiotrophoblasten lokalisiert sein können. Trotz vieler Hinweise auf die Existenz plazentarer Transportproteine verfügen wir bis heute über kein umfassendes Wissen über ihre Funktion und Expression. Die vorliegende Arbeit wurde initiiert, um die Kenntnisse über plazentare Transportproteine zu vervollständigen und ein möglichst komplexes Wissen über ihre Expression und Funktion in der Plazenta zu gewinnen. Dazu wurden die Transportproteine ABCB1 (P-glycoprotein) und ABCC2 (multidrug resistance protein 2, MRP2) als Vertreter der Effluxtransporter einerseits und OCT3 (organic cation transporter 3) als Vertreter der Aufnahmetransporter anderseits zur weiteren Charakterisierung ausgewählt. Zuerst wurden die Untersuchungen zur plazentaren Expression der Transportproteine ABCB1, ABCC2 und OCT3 durchgeführt und der Einfluss von intrauteriner Entwicklung, schwangerschaftsassoziierten Erkrankungen und Genotyp auf die Expression geprüft. Anschließend wurde die Funktion von ABCB1, ABCC2 und OCT3 mittels Modellsubstraten und selektiver Hemmer untersucht. Die Expression wurde auf mRNA-Ebene mittels real-time RT-PCR (TaqMan®) und auf Protein-Ebene mittels quantitativer Western Blot-Analyse bestimmt. Die funktionellen Untersuchungen wurden an OCT3 überexprimierenden MDCKII-Zellen, plazentaren Membranvesikel, mittels der dualen ex vivo Perfusion der Rattenplazenta und des dualen in vitro Perfusionsmodells der menschlichen Plazenta durchgeführt. Die plazentare ABCC2-Expression in der Spätschwangerschaft war deutlich höher als die Expression von ABCB1. In Untersuchungen zur intrauterinen Entwicklung wurde ein signifikanter gestationsaltersabhängiger Anstieg der OCT3-Expression auf mRNA- und Protein-Ebene beobachtet. Die schwangerschaftsassoziierten Erkrankungen Präeklampsie und Gestationshypertonie verminderten signifikant die OCT3-Expression auf mRNA- und Protein-Ebene. In Untersuchungen zur Veränderungen der Expression in Abhängigkeit vom Genotyp waren die Polymorphismen C3435T und G2677T im ABCB1-Gen und C3972T und C24T im ABCC2-Gen mit einer veränderte Expression der Transporter verbunden. In den funktionellen Untersuchungen wurde zuerst der Einfluss von pharmakologisch relevanten Substanzen auf die Aufnahme des OCT3-Modellsubstrats 1-Methyl-4-phenyl-pyridinium (MPP) in die MDCKII-OCT3-Zellen getest. Einen signifikanten Hemmeffekt auf die MPP-Aufnahme zeigten Imipramin, Fluoxetin, Ecstasy, Nikotin, 1-methyl-4-phenyl-1,2,3,6-tetrahydropyridin (MPTP) und der bekannte OCT3-Inhibitor Disprocynium 24 (D24). Um die Funktion von OCT3 näher zu charakterisieren, wurde die MPP-Aufnahme in die apikalen und basalen Membranvesikel der menschlichen Plazenta untersucht. In den apikalen Vesikel zeigten Fluoxetin, Amphetamin und MPTP eine signifikante Hemmung des MPP-Transports. In den basalen Vesikel haben D24, Imipramin und Ecstasy die MPP-Aufnahme gehemmt. Im nächsten Schritt wurde die Funktion von Abcb1 und Abcc2 mit Hilfe der dualen ex vivo Perfusion der Rattenplazenta an Abcc2-defizienten- und Wildtyp-Ratten untersucht. Die Abwesenheit eines funktionsfähigen Abcc2-Transporters führte bei Abcc2-defizienten-Ratten zu einer erhöhten materno-fetalen Permeabilität des Modellsubstrats Talinolol, die durch Zugabe des Abcb1-Hemmers PSC833 weiter anstieg. Bei den Wildtyp-Ratten verursachte die Zugabe von PSC833 und dem Abcc2-Hemmer Probenecid einen Anstieg der materno-fetalen Permeabilität von Talinolol. Dies spricht für Beteiligung beider Transportproteine an der Plazentabarriere. Im dualen in vitro Perfusionsmodell der menschlichen Plazenta wurde ein unidirektionaler feto-maternaler Transfer des ABCB1- und ABCC2-Modellsubstrats Talinolol bewiesen. Dieser Transfer war durch den ABCC2-Inhibitor Probenecid und den unselektiven Inhibitor Verapamil modulierbar. Der ABCB1-Inhibitor PSC833 hatte dagegen keinen Einfluss auf die diaplazentare Permeabilität von Talinolol. Dies und die hohe ABCC2-Expression in der Terminplazenta spricht für eine größere Bedeutung von ABCC2 in der Spätschwangerschaft. Weitere Untersuchungen mittels des dualen in vitro Perfusionsmodells der menschlichen Plazenta wurden zur Beschreibung der Funktion von OCT3 durchgeführt. In der vorliegenden Arbeit wurde eine höhere materno-fetale Permeabilität des OCT3-Modellsubstrats MPP festgestellt. Der selektive OCT3-Hemmer D24 verminderte die materno-fetale Permeabilität des Modellsubstrats MPP signifikant. Daraus folgern wir, dass OCT3 in den diaplazentaren Transfer von organischen Kationen in fetale Richtung involviert sein muss. Psychopharmaka wie Fluoxetin, Imipramin oder illegale Drogen wie Ecstasy können die Funktion von OCT3 beeinflussen und damit den diaplazentaren Transfer von kationischen Substanzen verändern.
