Im Laufe der menschlichen Evolution sind Populationsunterschiede der SchĂ€delmorphologie entstanden. Als eine Ursache dieser unterschiedlichen SchĂ€delmorphologie werden neben phylogenetischen Faktoren auch Adaptionsprozesse durch geographische Bedingungen vermutet. Die genauen Auswirkungen geographischer und insbesondere klimatischer EinflĂŒsse auf viele einzelne SchĂ€delstrukturen sind jedoch nicht abschlieĂend geklĂ€rt. Speziell wird der Einfluss der Umgebungstemperatur auf die SchĂ€delpneumatisation kontrovers diskutiert. WĂ€hrend diesbezĂŒglich Studien zum Volumen der Kieferhöhlen zu widersprĂŒchlichen Ergebnissen kommen, liegen fĂŒr die Volumina der Keilbeinhöhlen und der Siebbeinzellen keine Untersuchungen vor. In dieser Arbeit wurde deshalb die Beziehung der Morphologie aller Nasennebenhöhlen zum GesichtsschĂ€del unter BerĂŒcksichtigung klimatischer Faktoren untersucht. Die Untersuchung erfolgte an 63 mazerierten SchĂ€deln von vier menschlichen Populationen, welche sich in der zeitlichen Einordnung und der geographischen Herkunft unterscheiden. Die Individuen der Population Jena lebten in der Jungsteinzeit und Bronzezeit in der zentralen Elbe-Saale-Region. Zwei weitere Populationen stammen aus Litauen. Die Population Plinkaigalis reprĂ€sentiert eisenzeitliche Dorfbewohner, wĂ€hrend die Population Alytus einer mittelalterlichen Stadtbevölkerung zugeordnet ist. Die rezente Population Kyoto entstammt dem Gebiet der gleichnamigen japanischen Metropole. Anhand koronarer computertomographischer Schichtaufnahmen wurde das Volumen der einzelnen Nasennebenhöhlen mit Hilfe der Winsurf-Software errechnet. Zur Einordnung der erhobenen Volumina wurden alle SchĂ€del extern vermessen. AusgewĂ€hlte Messwerte wurden zur Berechnung zweier GesichtsschĂ€delvolumina verwendet. Das erste GesichtsschĂ€delvolumen basiert auf den MaĂen GaumenlĂ€nge, Mittelgesichtsbreite und Obergesichtshöhe, wĂ€hrend das zweite GesichtsschĂ€delvolumen aus den Werten der GesichtslĂ€nge, SchĂ€delbasislĂ€nge, Mittelgesichtsbreite und Obergesichtshöhe berechnet wurde. Um den Anteil der einzelnen Nasennebenhöhlen am Pneumatisationsgrad des GesichtsschĂ€dels festzustellen, wurden die Volumina der einzelnen Sinus in Form von Indizes in Beziehung zu den GesichtsschĂ€delvolumina gesetzt. Die Messwerte wurden mittels H-Test (Kruskal-Wallis-Test) und Mann-Whitney-U-Test auf Populationsunterschiede untersucht. Zur Beurteilung von MerkmalszusammenhĂ€ngen wurden Korrelations- und lineare Regressionsanalysen durchgefĂŒhrt. FĂŒr die Korrelations- und Regressionsanalysen wurden die Populationen zusammengefasst. Die Ergebnisse zeigen enge ZusammenhĂ€nge der Nasennebenhöhlenvolumina mit vielen externen SchĂ€delmaĂen. WĂ€hrend fĂŒr das Volumen der Siebbeinzellen enge ZusammenhĂ€nge mit externen MaĂen der SchĂ€delbasis bestehen, korrelieren die Volumina der anderen Nasennebenhöhlen stĂ€rker mit den berechneten GesichtsschĂ€delvolumina. Die Ergebnisse der Arbeit zeigen Populationsunterschiede der absoluten und relativen Volumina der Nasennebenhöhlen. Die Volumina aller vier Nasennebenhöhlen sind umso gröĂer, je niedriger die mittlere Januartemperatur im Lebensraum der jeweiligen Population ist. Vergleicht man die absoluten und relativen Nasennebenhöhlenvolumina der Population mit der niedrigsten Temperatur mit den Volumina der Population mit der wĂ€rmsten Umgebungstemperatur, so sind die Unterschiede fast durchgĂ€ngig signifikant. Die Ergebnisse deuten an, dass klimatische EinflĂŒsse auf die GröĂe aller Nasennebenhöhlen nicht auszuschlieĂen sind. Es sind weiterfĂŒhrende Untersuchungen notwendig, um den Zusammenhang zu belegen.