Ziel der Arbeit war es, ein Probenkollektiv zu etablieren und die Expression, Lokalisation und Funktion pharmakologisch und physiologisch relevanter Membrantransporter systematisch zu untersuchen. Dafür wurde aus 70 humanen Plazenten mRNA, Protein und genomische DNA isoliert. Im Anschluss konnte die mRNA-Expression der Membrantransporter ABCB1 (P-gp), ABCC1 (MRP1), ABCC2 (MRP2), ABCC3 (MRP3), (ABCC5), ABCG2 (BCRP), SLC10A6 (SOAT), SLC22A4 (OCTN1), SLC22A5 (OCTN2), SLC22A11 (OAT4) und SLCO2B1 (OATP2B1) bestimmt und hinsichtlich ihrer Assoziation mit dem Gestationsalter und dem Geschlecht analysiert werden. Dabei zeigte sich eine signifikante gestationsabhängige Expressionsabnahme für das P-gp, BCRP, OATP2B1 und OAT4, darüber hinaus war die Expression von MRP1 in Plazenten männlichen Feten im Vergleich zu weiblichen Feten deutlich erhöht. Da fast alle Organe, mit Ausnahme der Leber, Niere und Gehirn, auf eine Carnitinaufnahme aus dem Blut angewiesen sind, spielen Carnitintransporter wie das SLC22A4 (OCTN1) und SLC22A5 (OCTN2) eine entscheidende Rolle: In der Plazenta sind sie bei der Versorgung des Fetus mit L-Carnitin unabdingbar. Auf mRNA-Ebene konnte in diesem Zusammenhang zunächst keine gestationsabhängige Expressionsänderung gezeigt werden, obwohl der Fetus zum Ende der Schwangerschaft einen deutlich erhöhten Carnitinbedarf hat. Die daraufhin durchgeführte Bestimmung der korrespondierenden OCTN2-Proteinexpression, die interessanter Weise nicht mit den mRNA-Werten korrelierte, zeigte tatsächlich eine erhöhte Transporterexpression zum Ende der Schwangerschaft hin. Für das OCTN2 wurden weiterhin Untersuchungen zum Einfluss eines bekannten Promotorpolymorphismus, dem -207G>C, der in anderen Studien mit der OCTN2 Expression assoziiert werden konnte, durchgeführt. Hier zeigte sich, dass diese genetische Variante zwar die mRNA Expression des Transporters beeinflusst, sich dieser Effekt aber wiederum nicht auf die Proteinebene übersetzt, so dass anzunehmen ist, dass die plazentare OCTN2 Expression auch von nicht transkriptionellen Faktoren (z.B. miRNA) bestimmt wird. Mit Blick auf die anderen untersuchten Transporter zeigte sich in vielen Fällen eine Korrelation in der Expression bestimmter Efflux- und Aufnahmetransporter. Ein Beispiel für ein solches Transporterpaar war dabei das BCRP und OATP2B1,das in der Folge weiter untersucht wurde, wobei insbesondere ein mögliches funktionelles Zusammenspiel im Mittelpunkt stand. Aufbauend auf der apikalen Expression des BCRP und der basalen des OATP2B1, wurde ein, auf MDCKII-Zellen basiertes, in vitro Zellsystem verwendet, um die Bedeutung dieser Transporter für den transzellulären Transport von Substanzen wie E1S und DHEAS zu zeigen. In der Tat war ein gerichteter Transporter dieser Substanzen nur zu beobachten, wenn beide Transporter in den Zellen exprimiert wurden. Diese Ergebnisse sind bezüglich der Hormonsynthese durch die Plazenta von Bedeutung, da diese während der Schwangerschaft einen zentralen Syntheseort darstellt, aber einige Vorläufermoleküle nicht selber synthetisieren kann. Zusammengefasst bietet die vorliegende Arbeit ein umfassendes Bild über die Regulation wichtiger physiologischer und auch pharmakologischer Membrantransporter im letzten Drittel der Schwangerschaft. Darüber hinaus konnte für ausgewählte Transporter das Zusammenspiel (OATP2B1 und ABCG2) und die Regulation (OCTN2) näher charakterisiert werden.