Wie kaum eine andere Spezies weist der moderne Mensch eine auĂerordentlich groĂe geographische Verbreitung auf. Die damit verbundene notwendige Anpassung an unterschiedlichste geographische Bedingungen fĂŒhrte unter anderem auch zu morphologischen VerĂ€nderungen am SchĂ€del. Die Bedeutung geographischer Faktoren fĂŒr bestimmte SchĂ€delkomponenten wird jedoch sehr unterschiedlich diskutiert. Das trifft insbesondere auch auf die GröĂe und Form der Nasenhöhle zu. Da die KlĂ€rung solcher ZusammenhĂ€nge von Bedeutung fĂŒr verschiedene Fachgebiete wie Anatomie, Physiologie, Forensische Medizin und Anthropologie ist, wurde in dieser Studie die Beziehung zwischen der Morphologie der Nasenhöhle zum Mittelgesicht unter BerĂŒcksichtigung klimatischer Faktoren untersucht. Die Untersuchungen der Nasenhöhlen erfolgte an 62 mazerierten adulten SchĂ€deln von vier definierten menschlichen Populationen, die sich in ihrer geographischen Herkunft unterscheiden. Von allen SchĂ€deln wurden zunĂ€chst koronare computertomographische Schichtaufnahmen angefertigt. AnschlieĂend wurden an den CT-Schichtaufnahmen lineare StreckenmaĂe der Nasenhöhle erhoben. Des Weiteren erfolgte die Volumenbestimmung der Nasenhaupthöhle mit Hilfe der WinSurf-Software. Weiterhin erfolgte auch die Vermessung des Ă€uĂeren SchĂ€dels mit linearen MaĂen, um Beziehungen zwischen der Nasenhöhle und dem GesichtsschĂ€del zu untersuchen. Die externen SchĂ€delmaĂe dienten auĂerdem der Berechnung des GesichtsschĂ€delvolumens. Die Ergebnisse dieser Arbeit deuten auf Populationsunterschiede bezĂŒglich der absoluten und relativen GröĂe des Nasenhöhlenvolumens hin, wĂ€hrend das GesichtsschĂ€delvolumen zwischen den Populationen keine signifikanten Unterschiede aufweist. Die hier beobachteten Populationsunterschiede deuten darauf hin, dass ein Einfluss klimatischer Faktoren auf die GröĂe der Nasenhöhle nicht ausgeschlossen werden kann. Der von uns verwendete Nasenhöhlen-GesichtsschĂ€del-Index, der das VerhĂ€ltnis zwischen dem Volumen der Nasenhöhle und dem GesichtsschĂ€delvolumen beschreibt, weist zwischen der Population Kyoto und den drei anderen Populationen statistisch signifikante Unterschiede auf. Der Nasenhöhlen-GesichtsschĂ€del-Index fĂŒr die Kyoto-Population ist signifikant kleiner als bei den anderen drei Populationen. Unsere Untersuchungen ergaben einen Zusammenhang zwischen dem Nasenhöhlen-GesichtsschĂ€del-Index und der geographischen Herkunft der SchĂ€del. Im Populationenvergleich konnten wir GröĂenunterschiede der Nasenhöhle feststellen, wĂ€hrend Formunterschiede in Bezug auf die Cavitas nasi zwischen den Populationen nicht zu beobachten sind. Bei der asiatischen Population war ein signifikant höherer unterer Nasengang nachweisbar. Hinsichtlich der Asymmetrie des unteren Nasenganges lieĂen sich keine signifikanten Unterschiede zwischen den Populationen erkennen. Es handelt sich bei den von uns betrachteten Populationen um eine fluktuierende Asymmetrie des unteren Nasenganges. Die durchgefĂŒhrten Korrelations- und Regressionsanalysen erfolgten separat fĂŒr jede Population. Als besonders aussagekrĂ€ftiger Parameter der Cavitas nasi ist die Höhe der Nasenhöhle im Bereich des zweiten Molaren im Oberkiefer zu nennen, da dieser Parameter bei allen Populationen viele Korrelationen zu externen SchĂ€delmaĂen und dem GesichtsschĂ€delvolumen aufweist. Das Nasenhöhlenvolumen lĂ€sst sich am ehesten aus der Breite der Nasenhöhle ableiten, da fĂŒr drei der vier Populationen fĂŒr dieses Merkmalspaar signifikante Korrelationen nachweisbar sind. Obgleich die vorliegende Studie Hinweise auf einen Einfluss des Klimas auf die VariabilitĂ€t der Morphologie der Nasenhöhle zeigen, ist das Design dieser Studie nicht geeignet, einen direkten Einfluss klimatischer Faktoren zu belegen. HierfĂŒr sind weiterfĂŒhrende Studien notwendig, die auch den komplexen Wechselbeziehungen zwischen den verschiedenen Strukturelementen der Nasenhöhle Rechnung tragen.